Sitzung: 26.01.2010 Ausschuss für Stadtentwicklung
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 19, Nein: 0, Enthaltungen: 0
Vorlage: 05 - 15 0091/2010
Beschluss:
Der Ausschuss nimmt die Ausführungen des Vertreters der NABU-Naturschutzstation, Kranenburg, zur Kenntnis.
Protokoll:
Herr Markgraf-Maué stellt sich kurz vor. Er arbeitet als
Naturschutzreferent bei der NABU-Naturschutzstation Kranenburg und betreut seit
1996 im Auftrag des Landes das Naturschutzgebiet Emmericher Ward. Nunmehr gibt
er eingehende Erläuterungen anhand einer Power-Point-Präsentation. Das
betreffende Gebiet ist flächendeckend Bestandteil des EU-Vogelschutzgebietes,
es ist gleichzeitig FFH-Gebiet und die Uferbereiche der Emmericher Ward gehören
zugleich zum FFH-Gebiet ‚Fischruhezonen am Rhein’. 3 Natura 2000-Kategorien überlagern sich in
diesem herausragenden Gebiet innerhalb der EU-Vogelschutzgebietskulisse, das
geeignet wäre, über den Fördertopf „Life“ weiterentwickelt zu werden. Die
Emmericher Ward ist ein offener Grünland/Gewässerbereich, der gerade bei
Hochwasser im Winter ein hervorragendes Rast- und Nahrungsgebiet für zahlreiche
Tierarten darstellt. Der Schutzzweck des Naturschutzgebietes ist es u. a.,
diesen Bereich zu erhalten. Aber es gibt auch darüber hinausgehende Ziele wie
die Entwicklung von Auenwald auf Teilflächen, oder die bessere Anbindung an den
Rhein und damit die Entwicklung der Fließgewässerdynamik. Das in Emmerich
vorherrschende Auengebiet wird, nicht zuletzt durch die Eintiefung des
Rheinstroms, immer weniger beeinflusst vom Fluss und dadurch immer trockener.
Das Ziel der Entwicklung von Auenwald ist bereits seit
längerem ein Thema. Nach dem Natura-2000-Konzept gibt es hierfür Flächen, die
in der Power-Point-Präsentation dargestellt sind. Ferner ist die Anlage eines
Nebengerinnes geplant (um eine bessere Anbindung an den Rhein zu erreichen und
die Fließgewässerdynamik zu verbessern). Die Ziele, die aus landesweiter und
europäischer Sicht für das Gebiet ausgewiesen werden, sollen in Projekten wie der Anlage eines Auenwaldes
und eines Nebengerinnes konkretisiert
werden. Gleichzeitig soll dabei die ufernahe Situation verbessert werden. Entsprechende Vorarbeiten wurden bereits mit
EU-Mitteln finanziert.
Im Folgenden geht er auf die beiden Zielbereiche ein.
Insgesamt wäre es sinnvoll, wenn ein Auenwaldkomplex vom Rheinufer bis in die
höchsten Lagen nahe dem Banndeich entstehen könnte. Aufgrund der
Voruntersuchungen im Rahmen des Interreg-Projektes hat sich herausgestellt,
dass der mittlere Bereich kaum zu genehmigen sein wird, da der für winterliche
Hochwassersituationen kontraproduktive Staueffekt eindeutig ist. Somit wurde
dieser Bereich ausgeklammert.
Ferner führt er aus, dass die Rheinuferbereiche sich derzeit
in einem sehr guten Zustand befinden (mit Kiesbänken, Kiesinseln). Allerdings
ist zu erkennen, dass dieser positive Entwickling allmählich rückläufig ist, da
sehr starke Verlandungen stattfinden.
Das zweite wichtige Ziel ist der Erhalt und die Optimierung
des Übergangsbereiches zwischen Fluss und Aue. Dazu soll im Bereich der
Buhnenfelder ein Seitengerinne entstehen indem die Buhnen an ihren Wurzeln
landnah unterbrochen werden. Gleichzeitig soll die Anlage eines Auenwaldes
erfolgen. Die geplante Nebenrinne vergrößert gleichzeitig das Abflussprofil, so
dass der Staueffekt des Auenwaldes dadurch kompensiert wird.
Die Entwurfsplanung für die Nebenrinne sieht vor, dass an 4
Buhnen Durchbrüche durchgeführt werden (Tieferlegung der Buhne um ca. 1 ½ - 2
m). Die alte vorhandene Abgrabungslagune wird einbezogen und einen größeren
Zulauf erhalten. Durch diese Maßnahme erhält man auch bei Niedrigwasser eine
dauerhaft durchströmte Nebenrinne, die für die dann wieder überströmten
Flachwasserzonen einen wichtigen Teillebensraum darstellt.
Die Ziele im Hinblick auf die europäischen Richtlinien sehen
vor:
- Weichholzauen-/Hartholzauenwald als FFH-Lebensräume
- Fließgewässer mit Unterwasservegetation
- Ausweitung und Erhaltung schlammiger Flussufer mit
einjähriger Vegetation
- Schaffung von Lebensraum für Wanderfischarten wie
Nordseeschnäpel, Maifisch u. a.
Die betroffenen Flächen liegen alle in öffentlicher Hand
(Deichverband, Forstbehörde, Land).
Angrenzend liegen die städtischen Flächen, die aber nicht in
die Maßnahme eingebunden werden. Sie werden lediglich an den Auenwald
angrenzen.
Für den weiteren Bereich der Nebenrinne hat man es mit 2
Grundbesitzern zu tun; mit einer Kiesabbaufirma und mit der
Bundeswasserstraßenverwaltung.
Im Rahmen des Interreg-Projektes wurden die wichtigsten
genehmigungsrelevanten Tatbestände in einer Machbarkeitsstudie abgeprüft.
Daraufhin wurde eine Entwurfsplanung erstellt, mit der man in die
Antragstellung geht. Die Stellungnahme der Landwirtschafts-kammer zu diesem
Projekt ist positiv ausgefallen. Die weiteren Träger der öffentlichen Belange
wie Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, Bezirksregierung, Landesanstalt für
Ökologie, Forstverwaltung, RWE unterstützen das Projekt ebenfalls. Die
Gespräche mit der Kiesfirma und dem Deichverband sind noch nicht in Gänze
abgeschlossen.
Seitens der Bezirksregierung wird ebenfalls Unterstützung
zugesagt wenn sichergestellt ist, dass das Gesamtpaket sich hochwasserneutral
verhält. Der NABU ist derzeit dabei im Rahmen einer Studie durch die
Bundesanstalt für Wasserbau eine Konzeption zu erstellen, die den Auenwald so
angelegen wird, dass er in Kombination mit der Nebenrinne hochwasserneutral
ist. Ebenfalls macht es die Bezirksregierung zur Auflage, dass die
Unschädlichkeit für die Hochwasserschutzanlagen nachgewiesen wird. Das wird
zukünftig dadurch erreicht, dass entsprechende Auflagen in Bezug auf die Waldpflege
gemacht werden. Von der Wasserstraßenverwaltung wird es zur Auflage gemacht,
dass nicht mehr Wasser in die Nebenrinne abfließen darf, als für die
Wasserstraße tolerabel ist. Ein entsprechender Nachweis wird durch das
Gutachten der Bundesanstalt für Wasserbau geführt.
Mitglied Sickelmann wünscht dem NABU bei seinem Vorhaben
viel Erfolg und fragt an, wann der Antrag gestellt wird. Ferner möchte sie
wissen, warum die Emmericher Flächen nicht mit in das Projekt hineingenommen
wurden und welche Tiefe die geplante Nebenrinne haben wird. Herr Markgraf-Maué
antwortet, dass die Emmericher Flächen unter anderem nicht in das Projekt
einfließen, da der in Frage kommende Streifen als Deichsicherheitsstreifen
dient und zum anderen eine kleinere Zahl beteiligter Flächenbesitzern das
operative Geschäft einfacher macht. Der
entsprechende Antrag wird im Herbst 2010 bei der EU gestellt, so dass eine
positive Rückmeldung im Jahre 2011 zu erwarten ist und mit dem Projekt in 2012
begonnen werden könnte. Eine Auskiesung für die Anlage der Nebenrinne ist nicht
geplant; es besteht bereits eine kleine Tiefenrinne im Bereich des
Gehölzstreifens, so dass nur wenig Boden abgetragen werden muss.
Mitglied Spiertz spricht das grundsätzliche Einverständnis
von Seiten der Landwirte an, die dort Flächen bewirtschaften. Diese Möglichkeit
sollte den Landwirten nicht genommen werden, unabhängig von der Wichtigkeit
dieser Thematik.
Er äußert seine persönliche Wahrnehmung, dass zwar
mittlerweile sehr viel für die Umwelt getan wird, aber die Landwirte und Bürger
ein bisschen vernachlässigt werden. Hierauf erwidert Herr Margraf-Maué, dass es
ihm sehr wichtig ist, dass die Landwirtschaft involviert bleibt. Das Gebiet
lässt sich s. E. nur weiterentwickeln, wenn die Landwirtschaft weiter betrieben
wird. Bei dem Projekt verfügt man über einen Großteil von Flächen, die entweder
brach liegen oder der Waldentwicklung dienen. Für darüber hinaus gehende
Flächen wird dafür gesorgt, dass Ausgleichsflächen zur Verfügung gestellt
werden.
Mitglied ten Brink spricht die Gefahr der Vernässung der
benachbarten Bodenbereiche an und fragt nach, ob dadurch keine negativen
Auswirkungen auftreten. Herr Markgraf-Maué führt aus, dass die Nebenrinne sich
ausschließlich auf das Gelände der Wasserstraßen-verwaltung bezieht. In dem
Bereich, wo die Buhnen enden, liegt eine steile Böschung, die sich im Besitz
der Forstverwaltung befindet. Eine Vernässung ist somit nicht gegeben. Ein
Einfluss auf den Grundwasserspiegel im
Bereich hinter dem Deich ist nicht zu erwarten.
Auf Anfrage von Mitglied Diekman teilt Herr Markgraf-Maué
mit, dass mit dieser Maßnahme keine Kosten auf die Stadt Emmerich am Rhein
zukommen werden.
Mitglied Reintjes fragt an, wer für die spätere Pflege des
Auenwaldes verantwortlich ist. Hierauf teilt Herr Markgraf-Maué mit, dass sich
die betroffenen Flächen in Besitz des Landes
befinden und NRW somit auch für die Pflege verantwortlich ist. In den
Niederlanden gibt es ein Konzept, welches eine zyklische Verjüngung der Aue
vornimmt. Das bedeutet, dass immer ein bestimmter Bereich Auenwald aufkommt,
der in anderen Bereichen wieder zurückgenommen wird, um insgesamt ein
gleichbleibendes Abflussprofil zu erhalten. Dies geschieht derzeit auch im Bereich der Millinger Ward.
Insgesamt ist dies ein System, welches die Abflusskapazität erhalten soll. Für
Emmerich allerdings geht er davon aus, dass durch den Nachweis der
Bundesanstalt für Wasserbau, der Auenwald mit der Nebenrinne hochwasserneutral
ist und infolgedessen Probleme nicht zu erwarten sein werden.
Ferner teilt er auf Anfrage von Mitglied Schagen mit, dass
die Nutzung der Deichkrone durch Radfahrer usw. durch das Projekt nicht
beeinträchtig wird.
Vorsitzender Jansen bedankt sich für die kompetente
Ausführung.