Sitzung: 25.01.2011 Ausschuss für Stadtentwicklung
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Abstimmung: Ja: 21, Nein: 0, Enthaltungen: 0
Vorlage: 05 - 15 0359/2011
Der Aussschuss für Stadtentwicklung nimmt die Ausführungen der Gastreferentin von der Waterschap Rijn en Ijssel zur Kenntnis.
Vorsitzender Jansen erteilt das
Wort nunmehr Frau Lamberts (Vorstandsvorsitzende Waterschap Rijn en Ijssel).
Sie teilt mit, dass dieses Projekt auch Emmericher Bürger interessiert hat, die
bei der Informationsveranstaltung in Holland teilgenommen haben. Sie bedankt
sich dafür, dass dieses Projekt im Ausschuss für Stadtentwicklung vorgestellt
werden kann.
Nunmehr geht Frau Reurink-Vuurens
in ihrem Vortrag auf die Details des Projektes ein. Am 23. und 25. November
2010 hat der Wasserverband Rijn en Ijssel in Babberich 2 Informationstage
veranstaltet, wo über die Wasserstandsänderungen und die Entschädigungsansprüche
der Betroffenen aufgeklärt wurde. Herr Fidler war bei dieser Veranstaltung
ebenfalls anwesend, und hatte eine Einladung für den heutigen Ausschuss
ausgesprochen.
Nunmehr geht sie auf die Geschichte
des Projektes „Rijnstrangen“ ein. Am 01.03.2007 hat der Gesamtvorstand des
Wasserverbandes Rijn und Ijssel den erwünschten Grundwasser- und
Flächengewässerhaushalt verabschiedet (Stichwort ‚GGOR’). Der Beschluss ist im Jahr 2009 rechtskräftig
geworden. Das Gebiet „Rijnstrangen“ ist als „Top-Gebiet“ eingestuft und auf die
Liste der „Natura 2000-Projekte“ gesetzt worden. Ziel ist es, die Natur in
diesem Gebiet zu schützen (Schilfvegetation) und der Austrocknung des Gebietes
entgegen zu wirken. Die aktuellen Grundwasserstände im Gebiet sind noch nicht
optimal, um eine ggfs. mögliche Austrocknung zu verhindern. Somit werden die
Ziele von „Natura 2000“ noch nicht erfüllt. Daher sind Anpassungen im
Wasserhaushalt des Rijnstrangengebietes, die über das Wasserregime im
Vorfluter, dem ‚Oude Rijn’ gesteuert werden. Erforderlich sind leicht höhere
Wasserstände dort, um ein Austrocknung der „Rijnstrangen“ zu verhindern und die
ökologische Bedeutung des Gebietes zu erhalten. Um dies zu erreichen sind die
im Folgenden von ihr genannten Maßnahmen notwendig:
Nun zeigt sie eine Karte der
beabsichtigten Wasserstandsänderungen im Gebiet
„Rijnstrangen“. Derzeit hat man 2 Pegelstände in dem Gebiet, der
maximale und der minimale Pegel. Von einem minimalen Pegel spricht man dann,
wenn der Alte Rhein weniger als 9,75 m Wasser führt. Das Schöpfwerk „Kandia“
würde dann geschlossen werden, so dass kein Wasser in den Pannerdenschen Kanal
mehr abfließen kann und somit der Wasserstand nicht weiter abnimmt. Von einem
maximalen Pegel spricht man, wenn der Wasserstand 10,75 erreicht. Wird der
Wasserstand höher, pumpt das Schöpfwerk „Kandia“ das Wasser in den
Pannerdenschen Kanal. Die Folgen für die Wasserstandsänderungen wären, dass der
minimale Pegel sich um 25-45 cm höher einstellen wird und der maximale Pegel in
der Anbausaison um 10-30 cm tiefer ausfallen wird.
Dann geht sie auf die 4 verschiedenen Bereiche in
der Karte ein. In Abschnitt A ändert sich der Wasserstand des minimalen Pegels
von 9,75 m auf 10,00 m. Der maximale Pegel geht 30 cm tiefer. Um die Dynamik
für die Schilfvegetation in diesem Gebiet zurück zu gewinnen, wird einmal alle
4 Jahre der Pegel um 75 cm auf 9 m über NN gesenkt. Im Abschnitt D befindet
sich die Natur in einem guten ökologischen Zustand. Der minimale Pegel wird
auch hier auf 10,00 m gesetzt und der maximale Pegel in der Anbausaison um 30
cm reduziert. Hierfür wird ein Stau angelegt werden. Im Abschnitt B wird der
minimale Pegel von 9,75 m auf 10,20 m angehoben und auch hierfür wird ein Stau
angelegt werden. Der maximale Pegel wird auch hier in der Anbausaison um 30 cm
gesenkt werden. Für den Abschnitt C ist keine große Veränderung geplant. Der
derzeitig minimale Pegel wird beibehalten (10,60 m) und der maximale Pegel wird
in der Anbausaison 10 cm tiefer gelegt.
Die geplanten
Wasserstandsänderungen sind nicht ohne Auswirkungen auf die im Gebiet
befindlichen landwirtschaftlichen Flächen. Die zu erwartenden Folgen sind
allerdings gering, so dass eine
landwirtschaftliche Nutzung weiterhin möglich ist. Allerdings wird sich der
wirtschaftliche Nutzungswert teilweise verschlechtern. Dies wird auf Grundlage
von Artikel 40 des niederländischen Wasserhaushaltsgesetzes finanziell
kompensiert.
In der zweiten Karte sind die
voraussichtlichen Zunahmen der jeweiligen Grundwasser-stände dargestellt, die
auch Auswirkungen auf deutscher Seite haben können. Jedoch sind nicht alle
Grundwasserstandsänderungen problematisch. Der Wasserverband Rijn en Ijssel hat
ein Gutachten erstellen lassen, wann und wo durch das Grundwasser Probleme
auftreten könnten. Hierfür verweist Frau Reurink-Vuurens auf die dritte Karte.
Dort ist der Ertragsrückgang erkennbar. Einige wenige Flächen liegen auf
deutschem Gebiet. Dort wo möglicherweise ein Ertragsrückgang zu befürchten ist,
wird mit Sorgfalt ein Verfahren eingeleitet werden, indem den Grundbesitzern
und Nutzern des betroffenen Gebietes bereits im Vorfeld die Möglichkeit geboten
wird, einen finanziellen Ausgleich für die Folgen der Grundwasserstandsänderung
zu beantragen. Grundlage hierfür ist die Schadensersatz-regelung des
Wasserbandes Rijn en Ijssel.
Abschließend geht sie auf das Thema
„Kompensation“ ein. Um die möglichen Folgen der Wasserstandsänderungen im
Vorfeld finanziell kompensieren zu können, hat der Wasserverband am 01.07.2010
eine Beratungskommission einberufen, die mit externen Sachverständigen besetzt
ist. Grundbesitzer und Pächter, die durch die Wasserstands-änderungen
benachteiligt werden, können mit Hilfe eines Antragsformulars
Kompensations-ausgleich beantragen. Die Beratungskommission nimmt die Anträge
an, wenn die notwendigen Unterlagen beigelegt werden und eine Begründung
vorgelegt wird, dass ein wirtschaftlicher Schaden im Vergleich zur
Nullsituation (Periode 1996 bis 2004) entsteht. Danach stellt die
Beratungskommission fest, welcher wirtschaftliche Nachteil ihrer Meinung nach
zu erwarten ist, der dann vom Wasserverband Rijn en Ijssel kompensiert werden
muss. Die Beratungskommission führt Anhörungen durch, um sowohl dem
Antragsteller als auch evtl. beauftragten Sachverständigen die Möglichkeit zu
geben, ihren Standpunktes. Darzulegen. Selbstverständlich kann auch erst nach
Wasserstandsänderung Schaden geltend gemacht werden.
Vorsitzender Jansen bedankt sich
für diesen Vortrag.
Auf Anfrage von Mitglied
Beckschaefer antwortet Frau Reurink-Vuurens, dass jeder Betroffene eine frei
Wahl des Sachverständigen hat, den man zur Anhörung nach Holland mitnehmen
kann.
Mitglied Sickelmann führt aus, dass
vor 2 Jahren bereits ein Zwischenstand zu dem Projekt gegeben wurde. Ihre
Fraktion hatte zum damaligen Zeitpunkt empfohlen, ein eigenes hydrogeologisches
Gutachten in Auftrag zu geben, um die Auswirkungen für die Emmericher Bürger
darzustellen. Leider wurde diese Meinung nicht geteilt.
Nunmehr fragt sie, ob die
vorgestellten Kartenwerke parzellenscharf für den deutschen Grenzraum
vorliegen. Auf diese Anfrage teilt Frau Reurink-Vuurens mit, dass es möglich
ist, spezielle Karten für eine bestimmte Parzelle auf deutschem Gebiet zu
erstellen. Derzeit wird es so gehandhabt, dass eine solche Karte dann erstellt
wird, wenn der Betroffene seine Grundstücksangaben entweder schriftlich, per
E-Mail oder telefonisch durchgibt. Selbstverständlich ist es möglich, diese
Kartenwerke der deutschen Gemeinde zur Verfügung zu stellen. Weitergehende
Informationen für bestimmte Parzellen werden auch für das deutsche Gebiet
angefertigt.
Frau Lamberts ergänzt weiter, dass
deutsche Bürger an den Informationsveranstaltungen teilgenommen haben und
bereits 4 Geschädigte entsprechende Anträge auf Entschädigung eingereicht
haben.
Weiterhin stellt Frau Sickelmann
den Antrag, dass die parzellenscharfen Kartenwerke der betroffenen Flächen und
die entsprechenden Antragsformulare für die Emmericher Bürger ins Internet
gestellt werden.
Vorsitzender Jansen bittet die
Verwaltung, die parzellenscharfen Kartenwerke und die Antragsformulare für
Entschädigungsansprüche im Internetauftritt der Stadt zur Verfügung zu stellen.
Auf Nachfrage von Mitglied ten
Brink teilt Herr Pollmann mit, dass die Abschaltung des Pumpwerkes „Kandia“
nicht geplant ist. Vielmehr wurde das Pumpwerk in der Vergangenheit für ca. 4
Mio. Euro unter Beteiligung des Deichverbandes Bislich-Landesgrenze renoviert.
. Derzeit ist das Pumpwerk Kandia in
Betrieb und auch zukünftig wird es notwendig bleiben, um die maximale Pegelhöhe
nicht noch höher auflaufen zu lassen.
Mitglied Schagen fragt an, ob die
betroffenen Landwirte in Elten persönlich angesprochen oder informiert worden
sind.
Frau Reurink-Vuurens erklärt noch
mal, dass nach Meinung des Wasserverbandes Rijn en Ijssel der Schaden in
Deutschland gering ist. Der Pegel bei der Erfkamerlingschap bleibt so bestehen,
lediglich in der Blühzeit geht er nach unten. Sollte weiterhin Interesse von
betroffenen Landwirten bekundet werden so ist die Vorführung dieser
Präsentation jederzeit möglich. Alle betroffenen Bürger in diesem Gebiet waren
zur damaligen Informations-veranstaltung persönlich eingeladen.
Mitglied Sloot führt aus, dass aus
den zur Verfügung stehenden Unterlagen hervorgeht, dass es sich um ein
niederländisches Projekt handelt, welches nunmehr bereits über einen Zeitraum
von 10 Jahren läuft. Sie fragt an, wer auf deutscher Seite an dem Verfahren
beteiligt war und wer den deutschen Rechtsstatus vertreten hat. Ferner fragt
sie, ob die Waterschap Rijn en Ijssel als Rechtsvertretung für Schäden auf
deutscher Seite tätig wird und wie das Verfahren bei evtl. Schadensansprüchen
aussieht. An wen muss sich der Geschädigte mit seinem Anliegen richten? Wenn
seitens der Waterschap Rijn en Ijssel in der Sitzung darauf keine Antwort
gegeben werden kann, so bittet Mitglied Sloot um entsprechende Beantwortung in
der Niederschrift.
Weiterhin fragt Mitglied Sloot an,
ob und in welcher Höhe EU-Mittel in das Projekt „Rijnstrangen“ für die
Naturentwicklung im Rahmen „Natura 2000“ eingeflossen sind.
Frau Lamberts antwortet hinsichtlich
des deutschen und niederländischen Rechts, dass man davon ausgeht, dass das
niederländische Recht auch für die deutschen Betroffenen Gültigkeit hat. Eine
Untersuchung hierfür ist im Gange und man erwartet eine entsprechende Antwort.
Sobald die Antwort vorliegt, wird sie dem Ausschuss zur Kenntnis gegeben.
Hinsichtlich möglicher EU-Mittel
antwortet Herr Toen Spek von der Provinz Gelderland, dass keine EU-Mittel für
dieses Projekt geflossen sind. 75 % der Kosten werden von der Provinz
Gelderland und 25 % der Kosten vom Wasserverband getragen
Mitglied Sloot fragt weiter, ob
geprüft worden ist, dass die Grundwasserflurabstände, im Hinblick auf die
ackerbauliche Nutzung und die Grünlandnutzung, mit den geltenden Bodenschutzgesetzen
abgeglichen wurden. Sollte der Grundwasserflurabstand nicht ausreichen, so
können die Flächen nicht bewirtschaftet werden.
Sie fragt an, ob diese Problematik seitens der niederländischen Seite
berücksichtigt wurde und von der EU abgeprüft wurde. Frau Reurink-Vuurens teilt
mit, dass alle evtl. möglichen Schäden bei der Waterschap eingereicht werden
können; Voraussetzung ist natürlich, dass der Grund hierfür die Veränderung des
Pegels ist. Frau Lamberts ergänzt, dass auch der Schaden gemeldet werden kann,
wenn man anstatt Mais evtl. nur Gras anbauen kann.
Mitglied Sloot weist erneut darauf
hin, dass der Rechtsstatus zwar noch nicht abschließend geklärt ist, dennoch
Leistungen bereits angeboten werden, obwohl nicht sicher ist, ob das Angebot
umsetzbar ist. Die Betroffenen möchten den entstandenen Schaden
selbstverständlich zeitnah ersetzt bekommen und nicht eine längere Zeit auf
eine Entscheidung warten. Sie spricht hier z. B. die Starkregenfälle an. Wird
der Grundwasser-stand künstlich angehoben und Starkregen kommt hinzu, dann
entsteht eine Situation, wo mehrere Faktoren dazu führen, dass
landwirtschaftliche Flächen nicht mehr bewirtschaftet werden können.
Weiter führt sie aus, dass laut
ihres Wissens 3 Stellungnahmen von Landwirten vorliegen, die keine
Entschädigung anfragen, sondern die bisherige Feststellung nicht anerkennen und
darauf verweisen, dass sie nicht auf die Umsetzung warten. Seitens dieser
Landwirte wird die Planung grundsätzlich abgelehnt, da nicht gewährleistet sei,
dass der Rechtsrahmen eingehalten wird und die Schadensereignisse trotz
fehlender Untersuchungen (hydro-geologisches Gutachten) korrekt dargestellt
werden können.
Frau Lamberts erklärt, dass, sofern
die Bewertungskommission dem positiv gegenüber steht, der Ersatzanspruch des Schadens
vorab ausbezahlt wird. Sollte sich nach 3 Jahren herausstellen, dass dies nicht
ausreichend war, besteht auch dann immer noch die Möglichkeit, den Schaden
erneut nachzumelden.
Mitglied Sickelmann stellt nochmals
fest, dass es definitiv sinnvoll gewesen wäre, wenn man ein hydrogelogisches
Gutachten für die deutsche Seite in Auftrag gegeben hätte. Nunmehr ist jeder
privat Betroffene gefordert, seinen Schaden nachzuweisen, obwohl er keine
gutachterlich gesicherte Ausgangslage vorweisen kann. Es muss darauf geachtet
werden, dass die Schadensregulierung nicht nur auf dem Papier steht.
Sie hat den Vortrag so verstanden,
dass die Auswirkungen des Projektes gering sein werden. Sie fragt an, ob
seitens der Niederlande ein hydrogeologisches Gutachten existiert, welches man
im Bedarfsfall auf deutscher Seite im Beweissicherungsverfahren anwenden kann.
Frau Reurink-Vuurens teilt mit,
dass für die Periode 1996 bis 2004 eine Untersuchung erfolgt ist. Dort sind
bestimmte Pegel bei Kandia mit ihren Jahresgängen eingeflossen. Diese Studie
könne selbstverständlich weitergegeben werden. Die weiteren Karten sind auf der
Grundlage eines hydrogeologischen Modells erstellt worden. Dies kann nicht ohne
weiteres weitergegeben werden, da hierfür entsprechende Computerprogramme
benötigt werden. Für mögliche Schadensersatzansprüche wird immer die
Untersuchung der Periode 1996 bis 2004 als Nullsituation zu Grunde gelegt. Frau
Lamberts führt ergänzend aus, dass die Periode 1996 bis 2004 richterlich
anerkannt ist.
Erster Beigeordneter Wachs führt
aus, dass die Frage der Nullsituation in den vergangenen Jahren sowohl auf
niederländischer als auch auf deutscher Seite ein Thema gewesen sei,
insbesondere bei dem zuständigen Deichverband Bislich-Landesgrenze. In
Abstimmung mit den niederländischen Kollegen wurden in den vergangenen Jahren
die Messpunkte, das Regime, wie zu messen ist, etc. festgelegt. Sollten also
weitere Informationen benötigt werden, kann man sich jederzeit an den
Deichverband Bislich-Landesgrenze wenden.
Nach dieser Wortäußerung fragt
Mitglied Sloot, ob der rechtliche Ansprechpartner auf deutscher Seite der Deichverband Bislich-Landesgrenze sei.
Hierauf antwortet Frau
Reurink-Vuurens dass die Schadensersatzansprüche bei der Waterschap Rijn en
Ijssel schriftlich vorgelegt werden müssen. Selbstverständlich kann man sich
auch in einer Gruppe zusammentun, um die Schäden vorzutragen.
Vorsitzender Jansen bedankt sich
bei den Vortragenden der Waterschap Rijn en Ijssel und der Provinz Gelderland.
Abstimmungsergebnis:
21 Stimmen dafür, 0 Stimmen dagegen, 0
Enthaltungen