Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 23, Nein: 10, Enthaltungen: 0

Beschlussvorschlag

 

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein beschließt den durch das Planungsbüro Junker & Kruse erstellten „Entwurf des Einzelhandelskonzeptes für die Stadt Emmerich am Rhein“ von April 2011 als „Einzelhandelskonzept der Stadt Emmerich am Rhein“ im Sinne eines räumlich-funktionalen Grundkonzeptes für künftige Entscheidungen zu Einzelhandelsansiedlungen in der Stadt Emmerich am Rhein.

 

Das vom Rat der Stadt Emmerich am Rhein beschlossene „Einzelhandelskonzept der Stadt Emmerich am Rhein“ versteht sich als freiwillige Selbstbindung an ein städtebauliches Entwicklungskonzept i. S. der Vorschriften des § 1 Abs. 6 Nr. 11 Baugesetzbuch (BauGB), welches bei der Aufstellung und Änderung von Bauleitplänen sowie bei der planungsrechtlichen Beurteilung von Baugesuchen zu berücksichtigen ist.

 


 

Auf Antrag von Mitglied Kukulies wird der Wortbeitrag von Mitglied Bartels wörtlich protokolliert.

 

Mitglied Bartels:

"Ich möchte die Gelegenheit nutzen, doch einige Aussagen zu dem Thema Gutachten zu machen. Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, Gutachten sollten eigentlich verlässliche Grundlagen für anstehende Entscheidungen sein. Immerhin werden diese, Ihre Entscheidungen, die Stadt und den städt. Einzelhandel über eine sehr lange Zeit prägen. Unter diesen Vorzeichen haben wir das vorliegende Gutachten kritisch betrachtet, wohl wissend, dass die Firma Junker und Kruse ein erklärter Gegner von großen Lösungen in Innenstädten ist. Diverse Veröffentlichungen aus dem Hause Junker und Kruse belegen das nachhaltig. Als Quelle möchte ich hier die Homepage von Junker und Kruse angeben, da kann man das hervorragend nachlesen. Hinzu kommt, das Junker und Kruse das Konzept aus dem Jahre 2004 sehr restriktiv, in Bezug auf die nunmehr neu definierten Teile der Kerninnenstadt, verändert hat. So verändert, dass man geneigt ist, hier von Kannibalismus zu sprechen. Denn nur sehr wenig ist von dem übrig geblieben, was in 2004 dazugehörte. Wie werden wohl die Hauseigentümer, die damit sicherlich verbundene Abwertung  ihrer Immobilie aufnehmen und vor allem, wie werden sie die damit verbliebenen Chancen auf eine gewerbliche Vermietung sehen?

Doch betrachten wir jetzt die verschiedenen Aussagen aus dem Gutachten etwas detaillierter. Eine Aussage auf Seite 9 lautet: 'Die Einzelhandelslandschaft in Emmerich hat sich dynamisch weiterentwickelt.' Fakten sind: BMW weg, Ford weg, Opel weg, Renault weg, Pitstop weg, Nowa-Möbel weg, Schuster/Fassin weg. Ich könnte jetzt  die Aufzählung noch entsprechend erweitern, mache ich aber nicht. Weiterhin hat sich auch anderes Gewerbe nicht dynamisch weiterentwickelt; ich nenne nur zwei. Wir haben eine riesige Ansiedlung mit Bright-Point an der Stadtweide, gibt es dort auch nicht mehr, das Obi-Logistikcenter existiert ebenfalls nicht mehr. Gott sei Dank ist die Firma Becker umgezogen und hat das weitere jetzt mit Leben gefüllt. Es gab auch Neuansiedlungen. Eine sehr löbliche Neuansiedlung  ist Obi, die aber letztendlich durch eine Erweiterung ihrer Sortimente auch jetzt innenstadtrelevante Dinge verkaufen und das ist auch nicht so gewünscht. Über BLG möchte ich jetzt bewusst nicht sprechen, weil das eine sehr flächenintensive Geschichte ist, die letztendlich der Emmericher Innenstadt und auch den Bürgern und damit verbundenen Einnahmesituationen überhaupt gar nichts gebracht hat.

Dann komme ich jetzt mal zur Leerstandssituation. Hier hat sich keine grundlegende positive Entwicklung und vor allen Dingen keine dynamische Veränderung ergeben zu 2005. Die Leerstände sind in gleichem bzw. noch in größerem Umfang vorhanden als in der Innenstadt. Hieran hat auch die kostenintensive Umgestaltung der Steinstraße überhaupt nichts verändert. Mittlerweile wird als einziger Punkt die 1a-Lage gesehen vom Bereich Volksbank bis zur Kirchstraße. Daneben haben wir nur noch 1b-Lagen. Die Sortimentsliste ist auch ein Punkt der von Junker und Kruse intensiv bearbeitet worden ist. Der Käufer ist letztendlich der einzige Entscheidende darüber, ob er eine Innenstadt als attraktiven Einzelhandelsstandort wahrnimmt oder nicht. Somit  reicht im Zweifel eine Flaniermeile Rheinpromenade nicht aus, um den Einzelhandel positiv zu beatmen. Es besteht vielmehr die Gefahr, dass die überwiegend auswärtigen Besucher der Promenade diese nur als Ort der touristischen Erbauung wahrnehmen und den ursprünglichen Kopplungseffekt in den Hintergrund stellen und somit Emmerich nicht mehr als Einkaufsmöglichkeit erkennen. Hier wird außerdem die Chance der räumlichen Nähe von z. B. der Mennonitenstraße und dem Aldi-Gelände zur Kerninnenstadt nicht positiv genutzt, indem man weitere Ansiedlungen an dieser Stelle aktiv verhindert. Somit wird dem Besucher z. B. vom Aldi-Markt,  erwiesenermaßen handelt es sich bei diesen Kunden um 40 % Niederländer, erst gar nicht aufgezeigt, dass es in relativer Nähe zum Aldi-Markt noch eine Innenstadt mit möglicherweise weiteren Einkaufsmöglichkeiten gibt. Eben durch diese Handlungsweise wird der Aldi-Kunde nur auf diese Einkaufschance reduziert. Eine auch baulich dargestellte Anbindung an die Innenstadt würde im Zweifel eher neugierig machen als abschrecken. Dazu kommt eine sklavische Festlegung von Sortimenten und Quadratmeterflächen, die führt zu einer Bevormundung der Verbraucher. Folge: U. U. entscheidet sich der Verbraucher bereits grundsätzlich gegen Emmerich und fährt den Standort erst gar nicht an. Der Flächenbedarf wird auch von Junker und Kruse festgelegt. Junker und Kruse legt den Flächenbedarf bzw. die Größe der möglichen Ansiedlungen sehr konservativ fest. Warum  wird es nicht den Ansiedlungswilligen überlassen, über ihr Wohl und Wehe selbst zu entscheiden? Wenn, wie z. B. bei ITG geschehen, sich diverse Mieter nicht nur eine gewisse Fläche wünschen, sondern auch diese sogar als Minimalgröße für ihr Kommen definieren, sollten wir tunlichst nichts unternehmen, diese Entscheidungen und Wünsche unnötig zu reglementieren. Im Übrigen ist es aufgrund von diversen Veröffentlichungen der Firma Junker und Kruse deutlich geworden, dass man dort kein Befürworter von Shopping-malls ist. Allerdings bei einer Gesamtfläche, wie von ITG angedacht, von 8.500 m² von einer Shopping-mall zu sprechen, halte ich doch für sehr übertrieben. Dafür gibt es z. T. auch noch fehlerhafte Erhebungen. Da möchte ich mal einige Dinge herausgreifen. Bei der Lektüre ist uns aufgefallen, dass auf der Seite 33 die  vorgenommene Bewertung der durchschnittlichen Verkaufsfläche pro Betrieb von 245 m² genannt wird. Mit diesem Wert läge Emmerich damit, lt. Junker und Kruse, sogar über dem Bundesdurchschnitt von 230 m². Der Wert kommt aber nur durch eine erhebliche Ausweitung der Verkaufsfläche von Obi und das Dazurechnen von freien Flächen der Firma Stein Poot und Natursteine Emmerich zustande. Ansonsten ist die Flächenausstattung des Emmericher Einzelhandels, und das wissen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen genauso gut wie ich, eher kleinteilig und führt oftmals zu Existenzproblemen aufgrund fehlender Verkaufsflächen. Auf der Seite 91 wird die Standortstruktur beleuchtet und es werden einige Unternehmen verschiedener Branchen aufgezählt z. B. als solitäre großflächige Einzelhandelsbetriebe. Hierbei wird z. B. vollständig der Einzelhandelsbetrieb an der Rudolf-Diesel-Straße 18, in dem ich zufällig mein Geschäft betreibe, mit zwei Einzelhändlern und vier Dienstleistern mit einer Gesamtsbetriebfläche mit 2.000 m² einfach so vergessen. Deswegen glaube ich, darf man sehr kritisch über dieses Einzelhandelsgutachten nachdenken, was aus unserer Sicht mit einer sehr groben Art und Weise erarbeitet worden ist und deswegen wird sich die BGE dem Antrag nicht anschließen. "

 

Mitglied Sickelmann bezieht sich auf die ausführliche Diskussion im Fachausschuss. Ihrer Meinung nach ist der Zustand der Emmericher Innenstadt zurückzuführen auf die Durchsetzung von Einzelinteressen, auf die fehlende Steuerung und dem fehlenden Gesamtkonzept. Ihre Fraktion hofft, dass dieser Zustand mit dem vorliegenden Gutachten der Firma Junker und Kruse beseitigt werden kann. Sie merkt noch an, dass es sich bei der Kritik der BürgerGemeinschaft um ein einziges Grundstück handelt. Insofern kann ihre Fraktion diese Kritik, die zu Lasten eines Gesamtkonzeptes geht, nicht mittragen.

 

Mitglied Kukulies teilt im Namen seiner Fraktion mit, dass sie sich den Ausführungen der BGE-Fraktion anschließt und dem vorliegenden Beschlussvorschlag nicht zustimmt.

 

Mitglied Gertsen stellt den Antrag, gemäß Vorlage zu beschließen.