Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 19, Nein: 1, Enthaltungen: 1

Beschluss

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung beschließt, den Antrag auf Umwandlung der FNP-Gewerbeflächendarstellung in „Fläche für die Landwirtschaft“ für den Bereich auf der Nordseite der Reeser Straße zwischen Jahnstraße und dem Grundstück Reeser Str. 205 (Ziegelei Alphons Meyer KG) zurückzuweisen, soweit es nicht um die durch Einleitungsbeschluss des Ausschusses für Stadtentwicklung vom 10.05.2011 in das Verfahren der 71. FNP-Änderung einbezogenen Flächen (Anpassung an den virtuellen Gewerbeflächenpool des Kreises Kleve) handelt.

 


Frau Tepaß erläutert kurz die Vorlage. Es ist die Umwandlung einer FNP-Darstellung einer gewerblichen Baufläche in eine Fläche für die Landwirtschaft beantragt. Begründet wird es damit, dass sich der Standort im Nahbereich des Kraftwerksstandortes an der Reeser Straße befindet und die Bereiche im GEP nicht als Gewerbe dargestellt sind. Hintergrund ist die Realisierung von Wohnen in dem Bereich.

Das Vorhaben befindet sich im Außenbereich. Es erfüllt nicht den Privilegierungstatbestand nach § 35 Abs. 1 BauGB; allerdings kann von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, ein Vorhaben im Außenbereich im Einzelfall zuzulassen, wenn bestimmte Voraussetzungen (keine Beeinträchtigung öffentlicher Belange, Sicherung der Erschließung) erfüllt sind. Aus Sicht der Verwaltung ist das Thema der Immissionsproblematik noch abzuarbeiten. Neben dem Antragsgrundstück befindet sich ein Betrieb, der Immissionen verursacht. Seitens der Verwaltung wird eine Immissionsprognose gefordert, worin Aussagen über die Verträglichkeit zwischen geplantem Wohnen und gewerblichem Betrieb getroffen werden. Sofern diese Unterlagen vorliegen, wird seitens der unteren Bauaufsichtsbehörde eine Genehmigung in Aussicht gestellt.

Die beantragte Flächennutzungsplanänderung ist allerdings nicht die Lösung des Problems, da man dann immer noch das Wohnen in einer landwirtschaftlichen Fläche im Außenbereich hätte. Lediglich im Rahmen der Baugenehmigung mit Beibringung des Immissionsgutachtens und entsprechender Eintragung von Baulasten auf dem Grundstück der Antragstellerin ist das Problem zu lösen.

 

Mitglied ten Brink sieht es als positiv an, dass von der Verwaltung im Rahmen der Abwägung eine Genehmigung in Aussicht gestellt wird. Von der Verwaltung wird der immissionsrechtliche Verträglichkeitsnachweis zum Schutz des öffentlichen Belangs (Anwohner/Betroffenen) gefordert. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass in diesem Fall bereits ein „Wohnen“ vorhanden ist; es dürfte belanglos sein, ob es sich um Betriebsleiterwohnen, wie es hier der Fall ist, oder normales Wohnen handelt. Auch auf der gegenüberliegenden Straßenseite in der gleichen Entfernung ist bereits Wohnen vorhanden. Die Verwaltung hat nunmehr die Aufgabe zu prüfen, ob im Fall einer evtl. Nutzungsänderung unzulässige Nutzungskonflikte entstehen. Seiner Meinung nach besteht zwischen der Verwaltung und Antragstellerin nur Dissens darüber, wie die verwaltungsrechtliche Regelung des Schutzfaktors Wohnen ausgelegt wird. Die Antragstellerin wünscht eine Absicherung mit Hilfe einer Baulast; die Verwaltung fordert einen immissionsschutzrechtlichen Verträglichkeitsnachweis. Aus seiner Sicht ist der Schutz des Wohnens hinreichend gewährleistet und unverändert gegeben. Allerdings vertraut er der Aussage der Verwaltung, dass eine Genehmigung in Aussicht gestellt werden könnte und schließt sich dem Beschluss der Verwaltung an.

Erster Beigeordneter Dr. Wachs erläutert, dass es sich um die Änderung des Flächennutzungsplanes handelt. Damit kann sich der Ausschuss für Stadtentwicklung und Rat beschäftigen, wenn es Gegebenheiten aus dem Flächennutzungsplan heraus gibt, die gesamtstädtisch die Notwendigkeit einer Änderung erfordert. Die Frage der Baulasteintragung, Genehmigung, Nutzungsänderung will und kann die Verwaltung nicht beeinflussen; Wohnen kann auch jetzt dort stattfinden.

Allerdings ist von dem Antragsteller hier angestrebt, dass eine Betriebsleiterwohnung von der Qualität her verändert werden soll; Betriebsleiterwohnungen müssen weitaus mehr Restriktionen (wie z. B. Lärm) erdulden als Wohnen in normalen Wohngebieten. Eine solche Veränderung kann nur dann erfolgen, wenn entsprechende Regelungen da sind, die die Stadt Emmerich am Rhein in die Lage versetzen, den Prüfungsablauf abzuarbeiten. Wie bereits von Frau Tepaß erwähnt, müssen gemäß § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB die schädlichen Umwelteinwirkungen geprüft werden. Hierfür müssen der Verwaltung verlässliche Aussagen vorliegen. Dies muss nicht nur aus dem Grund der Rechtssicherheit der Verwaltung sondern auch vor dem Hintergrund der Rechtssicherheit des Antragstellers, evtl. eines möglicherweise weiteren Eigentümers und des bestehenden Betriebes erfolgen.

Ferner ergänzt Erster Beigeordneter Dr. Wachs, dass die Regelung über eine immissionsschutzrechtliche Baulast grundsätzlich möglich ist. Allerdings ist die Frage der Eintragung der immissionsschutzrechtlichen Baulast zu bestimmen; d. h. es muss genau definiert werden, was als Baulast eingetragen werden soll (was ist der immissionsschutzrechtliche Kern und welchem Kern setzt sich der Eigentümer aus). Eine solche Definition der Baulast kann natürlich nur dann gemacht werden, wenn der Verwaltung eine genaue Aussage über die Immissionen vorliegt.

 

Mitglied Hinze fragt an, ob das immissionsschutzrechtliche Gutachten eine Genehmigungsfähigkeit verhindern könnte. Erster Beigeordneter Dr. Wachs erklärt, dass nach § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB ein „Allgemeines Wohnen“ (nicht gewerbliches Wohnen) nur dann genehmigt werden kann, wenn es keinen schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt ist. Um dieses Problem zu lösen ist ein immissionsschutzrechtliches Gutachten erforderlich, um mögliche Definitionen in einer Baulast festzuschreiben. Ergänzend teilt er auf weitere Anfrage von Mitglied Hinze mit, dass das Interesse bereits seit 1 ½ Jahren besteht. Um es voranzutreiben, muss in erster Linie vom Eigentümer das immissionsschutzrechtliche Gutachten in Auftrag gegeben werden. Die Erstellung des Gutachtens dauert in der Regel zwischen 4 bis 6 Wochen und nach Vorlage dieses Gutachtens kann die Verwaltung mit der Prüfung beginnen. Nach 4- bis 6-wöchiger Prüfung läge seitens der Verwaltung das Ergebnis vor.

 

Mitglied Reintjes erklärt, dass die Definition der Immissionseinwirkungen auch für die Baulasteintragung klar definiert sein muss. Somit besteht kein Zweifel an dem Erfordernis des immissionsschutzrechtlichen Gutachtens. Er versteht die Ausführungen der Verwaltung so, dass auch bei Änderung des Flächennutzungsplanes, diese Verantwortung nur auf die Kommune verlagert würde. In der Sache an sich würde sich nichts ändern. Es kann doch nicht sein, dass die Kommune die Kosten für eine Umwandlung einer Betriebsleiterwohnung in „Allgemeines Wohnen“ trägt, damit der Eigentümer es besser verkaufen kann.

 

Mitglied Sickelmann interpretiert die Vorlage anders. Die Antragstellerin begehrt mit ihrem Antrag, mit ihren Flächen in den virtuellen Gewerbeflächenpool hereingenommen zu werden. Da der virtuelle Gewerbeflächenpool kein Instrument zum Flächensparen ist, sondern aus ihrer Sicht nur zum „Schönrechnen“ dient, geht ihrer Meinung nach aus der Vorlage hervor, dass bei einer künftigen Gewerbeflächenentwicklung auf die von der 71. Änderung des Flächennutzungplan Betroffenen in das virtuelle Entwicklungspotential des Pools eingestellten Flächen wieder zurückgegriffen werden könnte. Die Sorge der Verwaltung ist also die, dass man bei Herausnahme dieser Fläche auch in späteren Jahren keine Gewerbefläche ansiedeln kann.

Mitglied Sickelmann teilt für ihre Fraktion mit, dass sie in der Vorgehensweise der Verwaltung eine Ungleichbehandlung der Petenten sieht. Ferner sieht sie rechtlich eine Grauzone, eine in Landwirtschaft zurückgewandelte Fläche sofort weiterhin als potentielle Gewerbefläche darzustellen. Hier gibt es sicherlich Rechtsverwerfungen. Es sollte eine Abwägung dahin gehend erfolgen, was langfristig auf dem Gelände entstehen soll. Für sie ist unvorstellbar, dass jemand daran interessiert sein könnte, direkt an der Straße z. B. einen großen Logistikbereich anzusiedeln, eine Halle zu errichten oder die Teiche zuzuschütten.

Abschließend teilt sie für ihre Fraktion mit, dass man der Vorlage in der Form nicht zustimmt.

 

Frau Tepaß erläutert die der Vorlage beigefügte Karte. Die schraffierten und schwarz umrandeten Flächen wurden in das Verfahren der 71. Flächennutzungsplanänderung (Virtueller Gewerbeflächenpool) eingebracht. Diese Flächen wurden nur virtuell aus Flächennutzungsplandarstellung und GEP-Darstellung herausgenommen, so dass, wenn entsprechender Bedarf besteht, auch an gleicher Stelle (bei Erfüllung bestimmter Vorgaben) die Stadt Emmerich am Rhein die Möglichkeit hat, diese Flächen zurückzubekommen. Zum einen kann es so sein, dass Flächen eingeworfen werden, die an anderer Stelle ausgewiesen werden, aber auf der anderen Seite kann es auch sein, dass eingeworfene Flächen im Bedarfsfall an gleicher Stelle wieder ausgewiesen werden. Somit hat der Gewerbeflächenpool mit der nunmehr beantragten Flächennutzungsplanänderung nichts zu tun.

 

Mitglied Spiertz äußert, dass zum damaligen Zeitpunkt die Betriebsleiterwohnung genehmigt wurde. Diese gehört mittlerweile einem neuen Eigentümer. Der Eigentümer müsste nunmehr ein immissionsschutzrechtliches Gutachten erstellen lassen, wonach dann die Stadt Emmerich am Rhein möglicherweise eine Genehmigung in Aussicht stellen könnte. Kommt der Eigentümer dieser Forderung nicht nach, kann die Verwaltung den Vorgang nicht weiter bearbeiten. Er stellt den Antrag, nach Vorlage zu beschließen.

 

Mitglied ten Brink fragt an, wie die immissionsschutzrechtlichen Werte für „Allgemeines Wohnen“ und „Mischgebiet“ ausfallen dürfen.

 

Auf Frage von Mitglied Hinze teilt Erster Beigeordneter Dr. Wachs mit, dass auch zum Zeitpunkt des Kaufes durch Familie Helmes keine Baulast auf dem Grundstück eingetragen war. Die Betriebsleiterwohnung könnte selbstverständlich zum jetzigen Zeitpunkt auch als solche verkauft werden.

 

Vorsitzender Jansen lässt über den Antrag von Mitglied Spiertz, nach Vorlage zu beschließen, abstimmen.