Sitzung: 28.06.2011 Ausschuss für Stadtentwicklung
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 19, Nein: 1, Enthaltungen: 1
Vorlage: 05 - 15 0466/2011
Beschluss
Der Ausschuss für Stadtentwicklung
beschließt, den Antrag auf Umwandlung der FNP-Gewerbeflächendarstellung in
„Fläche für die Landwirtschaft“ für den Bereich auf der Nordseite der Reeser
Straße zwischen Jahnstraße und dem Grundstück Reeser Str. 205 (Ziegelei Alphons
Meyer KG) zurückzuweisen, soweit es nicht um die durch Einleitungsbeschluss des
Ausschusses für Stadtentwicklung vom 10.05.2011 in das Verfahren der 71.
FNP-Änderung einbezogenen Flächen (Anpassung an den virtuellen
Gewerbeflächenpool des Kreises Kleve) handelt.
Frau Tepaß erläutert kurz die Vorlage.
Es ist die Umwandlung einer FNP-Darstellung einer gewerblichen Baufläche in
eine Fläche für die Landwirtschaft beantragt. Begründet wird es damit, dass
sich der Standort im Nahbereich des Kraftwerksstandortes an der Reeser Straße befindet
und die Bereiche im GEP nicht als Gewerbe dargestellt sind. Hintergrund ist die
Realisierung von Wohnen in dem Bereich.
Das Vorhaben befindet sich im
Außenbereich. Es erfüllt nicht den Privilegierungstatbestand nach § 35 Abs. 1
BauGB; allerdings kann von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, ein
Vorhaben im Außenbereich im Einzelfall zuzulassen, wenn bestimmte
Voraussetzungen (keine Beeinträchtigung öffentlicher Belange, Sicherung der
Erschließung) erfüllt sind. Aus Sicht der Verwaltung ist das Thema der
Immissionsproblematik noch abzuarbeiten. Neben dem Antragsgrundstück befindet
sich ein Betrieb, der Immissionen verursacht. Seitens der Verwaltung wird eine
Immissionsprognose gefordert, worin Aussagen über die Verträglichkeit zwischen
geplantem Wohnen und gewerblichem Betrieb getroffen werden. Sofern diese
Unterlagen vorliegen, wird seitens der unteren Bauaufsichtsbehörde eine
Genehmigung in Aussicht gestellt.
Die beantragte
Flächennutzungsplanänderung ist allerdings nicht die Lösung des Problems, da
man dann immer noch das Wohnen in einer landwirtschaftlichen Fläche im
Außenbereich hätte. Lediglich im Rahmen der Baugenehmigung mit Beibringung des
Immissionsgutachtens und entsprechender Eintragung von Baulasten auf dem
Grundstück der Antragstellerin ist das Problem zu lösen.
Mitglied ten Brink sieht es als positiv
an, dass von der Verwaltung im Rahmen der Abwägung eine Genehmigung in Aussicht
gestellt wird. Von der Verwaltung wird der immissionsrechtliche Verträglichkeitsnachweis
zum Schutz des öffentlichen Belangs (Anwohner/Betroffenen) gefordert.
Allerdings sollte man nicht vergessen, dass in diesem Fall bereits ein „Wohnen“
vorhanden ist; es dürfte belanglos sein, ob es sich um Betriebsleiterwohnen,
wie es hier der Fall ist, oder normales Wohnen handelt. Auch auf der
gegenüberliegenden Straßenseite in der gleichen Entfernung ist bereits Wohnen
vorhanden. Die Verwaltung hat nunmehr die Aufgabe zu prüfen, ob im Fall einer
evtl. Nutzungsänderung unzulässige Nutzungskonflikte entstehen. Seiner Meinung
nach besteht zwischen der Verwaltung und Antragstellerin nur Dissens darüber,
wie die verwaltungsrechtliche Regelung des Schutzfaktors Wohnen ausgelegt wird.
Die Antragstellerin wünscht eine Absicherung mit Hilfe einer Baulast; die
Verwaltung fordert einen immissionsschutzrechtlichen Verträglichkeitsnachweis.
Aus seiner Sicht ist der Schutz des Wohnens hinreichend gewährleistet und
unverändert gegeben. Allerdings vertraut er der Aussage der Verwaltung, dass
eine Genehmigung in Aussicht gestellt werden könnte und schließt sich dem
Beschluss der Verwaltung an.
Erster Beigeordneter Dr. Wachs
erläutert, dass es sich um die Änderung des Flächennutzungsplanes handelt.
Damit kann sich der Ausschuss für Stadtentwicklung und Rat beschäftigen, wenn
es Gegebenheiten aus dem Flächennutzungsplan heraus gibt, die gesamtstädtisch
die Notwendigkeit einer Änderung erfordert. Die Frage der Baulasteintragung,
Genehmigung, Nutzungsänderung will und kann die Verwaltung nicht beeinflussen;
Wohnen kann auch jetzt dort stattfinden.
Allerdings ist von dem Antragsteller
hier angestrebt, dass eine Betriebsleiterwohnung von der Qualität her verändert
werden soll; Betriebsleiterwohnungen müssen weitaus mehr Restriktionen (wie z.
B. Lärm) erdulden als Wohnen in normalen Wohngebieten. Eine solche Veränderung
kann nur dann erfolgen, wenn entsprechende Regelungen da sind, die die Stadt
Emmerich am Rhein in die Lage versetzen, den Prüfungsablauf abzuarbeiten. Wie
bereits von Frau Tepaß erwähnt, müssen gemäß § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB die
schädlichen Umwelteinwirkungen geprüft werden. Hierfür müssen der Verwaltung
verlässliche Aussagen vorliegen. Dies muss nicht nur aus dem Grund der
Rechtssicherheit der Verwaltung sondern auch vor dem Hintergrund der
Rechtssicherheit des Antragstellers, evtl. eines möglicherweise weiteren
Eigentümers und des bestehenden Betriebes erfolgen.
Ferner ergänzt Erster Beigeordneter Dr.
Wachs, dass die Regelung über eine immissionsschutzrechtliche Baulast
grundsätzlich möglich ist. Allerdings ist die Frage der Eintragung der
immissionsschutzrechtlichen Baulast zu bestimmen; d. h. es muss genau definiert
werden, was als Baulast eingetragen werden soll (was ist der
immissionsschutzrechtliche Kern und welchem Kern setzt sich der Eigentümer aus).
Eine solche Definition der Baulast kann natürlich nur dann gemacht werden, wenn
der Verwaltung eine genaue Aussage über die Immissionen vorliegt.
Mitglied Hinze fragt an, ob das
immissionsschutzrechtliche Gutachten eine Genehmigungsfähigkeit verhindern
könnte. Erster Beigeordneter Dr. Wachs erklärt, dass nach § 35 Abs. 3 Nr. 3
BauGB ein „Allgemeines Wohnen“ (nicht gewerbliches Wohnen) nur dann genehmigt
werden kann, wenn es keinen schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt ist. Um
dieses Problem zu lösen ist ein immissionsschutzrechtliches Gutachten
erforderlich, um mögliche Definitionen in einer Baulast festzuschreiben.
Ergänzend teilt er auf weitere Anfrage von Mitglied Hinze mit, dass das
Interesse bereits seit 1 ½ Jahren besteht. Um es voranzutreiben, muss in erster
Linie vom Eigentümer das immissionsschutzrechtliche Gutachten in Auftrag
gegeben werden. Die Erstellung des Gutachtens dauert in der Regel zwischen 4
bis 6 Wochen und nach Vorlage dieses Gutachtens kann die Verwaltung mit der
Prüfung beginnen. Nach 4- bis 6-wöchiger Prüfung läge seitens der Verwaltung
das Ergebnis vor.
Mitglied Reintjes erklärt, dass die
Definition der Immissionseinwirkungen auch für die Baulasteintragung klar
definiert sein muss. Somit besteht kein Zweifel an dem Erfordernis des
immissionsschutzrechtlichen Gutachtens. Er versteht die Ausführungen der
Verwaltung so, dass auch bei Änderung des Flächennutzungsplanes, diese
Verantwortung nur auf die Kommune verlagert würde. In der Sache an sich würde
sich nichts ändern. Es kann doch nicht sein, dass die Kommune die Kosten für
eine Umwandlung einer Betriebsleiterwohnung in „Allgemeines Wohnen“ trägt,
damit der Eigentümer es besser verkaufen kann.
Mitglied Sickelmann interpretiert die
Vorlage anders. Die Antragstellerin begehrt mit ihrem Antrag, mit ihren Flächen
in den virtuellen Gewerbeflächenpool hereingenommen zu werden. Da der virtuelle
Gewerbeflächenpool kein Instrument zum Flächensparen ist, sondern aus ihrer
Sicht nur zum „Schönrechnen“ dient, geht ihrer Meinung nach aus der Vorlage
hervor, dass bei einer künftigen Gewerbeflächenentwicklung auf die von der 71.
Änderung des Flächennutzungplan Betroffenen in das virtuelle
Entwicklungspotential des Pools eingestellten Flächen wieder zurückgegriffen
werden könnte. Die Sorge der Verwaltung ist also die, dass man bei Herausnahme
dieser Fläche auch in späteren Jahren keine Gewerbefläche ansiedeln kann.
Mitglied Sickelmann teilt für ihre
Fraktion mit, dass sie in der Vorgehensweise der Verwaltung eine
Ungleichbehandlung der Petenten sieht. Ferner sieht sie rechtlich eine
Grauzone, eine in Landwirtschaft zurückgewandelte Fläche sofort weiterhin als
potentielle Gewerbefläche darzustellen. Hier gibt es sicherlich
Rechtsverwerfungen. Es sollte eine Abwägung dahin gehend erfolgen, was langfristig
auf dem Gelände entstehen soll. Für sie ist unvorstellbar, dass jemand daran
interessiert sein könnte, direkt an der Straße z. B. einen großen
Logistikbereich anzusiedeln, eine Halle zu errichten oder die Teiche
zuzuschütten.
Abschließend teilt sie für ihre Fraktion
mit, dass man der Vorlage in der Form nicht zustimmt.
Frau Tepaß erläutert die der Vorlage
beigefügte Karte. Die schraffierten und schwarz umrandeten Flächen wurden in
das Verfahren der 71. Flächennutzungsplanänderung (Virtueller Gewerbeflächenpool)
eingebracht. Diese Flächen wurden nur virtuell aus
Flächennutzungsplandarstellung und GEP-Darstellung herausgenommen, so dass,
wenn entsprechender Bedarf besteht, auch an gleicher Stelle (bei Erfüllung
bestimmter Vorgaben) die Stadt Emmerich am Rhein die Möglichkeit hat, diese
Flächen zurückzubekommen. Zum einen kann es so sein, dass Flächen eingeworfen
werden, die an anderer Stelle ausgewiesen werden, aber auf der anderen Seite
kann es auch sein, dass eingeworfene Flächen im Bedarfsfall an gleicher Stelle
wieder ausgewiesen werden. Somit hat der Gewerbeflächenpool mit der nunmehr
beantragten Flächennutzungsplanänderung nichts zu tun.
Mitglied Spiertz äußert, dass zum
damaligen Zeitpunkt die Betriebsleiterwohnung genehmigt wurde. Diese gehört
mittlerweile einem neuen Eigentümer. Der Eigentümer müsste nunmehr ein
immissionsschutzrechtliches Gutachten erstellen lassen, wonach dann die Stadt
Emmerich am Rhein möglicherweise eine Genehmigung in Aussicht stellen könnte.
Kommt der Eigentümer dieser Forderung nicht nach, kann die Verwaltung den
Vorgang nicht weiter bearbeiten. Er stellt den Antrag, nach Vorlage zu
beschließen.
Mitglied ten Brink fragt an, wie die
immissionsschutzrechtlichen Werte für „Allgemeines Wohnen“ und „Mischgebiet“
ausfallen dürfen.
Auf Frage von Mitglied Hinze teilt
Erster Beigeordneter Dr. Wachs mit, dass auch zum Zeitpunkt des Kaufes durch
Familie Helmes keine Baulast auf dem Grundstück eingetragen war. Die
Betriebsleiterwohnung könnte selbstverständlich zum jetzigen Zeitpunkt auch als
solche verkauft werden.
Vorsitzender Jansen lässt über den
Antrag von Mitglied Spiertz, nach Vorlage zu beschließen, abstimmen.