Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 19, Nein: 0, Enthaltungen: 0

Beschlussvorschlag

 

Der Ausschuss nimmt den Sachstandsbericht zum Windkraftkonzept zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, sobald die zukünftigen Potentialflächen für Windkraft ermittelt sind, den abschließenden Untersuchungsbericht  vorzulegen.

 


Herr Kemkes erläutert kurz die Vorlage. In der heutigen Sitzung wird die erste Stufe der Planungen (Darstellung der Tabuflächen) vorgestellt werden. In einer folgenden Stufe werden die weichen Tabuzonen weiter heruntergebrochen. Hierfür ist u. a. eine Abstimmung mit der Unteren Landschaftsbehörde darüber erforderlich, welche Kriterien ggfs. was für Abstände auslösen, um weitere Flächen für die Entwicklung von Konzentrationszonen herauszufiltern.

Aus aktuellem Anlass geht er  auf ein Schreiben eines Antragstellers ein, der darum gebeten hatte, die vom Land NRW erstellte Potenzialstudie in die Emmericher Planungen mit einzubeziehen. Dies wurde dem Gutachter im Rahmen der Auftragserteilung bereits aufgetragen. In der weiteren vertiefenden Bearbeitung des Windkraftkonzeptes werden auch die Anforderungen, die die Potenzialstudie thematisiert hat, berücksichtigt. Nunmehr übergibt Herr Kemkes das Wort an Herrn Hardt.

 

Herr Hardt trägt umfassend anhand einer Power-Point-Präsentation vor. Ihm ist es wichtig, zu erwähnen, dass ein solches Konzept insofern von großer Bedeutung ist, als Windenergie-anlagen möglicherweise überall errichtet werden könnten, würde die Stadt oder Gemeinde kein Konzept erstellen. Der Grundgedanke bei dem Konzept ist es, entsprechende Konzen-trationsflächen im Stadtgebiet auszuweisen, so dass es zu keiner Streuung von Einzelanlagen kommt, sondern konzentriert Windparks an wenigen Stellen ausgewiesen werden. Im weiteren Verfahren wird dann mit Hilfe eines Flächennutzungsplan-änderungsverfahrens ein sogenannter „Planvorbehalt“ formuliert und beschlossen, der eine vergleichbare Wirkung wie ein Bebauungsplan entfaltet. Das bedeutet, dass Bauanträge für Windenergieanlagen innerhalb der Konzentrationszonen grundsätzlich zunächst zulässig sind; liegen die Flächen für die beantragten Windenergieanlagen jedoch außerhalb der Konzentrationszonen, können sie von vorneherein abgelehnt werden. Voraussetzung für eine entsprechende Verfahrensweise ist ein schlüssiges Gesamtkonzept für den gesamten Außenbereich der Gemeinde.

 

Wie aus dem Windenergieerlass (2011) und aus verschiedenen Rechtsurteilen hervorgeht, wird großer Wert darauf gelegt, dass der Windenergie ‚substanziell’ Raum verschafft wird. In der Diskussion sind bestimmte Prozentsätze der Gesamtgemeindefläche, die möglichst für Windenergie zur Verfügung gestellt werden sollten, was sich allerdings in manchen Gemeindegebieten nicht wirklich als möglich und praktikabel herausgestellt hat. So kann es nach Überprüfung aller Kriterien durchaus vorkommen, dass es Kommunen gibt, die über keine geeigneten Flächen für Windparks verfügen. Sichergestellt werden soll lediglich, dass die Kommunen mit solchen Konzepten keine Verhinderungsplanung betreiben. Ziel muss es bleiben, Windenergieanlagen  zu ermöglichen und ihre Ansiedlung zu steuern. Die Erstellung von Windenergiekonzepten dient dazu, die Flächen zu finden, die das geringste Konflikt-potential aufweisen.

 

Zur Zeit befindet man sich noch in der Untersuchungsphase. Das Büro StadtUmBau hat sich auch der hier geschilderten Vorgehensweise bedient, nämlich der Anwendung bestimmter Kriterien, die sich in 2 Stufen untergliedern. Nach Fertigstellung des Gutachtens dient ein Ratsbeschluss  als Grundlage für eine Flächennutzungsplanänderung. Manche Kommunen beschließen darüber hinaus eine Feinsteuerung über Bebauungspläne. Trotzdem müssen die dann folgenden Bauanträge der Betreiber ihrerseits nach Bundesimmissionsschutzgesetz geprüft werden.

 

Die von StadtUmBau gewählte generelle Vorgehensweise in der ersten Stufe stellt er nunmehr mit Hilfe einer Power-Point-Präsentation vor. Dabei geht er auch auf die Rahmenbedingungen ein. Im Unterschied zur Fassung von 2005 hat der  Windenergieerlass von 2011 gewisse Lockerungen erfahren, u. a. gibt es bei den Mindestabständen und Höhenbeschränkungen wie auch bei dem Kriterium einer grundsätzlichen Errichtung von Anlagen in Waldgebieten Zugeständnisse,  die der politisch gewünschten Entwicklung nach mehr Windkraft geschuldet sind. Trotzdem unterliegt die Genehmigung einer Anlage letztendlich immer der Einzelfallprüfung. Es können dann immer noch Kriterien (wie z. B. artenschutzrechtlicher Art) auftreten, wonach eine Genehmigung, obwohl der Standort in der Konzentrationszone liegt, versagt werden muss.

 

Anschließend erläutert Herr Hardt die spezifische Situation in Emmerich. Besonderheit hier ist die Tatsache, dass Emmerich über einen hohen Anteil an Schutzgebieten im Stadtgebiet verfügt, die als Tabuflächen ins Gewicht fallen. Außerdem weist Emmerich einen sehr geringen Waldanteil von 7 % auf sowie eine hohe Dichte an Streusiedlungen, Einzelhäusern und Gehöften im Außenbereich. Gleichzeitig wird das Stadtgebiet von einer hohen Zahl von Infrastrukturbändern durchschnitten, die ihrerseits Abstände auslösen.

 

Das LANUV hat eine Potentialstudie „Erneuerbare Energien“ erarbeitet, in dessen ersten Teil auf die Windenergiepotentiale eingegangen wird. Die erstellten Windkarten zeigen u. a. den zu erwartenden Ertrag in Form der Windgeschwindigkeiten in unterschiedlichen Höhen. Das Windpotential für das niederrheinische Tiefland zeigt für Emmerich eine durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 6 m/sec ab 100-125 m Höhe auf. Ab diesem Wert ist der Betrieb von Windkraftanlagen als wirtschaftlich einzustufen.

Zunächst erfolgte eine Abschichtung sämtlicher harter Tabukriterien für Emmerich, anschließend folgt die Ausgrenzung der weichen Tabuzonen. Für das Stadtgebiet und die geplanten Anlagen auf niederländischer Seite bedeutet das folgendes:

In punkto Siedlungsstruktur lösen die Wohn- und Mischbauflächen Abstände von 500 m aus. Dadurch allein wird ein großer Teil des Stadtbereiches abgedeckt. In der Folge führt die weitere Abschichtung, d. h. die Ausgrenzung von Erholungsgebieten in Form von Camping- und Wochenendhausbereichen dazu, dass weitere große Areale von Emmerich für eine Nutzung von Windkraftanlagen nicht infrage kommen.

Weiterhin wurden FFH- und Vogelschutzgebiete europäischer Bedeutung sowie Natur-schutzgebiete inklusive eines Abstandes von 1.000 m berücksichtigt, so dass auch hierdurch weitere Teile des Stadtgebietes nicht als Vorranggebiet für Windenergie zur Verfügung stehen.

Für den Bereich der Autobahn wie für andere Infrastrukturtrassen wie Hochspannungsleitungen und Eisenbahntrassen gilt ebenfalls, dass durch sie Abstandsregelungen ausgelöst werden, innerhalb derer die Ansiedlung von Windenergieanlagen grundsätzlich unzulässig ist. Die Gesamtfolie mit Darstellung der 3 geprüften Kriterien (Siedlungsstruktur, Schutzgebiete, Infrastrukturbänder) zeigt deutlich auf, dass im Wesentlichen 3 Bereiche für die Ansiedlung von Windenergie verbleiben.

 

Im nächsten Schritt werden diese verbleibenden 3 Flächen in Abstimmung mit der Verwaltung einer Feinanalyse unterzogen, um sie insbesondere im Hinblick auf die weichen Tabukriterien zu überprüfen. Es folgt eine Detailanalyse bezüglich der Betroffenheit evtl. Wohnnutzungen. Beides wird dazu führen, dass sich die Restfläche nochmals verkleinert.

 

Auf Nachfrage von Mitglied Gabriel antwortet Herr Hardt, dass ca. 80 % des Stadtgebietes bereits von Tabuzone eingenommen wird.

 

Herr Kemkes geht auf den Mindestabstand zu Naturschutzgebieten von 1.000 m ein. Der Windenergieerlass spricht im Gegensatz dazu von einem Mindestabstand ab 300 m; dies ist abhängig von den Entwicklungs- und Erhaltungszielen der einzelnen Naturschutzgebiete. Er hat es so verstanden, dass aufgrund der Qualität der Emmericher Flächen von der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Kleve die Auffassung vertreten wird, den Mindestabstand von 1.000 m einzuhalten.

Herr Hardt führt hierzu aus, dass zum einen die Untere Landschaftsbehörde des Kreises Kleve diese Auffassung vertritt und zum anderen eine Unterschreitung der 1.000 m nur möglich ist, wenn das fachlich dezidiert begründet werden kann. Die Anforderungen hierzu sind sehr hoch; es müssen über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr andauernde umfangreiche (avi)faunistische Zählungen und Untersuchungen durchgeführt werden. Sollte die Kommune zu der Auffassung gelangen, möglicherweise diese Bereiche näher untersuchen zu lassen, kann dies im Laufe des Prozesses noch diskutiert und entschieden werden. Sollte sich im Laufe des Verfahrens herausstellen, dass man mit den Ergebnissen unzufrieden ist und man in Teilbereichen evtl. eine Unterschreitung der 1.000 m-Grenze wünscht, müsste man zunächst klären, wie chancenreich und kostenintensiv dies ist.

 

Herr Hardt weist darauf hin, dass es 2 Interessenslagen in dem Punkt Windkraft gibt. Zum einen gibt es private Antragsteller, die ein ganz klares Interesse am Bau von einer Vielzahl von Anlagen besitzen, möglicherweise auch an kritischen Standorten. Evtl. resultiert daraus im späteren Verlauf eine Klagebereitschaft, wenn bestimmte Standorte (gerade wenn ein Vorvertrag existieren sollte) nicht ausgewiesen werden sollten. Zum anderen könnte es aber auch eine Klagebereitschaft von Umweltverbänden geben, da diese auf dem Standpunkt stehen könnten, dass zuviel Flächenausweisungen stattgefunden haben. Hierbei ist wichtig, dass die Kriterien aus Sicht der Kommune abgewogen sind und das Konzept ausgewogen und in sich schlüssig ist.

 

Nunmehr geht Herr Hardt auf die weichen Tabukriterien ein, wie z. B. Landschaftsschutz-gebiete, Bereiche für den Schutz der Natur, schutzwürdige Biotope nach dem LANUV-Kataster, Waldgebiete, Wasserflächen, Abgrabungsflächen, Einzeldenkmäler im Außenbereich, Landschaftsbild etc., die in einem weiteren Schritt begutachtet werden müssen.

 

Auf Nachfrage von Herrn Kemkes antwortet Herr Hardt, dass es derzeit keine Karte gibt, wo auch die weichen Tabukriterien überlagert sind. Aber zu sagen ist jetzt schon, dass, wenn man die weichen Tabukriterien überlagert hätte, die Restflächen für mögliche Ansiedlung von Windkraftanlagen noch geringer ausfallen würden.

 

Mitglied Sickelmann bittet für ihre Fraktion darum, den Vortrag/Präsentation von Herrn Hardt in CD-Form zu erhalten. Herr Hardt sagt dies zu. Die Verwaltung hat jeder Fraktion die entsprechende CD zukommen lassen.

 

Mitglied Sickelmann spricht nun einen  verbleibenden Teil, nämlich die Wasserschutzzonen und einen kleineren Bereich in Vrasselt/Praest an. Sie fragt nach, ob bei der Überprüfung der weichen Tabukriterien gesondert auf die Wasserschutzzonen eingegangen wird. Herr Hardt erklärt, dass Wasserschutzzonen seines Wissens nach keinen absoluten Hinderungsgrund darstellen, gleichwohl Anlass für mögliche Auflagen für Windenergieanlagen (wie z. B. in punkto Zuwegung, Standortwahl, Gefahr für Boden) sein können.

 

Mitglied Reintjes fragt Herrn Hardt, ob ein Plan für das gesamte Land NRW vorliegt, wo sämtliche Ausschlusskriterien eingetragen sind; einen solchen muss es seines Erachtens bereits geben.

Herr Hardt erwidert, dass sich zwar die Regional- und Landesplanung mit dem Thema beschäftigen, aber dass nach seinem Kenntnisstand noch keine abschließende Kartierung/ Festlegung vorgenommen wurde. Das LANUV führt verschiedene Untersuchungen durch, um landesweit das Thema zu unterstützen. Seiner Ansicht nach gibt es derzeit lediglich den Regionalplan Münster, der Festlegungen für Eignungsbereiche von Windenergie enthält.

 

Herr Kemkes teilt mit, dass im Zuge der ersten Gespräche bezüglich der Überarbeitung des Gebietsentwicklungsplanes das Thema Windenergie angesprochen wurde. Die Bezirks-regierung befasst sich damit, aber letztendlich wird sie die planerischen Überlegungen der Stadt Emmerich am Rhein im Rahmen der Erstellung des Gebietsentwicklungsplanes berücksichtigen.

 

Mitglied Sloot fragt an, was man unter Eigenverbrauchsanlagen verstehen muss und welchen Kriterien diese unterliegen.

Herr Hardt erklärt, dass Eigenverbrauchsanlagen nur Anlagen für den Eigenbetrieb darstellen, wo nur die Selbstversorgung des Betriebes im Vordergrund steht. Es muss betrieblich nachgewiesen werden, dass die Anlage ein untergeordneter Teil des Hofes ist und zum Eigenbedarf genutzt wird. Im Außenbereich sind dies hauptsächlich landwirtschaftliche Betriebe, so dass die Anlagen relativ klein ausfallen dürften. Ein Kriterium ist, dass lt. Bundesimmissionsschutzgesetz  Anlagen mit einer größeren Höhe als 50 m einer Genehmigung bedürfen.

Nach dieser eingehenden Diskussion lässt stellvertretender Vorsitzender über die Verwaltungsvorlage abstimmen.