Sitzung: 20.11.2012 Ausschuss für Stadtentwicklung
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 19, Nein: 0, Enthaltungen: 0
Vorlage: 05 - 15 0828/2012
Beschlussvorschlag
Der Ausschuss nimmt den Sachstandsbericht zum Windkraftkonzept zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, sobald die zukünftigen Potentialflächen für Windkraft ermittelt sind, den abschließenden Untersuchungsbericht vorzulegen.
Herr Kemkes erläutert kurz die
Vorlage. In der heutigen Sitzung wird die erste Stufe der Planungen
(Darstellung der Tabuflächen) vorgestellt werden. In einer folgenden Stufe
werden die weichen Tabuzonen weiter heruntergebrochen. Hierfür ist u. a. eine
Abstimmung mit der Unteren Landschaftsbehörde darüber erforderlich, welche
Kriterien ggfs. was für Abstände auslösen, um weitere Flächen für die
Entwicklung von Konzentrationszonen herauszufiltern.
Aus aktuellem Anlass geht
er auf ein Schreiben eines
Antragstellers ein, der darum gebeten hatte, die vom Land NRW erstellte
Potenzialstudie in die Emmericher Planungen mit einzubeziehen. Dies wurde dem
Gutachter im Rahmen der Auftragserteilung bereits aufgetragen. In der weiteren
vertiefenden Bearbeitung des Windkraftkonzeptes werden auch die Anforderungen,
die die Potenzialstudie thematisiert hat, berücksichtigt. Nunmehr übergibt Herr
Kemkes das Wort an Herrn Hardt.
Herr Hardt trägt umfassend
anhand einer Power-Point-Präsentation vor. Ihm ist es wichtig, zu erwähnen,
dass ein solches Konzept insofern von großer Bedeutung ist, als
Windenergie-anlagen möglicherweise überall errichtet werden könnten, würde die
Stadt oder Gemeinde kein Konzept erstellen. Der Grundgedanke bei dem Konzept
ist es, entsprechende Konzen-trationsflächen im Stadtgebiet auszuweisen, so
dass es zu keiner Streuung von Einzelanlagen kommt, sondern konzentriert
Windparks an wenigen Stellen ausgewiesen werden. Im weiteren Verfahren wird dann
mit Hilfe eines Flächennutzungsplan-änderungsverfahrens ein sogenannter
„Planvorbehalt“ formuliert und beschlossen, der eine vergleichbare Wirkung wie
ein Bebauungsplan entfaltet. Das bedeutet, dass Bauanträge für
Windenergieanlagen innerhalb der Konzentrationszonen grundsätzlich zunächst
zulässig sind; liegen die Flächen für die beantragten Windenergieanlagen jedoch
außerhalb der Konzentrationszonen, können sie von vorneherein abgelehnt werden.
Voraussetzung für eine entsprechende Verfahrensweise ist ein schlüssiges
Gesamtkonzept für den gesamten Außenbereich der Gemeinde.
Wie aus dem Windenergieerlass
(2011) und aus verschiedenen Rechtsurteilen hervorgeht, wird großer Wert darauf
gelegt, dass der Windenergie ‚substanziell’ Raum verschafft wird. In der
Diskussion sind bestimmte Prozentsätze der Gesamtgemeindefläche, die möglichst
für Windenergie zur Verfügung gestellt werden sollten, was sich allerdings in
manchen Gemeindegebieten nicht wirklich als möglich und praktikabel
herausgestellt hat. So kann es nach Überprüfung aller Kriterien durchaus
vorkommen, dass es Kommunen gibt, die über keine geeigneten Flächen für
Windparks verfügen. Sichergestellt werden soll lediglich, dass die Kommunen mit
solchen Konzepten keine Verhinderungsplanung betreiben. Ziel muss es bleiben,
Windenergieanlagen zu ermöglichen und
ihre Ansiedlung zu steuern. Die Erstellung von Windenergiekonzepten dient dazu,
die Flächen zu finden, die das geringste Konflikt-potential aufweisen.
Zur Zeit befindet man sich noch
in der Untersuchungsphase. Das Büro StadtUmBau hat sich auch der hier
geschilderten Vorgehensweise bedient, nämlich der Anwendung bestimmter
Kriterien, die sich in 2 Stufen untergliedern. Nach Fertigstellung des
Gutachtens dient ein Ratsbeschluss als
Grundlage für eine Flächennutzungsplanänderung. Manche Kommunen beschließen
darüber hinaus eine Feinsteuerung über Bebauungspläne. Trotzdem müssen die dann
folgenden Bauanträge der Betreiber ihrerseits nach Bundesimmissionsschutzgesetz
geprüft werden.
Die von StadtUmBau gewählte
generelle Vorgehensweise in der ersten Stufe stellt er nunmehr mit Hilfe einer
Power-Point-Präsentation vor. Dabei geht er auch auf die Rahmenbedingungen ein.
Im Unterschied zur Fassung von 2005 hat der
Windenergieerlass von 2011 gewisse Lockerungen erfahren, u. a. gibt es
bei den Mindestabständen und Höhenbeschränkungen wie auch bei dem Kriterium
einer grundsätzlichen Errichtung von Anlagen in Waldgebieten
Zugeständnisse, die der politisch
gewünschten Entwicklung nach mehr Windkraft geschuldet sind. Trotzdem
unterliegt die Genehmigung einer Anlage letztendlich immer der
Einzelfallprüfung. Es können dann immer noch Kriterien (wie z. B.
artenschutzrechtlicher Art) auftreten, wonach eine Genehmigung, obwohl der
Standort in der Konzentrationszone liegt, versagt werden muss.
Anschließend erläutert Herr
Hardt die spezifische Situation in Emmerich. Besonderheit hier ist die
Tatsache, dass Emmerich über einen hohen Anteil an Schutzgebieten im
Stadtgebiet verfügt, die als Tabuflächen ins Gewicht fallen. Außerdem weist
Emmerich einen sehr geringen Waldanteil von 7 % auf sowie eine hohe Dichte an
Streusiedlungen, Einzelhäusern und Gehöften im Außenbereich. Gleichzeitig wird
das Stadtgebiet von einer hohen Zahl von Infrastrukturbändern durchschnitten,
die ihrerseits Abstände auslösen.
Das LANUV hat eine
Potentialstudie „Erneuerbare Energien“ erarbeitet, in dessen ersten Teil auf
die Windenergiepotentiale eingegangen wird. Die erstellten Windkarten zeigen u.
a. den zu erwartenden Ertrag in Form der Windgeschwindigkeiten in
unterschiedlichen Höhen. Das Windpotential für das niederrheinische Tiefland
zeigt für Emmerich eine durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 6 m/sec ab
100-125 m Höhe auf. Ab diesem Wert ist der Betrieb von Windkraftanlagen als
wirtschaftlich einzustufen.
Zunächst erfolgte eine
Abschichtung sämtlicher harter Tabukriterien für Emmerich, anschließend folgt
die Ausgrenzung der weichen Tabuzonen. Für das Stadtgebiet und die geplanten
Anlagen auf niederländischer Seite bedeutet das folgendes:
In punkto Siedlungsstruktur
lösen die Wohn- und Mischbauflächen Abstände von 500 m aus. Dadurch allein wird
ein großer Teil des Stadtbereiches abgedeckt. In der Folge führt die weitere
Abschichtung, d. h. die Ausgrenzung von Erholungsgebieten in Form von Camping-
und Wochenendhausbereichen dazu, dass weitere große Areale von Emmerich für
eine Nutzung von Windkraftanlagen nicht infrage kommen.
Weiterhin wurden FFH- und
Vogelschutzgebiete europäischer Bedeutung sowie Natur-schutzgebiete inklusive
eines Abstandes von 1.000 m berücksichtigt, so dass auch hierdurch weitere
Teile des Stadtgebietes nicht als Vorranggebiet für Windenergie zur Verfügung
stehen.
Für den Bereich der Autobahn wie
für andere Infrastrukturtrassen wie Hochspannungsleitungen und Eisenbahntrassen
gilt ebenfalls, dass durch sie Abstandsregelungen ausgelöst werden, innerhalb
derer die Ansiedlung von Windenergieanlagen grundsätzlich unzulässig ist. Die
Gesamtfolie mit Darstellung der 3 geprüften Kriterien (Siedlungsstruktur,
Schutzgebiete, Infrastrukturbänder) zeigt deutlich auf, dass im Wesentlichen 3
Bereiche für die Ansiedlung von Windenergie verbleiben.
Im nächsten Schritt werden diese
verbleibenden 3 Flächen in Abstimmung mit der Verwaltung einer Feinanalyse
unterzogen, um sie insbesondere im Hinblick auf die weichen Tabukriterien zu
überprüfen. Es folgt eine Detailanalyse bezüglich der Betroffenheit evtl.
Wohnnutzungen. Beides wird dazu führen, dass sich die Restfläche nochmals
verkleinert.
Auf Nachfrage von Mitglied
Gabriel antwortet Herr Hardt, dass ca. 80 % des Stadtgebietes bereits von
Tabuzone eingenommen wird.
Herr Kemkes geht auf den
Mindestabstand zu Naturschutzgebieten von 1.000 m ein. Der Windenergieerlass
spricht im Gegensatz dazu von einem Mindestabstand ab 300 m; dies ist abhängig
von den Entwicklungs- und Erhaltungszielen der einzelnen Naturschutzgebiete. Er
hat es so verstanden, dass aufgrund der Qualität der Emmericher Flächen von der
Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Kleve die Auffassung vertreten wird, den
Mindestabstand von 1.000 m einzuhalten.
Herr Hardt führt hierzu aus,
dass zum einen die Untere Landschaftsbehörde des Kreises Kleve diese Auffassung
vertritt und zum anderen eine Unterschreitung der 1.000 m nur möglich ist, wenn
das fachlich dezidiert begründet werden kann. Die Anforderungen hierzu sind
sehr hoch; es müssen über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr andauernde
umfangreiche (avi)faunistische Zählungen und Untersuchungen durchgeführt
werden. Sollte die Kommune zu der Auffassung gelangen, möglicherweise diese
Bereiche näher untersuchen zu lassen, kann dies im Laufe des Prozesses noch
diskutiert und entschieden werden. Sollte sich im Laufe des Verfahrens
herausstellen, dass man mit den Ergebnissen unzufrieden ist und man in
Teilbereichen evtl. eine Unterschreitung der 1.000 m-Grenze wünscht, müsste man
zunächst klären, wie chancenreich und kostenintensiv dies ist.
Herr Hardt weist darauf hin,
dass es 2 Interessenslagen in dem Punkt Windkraft gibt. Zum einen gibt es
private Antragsteller, die ein ganz klares Interesse am Bau von einer Vielzahl
von Anlagen besitzen, möglicherweise auch an kritischen Standorten. Evtl.
resultiert daraus im späteren Verlauf eine Klagebereitschaft, wenn bestimmte
Standorte (gerade wenn ein Vorvertrag existieren sollte) nicht ausgewiesen
werden sollten. Zum anderen könnte es aber auch eine Klagebereitschaft von
Umweltverbänden geben, da diese auf dem Standpunkt stehen könnten, dass zuviel
Flächenausweisungen stattgefunden haben. Hierbei ist wichtig, dass die
Kriterien aus Sicht der Kommune abgewogen sind und das Konzept ausgewogen und
in sich schlüssig ist.
Nunmehr geht Herr Hardt auf die
weichen Tabukriterien ein, wie z. B. Landschaftsschutz-gebiete, Bereiche für
den Schutz der Natur, schutzwürdige Biotope nach dem LANUV-Kataster,
Waldgebiete, Wasserflächen, Abgrabungsflächen, Einzeldenkmäler im Außenbereich,
Landschaftsbild etc., die in einem weiteren Schritt begutachtet werden müssen.
Auf Nachfrage von Herrn Kemkes
antwortet Herr Hardt, dass es derzeit keine Karte gibt, wo auch die weichen
Tabukriterien überlagert sind. Aber zu sagen ist jetzt schon, dass, wenn man
die weichen Tabukriterien überlagert hätte, die Restflächen für mögliche
Ansiedlung von Windkraftanlagen noch geringer ausfallen würden.
Mitglied Sickelmann bittet für
ihre Fraktion darum, den Vortrag/Präsentation von Herrn Hardt in CD-Form zu
erhalten. Herr Hardt sagt dies zu. Die Verwaltung hat jeder Fraktion die
entsprechende CD zukommen lassen.
Mitglied Sickelmann spricht nun
einen verbleibenden Teil, nämlich die
Wasserschutzzonen und einen kleineren Bereich in Vrasselt/Praest an. Sie fragt
nach, ob bei der Überprüfung der weichen Tabukriterien gesondert auf die
Wasserschutzzonen eingegangen wird. Herr Hardt erklärt, dass Wasserschutzzonen
seines Wissens nach keinen absoluten Hinderungsgrund darstellen, gleichwohl
Anlass für mögliche Auflagen für Windenergieanlagen (wie z. B. in punkto
Zuwegung, Standortwahl, Gefahr für Boden) sein können.
Mitglied Reintjes fragt Herrn
Hardt, ob ein Plan für das gesamte Land NRW vorliegt, wo sämtliche
Ausschlusskriterien eingetragen sind; einen solchen muss es seines Erachtens
bereits geben.
Herr Hardt erwidert, dass sich
zwar die Regional- und Landesplanung mit dem Thema beschäftigen, aber dass nach
seinem Kenntnisstand noch keine abschließende Kartierung/ Festlegung
vorgenommen wurde. Das LANUV führt verschiedene Untersuchungen durch, um
landesweit das Thema zu unterstützen. Seiner Ansicht nach gibt es derzeit
lediglich den Regionalplan Münster, der Festlegungen für Eignungsbereiche von
Windenergie enthält.
Herr Kemkes teilt mit, dass im
Zuge der ersten Gespräche bezüglich der Überarbeitung des
Gebietsentwicklungsplanes das Thema Windenergie angesprochen wurde. Die
Bezirks-regierung befasst sich damit, aber letztendlich wird sie die
planerischen Überlegungen der Stadt Emmerich am Rhein im Rahmen der Erstellung
des Gebietsentwicklungsplanes berücksichtigen.
Mitglied Sloot fragt an, was man
unter Eigenverbrauchsanlagen verstehen muss und welchen Kriterien diese
unterliegen.
Herr Hardt erklärt, dass
Eigenverbrauchsanlagen nur Anlagen für den Eigenbetrieb darstellen, wo nur die
Selbstversorgung des Betriebes im Vordergrund steht. Es muss betrieblich
nachgewiesen werden, dass die Anlage ein untergeordneter Teil des Hofes ist und
zum Eigenbedarf genutzt wird. Im Außenbereich sind dies hauptsächlich
landwirtschaftliche Betriebe, so dass die Anlagen relativ klein ausfallen
dürften. Ein Kriterium ist, dass lt. Bundesimmissionsschutzgesetz Anlagen mit einer größeren Höhe als 50 m
einer Genehmigung bedürfen.
Nach dieser eingehenden
Diskussion lässt stellvertretender Vorsitzender über die Verwaltungsvorlage
abstimmen.