Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 18, Nein: 17, Enthaltungen: 0

Beschlussvorschlag

 

Der Rat nimmt die Auswertung der Elternbefragung zur weiteren Schulentwicklungsplanung in den Sekundarstufen zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, alle erforderlichen Arbeiten bis zu einem Beschluss zur Errichtung einer Gesamtschule beginnend zum Schuljahr 2014/2015, bei gleichzeitigem sukzessivem Auslaufen der Europaschule und der Städt. Hanse-Realschule, durchzuführen und einen Errichtungsbeschluss vorzubereiten.

 


 

Mitglied Gertsen bittet die Erklärung der CDU-Ratsfratkion ins Protokoll aufzunehmen:

„Herr Bürgermeister, verehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates,

die heute anstehende Entscheidung im Rat über die Einführung einer Gesamtschule in Emmerich am Rhein hätte man sich nach Ansicht der CDU-Fraktion auch schenken können. Wir respektieren den von vielen Eltern geäußerten Wunsch zur Einführung einer Gesamtschule. Dennoch bleiben uns erhebliche Zweifel an der Legitimation der politischen Willensbeugung wie sie hier vorgenommen wird. Dem empfehlenden Charakter einer beschränkten Elternbefragung - so haben wir zur Kenntnis nehmen müssen - ist Folge zu leisten. Die Stadträte in unserem Land sind an dieser Stelle von der Landesregierung kastriert worden und es hätte vollkommen ausgereicht, wenn im Schulgesetz gestanden hätte: Die Mehrheit der an einer Befragung beteiligten Eltern beschließen die Einrichtung der einen oder anderen Schulform. Wenn das so ist, dann kann man sich den Umweg über den Rat auch sparen, denn ein solcher Ratsbeschluss ist nichts anderes als ein politisches Feigenblatt.

In den letzten Wochen wurde in Emmerich zum Thema Schule viel diskutiert und geschrieben. Ich habe diese Diskussion nicht nur aus dem politischen Blickwinkel betrachtet, sondern auch aus dem Blickwinkel eines Vaters, dessen Kind nun vor dem Wechsel auf eine weiterführende Schule steht. In der Diskussion der CDU vorzuwerfen, die Eltern verunsichern zu wollen oder gar den Elternwillen zu ignorieren, ist mir an der Stelle zu platt. Die CDU wollte sich jedoch nicht allein hinter dem Elternwillen verstecken, weil es in dieser Stadt auch ganz viele nichtbefragte Eltern gibt, die sich für ihre Kinder später auch noch eine Wahlmöglichkeit gewünscht hätten und keine Einheitsbeglückung.

Das, was mich ganz persönlich in dieser Diskussion am meisten aufgewühlt hat, ist die Sichtweise auf Schule und Kinder und die Ohnmacht, dass Schule nur in Systemen gedacht wird und nicht mit Blick auf die Kinder. Jeder hier am Tisch wird mir zustimmen, das ein längeres gemeinsames Lernen für unsere Kinder von Vorteil ist. Das aber setzt voraus, dass Kinder mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten und Begabungen auch individuell gefördert werden können. Wir blenden in der Bildungsfrage scheinbar aus, dass sich die Situation in den Familien in den letzten 20 - 25 Jahren ganz gravierend verändert hat. Geblieben aber ist, dass jeder für sein Kind nur das Beste will. Dadurch hat sich im Auswahlverfahren für die verschiedenen Schulformen einiges verschoben. Um den Kindern die vermeintlich beste Schulform zu bieten, werden unsere Kinder an Schulen angemeldet, die ihren Fähigkeiten nicht zwingend entsprechen und an denen viele von ihnen täglich vor Augen geführt bekommen, wie sich Schulversagen anfühlt.

Ich persönlich glaube, dass ca. 25 - 30 % der jungen Menschen, die heute unsere Grundschulen verlassen das Zeug haben, ihren Weg an einem Gymnasium zu gehen. Deshalb wünsche ich mir für unsere Stadt ein starkes Gymnasium. Ein Gymnasium, das junge Menschen befähigt, nach dem Abitur ein Studium aufzunehmen. Wenn das Abitur jedoch lediglich zur Grundlage für eine Berufsausbildung verkommt, haben wir an der Stelle etwas falsch gemacht.

Und für den verbleibenden größeren Teil von 70 – 75 % der Schüler - die diesen Weg nicht gehen – wünsche ich mir eine Schule, die ihnen Spaß am Lernen vermittelt, die Stärken fördert und nicht permanent nur Defizite aufzeigt und dokumentiert. Individuelle Förderung und Differenzierung müssten die Überschriften sein, die in Zukunft über jeder Schule stehen, egal wie diese dann heißt. Wenn es richtig ist, dass in unserem Land die Rohstoffe für unsere Zukunft in den Köpfen der jungen Menschen liegen, dann dürfen wir nicht zulassen, dass sich Schulversagen in den Köpfen von Kindern verfestigt.

Mit der Entscheidung für eine neue Schulform, die heute scheinbar noch beschlossen wird, fängt die eigentliche Arbeit an der Schule für Morgen erst an. Egal wie wir diese Schule nennen - ob Gemeinschaftsschule oder Sekundarschule, Gesamtschule oder Wunderschule - nun gilt es für diese neue Schule ein Konzept zu erarbeiten.

  • Es gilt motivierte Lehrkräfte zu einem Team zusammenzuführen, die diese neue Schule mit Leben füllen und die die Kinder in ihrer jeweiligen Lebenssituation abholen und begleiten.
  • Nun gilt es für diese Kinder unabhängig von Beton und Steinen einen Lernraum zu schaffen, der ihnen bestmögliche Entwicklungschancen bietet und kleine Arbeits- und Lerngruppen, die ihnen angstfreies Lernen ermöglichen.
  • Lehrpläne, die auch ein langsames und begleitendes Lernen zulassen und nicht die Erkenntnis, der Stoff wurde zwar vermittelt - wurde aber nicht verstanden.
  • Die Schule der Zukunft wird sich mit dem Thema Inklusion auseinandersetzen und damit ist jeder Schüler und jede Schülerin wertschätzend zu fördern und zu fordern. Das macht mir insoweit etwas Sorgen, weil auch ich den Eindruck habe, dass bei vielen Menschen in unserer Gesellschaft das Thema Integration – zumindest in den Köpfen - noch nicht einmal richtig angekommen ist.

 

Für uns ist der heutige Tag nicht der Zeitpunkt darüber nachzusinnen, ob wir hier und heute eine politische Niederlage hinnehmen müssen oder ob es nach dieser Schulentscheidung mit Blick auf die Zukunft an diesem Tisch überhaupt einen schulpolitischen Sieger gibt. Wir werden der Verwaltungsvorlage heute nicht zustimmen, nur um ihr damit eine politische Legitimation zu verleihen. Wenn wir aber gleich diesen Raum verlassen, wird mit dem heutigen Tag und der vermutlich mehrheitlichen Zustimmung für eine Gesamtschule die politische Verantwortung von allen hier am Tisch zu tragen sein, dieser neuen Schule zum Erfolg zu verhelfen. Das wird die Schule sein, die für die große Mehrheit der Emmericher Schüler entscheidend sein wird für ihren weiteren Lebensweg und damit ist sie zum Erfolg verdammt.“

Mitglied Kukulies stellt gemäß § 12 Abs. 2 der Geschäftsordnung für den Rat und die Ausschüsse den Antrag auf geheime Abstimmung.

 

Der Vorsitzende lässt hierüber abstimmen.

 

Beschluss

Der Rat  beschließt gemäß § 12 Abs. 2 der Geschäftsordnung für den Rat und die Ausschüsse über diesen Tagesordnungspunkt geheim abzustimmen.

 

Stimmen dafür 28 Stimmen dagegen 4 Enthaltungen 3

 

Mitglied Hinze geht kurz auf die Historie der Beratungen zum Thema Schulentwicklungsplanung ein. Aus den Anmeldezahlen aus dem Jahre 2012 war eindeutig ersichtlich, dass die Einrichtung der Hauptschule in Emmerich sehr gefährdet  ist. Von der SPD  wurden im Jahre 2012 Informationsveranstaltungen mit allen Schulleitungen durchgeführt. Hieraus ergab sich die Lösung entweder Sekundarschule oder Gesamtschule. Beides sind gute Lösungen, die das Grundprinzip verfolgen „Längeres gemeinsames Lernen“. Dieses ist besonders für lernschwache  Kinder, die weniger Chancen mitbringen, geeignet. Es darf kein Kind zurückgelassen werden. Schule muss zukunftsfähig bleiben und mit dieser Lösung ist Emmerich auf einem guten Weg. Es wurde eine Elternbefragung, der Kinder der Klassen 2 – 4, deutlich mehr als vom Gesetzgeber vorgeschrieben ist, durchgeführt. Diese Befragung wurde von der Verwaltung ausgezeichnet vorbereitet und durchgeführt. Er findet es sehr bedauerlich, dass die CDU-Ratsfraktion erst in der Phase der Elternbefragung aktiv geworden ist, als absehbar wurde, dass eine Gesamtschule bevorzugt wurde. Dieses hätte schon im Rahmen der Informationsveranstaltungen geschehen müssen. Er kann nicht nachvollziehen, dass die CDU-Fraktion sich heute gegen den vorliegenden Beschluss ausspricht.

Die SPD kann dem Beschlussvorschlag der Verwaltung folgen. Er stellt den Antrag, gemäß Vorlage zu beschließen.

 

Mitglied Jessner glaubt, dass die Gesamtschule eine gute Lösung ist. Er ist der Meinung, dass die Chance, die sich mit der Gesamtschule ergibt, genutzt werden sollte. Die Befürchtung der CDU, dass das Gymnasium mit der Lösung einer Gesamtschule gefährdet ist, kann er nicht nachvollziehen. Das Gymnasium ist erst dann gefährdet, wenn die Eltern ihre Kinder nicht mehr dort anmelden.

Es wurde eine Elternbefragung durchgeführt und der Wille der Eltern wurde berücksichtigt. Er spricht sich für den vorliegenden Beschlussvorschlag aus.

 

Mitglied Sickelmann teilt für ihre Fraktion mit, dass sie dem Beschlussvorschlag der Verwaltung folgen werden. Auch sie ist der Ansicht, dass dem Willen der Elternbefragung gefolgt werden sollte.

 

Auch Mitglied Meschkapowitz macht deutlich, dass der Elternwille akzeptiert werden sollte. Seine Fraktion bevorzugt die Errichtung einer Gesamtschule in Emmerich, mit der eine gute Schulform gefunden wurde. Auch er ist er Überzeugung, dass das Gymnasium nicht gefährdet ist.

 

Mitglied Urbach merkt an, dass der Elternwille respektiert werden muss; gleichzeitig macht er klar, dass er als Ratsmitglied für seine Überzeugung steht und für das öffentliche Wohl. Es laufen zwei Schulformen in Emmerich aus und hierfür wäre eine Sekundarschule die ideale Auffangschule, die auch eine sechsjährige Schulzeit ermöglicht, um in das Abitur einsteigen zu können. Er befürchtet, dass mit der Schulform der Gesamtschule wieder eine Art Konkurrenzsystem aufgebaut wird. Er stimmt gegen den Beschlussvorschlag der Verwaltung.

 

Nun lässt der Vorsitzende über den Antrag gemäß Vorlage zu beschließen, geheim abstimmen.

 

Nach der Auszählung, die vom Stadtkämmerer Herrn Ulrich Siebers und der Fachbereichsleiterin 1, Frau Martina Lebbing durchgeführt wird, gibt der Vorsitzende das Ergebnis bekannt.