Sitzung: 11.03.2014 Ausschuss für Stadtentwicklung
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 21, Nein: 0, Enthaltungen: 0
Vorlage: 05 - 15 1164/2014
Beschlussvorschlag
Zu 1)
Der Ausschuss für
Stadtentwicklung stellt entsprechend dem Ergebnis der vorbereitenden
Untersuchung fest, dass eine städtebauliche Sanierungsmaßnahme gemäß § 136 ff.
BauGB kein geeignetes Instrument zur Behebung bzw. Reduzierung von Defiziten
innerhalb der Bebauungsstruktur im Bereich der Steinstraße darstellt und
beschließt daher dem Antrag Nr. XV/2011 der Ratsmitglieder M. Lorenz und U.
Sickelmann nicht zu folgen.
Zu 2)
Der Ausschuss für
Stadtentwicklung beauftragt die Verwaltung, die vom Büro WoltersPartner
erarbeiteten konzeptionellen Vorschläge für den Bereich der Steinstraße in das
ab dem Jahr 2014 zu erarbeitende integrierte Handlungskonzept für die
Emmericher Innenstadt einfließen zu lassen sowie die Begleitung des Neubaus der
Steinstraße 13 seitens der Stadtverwaltung. Hier soll auch geprüft werden,
inwieweit eine Innenhofgestaltung unter Einbeziehung benachbarter Bereiche
erreicht werden kann.
Erster Beigeordneter Dr. Wachs führt aus, dass die Entwicklung der
Steinstraße regelmäßig, zuletzt im vergangen Jahr, im Ausschuss für
Stadtentwicklung und Rat zur Diskussion stand. Insbesondere der städtebauliche
Missstand des Hauses „Steinstraße 13“ war Ausgangspunkt. Im Dezember letzten
Jahres wurde dafür eine entsprechende Lösung erarbeitet und beschlossen. Im
Frühjahr dieses Jahres wird der entsprechende Abriss erfolgen, so dass ein
entsprechender Neubau entstehen kann. Das Objekt „Steinstraße 13“ war auch
Anlass, über die Frage des Instrumentariums des Sanierungsrechtes nachzudenken.
Die Möglichkeiten des Sanierungsrechtes bedeuten massive Eingriffe in das
Eigentumsrecht des Einzelnen und fordern somit auch hohe Hürden. Inwiefern
diese Hürden genommen werden können und inwiefern das Sanierungsrecht ein
probates Instrumentarium ist wurde in Zusammenarbeit mit dem Büro Wolters
Partner anhand einer Untersuchung ermittelt. Das Ergebnis und das weitere
Handeln im Sinne der Steinstraße wird nunmehr vom Büro vorgestellt.
Herr Lang vom Büro Wolters Partner führt aus, dass es bei der
Steinstraße darum geht, ob die sich darstellende Problemlage der Steinstraße
die gesetzlichen Anforderungen erfüllt, um das Instrumentarium des
Sanierungsrechtes beanspruchen zu können. Auf der anderen Seite muss allerdings
auch erwähnt werden, dass mit dem Instrumentarium des Sanierungsrechtes ein
erheblicher Verwaltungsaufwand einhergeht. Die Maßnahmen müssen sorgsam
begleitet, dokumentiert und abgerechnet werden. Es stellt sich also die Frage,
ob der mit dem Sanierungsgebiet verbundene Verwaltungsaufwand angemessen
erscheint, um das Ziel „Verbesserung der städtebaulichen Situation Steinstraße“
zu erreichen. Vor diesem Hintergrund hat das Büro Wolters Partner einen ersten
Schritt der vorbereitenden Untersuchung vorgenommen. Die wesentlichen Fragen,
ob gravierende städtebauliche Probleme und Missstände vorliegen, so dass das
Instrumentarium des Sanierungsgebietes greift, wurden untersucht.
Frau Figgen vom Büro Wolters Partner erläutert die Ergebnisse nunmehr
eingehend anhand einer Power-Point-Präsentation. Die Untersuchung teilt sich in
2 große Themenfelder auf; Analyse der Situation und mögliche
Handlungsempfehlungen. Nunmehr geht sie auf den Untersuchungsraum ein. Es ging
um die Ermittlung von Fakten, ob städtebauliche Missstände vorliegen. Gemäß
Baugesetzbuch müssen einige Voraussetzungen vorliegen, wie z. B. ob das Gebiet
den Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entspricht
(Belichtung, Belüftung, bauliche Beschaffenheit, Zugänglichkeit der Grundstücke)
und ob das Gebiet in der Funktion der Erfüllung der Aufgaben beeinträchtigt ist
(wirtschaftliche Situation, Aufnahme von fließendem und ruhendem Verkehr,
Infrastruktur, Ausstattung mit Grünflächen, Anlagen des Gemeinbedarfs).
Es wurden die verschiedenen Themenfelder wie Lage im Raum, vorhandene
Nutzungen, Baualter, Eigentümerstruktur, Freiflächen, Grundrisse beleuchtet.
Das Untersuchungsgebiet Steinstraße wird von der Fährstraße,
Königstraße, Gasthausstraße, Tempelstraße, Alter Markt und Rheinpromenade
eingegrenzt.
Im beschlossenen Einzelhandelskonzept aus dem Jahr 2011 ist ersichtlich,
dass ein Teil der Bebauung (rechts und links der Steinstraße und
Rheinpromenade) mit in den zentralen Versorgungsbereich fällt. Im
Einzelhandelskonzept ist dieser Bereich allerdings als Nebenlage eingestuft;
die Kaßstraße ist als Hauptlage eingestuft. Auch im Masterplan ist der Bereich
als 1b-Lage eingestuft worden.
Hinsichtlich der Lage ist Emmerich als Mittelzentrum eingestuft. Das
nächste Oberzentrum ist Duisburg und weitere konkurrierende Zentren, die
teilweise auch in den Niederlanden liegen.
Die Nutzungen sind verschieden, wie Handel, Kultur, Dienstleitungen,
Gastronomie, Wohnen. Allerdings sind auch einige Leerstände zu verzeichnen. Der
Einzelhandel ist ausschließlich auf der Steinstraße vorhanden, in den anderen
Bereichen herrscht vorranging das Wohnen, was durch Gastronomie, Dienstleistung
und Leerstände ergänzt wird. Aus dem Einzelhandelskonzept sind konkrete
Zielsetzungen für die Steinstraße formuliert. Das vorrangige Ziel des zentralen
Versorgungsbereiches ist der Erhalt, Ausbau und nachhaltige Sicherung einer
attraktiven Versorgungsstruktur und –qualität. Ferner geht es auch um die
Sicherung und Stärkung der Funktionsvielfalt. Für die Steinstraße wurde aus dem
Einzelhandelskonzept heraus empfohlen, die Stärkung der Profilbildung
vorzunehmen und den Trading-Down-Tendenzen (Negativentwicklungen)
entgegenzuwirken.
Das geschätzte Baualter der verschiedenen Gebäude hat eine große
Spannbreite von Vor-/Nachkriegszeit bis heute. Deutlich erkennbar ist, dass die
Häuser aus der Nachkriegszeit einen großen Anteil einnehmen. Der Zustand der
historischen Bausubstanz (Denkmäler) ist sehr unterschiedlich. Die nicht
gepflegten Gebäude wirken negativ auf die Besucher.
Bei der Eigentümersituation findet man verschiedene Strukturen vor; es
gibt durchaus Eigentum, welches im Besitz eines Einzelnen steht, aber auch
gerade im Bereich der Steinstraße hat man es durchaus mit verschiedenen
Einzeleigentümern innerhalb eines Gebäudes zu tun. Ergänzend kommt das
Gemeinschaftseigentum hinzu.
Zusammengefasst ist festzustellen, dass in der Besitzstruktur ein hoher
Anteil an Gemeinschaftseigentum vorhanden ist. Bei der teilweise recht schmalen
Parzellenstruktur ist es schwierig, dort zukünftig Handel anzusiedeln.
Bei den Freiflächen hat man den Parkplatz „Hinter dem Engel“
begutachtet, der relativ schön gestaltet ist. Der Gasthausdurchgang hingegen
erweckt einen Hinterhofcharakter.
Der Bereich zwischen Steinstraße und Gasthausstraße wird sehr stark von
dem ruhenden Verkehr beeinflusst; was allerdings auch ihre Funktion ist. Die
kleinen vorhandenen privaten Stellflächen sind häufig versiegelt und werden als
Stellplatz genutzt.
Die Betrachtung der Grundrisse der Ladenlokale und Wohnungen erfolgte
unter verschiedenen Aspekten. Die Wohnungen wurden im Hinblick auf Größe,
Anzahl der Zimmer, Verfügbarkeit eines Balkons/Terrasse geprüft. Da zukünftig
der Aspekt der Barrierefreiheit immer stärker an Bedeutung zunimmt, wurden auch
die Größe des Badezimmers und die Erschließung untersucht.
In erster Linie wurden diesbezüglich die historischen Gebäude
untersucht, da davon auszugehen ist, dass dort die größten Probleme auftreten
könnten.
Fazit der Bewertung ist der, dass die Ladenlokale teilweise eine sehr
geringe Größe aufweisen und sich daher zukünftig die Schwierigkeit ergeben
wird, diese für den Einzelhandel zu vermarkten. Hinsichtlich der vorhandenen
Wohnbebauung stellt es sich so dar, dass zum einen die Wohnungen als auch das
Treppenhaus relativ klein sind und somit ein barrierefreier Umbau nicht einfach
durchzuführen ist.
Die Untersuchung hat sowohl Schwächen als auch Stärken ergeben. Die
Schwächen sind: Leerstand, vernachlässigte Bausubstanz, schmale
Grundstückszuschnitte, versiegelte Hinterhofflächen, unattraktive
Wegeverbindung. Die großen Stärken sind die Denkmäler und der gestaltete
öffentliche Raum (wie z. B. Rheinpromenade). Sie macht dennoch deutlich, dass
die Qualität der Wohnungen nicht überdurchschnittlich schlecht ist. Die
Ladenlokale auf der Steinstraße sollen als Ergänzung zur Kaßstraße dienen.
Aufgrund der schmalen Zuschnitte kann man davon ausgehen, dass die Steinstraße
zukünftig mehr Dienstleistungen und Wohnnutzungen aufnehmen wird. Die
Grundrisse der Häuser lassen die Nutzung als Dienstleistung zu. Das
Untersuchungsgebiet ist in der Funktionserfüllung nicht erheblich
beeinträchtigt, so dass die förmliche Festlegung eines Sanierungsgebietes nicht
als erforderlich eingestuft wird. Die sich nunmehr daraus ergebende Empfehlung
ist die, dass für die gesamte Innenstadt ein integriertes Handlungskonzept
erstellt werden sollte, womit dann auch entsprechende Fördermittel beantragt
werden können. Aus diesem Handlungskonzept resultieren verschiedene Maßnahmen
für die 3 Handlungsfelder (Handlungsfeld 1 „Gestalterische Aufwertung der
Steinstraße“, Handlungsfeld 2 „Funktionale Profilbildung/Aufwertung der
Steinstraße“, Handlungsfeld 3 „Attraktive Wegeverbindungen zum Rhein“, die sie
nunmehr erläutert (siehe Seite 33 – 37 der Anlage zur Vorlage). Das
Untersuchungsgebiet ist in 3 verschiedene Zonen aufgeteilt: Zone 1 –
Untersuchungsgebiet gesamt, Zone 2 – Steinstraße u. Rheinpromenade, Zone 3 –
Innenhof.
Nunmehr gibt sie noch einige Stichpunkte zum Fassaden- und
Hofflächenprogramm. Dieses Programm funktioniert nur dann, wenn ein
Förderantrag gestellt wurde. Dieser kann allerdings nur dann gestellt werden,
wenn das integrierte Handlungskonzept erstellt ist. Dieses Programm hilft,
private Eigentümer zu Investitionen zu bringen. Es können die Sanierung von
vernachlässigten Fassaden und die Neugestaltung und Gliederung von Hofflächen
gefördert werden, die Förderung von 50 % wird durch Bund-, Land- und
Gemeindemittel getätigt. Des Weiteren gibt es noch den Verfügungsfond. Dieser
erfasst die Maßnahmen, die nicht vom Fassaden- und Hofflächenprogramm abgedeckt
werden. Ein Gremium vor Ort entscheidet dann über die Maßnahmen.
Auf Anfrage von Mitglied Sloot antwortet Frau Figgen, dass keine
Erhebung über die Anzahl der Nutzung der Gebäude durch die Eigentümer erfolgt
ist. Weiter erklärt sie, dass die Fördermittel nur dann beansprucht werden
können, wenn die Maßnahmen unter das integrierte Handlungskonzept
Städtebauförderung fallen. Der Aufwand der Eigentümer beim Fassaden- und
Hofflächenprogramm ist etwas höher, da die Maßnahmen vorab abgestimmt und
verschiedene Kostenvoranschläge vorgelegt werden müssen. Der Beginn der
Maßnahmen darf erst dann erfolgen, wenn der Förderbescheid erteilt wurde. Der
Aufwand beim Verfügungsfond ist in der Hinsicht flexibler.
Herr Lang weist jedoch darauf hin, dass die Erstellung eines
integrierten Handlungskonzeptes für die Emmericher Innenstadt die dringliche
Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Fördermitteln ist.
Mitglied Jessner nimmt das Ergebnis zur Kenntnis, dass die Festlegung
eines Sanierungsgebietes in diesem Fall nicht hilfreich ist. Von daher kann er
dem Beschlussvorschlag zustimmen. Problematisch ist immer, dass die Eigentümer,
auch finanziell, mit hinzugezogen werden müssen. Fakt ist, dass das älteste
Gebäude der Steinstraße zu verfallen droht. Ein Gebäude ist bereits abgängig
und einem weiteren Gebäude droht der Verfall. Es wäre zu begrüßen, wenn für das
Gebäude „De witte Telder“ eine schnellere Lösung, als die vorgeschlagene,
gefunden werden könnte. Er bittet, unabhängig von Handlungskonzept, darum, in
der Angelegenheit weiterzukommen.
Mitglied Neumann fragt nach, ob es Fördermittel für Dachsanierungen
gibt. Die Dächer der Häuser der Steinstraße müssen fast alle erneuert werden.
Herr Lang erläutert, dass das Fassaden- und Hofflächenprogramm die Intention
der besseren Auswirkung auf den öffentlichen Raum hat. Die Dachflächen sind
Angelegenheit der privaten Gebäudeunterhaltung und von daher ist es sehr
unwahrscheinlich, dass man eine Dachsanierung mit Fördermitteln finanzieren
kann. Die öffentliche Hand kann den Eigentümer nicht aus der Verpflichtung der
entsprechenden Gebäudeunterhaltung nehmen.
Mitglied Spiertz begrüßt die Erarbeitung eines integrierten
Handlungskonzeptes für die Emmericher Innenstadt. Es stellt sich für ihn
allerdings die Frage, welche Person die Gespräche mit den Eigentümern führt.
Wie bekannt, hat man mit einer Eigentümerin bereits Gespräche geführt, die
allerdings nicht gefruchtet haben. Es wäre von daher vielleicht effektiver,
wenn ein externes Büro die Gespräche mit den Eigentümern führt.
Erster Beigeordneter Dr. Wachs erklärt, dass dies bis ins Detail noch
nicht besprochen wurde. Es soll nunmehr lediglich der Beschluss gefasst werden,
die konzeptionellen Vorschläge in das zu erstellende integrierte
Handlungskonzept einfließen zu lassen, um letztendlich festlegen zu können, wie
man damit weiter umgeht. Sicherlich gibt es auch Lösungsformen, die keine
Standardlösungen sind, da die vorhandene Situation auch keine Standardsituation
ist. Für das Haus „Steinstraße 13“ ist angedacht, die Maßnahmen über eine
Stiftung abzuwickeln. Dabei wird selbstverständlich der Focus auch auf den
Hinterhof gelegt und man wird dann damit konfrontiert, dass man es nicht mit
einem alleinigen Eigentümer zu tun hat. Das Ziel ist natürlich, dass man alle
Eigentümer zu einer gemeinsamen Lösung bewegen kann.
Herr Lang weist darauf hin, dass ein ganz wesentlicher Bestandteil zur
Erstellung des integrierten Handlungskonzeptes die Einbeziehung der Eigentümer
ist. Für den Bereich der Steinstraße ist die Arbeit noch überschaubar, bei
einer Ausdehnung auf die gesamte Innenstadt hat dies natürlich mehr Arbeit zur
Folge. Aus den Beteiligungsprozessen der jeweiligen Eigentümer ergeben sich
deren Bedürfnisse, an denen gearbeitet werden sollte. Der sich daran
anschließende Prozess ist natürlich langwierig.
Mitglied ten Brink stellt den Antrag, nach Vorlage zu beschließen.
Mitglied Beckschaefer führt an, dass in der Stadt Bad Münstereifel eine
ähnliche Situation wie in Emmerich vorherrscht. Dort hat man in einer Straße
ein Factory-Outlet-Center angesiedelt. Wäre eine solche Lösung auch für die
Steinstraße denkbar? Der Einzelhandel würde sich dann auf die Kaßstraße
konzentrieren. Die Einkaufsstraße in Emmerich, die von der Straße „Im Euwer“
bis hin zum „Geistmarkt“ geht ist definitiv zu lang.
Herr Lang erklärt, dass das Factory-Outlet-Center in Bad Münstereifel
eine Besonderheit ist. Es ist richtig, dass die Einkaufsstraße zu lang ist,
aber die Kunden verhalten sich offensichtlich so. Man hat dann 2 Möglichkeiten,
zum einen die Einkaufsstraße sukzessive verträglich einzuschränken oder aber
mit enormer Macht, z. B. durch ein Factory-Outlet-Center, gegen anzukämpfen.
Für ihn persönlichen sind solche Überlegungen beängstigend zu betrachten. Es
braucht zum einen schon einiges an Zeit einen möglichen Investor zu finden und
zum anderen alle Eigentümer in das gleiche Boot zu holen. Er plädiert dafür,
dass man versuchen sollte, mit den Eigentümern Gespräche dahin gehend zu
führen, dass kleine Lösungen realisiert werden.
Vorsitzender Jansen lässt über den Antrag von Mitglied ten Brink, nach
Vorlage zu beschließen, abstimmen.