Beschluss: mehrheitlich abgelehnt

Abstimmung: Ja: 13, Nein: 18, Enthaltungen: 0

Beschlussvorschlag

 

I.

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein hebt seinen am 11.07.2017 mehrheitlich unter Tagesordnungspunkt 6 (Vorlage Nr. 01-06 1151/2017/1) gefassten  Beschluss

1.   Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein stellt fest, dass ein umfassendes Auswahlverfahren unter Federführung der Verwaltung und der durch den Rat der Stadt Emmerich am Rhein berufenen Auswahlkommission zur Wahl eines zweiten Beigeordneten, welches dediziert die fachliche und persönliche Eignung der Kandidaten prüfte, durchgeführt wurde. Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein stellt darüber hinaus fest, dass daran anschließend, nach einer Vorauswahl der Kommission und nach Absprache mit den Fraktionen, zwei Bewerbern die Möglichkeit zur weiteren Vorstellung vor den Fraktionen gegeben wurde. Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein nimmt abschließend die nach Auswahl und Vorstellungsverfahren mehrheitlich getroffene Empfehlung der durch den Rat der Stadt Emmerich am Rhein berufenen Auswahlkommission zur Wahl eines zweiten Beigeordneten für Herrn Stephan Wedding zur Kenntnis.

2.   Herr Stephan Wedding wird zum Beigeordneten der Stadt Emmerich am Rhein gewählt und für die Dauer von acht Jahren zum Zeitpunkt des Amtsantritts an in das Beamtenverhältnis auf Zeit berufen.

3.   Herr Stephan Wedding wird gem. § 2 Abs. 2 Eingruppierungsverordnung NW (EingruppierungVO) vom Zeitpunkt des Amtsantritts an in die Besoldungsgruppe A 15 eingruppiert. Hinzu kommt gem. § 6 Abs. 1 EingruppierungsVO eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 33 1/3 v.H. des nach § 5 Abs. 1 EingruppierungsVO maßgeblichen Satzes.

 

auf.

 

II.

Der Rat stellt fest, dass das Besetzungsverfahren um die Stelle einer/eines weiteren Beigeordneten mit dem Beschluss zu I. beendet ist.

 

 


 

Vorsitzender Hinze:

 

„In der Sitzung des Rates am 11.07.2017 hat der Rat mehrheitlich Herrn Stephan Wedding zum weiteren Beigeordneten  unserer Stadt gewählt.

Ich habe bereits in dieser Sitzung angekündigt, den Beschluss zu beanstanden.

Die Gemeindeordnung begründet in § 54 Abs. 2 meine Pflicht, Beschlüsse des Rates, die das geltende Recht verletzen, zu beanstanden.

Ich möchte hier erwähnen, dass das gängige Praxis ist, mit jedem Ratsbeschluss, den ich beanstanden muss.  Und wenn wir einen Rechtsverstoß sehen, dass Ratsbeschlüsse nicht rechtmäßig sind, dann muss ich die gemäß diesem Paragraphen auch beanstanden.  Wir haben in der letzten Sitzung davon gehört, dass die BGE dazu Stellung nehmen möchte, die ja schon in der Presse war, bevor die Sitzung überhaupt stattgefunden hat.  Da möchte ich noch einmal ganz besonders darauf hinweisen, dass die CDU auch einmal den Hinweis gegeben hat, man könnte doch das einfach dem Landrat überlassen zu entscheiden, das ist nicht mein Ermessensspielraum.

 

Meine Entscheidung habe ich ausführlich begründet und Ihnen mit der Einladung zu den heute stattfindenden nichtöffentlichen Sitzungen des Haupt- und Finanzausschusses und des Rates  zugeleitet.

Es ist meine Pflicht, den Beschluss des Rates vom 11.07.2017, Herrn Stephan Wedding zum Beigeordneten zu wählen, zu beanstanden, da dieser Beschluss materiell rechtswidrig ist :

Der gewählte Bewerber besitzt nicht die zur Bekleidung dieses Amtes erforderliche Amtsbefähigung.

 

Den rechtlichen Rahmen bilden hier § 71 Abs. 3 Satz 1 der Gemeindeordnung NRW in Verbindung mit der Stellenausschreibung.

 

Die Gemeindeordnung bestimmt, dass die Beigeordneten

„die für ihr Amt erforderlichen fachlichen Voraussetzungen erfüllen und eine ausreichende Erfahrung für dieses Amt nachweisen“  müssen.

 

Von diesen gesetzlich festgesetzten Mindestanforderungen ist der Rat mit Beschlussfassung über die Stellenausschreibung ganz bewusst und sachlich begründet „nach oben“ abgewichen und hat die Messlatte somit weitaus höher gelegt.

Und zwar in dem Bewusstsein, dass die zu besetzende Stelle in ihrem besonderen Zuschnitt (hier: Leitung Dezernat III in Personalunion mit der Leitung des FB 7) auch eine ganz besondere Qualifikation des Bewerbers verlange.

 

Vor diesem Hintergrund wurden die Anforderungen an die Bewerber für dieses wichtige Amt durch Beschlussfassung des Rates vom 21.03.2017 wie folgt konkretisiert:

„Über die Anforderungen des § 71 Abs. 3 GO NW hinaus erfüllen Sie aufgrund der Wahrnehmung der Leitungsfunktionen im Fachbereich 7 – Arbeit und Soziales- folgende Voraussetzungen:

 

Sie verfügen über ein mit einem Mastergrad abgeschlossenes, geeignetes Hochschulstudium oder einen gleichwertigen Abschluss an einer Universität, einer technischen Hochschule oder einer anderen gleichstehenden Hochschule bzw.

 

Ferner heißt es in der Stellenausschreibung:

Sie verfügen über Führungserfahrung durch eine mindestens 3-jährige Tätigkeit, vorzugsweise im Bereich des öffentlichen Dienstes, idealerweise im Bereich Arbeit und Soziales.

 

Sie verfügen über nachgewiesene Kenntnisse in den einschlägigen Rechtsbereichen des Fachbereichs Arbeit und Soziales (SGB II und SGB XII, Asylgesetzgebung, Unterhaltsrecht, Wohngeldrecht etc.).

 

Ein beschlossenes Anforderungsprofil, so wie der Rat es verabschiedet hat, ist verbindlich und darf während eines laufenden Auswahlverfahrens nicht mehr abgeändert werden.

Es ist meine Aufgabe als Bürgermeister, die Einhaltung dieser Maßstäbe sicherzustellen.

Im Fall des Bewerbers Herrn Stephan Wedding, wurden diese Maßstäbe nicht beachtet.

 

Der Bewerber Herr Stephan Wedding erfüllt weder die „erforderlichen fachlichen Voraussetzungen“, noch kann er „eine ausreichende (Führungs-)Erfahrung“ vorweisen.

 

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf meine ausführliche Begründung, die ich Ihnen am 20. Juli zugeleitet habe und die in den vorangegangenen nichtöffentlichen Sitzungen des HFA und des Rates Gegenstand der Beratungen war.

Meine Prüfung legt Punkt für Punkt dar, warum der Bewerber Herr Stephan Wedding die erforderliche Amtsbefähigung nicht besitzt.

 

Da personenbezogene Daten im Fokus dieser Prüfung stehen, verbietet sich – zum Schutz des Bewerbers- eine Behandlung und Diskussion in öffentlicher Sitzung.

Gleichwohl habe ich Sie als Entscheidungsträger über alle Fakten ausführlich informiert.

In Konsequenz ist der Beschluss des Rates vom 11.07.2017 aufzuheben, da er gegen geltendes Recht verstößt.“

 

Mitglied Sigmund:

 

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

 

Die BGE hält am Ratsbeschluss vom 11. Juli 2017 fest, um so eine Prüfung durch die Kommunalaufsicht zu ermöglichen.

Begründung:

Die Gründe, die in der Vorlage zur Beanstandung des Ratsbeschlusses durch den Bürgermeister angeführt werden, können uns insgesamt nicht überzeugen. Vielmehr ergeben sich nach sorgfältiger Akteneinsicht vom 24. Juli 2017 Bedenken und Zweifel an der unabhängigen und neutralen Haltung des Bürgermeisters in der Sache. Eine Beanstandungspflicht des Bürgermeisters nach § 54 Abs. 2 Gemeindeordnung NRW können wir nicht erkennen. Das mag der Bürgermeister natürlich anders sehen.

 

Die Prüfung der demokratisch vollzogenen Beigeordnetenwahl seitens der Kommunalaufsicht hätte der Bürgermeister auch ohne seine Beanstandung unverzüglich einleiten müssen. Ein solches Vorgehen wäre aus Sicht der BGE neutraler und insgesamt sicher auch klüger gewesen. Bei Rechtswidrigkeit der Beigeordnetenwahl hätte die Kommunalaufsicht sowieso den Bürgermeister zur Beanstandung angewiesen.

 

Der Bürgermeister, der nachweislich wie die SPD von Anfang an nur einen Dezernenten wollte und einen Beigeordneten abgelehnt hat, hat sich aber bewusst gegen ein derart sinnvolles Vorgehen entschieden und damit, meinen wir,  politisch viel Porzellan zerschlagen. Eine Demontage des Rates muss er sich nach unserer Bewertung persönlich anrechnen lassen. Wie sich nach einer Ernennung ein vertrauensvolles Zusammenarbeitsverhältnis zwischen dem Bürgermeister und seinem  zweiten Beigeordneten in Zukunft gestalten wird, möchten wir dabei noch außer Betracht lassen.

Im Ergebnis sollte deshalb jetzt eine unabhängige und neutrale Prüfung der Rechtmäßigkeit der Beigeordnetenwahl durch den Kreis Kleve erfolgen, was nur bei der Bestätigung des Ratsbeschlusses vom 11. Juli 2017 möglich ist.“

 

Mitglied Reintjes:

„Wir haben ja in der nichtöffentlichen Sitzung schon ausführlich diskutiert. Ich kann jetzt auch gar nicht mehr viel dazu beitragen. Ich stimme dem Wortbeitrag von Herrn Sigmund, insbesondere in

seiner Bewertung des Verfahrens, zu. Die Beanstandung ist nach Auffassung der CDU-Fraktion auch politisch motiviert. Wir haben diese trotzdem sehr ernst genommen und uns auch noch einmal rechtlichen Beistand geholt, der aber nach einer sehr ausführlichen Prüfung zu  einem anderen Ergebnis gekommen ist, als der Bürgermeister. Von daher werden  wir heute dem Veraltungsvorschlag auch nicht folgen und damit den Vorgang dann zum Kreis Kleve zur Kommunalaufsicht zur Prüfung geben.“

 

Mitglied Schaffeld:

„Wir hatten ja schon Gelegenheit die Stellungnahme der BGE zu lesen, da diese schon in der Zeitung steht. Ich möchte nur auf eines noch hinweisen, den Hinweis “ein demokratischer Beschluss“. Es hat vorher auch einen demokratischen Beschluss gegeben, nämlich die Festlegung mit einer absoluten Mehrheit an diesem Tisch auf die Kriterien, die wir erfüllt sehen wollen für einen Beigeordneten der Stadt Emmerich. Und den hat die Mehrheit völlig ignoriert und eigentlich auch in der Haltung  „was kümmert es die deutsche Eiche …“ oder man kann auch sagen, „das Fell ist ziemlich dick“. Es werden alle Bedenken ignoriert. Der Bürgermeister hat jetzt zweimal gesagt, dass es seine Aufgabe und seine Pflicht ist, zu beanstanden und das es keinen Ermessensspielraum gibt, sondern man kann ja erst einmal mit dem Landrat sprechen. Das ist alles nicht der Fall. Aber diese Tatsachen, wie auch die anderen, die in der nichtöffentlichen Sitzung vorgetragen wurden, sollen an diesem Tisch ignoriert werden. Mehr ist dem hier nicht mehr hinzuzufügen.“

 

Mitglied Meschkapowitz:

„Die Embrica-Fraktion schließt sich der Auffassung der SPD an und ohne in die Tiefe zu gehen, es waren schon sehr gewichtige Argumente, die dazu geführt haben, dass es zu einer Beanstandung kam. Wenn man von einer öffentlichen Demontage des Rates spricht, muss man überlegen, von wem sie ausgegangen ist. Ich denke, jeder hier am Ratstisch trägt Verantwortung für diese Entwicklung und ich wird es einmal so verdichten, wir müssen uns an dieser Stelle, und da beginnt der Begriff „Demontage“, schon eine gewisse Unfähigkeit bescheinigen, dass wir es nicht geschafft haben, einen einheitlichen Beschluss entwickeln zu können und dass wir da möglicherweise eine Alternative außer Acht gelassen haben.“

 

Mitglied Gerd Bartels:

„Das gesamte Verfahren bis zu der Stelle, wo am Ende es zum Schwur kommen sollte, war eigentlich recht einvernehmlich. Es ist dann zu einem gewissen Zeitpunkt gekippt. Die Begründung dafür vermag ich hier nicht zu geben, das überlasse ich eigentlich jedem selber, der in der Kommission, die an diesem Ratstisch saß, das für sich herauszufiltern. Eines steht fest, wir tun  unserer Stadt mit Außenwirkung, die diese Situation hervorruft, mit Sicherheit keinen Gefallen und wir werden uns möglicherweise ankreiden müssen, dass wir in Emmerich wieder die Deppen der Nation sind. Das hat der Kollege Sigmund auch vernünftig herausgearbeitet und sachlich begründet. Wir können eh nichts anderes tun, als im Augenblick dem Landrat, als zuständige Aufsichtsbehörde, zu überlassen, hier eine Wertung vorzunehmen, der wir allerdings relativ gelassen entgegensehen.“

 

Mitglied Jörn Bartels:

„Vielen Dank, eine kurze Sache, die ich dazu noch sagen möchte. Meiner Meinung nach ist die Personalfindungskommission exakt dafür da, die geeigneten Bewerber herauszufiltern und dort hätten diese Dinge, die Sie ansprechen schon entsprechend auffallen müssen. Man hätte uns gar nicht diese Bewerber als geeignet  weitergeben dürfen. Das bedeutet, wenn dort Fehler gemacht wurden, wurden sie an dieser Stelle gemacht.“

 

Mitglied Schaffeld stellt den Antrag, gemäß Vorlage zu beschließen.

 

Der Vorsitzende lässt hierüber abstimmen.

 

Vorsitzender Hinze:

„Wir werden jetzt den Landrat von der Beanstandung in Kenntnis setzen und er wird im Laufe der nächsten Woche von uns die entsprechende Post erhalten.“