Beschlussvorschlag

 

Der Wahlausschuss hebt seinen in der Sitzung am 17.12.2019 gefassten Beschluss zur Wahlbezirkseinteilung der Stadt Emmerich am Rhein für die Kommunalwahl 2020 auf und

beschließt die als Anlage 4 beigefügte neue Einteilung des Wahlgebietes der Stadt Emmerich am Rhein in Wahlbezirke für die Kommunalwahl im Jahr 2020

 

 


Erster Beigeordneter Dr. Wachs:

Ich möchte einen kurzen Hinweis zu dem geben, warum wir heute noch einmal zusammensitzen. Frau Lebbing wird das Ganze dann noch einmal sehr viel detaillierter, unter Betrachtung der einzelnen Wahlbezirke, deutlich machen.

 

Am 17.12.2019 haben wir gemeinsam die Wahlbezirke eingeteilt. Sie können bei Betrachtung der heutigen Vorlage sehen, dass diese ungefähr dreimal so umfangreich ist, wie die Vorlage vom 17.12. Sie ist von Frau Lebbing und Herrn Gremann erarbeitet worden und wenn man sich die Vorlage detailliert anschaut, so kann man erahnen, dass das ist kein so einfaches Unterfangen war. Warum ist das alles so?

 

Der Verfassungsgerichtshof NRW hat am 20.12. ja nicht nur zu der allseits betrachteten Frage nach der Stichwahl Stellung genommen, sondern, wenn man sich das Urteil anschaut, sieht man, dass das Kommunalwahlgesetz auch noch einer weitergehenden Betrachtung unterworfen worden ist, seitens des Verfassungsgerichthofes. Er hat sich insbesondere mit drei wesentlichen Punkten beschäftigt:

 

Der erste Punkt ist die Wahlbezirkseinteilung. Die Verfassungsrichter haben deutlich gemacht, dass bei der Frage nach der Bezirkseinteilung der Grundsatz der gleichen Wahl und auch auf das Recht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb alles entscheidend sind. Bezogen auf § 4 KWahlG kommt man zu dem Ergebnis, dass der Wortlaut des Gesetzes das Eine und dessen Anwendung was ganz Anderes ist. Das werden wir gleich in einigen Punkten sehen.

 

Unter diesem Obersatz hat der Gerichtshof drei Punkte beleuchtet, die bei der Wahlbezirkseinteilung näher zu betrachten sind.

 

Das ist zum einen der Zeitpunkt der Sachverhaltsbetrachtung. Hier sind zwei Stichworte relevant. Insoweit müssen wir uns die Fragen nach der „Stichtagsbetrachtung“ und die nach der „Prognose“ stellen.

 

Der zweite Punkt ist der der Bemessungsgrundlage, das ist § 4 Abs. 2 Satz 4 des KWahlG. Welche Personengruppe ist bei der Einteilung der Wahlbezirke zu betrachten? Im Gesetz selber ist ausgeführt, dass es die Deutschen und die EU-Ausländer sind. Der Verfassungsgerichtshof macht deutlich, dass das nur ein erster Prüfungsschritt sein kann und die tatsächlich Wahlberechtigten die alles entscheidende Gruppe ist. Da kämen wir dann gleich auch noch drauf zurück.

 

Einer der wesentlichen Gesichtspunkte, die der Gerichtshof betrachtet hat ist der § 4 Abs. 2 Satz 3 KWahlG , nämlich die sogenannte Abweichungstoleranz. Wenn wir in das Gesetz reinschauen, steht da etwas von 25 % Abweichungsmarge, die möglich ist von den Durchschnittswerten.

Der Verfassungsgerichtshof hat jetzt gesagt, das stünde zwar im Gesetz drin, aber angewandt werden darf das Gesetz nur insoweit, dass 15 % sozusagen die „Deadlinie“ seien. Das macht schon deutlich, dass die Anwendung des Gesetzes insoweit nicht ganz so einfach.

 

Zweite grundsätzliche Aussage: Dokumentationspflicht. Der Gerichtshof hat deutlich gemacht, dass die Gründe für die Wahlbezirkseinteilung, deren Zuschnitt ausreichend dokumentiert werden müssen. Deshalb auch die Vorlage, die umfänglicher ist. Deshalb machen wir es auch heute Abend etwas ausführlicher, damit wir im Rahmen eines Klageverfahrens, das ggfs. angestrengt wird, Sie erinnern sich, dieser Vorgabe genügen.

 

Das Dritte ist das sogenannte Demokratieprinzip. Ein relativ weiter Begriff, der im Detail schwer zu fassen ist. D. h. wir müssen bei der Einteilung der Wahlbezirke insbesondere die Möglichkeit der Kommunikation zwischen Kandidaten und Wählern bzw. der Wähler untereinander grundsätzlich sicherstellen.

 

Sie sehen an den drei Punkten, das ist mal nicht eben so gemacht, da steckt sehr viel Arbeit im Detail drin. Frau Lebbing wird das Ganze jetzt noch einmal detaillierter hinsichtlich der Wahlbezirkszuschnitte erörtern, auf die Bezirke eingehen und dann können wir die bereits vor Sitzungsbeginn aufgeworfene Frage Deichstraße oder auch andere geografische Fragestellungen beantworten.“

 

 

Frau Lebbing:

„Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren, die normativen Grundlagen zur Wahlbezirkseinteilung, Herr Dr. Wachs hat das schon ausgeführt, liefert das Kommunalwahlgesetz (KWahlG) in § 4 KWahlG. Der reine Wortlaut der Norm bedarf der verfassungskonformen Auslegung. Die höchstrichterliche Rechtsprechung vom 20.12.2019 liefert wesentliche Vorgaben, die die Vorgehensweise zur Neueinteilung des Stadtgebietes in Wahlbezirke bestimmen.

 

Es gilt in einem ersten Schritt -wie bereits in der Sitzung des Wahlausschusses am 17.12.2019 ausführlich dargestellt- den Durchschnittwert der Einwohner (hier Deutsche und EU Staatsangehörige) zu bestimmen. Dieser berechnet sich durch Division der stichtagsbezogenen (30.04.2019) Einwohnerzahl 30.813 durch die Anzahl der zu bildenden Wahlbezirke (18) und beträgt 1.172 (max. 1969 / min 1.455) bei Zugrundelegung der nunmehr maximalen Toleranzgrenze in Höhe von 15%.

 

Darüber hinaus definiert der VerfGH die durchschnittliche Anzahl der Wahlberichtigten (WB) als maßgebliche Richtgröße, die in die Betrachtung einfließen muss. Die Berechnung auf Basis der stichtagsbezogenen Anzahl der Wahlberechtigten (26.343) führt zu dem Durchschnittswert von 1.464 Wahlberichtigten und somit einer Untergrenze von 1244 WB und einer Obergrenze von 1684 WB.

 

Mitglied Leypoldt:

„In der Anlage 2 stehen aber andere Werte, also 30.954 und jetzt steht da 26.475 Wahlberechtigte.“

 

Frau Lebbing:

„In der Anlage 2 sind die Prognosen abgebildet; diesen Zusammenhang stelle ich nunmehr dar:

Anlage 1 stellt die stichtagsbezogenen Werte (hier: 30.04.2019) dar; Anlage 2 bildet sog. Prognosewerte auf Grundlage des fortgeschriebenen Melderegisters (Stichtag 21.01.2020).

Das bereits mehrfach zitierte Urteil vom 20.12.2019 macht deutlich, dass der Wahlausschuss bei der Einteilung des Wahlgebietes in Wahlbezirke gehalten ist, die sogenannte Prognose bis zum Wahltag in seine Erwägungen mit einzubeziehen. Mithin muss die Wahlbezirkseinteilung nicht nur zum Zeitpunkt der Beschussfassung den normativen Anforderungen genügen, sondern auch am Tag der Wahl noch stimmig sein.

 

Es gilt somit, eine Prognose der zu erwartenden Entwicklung der Einwohner bzw. Wahlberechtigten bis zum Wahltag vorzunehmen.

Die Vorlage bildet die Vorgehensweise ab; eine Prognose wurde zum einen auf Grundlage der fortgeschriebenen Melderegisterdaten (Stichtag 24.01.2020) vorgenommen. Die Ergebnisse bildet die Anlage 2 ab.

 

Zum anderen wurden voraussichtliche Änderungen auf Grundlage von Bauvorhaben mit in die Betrachtung einbezogen:

Die aufgrund aktuell im Bau befindlicher Vorhaben, die zum Wahltag voraussichtlich bezogen sein werden, zu erwartenden Veränderungen, wurden entsprechend berücksichtigt. Es wurde in Abstimmung mit dem Fachbereich 5 – Stadtentwicklung- eine diesbezügliche Erhebung vorgenommen, die auf Seite 6 der Vorlage abgebildet ist. Eine Besonderheit bildet in diesem Zusammenhang der Wahlbezirk 130, der nur 1 Bauvorhaben ausweist. In diesem Wahlbezirk gilt es zudem die zu erwartende Entwicklung (hier: Zuzüge) in den bereits fertig gestellten, aber noch nicht vollständig bezogenen Wohneinheiten (hier: ein Pflegeheim (120 Plätze), Betreutes Wohnen 48 WE, Junges Wohnen 19 WE) zu berücksichtigen.

 

Auf Grundlage der vorgenannten Parameter gilt es, eine den normativen – durch das Urteil des VerfGH präzisierten- Anforderungen entsprechende Wahlbezirkseinteilung zu erarbeiten.

 

In der Anlage 4 Ihrer Vorlage finden Sie den neuen Vorschlag; die im Vergleich zu der am 17.12.2019 beschlossenen Einteilung vorgeschlagenen Änderungen sind in Anlage 3 übersichtlich abgebildet.

 

Zu den Vorgaben im Einzelnen:

Die räumlichen Zusammenhänge sind sämtlich in normkonformer Weise gewahrt; dies belegt auch die grafische Übersicht (Anlage 5).

 

Die Bezirkseinteilung wird sämtlich eingehalten.

§ 39 Abs. 6 GO NW bestimmt, dass sich die Wahl Ortsvorsteher unter Berücksichtigung des in den Ortsteilen erzielten Stimmenverhältnisses orientieren soll. Die Grenzen der Ortsteile wurden sämtlich gewahrt; auf die gesonderte Prüfung im Fall des Zuschnittes der Wahlbezirke 70 und 180 wird später noch eingegangen

 

Das oberste Ziel bildet der Zuschnitt möglichst gleich großer Wahlbezirke

Das ist im Stadtgebiet, ich meine jetzt nicht den Stadtkern, sondern alles, was nicht Ortsteil ist, also Wahlbezirke 70 bis 160, anders zu verwirklichen, als in den Ortsteilen. Im Stadtgebiet erfolgten die Verschiebungen sämtlich zu Gunsten einer weitgehenden Angleichung der Wahlbezirke an den Mittelwert -unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Entwicklungen bis zum Wahltag-. Hier möchte ich noch einmal Bezug nehmen auf die vorausgegangenen Schilderungen hinsichtlich der anzustellenden Prognosen. Dies stellte eine Herausforderung dar. Dem Ergebnis, wie es sich Ihnen jetzt darstellt, gingen zahlreiche Entwürfe und Testberechnungen voraus, die den Ansprüchen nicht gerecht wurden.

Bis gestern gab es aus den Reihen der politischen Entscheidungsträger keine Reaktionen auf den fristgerecht vorgelegten Entwurf. Seit heute liegt mir eine Rückmeldung vor, in der die Verwunderung über die Verschiebung der Straßen Abschnitt Bremerweg/Eduard-Künnecke-Straße und Teil Fulkskuhle von Wahlbezirk 110 zum Wahlbezirk 70 zum Ausdruck gebracht wird. Verwaltungsseitig wurde diese Verschiebung daher heute noch einmal geprüft. Ich kann es kurz machen und auf die vorstehenden Ausführungen Bezug nehmen. Ohne die Verschiebung – die Prognose der Bauvorhaben einbezogen- würde sich Abweichung im Wahlbezirk 110 von über 10 % ergeben. Und das ist mit dem Ziel, möglichst gleich großer Zuschnitte auszuweisen, nicht zu vereinbaren. Hinzukommt, dass der Wahlbezirk 70 ohne diese Verschiebung dann auch unverhältnismäßig klein wäre.

 

Die Anlagen 1 und 2 weisen für die Wahlbezirke 70 bis 160 eine weitgehend gleiche Verteilung aus; die Prognosen wurden entsprechend berücksichtigt.

 

Bei den Ortsteilen ist diese Zielsetzung der größtmöglichen Angleichung nur bedingt realisierbar. Oberste Zielsetzung bildete hier, möglichst gleich große Bezirke innerhalb der Ortsteile darzustellen. Also eine Angleichung der Bezirke 10, 20, 30 (hier: Wahlbezirke des Ortsteils Elten) und auch 40 und 50 (Hüthum). Diese Angleichung ist mit dem zu beschließenden Vorschlag weitgehend erfolgt. Grundsätzlich sind die drei Bezirke in Elten im Verhältnis eher klein, aber zumindest gleichmäßig klein. In Hüthum wurden ein relativ großer und ein zu kleiner Bezirk jetzt entsprechend angeglichen.

 

Heute erreichte die Verwaltung auch eine Anfrage aus Elten, wonach die Aufnahme des Nachtigallenweges -der nicht bekannt war und auch nicht bewohnt ist- zu Irritationen geführt habe. Die Anfrage lässt sich damit beantworten, dass in das Straßenverzeichnis alle Wegebezeichnungen aufgenommen wurden, die von den Grenzen eines Wahlbezirkes eingefasst werden, d. h. alle gewidmeten Wege und Straßen werden dann auch benannt.

 

Eine besondere Situation ergibt sich im Wahlbezirk 170, der sich zusammensetzt aus den Stimmbezirken 171/Vrasselt und 172/Dornick. Die Prognose zeigt, dass die geringfügige Überschreitung der 15 %-Grenze am Wahltag eintreffen kann. Es wurden drei verschiedene Varianten betrachtet und gegeneinander abgewogen. Ich verweise an dieser Stelle auf die ausführliche Darstellung in der Vorlage und fasse mich jetzt etwas kürzer. Die erste Variante ist die Abtrennung eines kleinen Bereiches aus dem Wahlbezirk 170 (Teilbereich „Grünen Straße“ zu 180). Die zweite betrachtete Variante war die Abtrennung eines größeren Bereichs aus dem Wahlbezirk 170 und die entsprechende Zuordnung zum Wahlbezirk 180. Und die dritte betrachtete Variante war schließlich die Beibehaltung der Wahlbezirke 170 und 180 in ihren bisherigen Grenzen.

Im Ergebnis wird nach Abwägung -auch unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofes- empfohlen, die Einteilung der Wahlbezirke 170 und 180 in den bisherigen Grenzen bestehen zu lassen.

 

Zusammenfassend kommt die Verwaltung zu dem Schluss, dass die Neueinteilung der Wahlbezirke die normativen Anforderungen, konkretisiert durch das Urteil des Verfassungsgerichtshofes vom 20.12.2019, erfüllt. Sie wird Ihnen daher zur Beschlussfassung empfohlen.“

 

Mitglied Siebers:

„Ich habe keine Frage, sondern nur die Anregung, die Presse rechtzeitig über die vorgenommenen Veränderungen zu informieren, damit die Bürger auf die veränderten Gegebenheiten rechtzeigt hingewiesen werden“.

 

Erster Beigeordneter Dr. Wachs:

„Das nehmen wir gern noch einmal auf. Die zweite Sache ist ja dann die Bestimmung der Wahllokale und der Hinweis auf das konkrete Wahllokal des Wahlbezirkes. Das werden wir auf der Internetseite und im Zweifel noch einmal in der Presse deutlich machen.“

 

Mitglied Siebers stellt den Antrag, gemäß Vorlage zu beschließen.

 

Hierüber lässt der Wahlleiter abstimmen.