Beschluss: zurückgestellt

Abstimmung: Ja: 11, Nein: 0, Enthaltungen: 2

Beschlussvorschlag:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung beschließt, den Tagesordnungspunkt wegen Beratungsbedarf abzusetzen und erneut auf die nächste Tagesordnung zu setzen.

 


Herr Bartel erläutert eingehend das Verfahren zur Unterschutzstellung von Denkmälern anhand einer Power-Point-Präsentation (online im Ratsinformationssystem abrufbar) und anschließend die Vorlage.

 

Mitglied Brouwer meldet sich zu Wort und teilt mit, dass er den tieferen Sinn der Vorlage immer noch nicht erkennen kann. Er versteht nicht, warum der Ausschuss einen Beschluss fassen muss, wenn eine Kenntnisnahme genügen würde. Insbesondere sieht er die Nützlichkeit der Maßnahme nicht.

Er hat den persönlichen Kontakt zu Herrn Meyer und dessen Tochter hergestellt und diese aufgesucht. Herr Meyer war emotional sehr aufgeladen über die geplante Unterschutzstellung ab dem 01.04.2021. Wie alle ähnlichen Unternehmer seines Jahrganges hat man es nicht für nötig angesehen, besondere Rentenvorsorge zu treffen. Man ist immer davon ausgegangen, dass man bei einer Stilllegung des Betriebes über eine Gewerbefläche von ca. 6.000 qm (Wert ca. 200.0000 €) verfügt, die entsprechend veräußert werden kann. Der Betrieb wird von ihm in 3. Generation geführt und bis vor kurzem wurde die bekannte Meyer-Pfanne noch gebrannt. Im letzten Jahr hat er mit einer großzügigen Sachspende das Projekt „Kulturscheune Borghees“ unterstützt. In 3 Wochen wird er 80 Jahre alt und für ihn der richtige Zeitpunkt aufzuhören. Beide Töchter wollen und können den Betrieb nicht weiterführen. In Abstimmung mit dem Kreis Kleve steht die Rekultivierung des Teiches kurz vor der Abnahme. Auch hier wurde der Rückbau der Gleise, welche parallel der Böschung verlaufen, für die Lehmrohre gestoppt. Gleise und Teich stehen ebenfalls unter Denkmalschutz. Zum Verständnis: das mit Regenwasser gefüllte Lehmloch ist nun auch ein Denkmal.

Mitglied Brouwer betrachtet diesen Eingriff als kalte Enteignung, da keine Entschädigung vorgesehen ist. Ein Interessent ist über einen Makler an dieser Fläche interessiert. Teich und Anpflanzung bis zur Bahn sollte Herr Meyer als Ausgleichsfläche anbieten. Der zugestellte Bescheid besagt, dass der Eigentümer und die sonstigen Nutzungsberechtigten die Denkmäler im Rahmen instand zu halten bzw. zu setzen und sachgemäß zu behandeln und vor Gefährdungen zu schützen haben, soweit es ihnen zumutbar ist. In allen Gesprächen ist keine Aussage nach dem Nutzen und Sinn und was vorgesehen ist gemacht worden. Herr Meyer befürchtet, dass vor 10 Jahren zum Tag des Denkmals er die Tür für dieses Vorgehen geöffnet habe. Interesse an dieser Unterschutzstellung hat er nicht. Mitglied Brouwer ist der Meinung, wenn es so ein hohes Interesse für die Öffentlichkeit hat, warum das LVR oder die öffentliche Hand dieses Gelände kauft um Führungen und dergleichen durchzuführen.

Nunmehr zitiert Mitglied Brouwer aus einem Zeitungsartikel der RP vom 12.04.2021:

„LVR kritisiert geplantes Denkmalgesetz. Grund ist ein Gesetzentwurf, den das nordrheinwestfälische Ministerium für Heimat, Kommunales und Bauen vorgelegt hat, der gravierende Änderungen im bestehenden Denkmalschutzgesetz vorsieht. Der LVR kritisiert die geplante Schwächung der LVR-Ämter. So ist vorgesehen, dass das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland künftig nicht mehr beantragen kann, ein Denkmal in der Denkmalliste unter Schutz zu stellen. Daran wird deutlich, dass sich das grundsätzliche Verständnis von einem Denkmal wandelt. Von einem Objekt, das es zu schützen gilt hin zu einem Objekt, dessen Wert sich vor allem an seiner Nützlichkeit bemisst.“

Bis zum 30.04.2021 kann von Herrn Meyer Klage gegen den Bescheid erhoben werden; welches er auch tun wird.

Mitglied Brouwer zieht das Fazit, dass sich die CDU-Fraktion heute nicht in der Lage sieht, dem Beschlussvorschlag zuzustimmen und beantragt Aufschub und Beratungszeit.

 

Mitglied ten Brink stellt fest, dass die Vorlage von Seiten des Denkmalschutzes ausgeführt ist. Jedoch sind die Folgen der Unterschutzstellung nirgends genannt worden. Durch eine solche Unterschutzstellung beginnen schon die Maßnahmen zur Sicherstellung der bestehenden Anlage. Hinzu kommt, dass keine Kostenermittlung für den Betroffenen vorgelegt wurde. Darüber hinaus ist die Frage, wer Kostenträger für das Denkmal wird. Die anfallenden immensen Kosten können keinem 80jährigen Besitzer auferlegt werden.

 

Mitglied Pawlak ist der Auffassung, dass man hoffentlich zu einer Einigung mit dem Besitzer kommt, dessen Existenz ja davon stark betroffen wird und sie hofft, dass Entsprechendes durch die Verwaltung eingeleitet wird.

 

Mitglied Brouwer führt zu den Kosten aus, dass in den letzten Jahren bereits stetig Reparaturen durchzuführen waren. Die Schornsteine, auch die stillgelegten Schornsteine, sind einsturzgefährdet. Die für den Eigentümer und dessen Nachfolger zu erwartenden Kosten sind immens.

 

Mitglied Gerritschen sieht den historischen industriellen Wert dieser Anlage. Aber es kann nicht sein, dass der Eigentümer auf den zu erwartenden Kosten sitzen bleibt. Er fordert die Verwaltung auf, mit dem LVR Kontakt dahingehend aufzunehmen, ob ein möglicher Ankauf der Fläche in Erwägung gezogen werden kann. Sinn soll sein, dass die Familie Meyer die Anlage nicht auf eigene Kosten erhalten soll. Der vorliegende Beschlussvorschlag der Verwaltung sollte noch nicht umgesetzt werden, da noch Beratungsbedarf angemeldet wurde.

 

Mitglied Kukulies führt an, dass, wenn keine Unterschutzstellung erfolgt, der Eigentümer sofort die Möglichkeit hätte, das Bauwerk abzureißen. Für ihn ist allerdings deutlich, dass es sich bei dem Objekt um ein Denkmal handelt. Die Situation ist leider so, dass Eigentum verpflichtet; in dem Fall ist es auch durch das Grundgesetz begründet. Er stellt den Antrag, nach Vorlage zu beschließen.

 

Herr Bartel gibt nochmals klärende Erläuterungen. Es handelt sich um ein Grundstück mit 6.000 qm. Das Grundstück befindet sich im Außenbereich und das entsprechende Planungsrecht ist anzuwenden. Derzeit existiert eine bestehende Anlage im Außenbereich. Eine neue Nutzung/Umnutzung, Abriss oder Neubau richtet sich nach dem Planungsrecht. Das Denkmalrecht greift da noch nicht ein und mindert auch nicht den Wert. Gleiches gilt für die Teichflächen. Im Denkmalwesen gibt es das zuvor erläuterte 2stufige Verfahren. Es wurde ein unzweifelhafter Denkmalwert bei den Anlagen und Gebäudeteilen festgestellt. Vollzieht man den Eintrag in die Denkmalliste befindet man sich in der 2 Stufe des Denkmalwesens. Für ein Denkmal ist auch durchaus möglich, das Ganze abzureißen, umzunutzen oder umzubauen. Auch eine Instandsetzung und Weiternutzung ist möglich. Diese Dinge würden in der 2. Phase abgearbeitet werden. Die aktuelle Rechtsprechung sagt, dass eine Eintragung als Denkmal keine Enteignung darstellt sondern eine Beschränkung ist, welche sich aus dem Artikel 14 des Grundgesetzes ergibt. Für den Eigentümer ist es für die weitere Nutzung des Grundstückes sicherlich ein Hindernis, aber kein so drastischer Einschnitt wie von Mitglied Brouwer dargestellt. Die Eintragung des Denkmals ist eine gebundene Entscheidung; auch die Novelle im Denkmalschutzgesetz würde daran nichts ändern. Ein Denkmal ist nicht nur als Belastung zu betrachten, sondern es gibt auch die Möglichkeit, viele Fördertöpfe für Baudenkmäler in Anspruch zu nehmen. Die Untere Denkmalbehörde ist in Zusammenarbeit mit dem LVR entsprechend behilflich, um die Instandhaltungskosten entsprechend zu fördern.

 

Mitglied Brouwer fragt nach, ob eine Aussage hinsichtlich des Budgets, was aus der Denkmalförderung zur Verfügung steht, gemacht werden kann. Er für seine Person begrüßt die Gesetzesnovelle, die eine Nützlichkeit für eine Einstufung als Denkmal nachweist.

 

Erster Beigeordneter Dr. Wachs erläutert die juristische und verwaltungsrechtliche Ebene. Auch er kann die Erregung des Eigentümers verstehen. Hinsichtlich dem Bewusstsein, dass es ein Denkmal ist, kann er berichten, dass vor 10 Jahren der Landschaftsverband in der Ziegelei eine umfangreiche filmische Dokumentation erfolgt ist unter der Prämisse, dass die Besonderheit des Gewerbetriebes festzuhalten ist. Alle hier in der Sitzung genannten Aussagen und Fragen werden in der 2. Stufe des Denkmalwesens betrachtet und umfänglich abgewogen werden. Im Zweifel kann eine gerichtliche Überprüfung angestrebt werden. Die Stufe 1 ist ähnlich wie im Bauplanungsrecht eine „Käseglocke“, die über das Objekt gelegt wird, um dann zur Stufe 2 kommen zu können. Die Eintragung in die Denkmalliste ist bei allen Interessen und verbundenen Ideen sind nicht abhängig von dem, was der Eigentümer möchte oder geplant hat. Er zitiert einen Satz aus der Handreichung des Ministeriums: „Die individuellen Belange des Eigentümers, seine Nutzungsinteressen und Vermögensverhältnisse, die Erhaltungsaufwendungen und Folgewirkungen der Eintragung sind für die Eintragung rechtlich unerheblich.“ Diese werden in der 2. Stufe detailliert betrachtet, da auch die Kosten in der 1. Stufe für die Erhaltung noch nicht bekannt sind. Die Entscheidung der Eintragung ist eine gebundene Entscheidung. Die Stadt Emmerich am Rhein ist rechtlich dazu verpflichtet, diese Entscheidung zu treffen. Die Frage nach dem „wir“ bedeutet, dass die Stadt Emmerich am Rhein die Executive ist; diese wird vertreten von der Verwaltung und dem Rat der Stadt Emmerich am Rhein. Der Gesetzgeber hat zudem vorgeschrieben, dass bei jeder Unteren Denkmalbehörde (also der Gemeinde) ein Ausschuss zur ihrer Vertretung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz zu bestimmen ist. Nach Hauptsatzung ist dies der Ausschuss für Stadtentwicklung. Die Entscheidung ist zwingend bindend und es kann keine andere Entscheidung getroffen werden.

 

Nunmehr meldet sich Dr. Reintjes zu Wort. Mittlerweile steht der LVR vermehrt in der Kritik; insbesondere aufgrund der oftmals hochnäsigen und arroganten Vorgehensweise von der Unteren Denkmalbehörde gegenüber Eigentümern. Die zuständige Ministerin hat alle Planungsdezernate und Planungsleiter zu einer Konferenz zusammengerufen. Der erste Schritt resultierte dahin, dass eine Schiedsstelle im Ministerium für solche Streitfälle (Aufnahme in die Denkmalliste, obwohl der Eigentümer finanziell nicht in der Lage dazu ist) eingerichtet wurde. Diese Schiedsstelle hat den LVR auch bereits an mehreren Punkten ausgehebelt. Der zweite Schritt liegt nunmehr in der geplanten Gesetzesnovelle, die dem LVR natürlich nicht passt. Es sollen hiermit dem Eigentümer mehr Rechte möglich gemacht werden. Er schließt sich dem Antrag von Mitglied Brouwer an, den Tagesordnungspunkt zu vertagen und nochmals zur Beratung vorzulegen.

 

Vorsitzender Jansen lässt über den Antrag von Mitglied Brouwer auf Beratung und Vertagung abstimmen.