Sitzung: 20.04.2021 Ausschuss für Stadtentwicklung
Beschluss: zurückgestellt
Abstimmung: Ja: 11, Nein: 0, Enthaltungen: 2
Vorlage: 05 - 17 0189/2021
Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für Stadtentwicklung beschließt, den Tagesordnungspunkt wegen Beratungsbedarf abzusetzen und erneut auf die nächste Tagesordnung zu setzen.
Herr
Bartel erläutert eingehend das Verfahren zur Unterschutzstellung von Denkmälern
anhand einer Power-Point-Präsentation (online im Ratsinformationssystem
abrufbar) und anschließend die Vorlage.
Mitglied
Brouwer meldet sich zu Wort und teilt mit, dass er den tieferen Sinn der
Vorlage immer noch nicht erkennen kann. Er versteht nicht, warum der Ausschuss
einen Beschluss fassen muss, wenn eine Kenntnisnahme genügen würde.
Insbesondere sieht er die Nützlichkeit der Maßnahme nicht.
Er hat
den persönlichen Kontakt zu Herrn Meyer und dessen Tochter hergestellt und
diese aufgesucht. Herr Meyer war emotional sehr aufgeladen über die geplante
Unterschutzstellung ab dem 01.04.2021. Wie alle ähnlichen Unternehmer seines
Jahrganges hat man es nicht für nötig angesehen, besondere Rentenvorsorge zu
treffen. Man ist immer davon ausgegangen, dass man bei einer Stilllegung des
Betriebes über eine Gewerbefläche von ca. 6.000 qm (Wert ca. 200.0000 €)
verfügt, die entsprechend veräußert werden kann. Der Betrieb wird von ihm in 3.
Generation geführt und bis vor kurzem wurde die bekannte Meyer-Pfanne noch
gebrannt. Im letzten Jahr hat er mit einer großzügigen Sachspende das Projekt
„Kulturscheune Borghees“ unterstützt. In 3 Wochen wird er 80 Jahre alt und für
ihn der richtige Zeitpunkt aufzuhören. Beide Töchter wollen und können den
Betrieb nicht weiterführen. In Abstimmung mit dem Kreis Kleve steht die
Rekultivierung des Teiches kurz vor der Abnahme. Auch hier wurde der Rückbau
der Gleise, welche parallel der Böschung verlaufen, für die Lehmrohre gestoppt.
Gleise und Teich stehen ebenfalls unter Denkmalschutz. Zum Verständnis: das mit
Regenwasser gefüllte Lehmloch ist nun auch ein Denkmal.
Mitglied
Brouwer betrachtet diesen Eingriff als kalte Enteignung, da keine Entschädigung
vorgesehen ist. Ein Interessent ist über einen Makler an dieser Fläche
interessiert. Teich und Anpflanzung bis zur Bahn sollte Herr Meyer als
Ausgleichsfläche anbieten. Der zugestellte Bescheid besagt, dass der Eigentümer
und die sonstigen Nutzungsberechtigten die Denkmäler im Rahmen instand zu
halten bzw. zu setzen und sachgemäß zu behandeln und vor Gefährdungen zu
schützen haben, soweit es ihnen zumutbar ist. In allen Gesprächen ist keine
Aussage nach dem Nutzen und Sinn und was vorgesehen ist gemacht worden. Herr
Meyer befürchtet, dass vor 10 Jahren zum Tag des Denkmals er die Tür für dieses
Vorgehen geöffnet habe. Interesse an dieser Unterschutzstellung hat er nicht.
Mitglied Brouwer ist der Meinung, wenn es so ein hohes Interesse für die
Öffentlichkeit hat, warum das LVR oder die öffentliche Hand dieses Gelände
kauft um Führungen und dergleichen durchzuführen.
Nunmehr
zitiert Mitglied Brouwer aus einem Zeitungsartikel der RP vom 12.04.2021:
„LVR
kritisiert geplantes Denkmalgesetz. Grund ist ein Gesetzentwurf, den das nordrheinwestfälische
Ministerium für Heimat, Kommunales und Bauen vorgelegt hat, der gravierende
Änderungen im bestehenden Denkmalschutzgesetz vorsieht. Der LVR kritisiert die
geplante Schwächung der LVR-Ämter. So ist vorgesehen, dass das LVR-Amt für Denkmalpflege
im Rheinland künftig nicht mehr beantragen kann, ein Denkmal in der
Denkmalliste unter Schutz zu stellen. Daran wird deutlich, dass sich das
grundsätzliche Verständnis von einem Denkmal wandelt. Von einem Objekt, das es
zu schützen gilt hin zu einem Objekt, dessen Wert sich vor allem an seiner
Nützlichkeit bemisst.“
Bis zum
30.04.2021 kann von Herrn Meyer Klage gegen den Bescheid erhoben werden;
welches er auch tun wird.
Mitglied
Brouwer zieht das Fazit, dass sich die CDU-Fraktion heute nicht in der Lage
sieht, dem Beschlussvorschlag zuzustimmen und beantragt Aufschub und
Beratungszeit.
Mitglied
ten Brink stellt fest, dass die Vorlage von Seiten des Denkmalschutzes
ausgeführt ist. Jedoch sind die Folgen der Unterschutzstellung nirgends genannt
worden. Durch eine solche Unterschutzstellung beginnen schon die Maßnahmen zur
Sicherstellung der bestehenden Anlage. Hinzu kommt, dass keine Kostenermittlung
für den Betroffenen vorgelegt wurde. Darüber hinaus ist die Frage, wer
Kostenträger für das Denkmal wird. Die anfallenden immensen Kosten können
keinem 80jährigen Besitzer auferlegt werden.
Mitglied
Pawlak ist der Auffassung, dass man hoffentlich zu einer Einigung mit dem
Besitzer kommt, dessen Existenz ja davon stark betroffen wird und sie hofft,
dass Entsprechendes durch die Verwaltung eingeleitet wird.
Mitglied
Brouwer führt zu den Kosten aus, dass in den letzten Jahren bereits stetig
Reparaturen durchzuführen waren. Die Schornsteine, auch die stillgelegten
Schornsteine, sind einsturzgefährdet. Die für den Eigentümer und dessen
Nachfolger zu erwartenden Kosten sind immens.
Mitglied
Gerritschen sieht den historischen industriellen Wert dieser Anlage. Aber es
kann nicht sein, dass der Eigentümer auf den zu erwartenden Kosten sitzen
bleibt. Er fordert die Verwaltung auf, mit dem LVR Kontakt dahingehend
aufzunehmen, ob ein möglicher Ankauf der Fläche in Erwägung gezogen werden
kann. Sinn soll sein, dass die Familie Meyer die Anlage nicht auf eigene Kosten
erhalten soll. Der vorliegende Beschlussvorschlag der Verwaltung sollte noch
nicht umgesetzt werden, da noch Beratungsbedarf angemeldet wurde.
Mitglied
Kukulies führt an, dass, wenn keine Unterschutzstellung erfolgt, der Eigentümer
sofort die Möglichkeit hätte, das Bauwerk abzureißen. Für ihn ist allerdings
deutlich, dass es sich bei dem Objekt um ein Denkmal handelt. Die Situation ist
leider so, dass Eigentum verpflichtet; in dem Fall ist es auch durch das
Grundgesetz begründet. Er stellt den Antrag, nach Vorlage zu beschließen.
Herr
Bartel gibt nochmals klärende Erläuterungen. Es handelt sich um ein Grundstück
mit 6.000 qm. Das Grundstück befindet sich im Außenbereich und das
entsprechende Planungsrecht ist anzuwenden. Derzeit existiert eine bestehende
Anlage im Außenbereich. Eine neue Nutzung/Umnutzung, Abriss oder Neubau richtet
sich nach dem Planungsrecht. Das Denkmalrecht greift da noch nicht ein und
mindert auch nicht den Wert. Gleiches gilt für die Teichflächen. Im
Denkmalwesen gibt es das zuvor erläuterte 2stufige Verfahren. Es wurde ein
unzweifelhafter Denkmalwert bei den Anlagen und Gebäudeteilen festgestellt.
Vollzieht man den Eintrag in die Denkmalliste befindet man sich in der 2 Stufe
des Denkmalwesens. Für ein Denkmal ist auch durchaus möglich, das Ganze
abzureißen, umzunutzen oder umzubauen. Auch eine Instandsetzung und
Weiternutzung ist möglich. Diese Dinge würden in der 2. Phase abgearbeitet
werden. Die aktuelle Rechtsprechung sagt, dass eine Eintragung als Denkmal
keine Enteignung darstellt sondern eine Beschränkung ist, welche sich aus dem
Artikel 14 des Grundgesetzes ergibt. Für den Eigentümer ist es für die weitere
Nutzung des Grundstückes sicherlich ein Hindernis, aber kein so drastischer
Einschnitt wie von Mitglied Brouwer dargestellt. Die Eintragung des Denkmals
ist eine gebundene Entscheidung; auch die Novelle im Denkmalschutzgesetz würde
daran nichts ändern. Ein Denkmal ist nicht nur als Belastung zu betrachten,
sondern es gibt auch die Möglichkeit, viele Fördertöpfe für Baudenkmäler in
Anspruch zu nehmen. Die Untere Denkmalbehörde ist in Zusammenarbeit mit dem LVR
entsprechend behilflich, um die Instandhaltungskosten entsprechend zu fördern.
Mitglied
Brouwer fragt nach, ob eine Aussage hinsichtlich des Budgets, was aus der
Denkmalförderung zur Verfügung steht, gemacht werden kann. Er für seine Person
begrüßt die Gesetzesnovelle, die eine Nützlichkeit für eine Einstufung als
Denkmal nachweist.
Erster
Beigeordneter Dr. Wachs erläutert die juristische und verwaltungsrechtliche
Ebene. Auch er kann die Erregung des Eigentümers verstehen. Hinsichtlich dem
Bewusstsein, dass es ein Denkmal ist, kann er berichten, dass vor 10 Jahren der
Landschaftsverband in der Ziegelei eine umfangreiche filmische Dokumentation
erfolgt ist unter der Prämisse, dass die Besonderheit des Gewerbetriebes festzuhalten
ist. Alle hier in der Sitzung genannten Aussagen und Fragen werden in der 2.
Stufe des Denkmalwesens betrachtet und umfänglich abgewogen werden. Im Zweifel
kann eine gerichtliche Überprüfung angestrebt werden. Die Stufe 1 ist ähnlich
wie im Bauplanungsrecht eine „Käseglocke“, die über das Objekt gelegt wird, um
dann zur Stufe 2 kommen zu können. Die Eintragung in die Denkmalliste ist bei
allen Interessen und verbundenen Ideen sind nicht abhängig von dem, was der
Eigentümer möchte oder geplant hat. Er zitiert einen Satz aus der Handreichung
des Ministeriums: „Die individuellen Belange des Eigentümers, seine
Nutzungsinteressen und Vermögensverhältnisse, die Erhaltungsaufwendungen und
Folgewirkungen der Eintragung sind für die Eintragung rechtlich unerheblich.“
Diese werden in der 2. Stufe detailliert betrachtet, da auch die Kosten in der
1. Stufe für die Erhaltung noch nicht bekannt sind. Die Entscheidung der
Eintragung ist eine gebundene Entscheidung. Die Stadt Emmerich am Rhein ist
rechtlich dazu verpflichtet, diese Entscheidung zu treffen. Die Frage nach dem
„wir“ bedeutet, dass die Stadt Emmerich am Rhein die Executive ist; diese wird
vertreten von der Verwaltung und dem Rat der Stadt Emmerich am Rhein. Der
Gesetzgeber hat zudem vorgeschrieben, dass bei jeder Unteren Denkmalbehörde
(also der Gemeinde) ein Ausschuss zur ihrer Vertretung ihrer Aufgaben nach
diesem Gesetz zu bestimmen ist. Nach Hauptsatzung ist dies der Ausschuss für
Stadtentwicklung. Die Entscheidung ist zwingend bindend und es kann keine
andere Entscheidung getroffen werden.
Nunmehr
meldet sich Dr. Reintjes zu Wort. Mittlerweile steht der LVR vermehrt in der
Kritik; insbesondere aufgrund der oftmals hochnäsigen und arroganten
Vorgehensweise von der Unteren Denkmalbehörde gegenüber Eigentümern. Die
zuständige Ministerin hat alle Planungsdezernate und Planungsleiter zu einer
Konferenz zusammengerufen. Der erste Schritt resultierte dahin, dass eine
Schiedsstelle im Ministerium für solche Streitfälle (Aufnahme in die
Denkmalliste, obwohl der Eigentümer finanziell nicht in der Lage dazu ist)
eingerichtet wurde. Diese Schiedsstelle hat den LVR auch bereits an mehreren
Punkten ausgehebelt. Der zweite Schritt liegt nunmehr in der geplanten
Gesetzesnovelle, die dem LVR natürlich nicht passt. Es sollen hiermit dem
Eigentümer mehr Rechte möglich gemacht werden. Er schließt sich dem Antrag von
Mitglied Brouwer an, den Tagesordnungspunkt zu vertagen und nochmals zur
Beratung vorzulegen.
Vorsitzender
Jansen lässt über den Antrag von Mitglied Brouwer auf Beratung und Vertagung
abstimmen.