Sitzung: 29.06.2021 Rat
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 31, Nein: 0, Enthaltungen: 0
Vorlage: 04 - 17 0234/2021
Beschlussvorschlag
Der Rat beauftragt die Verwaltung, für folgende Varianten eine
Vergleichstabelle zu erstellen, die neben den Kosten, eine
Lebenszykluskostenanalyse und eine Zeitplanung enthält:
a) Umbau im Bestand (gem. Ratsbeschluss v.
20.09.2016)
b) Umbau im Bestand unter Berücksichtigung
einer energetischen Ertüchtigung
c) Neubau
d) Neubau ohne Ikea-Gebäude mit energetischer
Ertüchtigung des Ikea-Gebäudes
Aufgrund des Planungsfortschrittes wird die Leistungsphase 3 (zu a)
fortgeführt.
Begründung:
Die CDU-Fraktion stellte in ihrem Schreiben vom 30. April 2021 den
Antrag an den Rat
- Der Rat beauftragt die Verwaltung, auf
dem Nonnenplatz ein Containerdorf zur Unterbringung der Schülerinnen und
Schüler (SuS) aus dem Schulstandort Grollscher Weg für die Dauer der
dortigen Baumaßnahmen zu errichten.
- Der Rat beauftragt die Verwaltung,
zusätzlich zu den bereits beauftragten Prüfungen eine
Kostengegenüberstellung vorzunehmen, die die Kosten des Umbaus des
„Altgebäudes inklusive der energetischen Sanierung“ (ohne „IKEA-Bau“) zu
den Kosten eines Abrisses des Altgebäudes (ohne „IKEA-Bau“) samt optimalem
Neubau zu betrachten.
Zu. 1.
In zwischenzeitlich
durchgeführten Erläuterungen konnte die Verwaltung bereits darauf aufmerksam
machen, dass das für ein Leerräumen des Standortes Grollscher Weg erforderliche
Containerdorf (Interim) aufgrund der erforderlichen Anzahl an Unterrichtsräumen
nicht gänzlich auf dem Nonnenplatz darzustellen ist. Eine entsprechende
Herrichtung des Bauplatzes für eine derartige Anlage (Fundamente für ein
mehrstöckiges Gebäude, Wasserver- und entsorgung), würde den Nonnenplatz in
seiner jetzigen Beschaffenheit zerstören.
Zu 2.
Die Erweiterung des
bereits mit Ratsbeschluss vom 24. März 2021 festgelegten Prüfauftrages kann
nach Ansicht der Verwaltung ohne weiteres entsprechend dem Antrag der CDU-Fraktion
erfolgen. Jedoch möchte die Verwaltung auf folgendes hinweisen.
- Ein Kostenvergleich einschließlich der energetischen Ertüchtigung
der Gebäude sollte auch das „IKEA-Gebäude“ umfassen. Das Gebäude ist nicht
einem Neubau energetisch ebenbürtig und müsste zur Verbesserung der
Klimabilanz einbezogen werden.
- Zwar ist das sogenannte „IKEA-Gebäude“ nicht so alt wie das
Hauptgebäude, hat aber für die pädagogische Arbeit keine besonderen
Qualitäten. Die Klassenräume sind eher klein, die Flure sind für die
Bereitstellung von Differenzierungsflächen nicht geeignet. Dies ist auch
ein Grund, warum in der bisherigen Architektenplanung hier ein Teil der
Fachräume untergebracht werden sollte.
- Ein offensichtlich für eine Neubauvariante sprechender Punkt ist
die Verbesserung des Faktors zwischen Bruttogrundfläche und Nutzfläche.
Beim im Bau befindlichen Brink-Gebäude ist dieser bei einem hervorragenden
Wert von 1,5. Wie der Architekt in seiner Präsentation am 24.03.2021
bereits aufzeigte, liegt der Faktor eines Neubaus zwischen 1,5 und 1,75,
durchschnittlich bei 1,62. Beim Grollscher Weg liegt dieser derzeit bei
1,64 – somit nur 0,02 oberhalb eines durchschnittlichen Schulneubaus. Das
zu bebauende Grundstück am Grollscher Weg lässt u. U. nicht die optimale Bauvariante
zu, zumal auch das alte IKEA-Gebäude in einer Version barrierefrei mit
angebunden werden soll. Eine Verbesserung dieses Wertes ist damit nicht
sicher.
- Für den Vergleich zwischen Neubau und Bauen im Bestand ist
beauftragt worden, die Kosten der energetischen Ertüchtigung einzurechnen.
Mit dem Hintergrund der Energieeffizienz der Gebäude ist dies sicherlich
sinnvoll. Jedoch sollte in diesem Vergleich die „graue Energie“ nicht
unberücksichtigt bleiben. Als Graue Energie wird die Energiemenge bezeichnet,
die für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung eines
Produktes benötigt wird. Dabei werden alle Vorprodukte bis zur
Rohstoffgewinnung berücksichtigt und der Energieeinsatz aller angewandten
Produktionsprozesse sowie anteilig für die Herstellung der benötigten
Produktionsmittel addiert. Graue Energie ist somit der indirekte
Energiebedarf eines Konsumgutes, der sich bei der Anschaffung im
Ökologischen Rucksack niederschlägt. Davon unterschieden wird der direkte
Energiebedarf, der bei der Benutzung, bzw. beim Wohnen anfällt. Der
kumulierte Energieaufwand (KEA) fasst diese Teilbereiche zusammen. (Quelle
Wikipedia). Bei einem Neubau ist daher nicht nur der höhere Rohstoffbedarf
zu berücksichtigen, sondern auch die Entsorgungsleistungen des Abrisses.
Auch das Recycling erfordert einen sehr hohen Energieaufwand. Zieht man
diese Aspekte in die ökologische Betrachtung des Erfordernisses eines
Neubaus mit ein, sieht die Ökobilanz des Neubaus oft schlechter aus, als
die eines energetisch aufgerüsteten Altbaus. Soweit der Altbau
sanierungsfähig ist, kann durchaus auf einen Neubau verzichtet werden. Die
Ausführungen des Architekten haben gezeigt, dass die Bedarfe der Schule in
dem Bestandsgebäude realisierbar sind.
- Die Vergabe der Planungsleistungen für das Gebäude Grollscher Weg
erfolgte aufgrund der Ausschreibung von Sanierungs- und Umbauarbeiten des
Bestandsgebäudes. Aus Sicht der Vergabestelle und des
Rechnungsprüfungsamtes müsste beim Wechsel zu einer Neubauvariante eine
Neuausschreibung der Leistungen erfolgen, um hier rechtssicher agieren und
einer möglichen Vergabeklage aus dem Weg gehen zu können. Der Zeitumfang
einer derartigen Neuausschreibung sollte mit ½ bis ¾ Jahr und
entsprechenden Zusatzkosten (juristische Begleitung) berücksichtigt
werden.
- Die in der Bilanz der Stadt Emmerich am Rhein aufgelisteten
Restbuchwerte des Gebäudes sowie der Außenanlagen der Gesamtschule am
Standort Grollscher Weg belaufen sich zum Stichtag 31.12.2021 (ohne
IKEA-Gebäude) auf insgesamt über 3.7 Millionen Euro. Beim Abriss müsste
auf außerplanmäßige Abschreibung des jeweiligen Restbuchwertes erfolgen,
der dadurch die Bilanz und die Ergebnisrechnung negativ beeinflussen
würde.
- Eine Neubaulösung erfordert eine Änderung des Bebauungsplanes für
den zu bebauenden Bereich. Nach Einschätzung des dafür verantwortlichen
Fachbereichs Stadtentwicklung müssen hierfür ca. 2 Jahre eingeplant
werden. Auch wenn diese Zeit für die erforderlichen Neuplanungen (ggf.
auch eine Neuausschreibung) bis Ende der Leistungsphase 3 ausreichen
sollte, ergibt dies im Vergleich zur Sanierung im Bestand diese zwei Jahre
zzgl. der für den Abriss erforderlichen Zeit (1/2
bis ¾ Jahr) eine deutliche Verzögerung bis zur endgültigen Fertigstellung
der Gebäude für die Gesamtschule.
- Gegenüber dem Umbau, bzw. der Sanierung des Bestandsgebäudes müsste
eine längere Interimslösung eingeplant werden (+ mind. ¾ Jahr), was
Mehrkosten von ca. 1.000.000 Euro (Bilanz- und Ergebnisrechnung) bedeuten
würde.
Die Verwaltung ist
aufgrund des Ratsbeschlusses vom 20.09.2016 mit verschiedenen Planungsbüros
Verträge eingegangen. Die umfangreichsten Aufgaben fallen dabei auf die
Objektplanung (Architektenbüro), die Tragwerksplanung (Statik) und die Planung
der technischen Gebäudeausstattung (TGA). Hier laufen die Verträge über die
Leistungsphasen 1 bis 5 und umfassen einen Gesamtbetrag von mehr als 1,2 Mio
Euro. Allein die bis zum Ende der Leistungsphase 3 anfallenden Honorare liegen
bei ca. 500.000 €. Bei einem Planungsstopp ist davon auszugehen, dass zumindest
diese Honorare voll beglichen werden müssen. Für die noch nicht begonnenen
Leistungsphasen könnte es zu Schadenersatzansprüchen kommen.
Eine Fortführung
der Leistungsphase 3 wäre gegenüber einem Stopp kostenneutral und sollte nach
Meinung der Verwaltung unbedingt fortgeführt werden. Soweit der Rat nach
Beratung über den zu erstellenden Kostenvergleich zur Entscheidung kommt, die
mit Beschluss vom 20.09.2016 beauftragten Maßnahmen fortzuführen, wäre
zumindest ein Zeitverlust vermieden worden.
Über den Antrag, gemäß Vorlage zu beschließen, lässt der Vorsitzende abstimmen.