Betreff
Sachstand und weiteres Vorgehen Greensill
Vorlage
02 - 17 0180/2021
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

Der Rat nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis und beschließt

1.    die Verwaltung zu beauftragen, in dem aufgezeigten Sinne zu prüfen und das Ergebnis der Prüfung dem Rat vorzulegen,

 

2.    die Verwaltung zu beauftragen, örtliche Anlagenrichtlinien zu erstellen und dem Rat zur Entscheidung vorzulegen,

 

3.    die Verwaltung zu beauftragen, mindestens einmal im Jahr dem Rechnungsprüfungsausschuss einen Bericht über Kapitalanlagen vorzulegen,

 

4.    die Einrichtung einer Arbeitsgruppe „Haushalt“ mit Vertretern aus Politik und Verwaltung zur Festlegung akuter und die mittelfristige Finanzplanung betreffender konsolidierender Maßnahmen.

 

Sachdarstellung

 

Die Ratsfraktion CDU beantragt in ihrem unter TOP 12 dargestellten Antrag Nr. XVII/2021 eine Sonderratssitzung zum Moratorium über die Greensill Bank AG. Ziel soll eine erste Bestandsaufnahme und das Beraten weiterer Schritte sein.

 

I. Verwaltungsseitig ist zunächst die Erläuterung folgender Inhalte vorgesehen:

 

Zunächst wird ein von der Stadt Emmerich am Rhein beauftragter Rechtsanwalt der Kanzlei Aulinger einen kurzen Überblick über die Greensill Bank AG und die Geschehnisse der vergangenen Wochen und Auskunft zum aktuellen Stadium des von der BaFin gestellten Insolvenzantrags über das Vermögen der Greensill Bank AG geben. Ferner werden die juristischen Möglichkeiten in Bezug auf Schadensersatzleistungen und Haftungsansprüche unter Berücksichtigung der Verhältnisse gegenüber Dritten dargestellt.

 

Anschließend wird der Bürgermeister

1.    die gemeindeverfassungsrechtlichen, haushaltsrechtlichen und internen Regelungen darlegen sowie

2.    über bereits vollzogene Maßnahmen hinsichtlich interner Prüfung und

3.    über die Beteiligung externer Dritter berichten.

 

Der in § 75 Abs. 1 der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen (GO NRW) verankerte allgemeine Haushaltsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist stets zu beachten. Gemäß § 90 Abs. 2 GO NRW ist bei Geldanlagen auf eine ausreichende Sicherheit zu achten; sie sollen einen angemessenen Ertrag erbringen.

Der Gemeinde werden durch diese haushaltsrechtliche Vorschrift keine unmittelbaren Vorgaben gemacht, wo und in welcher Form eine Geldanlage zulässig ist.

Die Gemeinde darf jedoch grundsätzlich, insbesondere im Hinblick auf den § 75 Abs. 1 GO NRW, keine Finanzgeschäfte tätigen, bei denen das angelegte Kapital im Zeitverlauf gemindert oder insgesamt aufgezehrt werden könnte (Negativzinsen). Ferner ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Anlagebedingungen "Sicherheit", "Ertragserzielung" und "Verfügbarkeit" zu schaffen und entsprechend abzuwägen.

Die wesentlichen internen Regelungen sind der Dienstanweisung der Finanzbuchhaltung und Zahlungsabwicklung zu entnehmen. Diese wurde dem Rat in seiner Sitzung am 12.05.2009 zur Kenntnis gegeben. Im Interesse der Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung wurde die gesetzliche Regelungsdichte des neuen kommunalen Finanzrechts Nordrhein-Westfalens mit Einführung der GemHVO NRW (jetzt KomHVO) gelockert. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben bekamen die Kommunen die Kompetenz eingeräumt, die Aufgaben der inneren Finanzorganisation, der Sicherheitsaspekte und der Finanzaufsicht durch örtliche Vorschriften verbindlich zu regeln, siehe § 32 KomHVO NRW.

Gemäß § 13 Abs. 3 der Dienstanweisung entscheidet über die Einrichtung von Tagesgeld-/Festgeldkonten auf Vorschlag des für die Zahlungsabwicklung Verantwortlichen der Kassenaufsichtsbeamte. Kassenaufsichtsbeamter ist nach § 2 Abs. 3 der Kämmerer, sollte kein Kämmerer bestellt sein, obliegt die Fachaufsicht dem Bürgermeister. Darüber hinaus wird der von dem Verantwortlichen für die Zahlungsabwicklung bereits geprüfte Vorschlag von einem weiteren Mitarbeiter, in der Regel dem Leiter der Finanzbuchhaltung, gesichtet und die letztendliche Entscheidung durch Information bzw. Gegenzeichnung des Bürgermeisters abgeschlossen.

In § 15 Abs. 2 der Dienstanweisung heißt es weiterhin, dass Kassenbestände – soweit möglich und wirtschaftlich – sicher und ertragbringend anzulegen sind.

 

Abschließend wird die Stadtkämmerin die möglichen Folgen für den städtischen Haushalt anhand einer Präsentation vorstellen und die verschiedenen Begrifflichkeiten erläutern.

 

II. Im Weiteren werden die zwischenzeitlich eingegangenen Anträge betrachtet und wie folgt bewertet:

 

Der Antrag der CDU-Ratsfraktion Nr. XVI/2021 vom 08.03.2021 auf Freiwillige Haushaltssperre und Prüfung externer Dritter (siehe TOP 13) wird in den vorgenannten Redebeiträgen des Bürgermeisters und der Stadtkämmerin behandelt.

Der Antrag beinhaltet u.a. die Beauftragung der Verwaltung alle nicht notwendigen Auszahlungen und Maßnahmen vorerst zu stoppen und dem Rat zur darauffolgenden Sitzung einen entsprechenden Plan vorzulegen, welche Maßnahmen vor dem Hintergrund der neuen finanziellen Lage geschoben oder verzichtbar sind.

Die Stadt Emmerich am Rhein befindet sich im aktuellen Stadium noch in der vorläufigen Haushaltsführung, d.h. gemäß § 82 Abs. 1 GO NRW darf die Gemeinde ohnehin nur Aufwendungen entstehen lassen und Auszahlungen leisten, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind.

In Vorbereitung des „absehbaren“ Verlustes und vor dem Hintergrund der Betrachtung konsolidierender Maßnahmen in Rahmen der kommenden Haushaltsplanberatungen erachtet die Verwaltung die Einrichtung einer Arbeitsgruppe „Haushalt“ mit Teilnehmern aus dem Kreis der Ratsmitglieder und Vertretern der Verwaltung für sinnvoll. Kurzfristige und langfristige Zielsetzungen sollten Inhalte einer ersten Arbeitsgruppensitzung sein, eine Terminierung unmittelbar nach den Osterferien wäre daher angemessen.

 

Bezugnehmend auf den Antrag der Fraktion BGE Nr. XVIII/2021 vom 09.03.2021 auf Erlass einer örtlichen Anlagerichtlinie (siehe TOP 14) wird darauf hingewiesen, dass der Runderlass des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung - 34 - 48.01.01/16 - 416/17 – eine entsprechende Richtlinie für die Anlage längerfristigen Kapitals empfiehlt. Die Stadt Emmerich am Rhein hat bisher keine längerfristigen Anlagen getätigt. Nichtsdestotrotz kann eine örtliche Anlagenrichtlinie auch Regelungen zur Anlage kurzfristigen Kapitals beinhalten. Verwaltungsseitig wird dem Antrag der Fraktion BGE daher gefolgt, eine Anlagenrichtlinie inkl. Regelungen zur Anlage kurzfristigen Kapitals zu erstellen, mit den intern zu beteiligenden Stellen abzustimmen und dem Rat zur Beratung und Entscheidung vorzulegen.

Der Antrag der SPD-Ratsfraktion vom 09.03.2021 (eingegangen am 18.03.2021) verlangt gleicherweise die Beauftragung der Verwaltung mit der Erstellung einer vom Rat zu verabschiedenden Richtlinie für Kapitalanlagen. Darüber hinaus soll die Verwaltung dem Rechnungsprüfungsausschuss regelmäßig über die Kapitalanlagen Bericht erstatten. Verwaltungsseitig wird vorgeschlagen mindestens einmal im Jahr Bericht zu erstatten, die zu erstellende Anlagenrichtlinie / Richtlinie für Kapitalanlagen kann jedoch detailliertere Regelungen treffen, die zu gegebener Zeit mit den politischen Entscheidungsträgern beraten werden.

Die Fragestellungen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen werden größtenteils durch v. g. Ausführungen bzw. Erläuterungen in der Sitzung beantwortet. In Bezug auf die unter 5. dargestellte Frage „Sollen liquide Mittel vielleicht besser in die Vorfinanzierung von künftigen Investitionen gesteckt werden, um hohe Negativzinsen zu vermeiden? Oder gibt es dazu andere Alternativen?“ wird wie folgt Stellung genommen:

In den vergangenen Jahren wurden keine Investitionskredite aufgenommen (zuletzt 2017 im Zuge der Sparkassenfusion), demnach wurden jegliche Investitionen der Jahre 2018, 2019 und 2020 durch vorhandene liquide Mittel bezahlt. Mögliche Alternativen gilt es selbstredend in den nächsten Wochen und Monaten zu prüfen.

 

Die Beantwortung von Fragen des Rates, dessen Beantwortung schützenswerte Interessen Einzelner / Dritter betreffen, werden im nichtöffentlichen Teil unter TOP 18 dargelegt.

 

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 6.2.

 

 

 

Peter Hinze

Bürgermeister