Betreff
Richtlinien der Stadt Emmerich am Rhein zur finanziellen Förderung und pädagogischen Ausgestaltung der Kindertagespflege;
hier: Verabschiedung der neuen Richtlinien
Vorlage
04 - 17 0247/2021
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein beschließt das Außerkrafttreten der bestehenden Förderrichtlinien vom 01.08.2020 und das Inkrafttreten der neuen Förderrichtlinien zum 01.08.2021.

 

Sachdarstellung :

 

Die erste Version der Richtlinien der Stadt Emmerich am Rhein zur finanziellen Förderung der Kindertagespflege stammt aus dem Jahre 2015. Seitdem wurde in 2019 eine Erhöhung des Regelstundensatzes und in 2020 die Umsetzung der gesetzlichen Neuerungen des KiBiz vom JHA beschlossen und in die Richtlinien aufgenommen.

Eine Neugestaltung der Richtlinien war unter partizipativer Beteiligung der Kindertagespflegepersonen in Emmerich schon seit 2018 geplant. Zum damaligen Zeitpunkt wurde eine Liste mit Themen erstellt, die in den neuen Richtlinien Beachtung finden sollten. Durch Personalwechsel und die Kontaktbeschränkungen in der Corona Pandemie hat sich die Weiterarbeit und Umsetzung immer wieder verzögert.

Im vergangenen Herbst wurden die Kindertagespflegepersonen mit Hilfe von persönlichen Interviews durch die Fachberaterinnen aktiv am Entwicklungsprozess beteiligt.

Im Mai 2021 konnten die Richtlinien in ihrer neuen Fassung fertig gestellt werden und liegen dieser Vorlage als Anlage 1 bei.

Da sich die neuen Richtlinien in Form und Aufbau sehr von den vorherigen unterscheiden, war es nicht sinnvoll, eine Synopse oder ein Exemplar mit markierten Neuerungen zu erstellen. Zum direkten Vergleich finden Sie die bisherigen Richtlinien in Anlage 2.

 

Die Kindertagespflege bildet einen wertvollen Baustein im vielfältigen Angebot der Kindertagesbetreuung und leistet einen wichtigen Beitrag bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Kinder haben ab Vollendung des ersten Lebensjahres einen Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Zur Erfüllung dieses Rechtsanspruchs ist neben dem Ausbau von Kindertageseinrichtungen auch der Ausbau der Kindertagespflege notwendig.

Mit den Neuregelungen in den Richtlinien soll die Attraktivität der Tätigkeit von Kindertagespflegepersonen in Emmerich am Rhein gesteigert werden, um erfahrene Kindertagespflegepersonen zu halten und neue Interessierte zu gewinnen.

Ein Mangel an Betreuungsplätzen hätte durch mögliche gerichtliche Klagen der Eltern mitunter höhere Kosten zur Folge als die Mehrkosten, die durch die Neuerungen entstehen.

Gänzlich neu haben wir die Ausführungen zur pädagogischen Ausgestaltung der Kindertagespflege in die Richtlinien aufgenommen. (Ziffern 2.– 4.) Sie beschreiben die Standards nach denen auch bisher schon größtenteils gearbeitet wurde. Die Verankerung in den Richtlinien sorgt hier für eine einheitliche und sichere Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen Kindertagespflegepersonen und dem Jugendamt.

Eine weitere Neuerung ist das Konzept Großtagespflegestelle. (Ziffer 2.4)                                   Es wird angestrebt, dass mittelfristig zwei Großtagespflegestellen mit je neun Plätzen in Emmerich realisiert werden. Bezüglich der Umsetzung ist mit dem Konzept für die Großtagespflege die Grundlage hierfür geschaffen.

 

Im Weiteren werden die Punkte (ab Ziffer 5.) im Einzelnen vorgestellt, die eine finanzielle Auswirkung auf den Haushalt der Stadt Emmerich haben.

 

5.2.1 Regelstundensatz

Die Höhe des Regelstundensatzes richtet sich nach der Qualifikation der Kindertagespflegeperson und der Dauer ihrer Tätigkeit als Kindertagespflegeperson oder als sozialpädagogische Fachkraft im Berufsfeld U3.

Hiermit wird der Berufserfahrung der Kindertagespflegepersonen Rechnung getragen und die Attraktivität für eine langfristige Ausübung der Tätigkeit gesteigert.

Somit variiert der Regelstundensatz zwischen 5,10€ (für eine Kindertagespflegeperson ohne pädagogische Berufsausbildung und ohne Berufserfahrung) und 5,50€ (für eine Kindertagespflegeperson mit pädagogischer Berufsausbildung und mehr als 15 Jahren Berufserfahrung). Der Regelstundensatz wird pro Kind pro Stunde bezahlt und enthält jeweils 1,90€ Sachaufwand.

 

Die Mehrausgaben für die differenzierte Bezahlung nach Qualifizierung und Dauer der Tätigkeit betragen 8.333 € im Jahr 2021 (für fünf Monate) und können aus den verfügbaren Haushaltsmitteln gedeckt werden. 

Für die kommenden Haushaltsjahre muss der Ansatz entsprechend um rund 22.000 € erhöht werden.

 

5.2.2 Eingewöhnung

Die Eingewöhnungszeit beträgt in der Regel vier Wochen und ist abgeschlossen, wenn das Kind eine Bindung zur Kindertagespflegeperson aufgebaut hat. Die langsame Steigerung der Betreuungszeiten geschieht in enger Zusammenarbeit zwischen der Kindertagespflegeperson und den Erziehungsberechtigten unter Berücksichtigung des Kindeswohles.

Bisher wurden in der Eingewöhnungszeit pauschal 10 Stunden pro Woche mit dem Regelstundensatz vergütet. Das bedeutete u.U. gravierende finanzielle Einbußen für die Kindertagespflegepersonen in den Monaten Juli und August. Je nach Anzahl der Kinder, die neu eingewöhnt werden müssen, konnten damit Verdienstausfälle bis zu 75% im Vergleich zu den Vormonaten verbunden sein. Das hatte mitunter existenzbedrohende Dimensionen. Das Team Tagesbetreuung hat diesbezüglich Rücksprache gehalten mit dem MKFFI.

Seitens des Ministeriums gibt es die eindeutige Empfehlung, die Eingewöhnungsphase im Umfang der genehmigten Stundezahl der regulären Betreuung zu vergüten. Diese Empfehlung haben wir in den neuen Richtlinien umgesetzt.

Die Mehrausgaben für diese Maßnahme betragen 24.000 € im Jahr 2021 und können voraussichtlich aus dem Produkt 1.100.06.01.01 gedeckt werden.

 

5.2.7 Vertretung

Jede Vertretungssituation in der Kindertagespflege bedeutet für unter dreijährige Kinder einen Wechsel der Bezugsperson. Bei kurzzeitigem Vertretungsbedarf ist daher abzuwägen, ob dem Kind dieser Wechsel zugemutet werden soll. Im Interesse des Kindeswohls sollten Kindertagespflegeperson und Sorgeberechtigte Urlaub und anderweitig abzusehende Ausfallzeiten in der Betreuung rechtzeitig miteinander abstimmen, um Anlässe zur Ersatzbetreuung gering zu halten.

Die Sorgeberechtigten haben die Möglichkeit, sich für das Emmericher Vertretungsmodel anzumelden. Dabei wird der Familie zu Beginn der Betreuung eine qualifizierte Kindertagespflegeperson für den Vertretungsfall vermittelt. Im Krankheitsfall der regulären Kindertagespflegeperson kann das Kind dort betreut werden. Den Familien obliegt die regelmäßige Kontaktpflege zu der vertretenden Kindertagespflegeperson, um den Bindungsaufbau sicher zu stellen. Erst dadurch wird eine kurzfristige Vertretung ohne weitere Eingewöhnung möglich.

Kindertagespflegepersonen, die sich bereit erklären, am Vertretungsmodel teilzunehmen, erhalten eine monatliche Freihaltepauschale von 40 € pro Vertretungsplatz. Darin enthalten ist auch der Zeitaufaufwand für die Kontaktpflege zu den Familien der Vertretungskinder. Tritt der Vertretungsfall ein, erfolgt zusätzlich eine Vergütung im Umfang der geleisteten Stunden mit dem Regelstundensatz.

Die Mehrkosten für diese Maßnahme betragen 600€ für das Jahr 2021 und können aus dem vorhandenen Budget gedeckt werden. Für die folgenden Haushaltsjahre sind rund 1500€ zusätzlich in den Haushalt einzustellen.

 

5.4 Kostenbeteiligung an Qualifizierungsmaßnahmen

Voraussetzung für eine finanzielle Förderung der Tätigkeit als Kindertagespflegeperson ist eine entsprechende Qualifizierung.

Ab dem Kindergartenjahr 2022/2023 sollen alle Kindertagespflegepersonen, die erstmalig diese Tätigkeit aufnehmen, über eine Qualifikation auf der Grundlage eines wissenschaftlich entwickelten Lehrplans verfügen, der inhaltlich dem Standard des vom Deutschen Jugendinstitut entwickelten Kompetenzorientierten Qualifizierungshandbuch Kindertagespflege (QHB) entspricht und insgesamt 300 Unterrichtseinheiten (UE) umfasst. Als Vorbereitung auf die Tätigkeit einer Kindertagespflegeperson werden 160 UE absolviert. Hinzu kommen 80 Stunden Praktika in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege sowie 100 Stunden Selbstlerneinheiten. Praxisbegleitend finden dann weitere 140 UE statt, zuzüglich ca. 40 Stunden Selbstlerneinheiten.

Abweichend davon benötigen sozialpädagogische Fachkräfte, die ab dem Kindergartenjahr 2022/2023 erstmalig als Kindertagespflegeperson tätig werden, einen Nachweis über vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen der Kindertagespflege im Umfang von 80 Unterrichtseinheiten.

Die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Kostenbeteiligung seitens des Jugendamtes für die Qualifizierungsmaßnahme sind:

a.    eine positive Bewertung im Eignungseinschätzungsverfahren durch die Fachberater*innen Kindertagespflege

b.    tatsächliche Aufnahme der Tätigkeit als Kindertagespflegeperson für das Jugendamt Emmerich am Rhein

c.    Abschluss des Qualifizierungskurses

Der Kostenanteil für die Kindertagespflegeperson beträgt bei Erfüllung der genannten Voraussetzungen 160€.

Für den Fall, dass die Voraussetzungen b und c nicht erfüllt werden, wird eine Erstattung der Kursgebühren an die Stadt Emmerich am Rhein fällig. Hierzu wird vor Beginn der Qualifizierungsmaßnahme eine entsprechende schriftliche Vereinbarung getroffen.

Die Kosten für eine Qualifizierung nach QHB liegen je nach Bildungsträger zwischen 4000 € und 5000 €. (Bisherige Qualifizierungen nach DJI kosteten für 160 UE ca.1200€ die vom Jugendamt hälftig erstattet wurden. Eine Aufnahme der Tätigkeit war bereits nach 30 UE möglich).

Das Land NRW bezuschusst jede abgeschlossene Qualifizierung nach QHB mit 2000€ pro teilnehmender Person, die entsprechende Beantragung erfolgt über die Jugendämter.

Für die Teilnehmenden sollte die Qualifizierungsmaßnahme möglichst kostenneutral angeboten werden, eine Vorfinanzierung durch die Interessierten erscheint bei der Höhe der Kosten nicht zumutbar.

Seitens der Bildungsträger sind Kooperationsvereinbarungen üblich, in denen die finanzielle Abwicklung ausschließlich mit den Jugendämtern geregelt wird.

Für die Gewinnung von neuen Kindertagespflegepersonen ist es unabdingbar, dass wohnortnahe Möglichkeiten zur Qualifizierung angeboten werden, von daher sind entsprechende Kooperationen mit regionalen Bildungsträgern alternativlos.

 

Für den Fall, das Teilnehmende den Kurs nicht abschließen oder nicht für das Jugendamt der Stadt Emmerich am Rhein als Kindertagespflegeperson tätig werden, muss eine Vereinbarung über die Rückzahlung der Kursgebühren getroffen werden.

Der Eigenanteil von 160€ orientiert sich an der Anzahl der Unterrichtseinheiten des Grundkurses. Es ist eher ein symbolischer Beitrag von einem Euro pro Unterrichteinheit, der eine gewisse Verbindlichkeit erzeugen soll.

Es ist davon auszugehen, dass pro Jahr zwei bis drei Interessierte die Qualifizierungsmaßnahme besuchen werden.

Die Kosten können im Jahr 2021 aus den verfügbaren Haushaltsmitteln für Qualifizierungsmaßnahmen gedeckt werden. Für die folgenden Haushaltsjahre muss der Ansatz entsprechend auf 6000 € erhöht werden.

 

5.6 Mietkostenzuschuss

Für die Kinderbetreuung in anderen geeigneten Räumlichkeiten (angemietete oder bereitgestellte Wohnungen) zahlt die Stadt Emmerich einen monatlichen Mietkostenzuschuss von max. 70 € pro bereitgestelltem Platz, sofern der Bedarf dieser Plätze im Rahmen der Jugendhilfeplanung festgestellt wurde. Auf Basis der festgestellten Platzzahl erfolgt die Förderung jeweils für die Dauer eines Kindegartenjahres. 

Die Anzahl der geförderten Plätze pro Räumlichkeit orientiert sich an der Anzahl der Kinder, die die Kindertagespflegeperson laut Pflegeerlaubnis gleichzeitig betreuen darf.

Der Mietkostenzuschuss wird ausschließlich für die von Emmericher Kindern genutzten Plätze gezahlt und darf die Höhe der tatsächlichen Kaltmiete nicht überschreiten. Ausgenommen davon sind private und auswärtige Betreuungsverhältnisse.

Bei der Nutzung von nicht bewohntem Eigentum wird die o.g. Förderung ebenfalls gewährt. Die anzunehmende Kaltmiete wird anhand des jeweils gültigen Mietspiegels der Stadt Emmerich am Rhein berechnet.

Die Räumlichkeiten dürfen nicht gleichzeitig zu Wohnzwecken genutzt werden. Eine entsprechende Genehmigung über eine Nutzungsänderung für die Kindertagespflege von der unteren Bauaufsichtsbehörde der Stadt Emmerich am Rhein muss vorgelegt werden.

Die Kosten für diese Maßnahme betragen rund 6500 € im Jahr 2021. Diese Summe wurde bei der Haushaltsplanung bereits berücksichtigt.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Mehrausgaben beziffern sich für das Haushaltsjahr 2021 auf 32.333 € und können voraussichtlich aus dem Produkt 1.100.06.01.01 gedeckt werden.

Die Mehrkosten für die folgenden Jahre werden bei der Haushaltsplanung 2022 ff berücksichtigt.

Sie beziffern sich wie folgt: 2022 – 58.700 € ; 2023 – 73.560 €  ; 2024 – 82.210 €

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 4.3.

 

 

 

Peter Hinze

Bürgermeister