Betreff
Kostenfreie Sondernutzung an öffentlichen Straßen durch die Emmericher Gastronomie 2022;
hier: Antrag Nr. I/2022 an den Rat der Stadt Emmerich am Rhein
Vorlage
02 - 17 0551/2022
Art
Antrag

Beschlussvorschlag

 

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein beschließt den Antrag abzulehnen.

 

Sachverhalt :

 

Nicht nur die Gastronomie, sondern auch sehr viele andere Betriebe und private Haushalte in Emmerich am Rhein sind durch die gesetzlichen Auflagen und ordnungsbehördlichen Maßnahmen -verbunden mit den daraus resultierenden Konsequenzen während der immer noch andauernden Corona-Pandemie- großen und nicht nur finanziellen Belastungen ausgesetzt.

 

Nach dieser allgemeinen Einschätzung folgt die detaillierte Stellungnahme der Verwaltung zum beantragten Gebührenverzicht

 

1.Gebührenverzicht in 2020 und 2021

2.Einschätzung des Deckungsvorschlages (quantitativ und haushaltsrechtlich)

3.Fazit

 

 

1.Gebührenverzicht in 2020 und 2021

 

2020

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein hat am 12.05.2020 zur Unterstützung der Gastronomie den Verzicht auf die Erhebung der Sondernutzungsgebühren für das gesamte Jahr 2020 beschlossen. Durch die sog. Corona-Maßnahmen wie zeitweise Schließungen und unterschiedliche Einschränkungen hatten Betriebe insbesondere im Frühjahr Umsatzeinbußen zu verzeichnen. Dieser Gebührenverzicht der Kommune (freiwillige Leistung) war über die kommunalen Spitzenverbände mit den Kommunalaufsichten abgestimmt.

 

2021

Für das Jahr 2021 hatte der Rat im Rahmen des Haushaltsplanbeschlusses (Änderungsliste) am 23.02.2021 festgelegt, auch für das komplette Jahr 2021 auf die Erhebung der Sondernutzungsgebühren zu verzichten. Die Spitzenverbände hatten hier empfohlen, die Gebührenaussetzung nur bei kompletter Schließung und begrenzt auf den 30.06.2021 durchzuführen.

 

Finanzielle Auswirkungen in 2020 und 2021

Der Gebührenverzicht belief sich jährlich auf 34.000 Euro zu Lasten des städtischen Haushalts. In Summe sind das für die beiden Jahre 68.000 Euro.

 

Darüber hinaus hat die Stadt Emmerich am Rhein eine großzügige Auslegung hinsichtlich der Größe der Sonderflächen vorgenommen.

 

 

2.1 Quantitative Prüfung des Deckungsvorschlags

 

Gewerbesteuerertrag

Bei Wegfall der Sondernutzungsgebühr hat ein Unternehmer einen geringeren Gesamtaufwand, der zu einer erhöhten Gewerbesteuer führen kann. Im Idealfall für den städtischen Haushalt erhöht sich der zu versteuernde Gewinn; hier als Beispiel um 1.000 Euro. Das führt zu einem Plus von 136 Euro für den städtischen Haushalt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die tatsächliche Festsetzung der Steuer teils um Jahre zeitversetzt durch das Finanzamt erfolgt und somit nicht immer im laufenden Jahr entrichtet wird. Ebenfalls zu berücksichtigen ist der Umstand, dass nicht jeder Gastronom voll steuerpflichtig ist (u.a. Zerlegungsmaßstab, Gewinnfreibetrag von 24.500 Euro).

Die Deckung beläuft sich somit auf höchstens 10 Prozent der erlassenen Gebühr.

 

Einkommensteuer

Unter Umständen sind Gastronomen einkommensteuerpflichtig, wobei 1.000 Euro mehr Einkommen nicht 1.000 Euro Einkommensteuer bedeuten. Hier ist ein direkter Zusammenhang zwischen einer einkommensteuerpflichtigen Person und Erträgen als Deckung im städtischen Haushalt gar nicht mehr darstellbar:

Der Anteil der Einkommensteuer für den städtischen Haushalt wird durch das bundesweite quartalsweise Einkommensteueraufkommen multipliziert mit der sog. Schlüsselzahl ermittelt. Diese Schlüsselzahl wird in der Einkommensteuerschlüsselzahlen-ermittlungsverordnung – EstSchlEV für jede Kommune verbindlich regelmäßig für drei Jahre festgelegt. Für die Ermittlung der Schlüsselzahlen für die Jahre 2021, 2022 und 2023 ist die Bundesstatistik über die Lohn- und Einkommensteuer für das Jahr 2016 maßgebend.

Auswirkungen sind nicht messbar und kämen frühestens in sechs Jahren zum Tragen.

 

Umsatzsteuer

Auch wenn der Wegfall einer Gebühr nicht mehr Umsatz ermöglicht, folgt hier zur Information die Berechnung der Umsatzsteuer:

Der städtische Anteil an der Umsatzsteuer wird noch komplexer als bei der Einkommensteuer ermittelt. Dieser Verteilungsschlüssel setzt sich aus der Summe des Gewerbesteueraufkommens, der Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und der sozialversicherungspflichtigen Entgelte zusammen. Basis für die Schlüsselzahl der Jahre 2021, 2022 und 2023 sind Daten des Jahres 2015 bzw. 2016. Grundlage ist die Umsatzsteuerschlüsselzahlenermittlungsverordnung – UstSchlEV.

 

=>Die hier vorgeschlagenen geringeren Mindereinnahmen von Steuern stellen keine ausreichend quantifizierte Deckung dar (max. 10 Prozent).

 

 

 

2.2 Haushaltsrechtliche Zulässigkeit des Deckungsvorschlags

 

Laut Gemeindeordnung NRW sind neue Maßnahmen unterjährig nur zulässig, wenn die Finanzierung gesichert ist oder diese Maßnahmen von besonderer Bedeutung sind. Die Deckung soll jeweils im laufenden Haushaltsjahr gewährleistet sein. Bei einem Mehrbedarf ist es nicht als ausreichend anzusehen, wenn die Deckung erst zu einem späteren Zeitpunkt im Haushaltsjahr hergestellt werden kann, auch wenn die Vorschrift die Gewährleistung der Deckung im laufenden Haushaltsjahr fordert. Das bedeutet, dass u.U. keine Deckung vorhanden ist und sich somit das Jahresergebnis verschlechtert.

 

Ü Die hier vorgeschlagenen geringeren Mindereinnahmen von Steuern stellen haushaltsrechtlich keine Deckung dar. 

 

 

3.Fazit

 

Im Kontext des am 14.12.2021 beschlossenen Haushalts mit diversen zusätzlichen Konsolidierungsmaßnahmen wie globaler Minderausgaben, dem ebenfalls am 14.12.2021 beschlossenen Haushaltsbegleitbeschlusses und der fehlenden Deckung für die Summe von 34.000 Euro sieht die Verwaltung keine Veranlassung, dem Vorschlag zum Gebührenverzicht für ein drittes Jahr zu folgen.

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 6.2.

 

 

 

 

Peter Hinze

Bürgermeister