hier: befristete Aufgabenübertragung im Aufgabenbereich Verfahrenslotse nach dem SGB VIII
Beschlussvorschlag
Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein beschließt die vorliegende
öffentliche-rechtliche Vereinbarung zur befristeten Übertragung der Aufgabe
Verfahrenslotse aus dem Bereich der Jugendhilfe auf den Kreis Kleve.
Sachdarstellung :
Der Verfahrenslotse berät junge Menschen sowie deren Familien, die aufgrund einer Behinderung oder drohenden Behinderung Leistungen nach der Eingliederungshilfe in Anspruch nehmen wollen. Er kann bei Antragsverfahren unterstützen, über Rechte aufklären und helfen den passenden Zugang zu Leistungen zu finden. Der Verfahrenslotse entscheidet selbst nicht über Anträge oder Leistungen, sondern bietet Orientierung im Leistungssystem, informiert insbesondere an der Schnittstelle von SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) und SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen) und hilft den richtigen Ansprechpartner zu finden. Im Jahr 2024 wurden die Verfahrenslotsen gesetzlich im SGB VIII (§ 10b) verankert. Die Beratung ist für die Bürger*innen kostenlos und vertraulich.
Es können sich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene (bis einschließlich 26 Jahren) mit einer (drohenden) körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung an den Verfahrenslotsen wenden. Auch die Eltern, Personensorge- und Erziehungsberechtigten können hier Unterstützung erbitten.
Mögliche Hilfestellungen sind:
· Beratung und auf Wunsch Begleitung beim Stellen von Anträgen auf Eingliederungshilfe
· Beratung und Unterstützung bis zur Rückmeldung zum gestellten Antrag und bis zum möglichen Hilfeeinsatz
· Auf Wunsch kann eine Begleitung z.B. bei Hilfeplangesprächen stattfinden
· Beratung bei Übergängen von Leistungen zu anderen Reha-Trägern
Um dieser neu ins SGB VIII aufgenommenen Aufgabe gerecht zu werden und den Emmericher Bürgerinnen und Bürger ein entsprechendes Angebot unterbreiten zu können, hat der Rat der Stadt Emmerich mit der letzten Stellenplananpassung zunächst einen Stellenanteil von 0,5 Vollzeitäquivalente bereitgestellt. Nach der Neueinführung der Aufgabe im vergangenen Jahr, läuft die Nachfrage nach der entsprechenden Beratung langsam an, so dass es an der Zeit ist, den zur Verfügung stehenden Stellenanteil zu personalisieren. Problematisch ist hierbei, dass noch nicht absehbar ist, welchen genauen Umfang der Arbeitsanfall erreichen wird und dass es so gut wie kein entsprechend geschultes Personal für diese Aufgabe gibt.
Um trotz dieser Schwierigkeiten kurzfristig mit der Aufgabenwahrnehmung zu beginnen, konnte mit dem Jugendamt des Kreises Kleve eine Kooperation vereinbart werden. Das Jugendamt des Kreises Kleve hat die Stelle des Verfahrenslotsen bereits besetzt, um die in seiner Zuständigkeit liegenden Kommunen Bedburg-Hau, Issum, Kalkar, Kerken, Kranenburg, Rees, Rheurdt, Straelen, Uedem, Wachtendonk und Weeze zu bedienen. Des Weiteren existiert bereits eine Kooperation mit der Stadt Kleve. Der Kreis Kleve ist bereit, auch für die Stadt Emmerich am Rhein die Aufgabe zunächst befristet für ein Jahr mit Verlängerungsoption zu übernehmen, um die bestehende personelle Ressource auszunutzen und die Entwicklung der Nachfrage weiter zu evaluieren. D.h. alle o.a. Personen aus Emmerich am Rhein können sich mit entsprechenden Anfragen an den Verfahrenslotsen des Kreises Kleve wenden und erhalten dort die erforderliche Unterstützung.
Im Gegenzug beteiligt sich die Stadt Emmerich am Rhein an den entsprechenden Personalkosten (inkl. Fortbildungskosten) des Kreises Kleve. Vereinbart wurde hier eine Beteiligung von 14,37 % der vorhandenen Vollzeitstelle. Dies entspricht derzeit ca. 8.000,- €/Jahr. Dieser Schlüssel ergibt sich aus dem Anteil der Kinder, Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen im Zuständigkeitsgebiet der Stadt Emmerich am Rhein im Verhältnis zur entsprechenden Gesamtzahl im Bereich des Kreises Kleve nach Abschluss der Vereinbarung.
Die Kooperation bietet zum jetzigen Zeitpunkt den Vorteil, dass die Stelle bereits besetzt und die Stelleninhaberin eingearbeitet ist. Bei einer eigenen Ausschreibung wäre offen, ob bzw. wann eine qualifizierte Besetzung gelingen kann. Auch der Kostenumfang ist im Vergleich zur Besetzung einer halben Stelle, die ca. 30.000,- € im Jahr kosten würde (S 12) deutlich günstiger.
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich das Arbeitsvolumen erst langsam aufbauen wird, bietet hier die angestrebte Kooperation eine sinnvolle Lösung der neuen Herausforderung. Die Vereinbarung läuft zunächst für max. ein Jahr, kann aber in Abhängigkeit der Fallzahlenentwicklung fortgesetzt werden.
Für die Umsetzung der Kooperation ist es erforderlich eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zu schließen, mit der die Stadt Emmerich am Rhein die Aufgabe auf den Kreis Kleve überträgt. Eine solche Vereinbarung im Sinne des § 23 Absatz 1 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit (GkG NRW) wurde vorbereitet und ist als Anlage beigefügt. Die Entscheidung über den Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung nach § 23 GkG NRW ist wegen fehlender Regelmäßigkeit und Häufigkeit solcher Verlagerungen der Aufgabenzuständigkeit kein Geschäft der laufenden Verwaltung (OVG NRW, Urteil vom 04.04.2006 – 15 A 5081/05). Daher bedingt der Abschluss den vorgeschlagenen Beschluss des Rates der Stadt Emmerich am Rhein.
Nach dem Abschluss der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung muss diese noch aufsichtsbehördlich genehmigt und öffentlich bekannt gegeben werden. Anschließend kann die Umsetzung sofort beginnen.
Der Jugendhilfeausschuss wurde in seiner Sitzung am 12.06.2025 unter dem TOP 6 Mitteilungen und Anfragen
seitens der Verwaltung über die geplante Kooperation zwischen dem Kreis Kleve und der Stadt Emmerich am Rhein informiert.
Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die öffentlich-rechtliche Vereinbarung führt zu einer nicht eingeplanten Ausgabe von 8.000,- € für ein Jahr, welche durch eingesparte Personalkosten, die im Haushalt eingeplant sind, in Höhe von 30.000,- € gedeckt werden können.
Leitbild :
Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 6.2.
Peter Hinze
Bürgermeister