Betreff
Biogasanlage Dornick,
hier: Eingabe der Nachbarschaft Pionierstraße/Melkweg, Nr. 3/2013 vom 02.02.2013
Vorlage
05 - 15 0933/2013
Art
Verwaltungsvorlage

Kenntnisnahme

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung der Stadt Emmerich am Rhein nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

 

Sachdarstellung :

 

I. Eingabe der Anwohner

Die Anwohner der Pionierstraße 107 bis 117 sowie des Melkweg 4 wenden sich  gegen die Planung einer Biogasanlage, welche ausweislich der von den Anwohnern vorgelegten Lagepläne auf der Hofstelle Vedder, Pionierstraße 135, errichtet werden soll. Die Anwohner machen die Unzulässigkeit des Vorhabens aufgrund von Nachbarbeeinträchtigungen geltend.

Zur Zu- bzw. Unzulässigkeit einer Biogasanlage am angegebenen Standort kann verwaltungsseitig keine Aussage getroffen werden, da bei der Stadt Emmerich a. Rh. kein entsprechendes Verwaltungsverfahren anhängig ist und Unterlagen zur Realisierung solch eines Vorhabens daher nicht vorliegen. Auch hat es bislang keine Gespräche gegeben, in welchen der Landwirt Herr Rolf Vedder solch geartete Pläne vorgestellt hat.

Hinzu kommt, dass es sich bei einer Biogasanlage um eine solche Anlage handelt, welche in der 4. BImSchV – hier im Anhang zur 4. BImSchV unter Nr. 1.4 - explizit genannt wird, so dass laut § 1 der 4. BImSchV zur Herbeiführung der Genehmigungsfähigkeit einer Biogasanlage die Durchführung eines Verfahrens nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz durchzuführen ist. Zuständige Behörde für die Durchführung solch eines Verfahrens und Genehmigungserteilung ist in diesem Fall die untere Immissionsschutzbehörde. Für die Stadt Emmerich a. Rh. ist die zuständige untere Immissionsschutzbehörde beim Kreis Kleve angesiedelt.

Ein Verfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz  verläuft wie folgt: der  Antragsteller nimmt Kontakt mit der Genehmigungsbehörde auf und informiert diese über sein geplantes Vorhaben. Die Genehmigungsbehörde bespricht mit dem Antragsteller sein Vorhaben, berät diesen über den Umfang der einzureichenden Unterlagen und erörtert die bereits ersichtlichen Probleme im Rahmen der Herbeiführung einer Genehmigungsfähigkeit. Üblich ist es, zu diesem Zeitpunkt einen gemeinsamen Termin mit den Stellen zu vereinbaren, in welchem sämtliche vom Vorhaben betroffenen Behörden und Institutionen ihre rechtliche Auffassung zum Vorhaben darlegen, damit der Antragsteller diese Aspekte bei der weiteren Erstellung der Genehmigungsunterlagen berücksichtigen kann.

Nach Fertigstellung der vollständigen Unterlagen und Einreichung der Unterlagen bei der unteren Immissionsschutzbehörde durch den Antragsteller hat diese einen Monat Zeit, den Antrag auf Vollständigkeit zu prüfen. Erst nach Vorlage der vollständigen Unterlagen beginnt die formale Beteiligung der vom Vorhaben betroffenen Behörden. Erst zu diesem Zeitpunkt würde die Stadt Emmerich a. Rh. sowie deren untere Bauaufsichtsbehörde formal am Verfahren beteiligt und gebeten werden, eine Stellungnahme aus Sicht der sie betreffenden Aspekte zu fertigen. Hierbei sind seitens der Stadt Emmerich a. Rh. Aussagen zum Bauplanungsrecht sowie zum Bauordnungsrecht  zu treffen. Es ist darauf hinzuweisen, dass das Baugesetzbuch in § 35 Abs. 1 Nr. 6  ausdrücklich Biogasanlagen auf landwirtschaftlichen Hofstellen zulässt, wenn Biomasse aus dem eigenen Betrieb verarbeitet wird.

Die Stellungnahme der Stadt fließt gemeinsam mit den Stellungnahmen der ansonsten beteiligten Behörden in die Entscheidung der unteren Immissionsschutzbehörde ein, wobei diese die alleine Entscheidungskompetenz besitzt.

Die seitens der Anwohner vorgebrachten Argumente, Immissionen durch Geruch und Staub, Lärm sowie deren Gefahrenpotential sind Bestandteil der durch die untere Immissionsschutzbehörde durchzuführenden Prüfung. Die freie Sicht in die freie Landschaft ist hierbei kein Prüfungskriterium, da ein freier Blick in den Außenbereich grundsätzlich gesetzlich nicht geschützt ist, zumal es sich bei einer Biogasanlage, welche von einem privilegierten Landwirt betrieben wird um ein Vorhaben handelt, welches nach dem Wunsch des Gesetzgebers unmittelbar auf einer Hofstelle angesiedelt werden soll.

Werden sämtliche gesetzlichen Anforderungen einschließlich der  Grenzwerte der durch das Vorhaben entstehenden Immissionen unterschritten, hat die untere Immissionsschutzbehörde eine Biogasanlage zu genehmigen. Es handelt sich hierbei um eine so genannte gebundene Entscheidung, d.h. die Behörde muss den Antrag positiv bescheiden, wenn alle Anforderungen des Gesetzes durch den Antragsteller erfüllt werden.

Jeder Bauherr, der im so genannten Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB baut, muss damit rechnen, dass so genannte privilegierte Nutzungen, wie sie in § 35 Abs. 1 BauGB genannt sind, auch in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft errichtet werden. Dies muss auch in Bezug auf den wirtschaftlichen Wert eines Grundstücks von den jeweiligen Bauherren mit einkalkuliert werden.

Sofern Anfragen bezüglich der Bebaubarkeit von Flächen in der Nähe zur Hofstelle Pionierstraße 135 an die Stadt Emmerich a. Rh. gerichtet wurden, ist festzuhalten, dass  Vorhaben, die keiner Privilegierung im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB unterliegen, insbesondere nicht konkret einem landwirtschaftlichen Betrieb zuzuordnen sind, nach den gesetzlichen Bestimmungen tatsächlich planungsrechtlich nicht zulässig sind, da hierdurch die öffentlichen Belange der Landwirtschaft  -  die Fläche soll gemäß dem Flächennutzungsplan für die Stadt Emmerich a. Rh. in diesem Bereich der Landwirtschaft dienen - beeinträchtigt werden würden.

 

II. Betrieb einer gemeinschaftlichen Biogasanlage

Der Vorschlag, dass mehrere Landwirte gemeinsam ggf. unter Einbindung der Stadt Emmerich a. Rh. eine Biogasanlage betreiben, hat zur Voraussetzung, dass sich überhaupt mehrere Landwirte finden, die solch eine Anlage gemeinsam betreiben möchten. Solch ein Zusammenschluss könnte ausschließlich auf privatrechtlicher bzw. vertraglicher Ebene verlaufen. Aufgrund der Möglichkeit der Auflösung von vertraglichen Vereinbarungen wäre bereits dem Grunde nach eine Dauerhaftigkeit solch eines Zusammenschlusses nicht garantiert.

Da ein Zusammenschluss von Landwirten zum Betrieb einer solchen Anlage ggf. unter Einbeziehung von Dritten und die Errichtung eines solchen Vorhabens an einem zentralen Standort auch grundsätzlich zum Verlust sämtlicher Privilegierungstatbestände führt, kommen bereits Standorte im Außenbereich nach § 35 BauGB nicht mehr in Betracht, sondern es müsste ein Standort in einem Industriegebiet geschaffen werden, welcher nicht nur unter planerischen sondern auch unter wirtschaftlichen sowie logistischen Aspekten auch für die Landwirte attraktiv ist. Die Stadt Emmerich a. Rh. selbst hält solche Industrieflächen nicht vor. Ob Dritte womöglich geeignete Standorte vorhalten, kann derzeitig nicht beurteilt werden. Allerdings würde selbst in dem Fall, dass überhaupt geeignete Flächen zur Verfügung gestellt werden könnten, die Schaffung eines entsprechenden Bauplanungsrechts im Wege der Durchführung eines Bauleitplanverfahrens mindestens 1 Jahr dauern, so dass sich angesichts des langen zeitlichen Vorlaufs hierdurch nicht das aufgrund der gesetzlichen Änderungen konkret bestehende Problem der Landwirte löst, kurzfristig  ihre Gülle ordnungsgemäß entsorgen zu müssen.

Solch ein gemeinschaftliches Projekt ist darüber hinaus schwer zu finanzieren. Die Gemeinde kann gemäß den Vorschriften der §§ 107 ff der Gemeindeordnung für das Land NRW (GO NRW) nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen privatwirtschaftlich tätig werden. Da ein solches Vorhaben dem Grunde nur privatwirtschaftlich geführt werden kann, es soll schließlich durch die energetische Nutzung der Biomasse ein wirtschaftlicher Gewinn erzielt werden, kann eine Gemeinde bei der Finanzierung  grundsätzlich nicht in Vorleistung treten.

Darüber hinaus muss ein dringender öffentliche Zweck, so die GO NRW in §§ 107 ff, die wirtschaftliche Betätigung erfordern und grundsätzlich öffentlichen Belangen dienen. Hierbei ist zum Beispiel auf den Aspekt der Daseinsvorsorge zu verweisen. Die Beteiligung an solch einer Anlage kann nach heutigen Gesichtspunkten im Stadtgebiet Emmerich a. Rh. nicht der Daseinsvorsorge dienen, da die Versorgung mit Elektrizität, Gas etc. flächendeckend durch einen Energieversorger gedeckt wird. Eine Versorgung von städtischen Gebäuden mit solch einer Energieform dürfte aufgrund der bestehenden Versorgungs- und Heizungsanlagen der städtischen Gebäude, ebenfalls nicht in Betracht kommen, da dies auch mit erheblichen Investitionen verbunden wäre.

Nicht zuletzt wäre aufgrund der flächendeckenden Versorgung des Stadtgebiets mit Erdgas, Strom etc. durch die Stadtwerke Emmerich und deren Engagement u. a. auch in der Nutzung erneuerbarer Energien die Problematik zu lösen, ob hier nicht unangemessen in den Wettbewerb eingegriffen wird, was dann nicht nur einen Verstoß gegen die Vorschriften der GO NRW sondern auch gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften bedeuten könnte.

Aufgrund der gesamten Probleme, die mit solch einem Projekt einhergehen, stellt die Errichtung einer Biogasanlage auf Betreiben der Gemeinde bzw. unter Federführung der Gemeinde keine tatsächliche Option dar, da derzeitig offenbar weder die rechtlichen noch die tatsächlichen Bedingungen kurz- bis mittelfristig herbeizuführen sein dürften. Hinzu kommt, dass anders als bei den im Kreis Kleve bereits bestehenden gemeinschaftlichen Anlageformen im Stadtgebiet Emmerich a. Rh. nach bisherigem Kenntnisstand auch kein Interesse der einzelnen Landwirte an einem Zusammenschluss besteht, zumal dies eine rege Aktivität der Landwirte bedeuten würde.

Hinzu kommt, dass die Errichtung einer gemeinschaftlichen Biogasanlage nicht zu einer Reglementierung von Biogasanlagen im Außenbereich nach § 35 BauGB führen kann. Da der § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB jedem Landwirt die grundsätzliche Möglichkeit einräumt, solch eine Anlage zu betreiben, bleibt auch bei Schaffung einer zentral angesiedelten Biogasanlage der  gesetzliche Anspruch des Landwirts nach dem BauGB bestehen, unter Einhaltung der Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes eine Biogasanlage zum Eigengebrauch zu errichten.

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 2.6.

 

 

In Vertretung

 

 

 

Dr. Wachs

Erster Beigeordneter