Beschlussvorschlag
Der Haupt- und Finanzausschuss nimmt die
Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis und beschließt, in Zukunft die
Mitglieder des Rates unmittelbar nach einer dringlichen Entscheidung zu
informieren. Gleiches gilt für die Mitglieder des entscheidungsbefugten
Ausschusses im Falle einer dringlichen Entscheidung im Sinne des § 60 Abs. 2 GO
NRW.
Sachdarstellung :
Mit Schreiben vom 16.11.2015 beantragt die
Fraktion BGE zu beschließen, zukünftige Dringlichkeitsentscheidungen
dahingehend zu überprüfen und zu dokumentieren, ob diese tatsächlich im Sinne
des § 60 GO NW unaufschiebbar seien.
Erst wenn diese Prüfung die unbedingte
Dringlichkeit ergeben habe, solle eine Dringlichkeitsentscheidung überhaupt
möglich sein. In jedem Falle sollen aber die Fraktionsvorsitzenden informiert
werden.
Der Rat hat die Behandlung des Antrages in
seiner Sitzung am 15.12.2015 an den Haupt- und Finanzausschuss verwiesen. Das
Ergebnis der verwaltungsseitigen Prüfung stellt sich wie folgt dar :
Rechtlicher Hintergrund
Die Gemeindeordnung sieht ein zweistufiges
System von Dringlichkeitsentscheidungen vor durch
-
Entscheidung des Haupt- und Finanzausschusses, wenn
die Einberufung des Rates nicht
mehr
rechtzeitig möglich ist (§ 60 Abs. 1 Satz 1)
-
Entscheidung des Bürgermeisters zusammen mit einem
Ratsmitglied, wenn die Einberufung des Haupt- und Finanzausschusses nicht
rechtzeitig möglich ist und sonst erhebliche Nachteile entstehen können (§ 60
Abs. 1 Satz 2).
Die Voraussetzung für die 1. Stufe
hat der Gesetzgeber 1994 neu definiert; bis dahin war die Entscheidung des HFA
anstelle des Rates auch daran geknüpft, „dass die Angelegenheit keinen Aufschub
duldet. Seit Novellierung der GO NRW ist im Falle des Eilbeschlusses des HFA
allein darauf abzustellen, ob die Einberufung des Rates nicht mehr rechtzeitig
möglich war (z.B. wenn die Ladungsfristen dies nicht zulassen oder aber
innerhalb des gebotenen Zeitraumes nicht die für die Beschlussfassung
erforderliche Anzahl von Ratsmitgliedern erreichbar ist).
Für Dringlichkeitsentscheidungen der 2.
Stufe, die der Bürgermeister und ein Ratsmitglied treffen, gibt es zwei
Voraussetzungen :
-
die Einberufung des Haupt- und Finanzausschusses
ist nicht rechtzeitig möglich und
-
die Entscheidung kann nicht aufgeschoben werden,
weil sonst erhebliche Nachteile oder
Gefahren entstehen können.
Die Einberufungsfristen beziehen sich in
beiden Stufen (Einberufung Rat bzw. HFA) auf die Möglichkeit einer
Sondersitzung unter Einhaltung verkürzter Ladungsfristen.
Die Entscheidung darüber, ob ein Fall einer
Dringlichkeit vorliegt, ist Sache des Bürgermeisters und des hinzugezogenen
Ratsmitgliedes. Nach herrschender Meinung handelt es sich um die Anwendung
unbestimmter Rechtsbegriffe, die Ermessens- und Zweckmäßigkeitsentscheidungen
keinen Raum lassen. Die Abwehr von erheblichen Nachteilen oder Gefahren ist
beispielsweise in Katastrophenfällen oder bei drohender Fristversäumnis gegeben
(OVG NRW, Urteil vom 31. Mai 1988).
Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 3 GO NRW müssen
Eilbeschlüsse des Haupt- und Finanzausschusses und Entscheidungen des
Bürgermeisters dem Rat in seiner nächsten Sitzung zur Genehmigung vorgelegt
werden.
Da der Rat nach Abs. 1 Satz 4 alle
Dringlichkeitsentscheidungen aufheben kann, soweit nicht bereits Rechte Dritter
durch die Ausführung des Beschlusses entstanden sind, wird die Gefahr begrenzt,
dass die Ermächtigungen nach Abs. 1 Satz 1 und 2 missbraucht werden.
Kann der Rat die Dringlichkeitsentscheidung
nicht mehr aufheben, da bereits Rechte Dritter entstanden sind, versagt er aber
dennoch seine Genehmigung, so haften unter Umständen die an der
Beschlussfassung beteiligten Personen nach § 43 Abs. 4 Buchstabe a) falls die
Voraussetzungen für eine dringliche Entscheidung nicht vorgelegen haben, sowie
der Bürgermeister nach den beamtenrechtlichen Bestimmungen.
Dringlichkeitsentscheidungen in Ausschussangelegenheiten
:
Die Novellierung der Gemeindeordnung im
Jahre 1994 hat mit § 60 Abs. 2 GO NW nunmehr auch eine Regelung für
Eilentscheidungen beschließender Ausschüsse geschaffen. Da Ausschüsse aufgrund
ihrer Mitgliederzahl und Zusammensetzung (Vertreterregelung) leichter
einzuberufen sind als Rat entspricht Absatz 2 der 2. Stufe bei
Ratsentscheidungen. Die Einberufung des Ausschusses darf also nicht rechtzeitig
möglich sein; die Eilentscheidung darf im Falle drohender entstehender
Nachteile durch den Bürgermeister gemeinsam mit einem Mitglied des
entscheidungsbefugten Ausschusses getroffen werden.
Praxis vor Ort
Der in dem Antrag der BGE dargestellten
Ansicht, dass Dringlichkeitsentscheidungen vor Ort zu schnell und nicht immer
mit entsprechendem sachlichem Hintergrund angewandt werden, wird
verwaltungsseitig widersprochen.
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen werden in
jedem Einzelfall vorab geprüft und auch in dem Beschluss abgebildet. Die
Begründung dringlicher Entscheidungen stellt sich vor Ort zweigeteilt dar; zum
einen wird die zu treffende Sachentscheidung, darüber hinaus wird in jedem
Einzelfall auch die Dringlichkeit begründet.
Die seitens der BGE geforderte Überprüfung
findet – entsprechend den gesetzlichen Vorgaben – bei jeder zu treffenden
Entscheidung im Sinne des § 60 GO NW statt. Für eine (durch den Antrag der BGE
möglicherweise beabsichtigte) Beschlussfassung des Rates über gesetzliche
Notwendigkeiten besteht daher kein Anlass.
Die Anregung einer Information der
Fraktionsvorsitzenden wurde im Beschlussvorschlag aufgegriffen bzw. auf den
Personenkreis erweitert, dem die Genehmigung der Dringlichen Entscheidung in
der nächsten Sitzung zusteht.
Sofern der Antrag auf eine Information der
Fraktionsvorsitzenden im Vorfeld
einer zu treffenden Dringlichkeitsentscheidung abzielt, kann der Anregung nicht
gefolgt werden.
Der Gesetzgeber hat die Stufen einer
Dringlichen Entscheidung sowie den Kreis der
Entscheidungs- und Genehmigungsbefugten klar und abschließend definiert.
Die Ausdehnung dieses Kreises über das
gesetzliche Maß hinaus ist insbesondere mit Blick auf den Genehmigungsvorbehalt
des Rates bzw. des entscheidungsbefugten Ausschusses ( § 60 Abs. 1 Satz 4 GO
NRW) weder sinnhaft noch geboten.
Letztlich wirft die Fraktion BGE in ihrem
Antrag die Frage auf, welche Folgen sich ergeben, wenn eine dringliche
Entscheidung nicht umgesetzt werden kann. Sowohl im Falle dringlicher
Entscheidungen als auch in Fällen von Rats- oder Ausschussbeschlüssen können
sich im Nachhinein Umstände ergeben, die die Umsetzung faktisch unmöglich
machen oder aber eine Umsetzung nur unter geänderten Parametern (z.B. höherer
Kaufpreis, ungünstigere Konditionen) ermöglichen. Insofern bedarf es hier
keiner Differenzierung zwischen Dringlicher Entscheidung und Beschlüssen, die
unmittelbar durch einen Ausschuss oder den Rat gefasst worden sind.
Es gilt, den gefassten Beschluss in Fällen
faktischer Unmöglichkeit aufzuheben. Ändern sich Parameter zu Ungunsten der Verwaltung als
Vertragspartei und hält diese die Vertrags-beziehung auch unter neuen Eckdaten
für erforderlich, so gilt es, ein erneutes Votum der Entscheidungsträger
einzuholen.
Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat keine
finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.
Leitbild :
Die Maßnahme wird von den
Zielen des Leitbildes nicht berührt.
Peter Hinze
Bürgermeister