Betreff
Prüfauftrag an die Verwaltung, hier: Antrag Nr. XXVII/2015 der Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN
Vorlage
01 - 16 0604/2015
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

Der Haupt- und Finanzausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis und stellt fest, dass eine Auflösung und Neubildung aller bzw. einzelner Ausschüsse aufgrund veränderter Fraktionsstärken nicht erforderlich ist.

 

 

 

Sachdarstellung :

 

Mit Schreiben vom 16.11.2015 beantragt die Fraktion Bündnis 90 /DIE GRÜNEN zu prüfen, welche Auswirkungen die Veränderung der Mitgliedsstärke der Fraktion „Embrica“ auf die Besetzung der Ausschüsse habe und regt die Auflösung und Neubildung u.a. des Ausschusses für Stadtentwicklung, des Rechnungsprüfungsausschusses und des Jugendhilfeausschusses an.

Der Rat hat die Behandlung des Prüfauftrages in seiner Sitzung am 15.12.2015 an den Haupt- und Finanzausschuss verwiesen. Das Ergebnis der verwaltungsseitigen Prüfung stellt sich wie folgt dar :

 

Historie

Nach der Neuwahl des Rates im Jahr 2014 schlossen sich die in den Rat als Einzelrats-mitglieder gewählten Bewerber der Parteien / Bürgergemeinschaft FDP, DIE LINKE und der BSD.NRW zur Fraktion Embrica zusammen. Die Fraktionsstärken stellten sich zum Zeitpunkt der Ausschussbildung wie folgt dar :

 

Fraktion CDU                                       13 Mitglieder

Fraktion SPD                                        10 Mitglieder

Fraktion BGE                                         6 Mitglieder

Fraktion Embrica                                    3 Mitglieder                     

Fraktion Bündnis90/DIE GRÜNEN        2 Mitglieder

 

Die personelle Besetzung der Ausschüsse richtet sich nach § 50 Abs. 3 GO NRW. Haben sich die Mitglieder des Rates zur Besetzung der Ausschüsse auf einheitlichen Ratsbeschluss geeinigt, so ist der einstimmige Beschluss aller anwesenden Ratsmitglieder über die Annahme des Ratsbeschlusses ausreichend.

Kommt ein solcher Wahlvorschlag nicht zustande, so wird nach den Grundsätzen der Verhältniswahl in einem Wahlgang über die Besetzung jedes einzelnen Ausschusses gesondert abgestimmt. Dabei sind gem. § 50 Abs. 3 die Wahlstellen der Wahlvorschläge der Fraktionen des Rates entsprechend dem Verhältnis der Stimmenzahlen, die auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallen, zur Gesamtzahl der abgegebenen gültigen Stimmen zu verteilen. Jedem Wahlvorschlag werden zunächst so viele Sitze zugeteilt, wie sich für ihn ganze Zahlen ergeben. Sind danach noch Sitze zu vergeben, so sind sie in der Reihenfolge der höchsten Zahlenbruchteile zuzuteilen. Bei gleichen Zahlenbruchteilen entscheidet das Los (Verfahren nach Hare-Niemeyer).

 

Am 10.06.2014 traten die Vorsitzenden bzw. stv. Vorsitzenden der neu gewählten Fraktionen zusammen mit der Zielsetzung, einen einheitlichen Wahlvorschlag zusammenzustellen sowie Konsens über die Ausschussvorsitze zu erzielen.

Grundlage für die künftige Gremienbesetzung bildete eine verwaltungsseitig erstellte Vorlage, die auf Basis der nunmehr gegebenen Kräfteverhältnisse die Entsendungsrechte der Fraktionen anhand des mathematischen Verfahrens nach Hare/Niemeyer abbildete.

 In insgesamt 4 Fällen wurde aufgrund identischer Höchstzahlen ein Losentscheid um Sitz 17 zwischen den Fraktionen CDU und  Embrica erforderlich. Diese Losentscheide fielen in den Fällen der Besetzung des Kulturausschusses und des Betriebsausschusses KBE zugunsten der Fraktion CDU und hinsichtlich der Besetzung der Gremien Schul- und Sozialausschuss zugunsten der Fraktion Embrica aus.

 

In der Sitzung des Rates am 17.06.2014 wurde die neue Besetzung der Ausschüsse einstimmig auf Basis eines einheitlichen Ratsbeschlusses beschlossen.

 

Die bis heute bestehende Besetzung lässt sich wie folgt abbilden :

 

Aktuelle Ausschussbesetzung :

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ausschüsse

Größe

CDU

SPD

BGE

GRÜNE

Embrica

Anm.

 

HFA

18

7

5

3

1

2

 

RPA

10

4

3

2

0

1

 

ASE

21

8

6

4

1

2

 

 

SchulA

17

 6*

5

3

1

 2*

*Losentscheid zw.

SozA

17

 6*

5

3

1

 2*

 CDU und Embrica

KulturA

17

 7*

5

3

1

 1*

 

KBE

17

 7*

5

3

1

 1*

 

VA

7

3

2

1

0

1

 

 

WahlprüfungsA

6

2

2

1

0

1

 

 

Integrationsrat

6

2

2

1

0

1

 

 

WahlA

8

3

2

1

1

1

 

 

JHA

 

 

 

 

 

 

 

stimmberechtigte RM

4

2

1

1

0

0

 

stimmberechtigte SB

5

2

2

1

0

0

 

von Jugendverb.vorgeschlagene

6

 

 

 

 

 

 

beratende Mitglieder lt. Satzung

10

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aktuelle Entwicklung:

Mit Schreiben vom 15.09.2015 erklärte das Ratsmitglied Kukulies seinen sofortigen Austritt aus der Fraktion Embrica. Diese Fraktion besteht somit nur noch aus 2 Ratsmitgliedern. Das Ratsmitglied Kukulies hat sich keiner anderen Fraktion angeschlossen und gehört dem Rat der Stadt Emmerich /Rh. nunmehr als fraktionsloses Ratsmitglied an.

 

Die neuen  Kräfteverhältnisse lassen wie folgt abbilden :

 

Fraktion CDU                                       13 Mitglieder

Fraktion SPD                                        10 Mitglieder

Fraktion BGE                                         6 Mitglieder

Fraktion Embrica                                    2 Mitglieder                     

Fraktion Bündnis90/DIE GRÜNEN        2 Mitglieder

Fraktionslose Ratsmitglieder                  1

 

 

 

 

 

Rechtliche Würdigung :

Bei Veränderungen der Kräfteverhältnisse der Fraktionen im Rat – insbesondere in Folge von Fraktionsaus- und –übertritten- gilt es zu prüfen, wie mit der veränderten Situation umzugehen ist :

 

Durch Austritt aus der Fraktion, über deren Liste ein Ausschussmitglied in ein Gremium gelangt ist, verliert das Mitglied nicht automatisch seinen Ausschusssitz. Auch eine Abwahl dieses nun fraktionslosen Ratsmitgliedes durch die Mehrheit des Rates ist nicht möglich. Allerdings verändert der Austritt aus der Fraktion die politischen Mehrheitsverhältnisse im Rat.

Dies kann Anlass sein zu prüfen, ob die Mehrheitsverhältnisse in den Ausschüssen das politische Kräfteverhältnis im Rat noch zutreffend widerspiegeln.

Im Hinblick auf die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG, 10.12.2003 – 8 C 18.03) zur Spiegelbildlichkeit von Ausschüssen im Rat stellt sich im Falle von Veränderungen der Stärkeverhältnisse die Frage, ob der Rat in bestimmten Fällen sogar verpflichtet ist, durch Auflösung und Neubildung der Ausschüsse die Ausschussbesetzung an die geänderten Verhältnisse anzupassen.

 

Allerdings darf nicht jede Änderung der Kräfteverhältnisse während der Wahlzeit des Rates dazu führen, dass ein Ausschuss aufgelöst und neu besetzt werden muss. Ansonsten bestünde aufgrund regelmäßiger Neubesetzungsverfahren und fehlender personeller Kontinuität die Gefahr der Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Ausschüsse.

Deshalb löst die Änderung der Kräfteverhältnisse im Rat eine Prüfpflicht aus, ob die Mehrheitsverhältnisse im Ausschuss das politische Kräfteverhältnis im Rat noch angemessen widerspiegeln. Spätestens dann, wenn nicht mehr gewährleistet ist, dass die Beschlüsse in den Ausschüssen die Mehrheitsmeinung des Rates widerspiegeln, verdichtet sich die „Kann-Befugnis“ des Rates zur Auflösung und Neubildung der Ausschüsse zur einer „Soll-Entscheidung“.

 

Grundsätzlich steht es dem Rat allerdings frei, jederzeit im Laufe der Wahlzeit einen Ausschuss oder mehrere Ausschüsse durch Mehrheitsbeschluss aufzulösen und neu zu bilden.

 

Ausschussbesetzung auf Basis

 2er Fraktion Embrica, 1 fraktionsloses RM

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ausschüsse

Größe

CDU

SPD

BGE

GRÜNE

Embrica

RM

Anm.

HFA

18

7

5

3

1

1

1

 

RPA

10

4

3

2

0 od. 1

0 od.1

0

Los Sitz 10

ASE

21

8

6

4

1

1

1

 

SchulA

17

 6 od. 7

5

3

1

1

0 od. 1

Los Sitz 17

SozA

17

 6 od. 7

5

3

1

1

0 od. 1

Los  Sitz 17

KulturA

17

 6 od. 7

5

3

1

1

0 od. 1

Los  Sitz 17

KBE

17

 6 od. 7

5

3

1

1

0 od. 1

Los Sitz 17

VA

7

3

2

1

0 od. 1

0 od. 1

0

Los Sitz 7

WahlprüfungsA

6

2

2

1

0 od. 1

0 od. 1

0

Los Sitz 6

Integrationsrat

6

2

2

1

0 od. 1

0 od. 1

0

LosSitz  6

WahlA

8

3

2

1

1

1

0

 

JHA

 

 

 

 

 

 

 

 

stimmberechtigte RM

4

2

1

1

0

0

0

 

stimmberechtigte SB

5

2

2

1

0

0

0

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Einzelnen :

(Annahme : einheitlicher Wahlvorschlag auf Basis geänderter Fraktionsstärken)

 

HFA                              keine Auswirkungen

 

RPA                              die Fraktion Bündnis90/Die GRÜNEN ist bislang nicht mit einem

                                      stimmberechtigten Mitglied vertreten;

                                      das Los würde entscheiden, ob Bündnis90/DIE GRÜNEN oder

                                      Embrica ein stimmberechtigtes Mitglied entsendet

 

SchulA                          die Fraktion CDU ist bislang mit 6 Mitgliedern, die Faktion Embrica

                                      mit 2 Mitgliedern vertreten.

                                     Die Fraktion Embrica würde einen Sitz verlieren;

                                     Losentscheid über den 17. Sitz zwischen der CDU (6 oder 7

                                      Mitglieder) und dem fraktionslosen Mitglied Kukulies (0 oder 1)

 

SozA                             die Fraktion CDU ist bislang mit 6 Mitgliedern, die Faktion Embrica

                                      mit 2 Mitgliedern vertreten.

                                     Die Fraktion Embrica würde einen Sitz verlieren;

                                     Losentscheid über den 17. Sitz zwischen der CDU (6 oder 7

                                      Mitglieder) und dem fraktionslosen Mitglied Kukulies (0 oder 1)

 

KulturA                          die Fraktion CDU ist bislang mit 7 Mitgliedern, die Faktion Embrica

                                      mit 2 Mitgliedern vertreten.

                                     Die Fraktion Embrica würde einen Sitz verlieren;

                                     Losentscheid über den 17. Sitz zwischen der CDU (6 oder 7

                                      Mitglieder) und dem fraktionslosen Mitglied Kukulies (0 oder 1)

 

KBE                              die Fraktion CDU ist bislang mit 7 Mitgliedern, die Faktion Embrica

                                      mit 2 Mitgliedern vertreten.

                                     Die Fraktion Embrica würde einen Sitz verlieren;

                                     Losentscheid über den 17. Sitz zwischen der CDU (6 oder 7

                                      Mitglieder) und dem fraktionslosen Mitglied Kukulies (0 oder 1)

 

VA                                 In diesen Ausschüssen ist bislang die Fraktion Embrica mit einem

WahlprüfungsA             stimmberechtigten Mitglied vertreten; die Fraktion Bündnis90/DIE

Integrationsrat               GRÜNEN entsenden ein beratendes Mitglied.        

                                      Das Los zwischen diesen beiden Fraktionen müsste über das Recht

                                     zur Entsendung eines stimmberechtigten Mitgliedes entscheiden.

 

WahlA                           keine Auswirkungen

JHA                               keine Auswirkungen

 

 

 

 

Wertung :

Durch den erfolgten Austritt eines Ratsmitgliedes aus der Fraktion Embrica ist die Spiegelbildlichkeit von Rat und Ausschüssen nach wie vor gegeben.

Die sich durch Auflösung und Neubesetzung möglicherweise ergebenden Änderungen wären minimal und zudem jeweils abhängig von einem Losentscheid.

 

In den zurückliegenden Wahlperioden des Rates hat es auch bereits mehrfach  Fraktionsaustritte, zum Teil verbunden mit Übertritten von Ratsmitgliedern in andere Fraktionen,  gegeben. 

Diese bedingten in keinem Fall die Neubildung aller oder nur einzelner Gremien. Auch hat der Rat  -im Sinne der Kontinuität der Rats- und Gremienarbeit- nicht von seinem Recht Gebrauch gemacht, Ausschüsse dennoch mitten in der Wahlzeit aufzulösen und neu zu bilden.

 

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die Ausschussbildung bislang stets auf einem im Vorfeld interfraktionell erzielten Konsens erfolgt ist. Der Konsensbildung lag ein Rechenmodell zugrunde, das die Besetzung der Gremien in Fraktionsstärke auf Basis Hare/ Niemeyer abbildet. Mit Blick auf die Bildung der Gremien nach der letzten Kommunalwahl ist auch festzustellen, dass die erfolgten Losentscheide keine Fraktion bevorzugten, sondern die auf diese Weise zu vergebenden Sitze gleichmäßig verteilt werden konnten.

 

Für Fraktionen, die aufgrund der Möglichkeiten des neuen Rechenmodells in Erwägung ziehen, durch Auflösung und Neubildung einzelner Ausschüsse ihre eigene Ausschussstärke zu verbessern (was aufgrund des jeweils erforderlichen Losentscheides in jedem Fall risikobehaftet ist) gilt es zu bedenken :

Das Beispiel bildet die Grundlage für die Neubesetzung auf Basis eines einheitlichen Wahlvorschlages. Ein einheitlicher Wahlvorschlag ist bereits bei einer Gegenstimme gescheitert.

In diesem Fall müsste die neue Ausschussbesetzung nach den Grundlagen der Verhältniswahl erfolgen. Diese Form der Besetzung ist mit zahlreichen Unwägbarkeiten behaftet. So ist nicht die Fraktionsstärke, sondern die Anzahl der auf die einzelnen Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen für die Anzahl der zu entsendenden Mitglieder pro Fraktion entscheidend. Dies kann z.B. im Fall urlaubs-, krankheits- oder aufgrund anderweitiger wichtiger terminlicher Verpflichtungen verhinderter Ratsmitglieder am Tag der Abstimmung zu völlig anderen Konstellationen führen. Auch ist zu bedenken, dass Einzelratsmitglieder zwar keine eigene Liste aufstellen können,  durch ihr Stimmverhalten allerdings das Ergebnis beeinflussen und somit zu anderen Mehrheiten beitragen oder auch ggf. auch die bislang abgebildeten Mehrheitsverhältnisse wieder herzustellen können.

 

 

Im Ergebnis der Prüfung bleibt festzustellen, dass die Verringerung der Mitgliedsstärke der Fraktion „Embrica“ die Spiegelbildlichkeit von Ausschüssen und Rat nicht beeinträchtigt und keine Auflösung und Neubildung der Ausschüsse erfordert.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme wird von den Zielen des Leitbildes nicht berührt.

 

 

 

 

 

Peter Hinze

Bürgermeister