Beschlussvorschlag
Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein beauftragt die
Verwaltung, ein Konzept für eine zweite
Jugendeinrichtung in Emmerich am Rhein zu
erarbeiten. Zweitens die Varianten zur Trägerschaft für die Jugendeinrichtung
durch das Jugendamt selbst oder unter freier Trägerschaft differenziert
vorzustellen. Drittens geeignete Räumlichkeiten vorzuschlagen.
Sachdarstellung :
In Emmerich am
Rhein gibt es ca. 2800 Jugendliche im Alter von 14-21 Jahren (Stand: KRZN
31.12.2016). Dies entspricht rund 10% der Emmericher Gesamtbevölkerung.
Für diese
Jugendlichen gibt es derzeit lediglich eine Jugendeinrichtung – das städt.
Jugendcafé am Brink. Dieses wurde in den letzten Jahren durch die räumliche
Nähe und die Kooperation (päd. Mittagspause und AG`s) mit der Gesamtschule
(Jahrgänge 5-7) überwiegend von Kindern und Jugendlichen im Alter von 10-13
Jahren besucht. Daher sind sowohl die Räumlichkeiten als auch das tägliche
Programmangebot auf diese Altersgruppe zugeschnitten.
Hinzu kommt, dass
es für ältere Jugendliche (14+) nicht attraktiv ist, mit 10-13 Jährigen ihre
Freizeit zu verbringen.
Auch Versuche des
Jugendcafés spezielle (neue) Angebote für eine ältere Zielgruppe zu etablieren
blieben erfolglos, da die Räume durch die jüngere Gruppe „besetzt“ sind.
Dies führte zu
ersten Überlegungen, ob es sinnvoll wäre, in Emmerich eine zweite
Jugendeinrichtung für die älteren Jugendlichen einzurichten.
Bestärkt wurden
diese durch die Ergebnisse des Partizipationsprojektes „Emmerich für Dich! –
Deine Meinung zählt“ (Fish-Bowl) sowie durch die Befragung des
Theodor-Brauer-Hauses („Update Emmerich 2.0“) im Herbst letzten bzw. Frühjahr
diesen Jahres.
Entsprechende
Anträge bzgl. einer zweiten Jugendeinrichtung für eine ältere Zielgruppe durch
die SPD- (Anfang 2017) bzw. die CDU-Fraktion (Anfang 2018) bestätigen diese
Überlegungen ebenfalls.
Ziel ist es, dass
das Jugendcafé am Brink auf Grund der benannten Gegebenheiten bei der täglichen
Arbeit seinen Schwerpunkt auf der jüngeren Zielgruppe beibehält bzw. weiter
verfestigt und die zweite Jugendeinrichtung den Fokus auf Angebote für
Jugendliche ab 14 Jahren legt.
Für den Betrieb
einer solchen Einrichtung kommen aus Sicht des Jugendamtes drei Varianten in
Frage:
a)
eine
„selbstverwaltete Jugendeinrichtung“
b)
eine
Einrichtung mit städt. Personal
c)
eine
Einrichtung unter Leitung eines freien Trägers
zu a)
Der
Vorteil einer selbstverwalteten Jugendeinrichtung ist im Bereich der
Personalkosten zu sehen. Der Nachteil liegt in der fehlenden pädagogischen
„Betreuung“ und Unterstützung der Jugendlichen. Das Angebot würde sich auf die
kostenlose Zurverfügungstellung eines beheizten Raumes mit Sanitäranlagen und
Ausstattung beschränken. Für die Motivation der Besucher, die Planung und
Durchführung von möglichen Angeboten/Aktionen/Veranstaltungen wären die
Jugendlichen mehr oder weniger auf sich selbst gestellt. Außerdem gäbe es für
die Jugendlichen keinen (festen) Ansprechpartner der bei Bedarf
niederschwellige Hilfestellungen/Beratung in allen Lebenslagen anbieten könnte.
Hinzu kommt ein höheres Risiko im Bereich von Sachbeschädigungen oder Diebstahl
und ein erhöhter Verwaltungsaufwand auf Seiten der vorhandenen Mitarbeiter der
Stadtverwaltung:
·
Herausgabe
eines Einrichtungsschlüssels (auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten z. B.
im Bereich der Abendstunden und am Wochenende bzw. an Feiertagen)
·
Schließung
von Verträgen mit Jugendlichen, die den Schlüssel ausleihen möchten
·
regelmäßige
Kontrolle der Einrichtung nach der Rückgabe des Schlüssels
·
mögliche
Bearbeitung von Schäden (Sachbeschädigung/Diebstahl).
Für einen regelmäßigen Betrieb mit festen Öffnungszeiten wäre ein großer Pool
an ehrenamtlichen Jugendlichen notwendig, den das Jugendamt derzeit nicht hat.
zu b)
Die
Festanstellung von pädagogischem Personal birgt für die Stadt Emmerich die
Gefahr, dass im Falle einer Umstrukturierung keine alternativen Stellen
(-anteile) für die Mitarbeiter existieren, da es nur eine sehr eingegrenzte
Anzahl an Stellen in diesem Bereich gibt.
Zudem würde ein erheblicher Mehraufwand im Bereich der Fachaufsicht
(Jugendpflege) bei einer städtischen Einrichtung entstehen.
zu c)
Ein
freier Träger, der im pädagogischen Bereich breit aufgestellt ist, kann sowohl
kurzfristig als auch langfristig Personal in anderen Bereichen einsetzen, bzw.
könnte bei Bedarf auch umgekehrt aus anderen Bereichen kurzfristiger Personal
für die Jugendarbeit einsetzen, als dies allein mit städtischen Mitarbeitern
der Fall wäre.
Aus diesen Gründen
empfiehlt die Verwaltung für den Betrieb der Einrichtung einen freien Träger zu
wählen.
Vorgabe für den
Träger wäre das Führen einer offenen Jugendeinrichtung mit inhaltlichem Schwerpunkt auf die Zielgruppe
der 14 bis 21 Jährigen. Die Einrichtung soll neben Schule und Familie eine
zentrale Sozialisationsinstanz darstellen, die einen wichtigen Ausgleich zu
anderen Lebens- und Lernräumen schafft und den Bereich der non-formalen Bildung
abdeckt. Im Mittelpunkt soll kein festes Programm stehen, sondern
Themen/Wünsche/Ideen, die Jugendliche beschäftigen. Das Angebot soll
niederschwellig, unabhängig von Herkunft, Religion, politischer Orientierung
oder dergleichen und offen für alle Jugendlichen ab 14 Jahren sein. Die
Besucher sollen befähigt werden ihr Leben außerhalb und innerhalb der
Einrichtung kreativ (mit) zu gestalten. Hierfür muss den Jugendlichen die
Möglichkeit gegeben werden, sich im geschützten Rahmen der Einrichtung auszuprobieren,
Verantwortung zu übernehmen und mit Anderen (Mitarbeiter/Besucher) zu
interagieren.
Die Mitarbeiter
sollen für die Probleme und Sorgen der Besucher ein offenes Ohr haben und
Unterstützung geben.
Ein konkretes Konzept für die Einrichtung wird gemeinsam vom Träger und der
städt. Jugendpflege unter Beteiligung von Jugendlichen erstellt.
Zur Einschätzung
der ungefähren Personalkosten wird eine ¾-Stelle
(30 Std./Woche) für die Einrichtungsleitung (Sozialpädagoge/in – TVöD S12) und
eine ½- Stelle (19,5 Std./Woche) für eine/n Mitarbeiter/in (Erzieher/in – TVöD
S8b) zugrunde gelegt. Ausgehend von einer mittleren Vorerfahrung der
Mitarbeiter (TVöD – Erfahrungsstufe 3) lägen die gesamten Personalkosten inkl.
Overhead bei rund 84.000 EUR/Jahr:
·
S12
– Stufe 3 – 30 Std. (3/4 Stelle)
o
ca.
46.000 EUR/Jahr
·
S8b
– Stufe 3 – 19,5 Std. (1/2 Stelle)
o
ca.
27.000 EUR/Jahr
·
Overhead
o
ca.
11.000 EUR (15% der Personalkosten)
In allen drei
Varianten kämen monatliche Kosten für die Anmietung entsprechender Räumlichkeiten
hinzu. Für die ungefähre Einschätzung der Mietkosten wurde eine Einrichtung mit
ca. 120 - 140 m2 im Bereich der Innenstadt zugrunde gelegt:
·
Aufenthaltsbereich
– ca. 60 - 80m2
·
Küche
– ca. 20m2
·
Sanitärbereich
– ca. 20m2
·
Büro
– ca. 20m2
Da die konkreten
Kosten für eine mögliche Einrichtung von diversen Faktoren wie z.B. Lage,
Zustand, tatsächliche Größe, etc. abhängen, wurde für die grobe Einschätzung
der möglichen Kosten ein mittlerer Wert von 7 EUR/m2 gewählt. Somit
lägen die monatlichen Mietkosten bei ca. 1.000 EUR (840 - 980 EUR).
Hinzu kämen die
nutzungsabhängigen Mietnebenkosten (Strom/Wasser/Gas/Reinigung/Versicherung).
Für größere
Veranstaltungen z.B. Konzerte ist vorgesehen, dass die zweite Jugendeinrichtung
die Veranstaltungsräumlichkeiten des städt. Jugendcafés am Brink nutzen soll.
Hinzu kommen in
allen drei Varianten einmalige Kosten für die Anschaffung von Inventar,
Mobiliar, sowie ggf. für eine Renovierung und die Gestaltung der Räume
entsprechend der Bedürfnisse der Zielgruppe.
Zur Höhe dieser einmaligen Kosten kann zum jetzigen Zeitpunkt keine konkrete
Aussage getroffen werden, da der Umfang möglicher Renovierungsarbeiten vom
Zustand eines noch zu suchenden Objektes abhängt und sich die Ausstattung der
Einrichtung nach den räumlichen Gegebenheiten und den Wünschen der Zielgruppe
richtet.
Für die Gestaltung und Einrichtung der neuen Räume würde die Jugendpflege
Jugendliche beteiligen wollen, die sowohl bei der Ausstattung mitbestimmen
können, als auch ggf. bei der Renovierung/Gestaltung mit eingebunden werden
könnten, um die Akzeptanz der neuen Räume bei den Beteiligten von Beginn an zu
erhöhen.
Auf Basis der
Anschaffungskosten des städt. Jugendcafés (2014) für die heutigen
Betreuungsräume der Gesamtschule, kann (abhängig von den neuen Räumlichkeiten)
für die Erstausstattung von ca. 25.000 EUR ausgegangen werden.
Im
Koalitionsvertrag der Landesregierung NRW ist ab dem Jahr 2018 eine Erhöhung
der Strukturförderung für die offene Kinder- und Jugendarbeit verankert, die
zudem dynamisiert werden soll. Die Erhöhung wird auf Grundlage der
Alterskohorte der 5 - 21Jährigen einer Kommune berechnet und beträgt für das
Jahr 2018 für Emmerich 9.114,00 EUR.
Diese Mittel
könnten in die Finanzierung einer zweiten Jugendeinrichtung mit einfließen.
Wenn ein geeignetes
Mietobjekt und ein freier Träger gefunden wurden, wird die Verwaltung diese dem
Jugendhilfeausschuss vorstellen.
Finanz- und
haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat finanz- und
haushaltswirtschaftliche Auswirkungen in einem neuen Produkt.
Leitbild :
Die Maßnahme steht
im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 4.3
In Vertretung
Dr. Stefan Wachs
Erster
Beigeordneter