hier: Antrag Nr. XXVI/2019 der SPD-Ratsfraktion
Kenntnisnahme(kein
Beschluss)
Der Ausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung, die fachaufsichtliche
Stellungnahme der Wasserschutzpolizei Duisburg und die fachliche Stellungnahme
des Umweltministeriums NRW in Sachen ‚Entgasung von Ladungstanks in der
Binnenschifffahrt auf dem Rhein‘ zur Kenntnis.
Sachdarstellung :
Mit Schreiben vom 17.06.2019 wandte sich die
SPD-Fraktion an den Rat der Stadt Emmerich am Rhein mit der Bitte, die
Verwaltung mit einem Konzept zur Überwachung illegaler Entgasungen auf dem
Rhein zu beauftragen (Anlagen 1 und 2). Es sollte u.a. geprüft werden ob,
ähnlich der Vorgehensweise in den Niederlanden, auch auf deutscher Seite
Entgasungen der Binnenschifffahrt mit Hilfe der Installation stationärer sog.
‚Elektronasen‘ überwacht werden könnten.
In seiner Sitzung am 09.07.2019 gelangte der
Rat zu der Auffassung, dass die Stadt Emmerich am Rhein nicht zuständig sei und
beauftragte die Verwaltung, den Antrag an die zuständige Stelle mit der Bitte
um Prüfung weiterzuleiten und das Ergebnis zu gegebener Zeit im Rat bzw.
Fachausschuss vorzustellen.
Nachdem sich die Verwaltung mit dem Thema
intensiver befasst hatte, wandte sie sich sowohl an die Direktion der
Wasserschutzpolizei beim Polizeipräsidium Duisburg wie auch an das
Umweltministerium NRW mit der Bitte um eine fachliche Stellungnahme. Die beiden
jeweiligen Antwortschreiben sind den Anlagen
3 und 4 zu entnehmen.
I.
Stellungnahme der Direktion der Wasserschutzpolizei in Duisburg (Anlage 3)
In ihrem Antwortschreiben verweist die für
die direkte Kontrolle der Frachtschifffahrt auf dem Niederrhein verantwortliche
Behörde auf einen umfangreichen politischen Diskurs, ausgelöst durch eine
Kleine Anfrage 1758 der Fraktion Bündnis90/Die Grünen im Landtag NRW (siehe
Anlage 5), - Drucksache 17/4321 vom 22.11.2018 -, und die darauf erfolgte
Antwort der Landesregierung (siehe Anlage 6), Drucksache 17/4730 vom
02.01.2019.
In den Vorbemerkungen der Kleinen Anfrage
wird auf den in Rede stehenden Sachverhalt eingegangen. Danach ist es
unstrittig, dass Tankschiffe, die Erdöldestillate befördern, regelmäßig entgast
werden müssen. Diese Restdämpfe, die nach der Entleerung von Kraftstoffen,
Kraftstoffgemischen oder Rohbenzin im Tank verbleiben bis diese neu befüllt
werden, sollten im Idealfall über Abgasreinigungsanlagen abgesaugt werden. Da
es jedoch in Deutschland und den Niederlanden praktisch keine stationären
Entgasungsanlagen in den Häfen gibt, ventilieren die Tanker ihre Gase oftmals
während der Fahrt. Dabei gelangen undefinierte Mengen krebserregende
Kohlenwasserstoffe und Benzole in die Umgebungsluft, ein Tatbestand, der, - je
nach Stoff, der gerade ventiliert wird -, unter die Verbote der beteiligten
Abfall- oder Immissionsschutzregelungen fällt. Die Nachfrage seitens der
Binnenschiffer bzw. ihrer Auftraggeber nach diesen Anlagen ist gering, da die
bisherige Praxis die Kosten des Reinigens erspart und, – was mitunter weit
entscheidender ist -, die Dauer der Liegezeit erheblich verkürzt. Ziel der
Kleinen Anfrage ist es daher, den Fokus auf die Verschärfung der gesetzlichen
Grundlagen zu richten, eine bessere Überwachung und Ahndung dieser
Entgasungspraktiken zu verlangen und für einen schnelleren Aufbau der
notwendigen Entsorgungsinfrastruktur zu sorgen.
Vor diesem Hintergrund erkundigt sich daher
der Abgeordnete Rüße in dieser Kleinen Anfrage nach den behördlichen
Zuständigkeiten der Überwachung, nach Dokumentations-pflichten, nach möglichen
Gesundheitsgefährdungen durch die freigesetzten Gase, nach den Plänen der
Landesregierung, stationäre Abgasauffangvorrichtungen vorzusehen und danach, ob das ‚Abkommen über die Sammlung, Abgabe und
Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt‘ (genannt CDNI) um die
Entsorgung gasförmiger Abfallstoffe ergänzt werden soll.
Der Antwort der Landesregierung (in Anlage 6)
ist zu entnehmen, dass:
- die Direktion der Wasserschutzpolizei in Duisburg die zuständige
Landesbehörde ist,
- derzeit nur die Entgasung von Benzin oder Ottokraftstoff
dokumentationspflichtig ist,
- den Behörden keine Erkenntnisse über Gesundheitsgefährdungen durch
Entgasungsvorgänge in der Binnenschifffahrt vorliegen,
- die Landesregierung nicht an die Errichtung eigener
Abgasauffangeinrichtungen denkt, sondern dies dem freien Markt überlassen
will, zumal nach den zukünftig geltenden Bestimmungen (siehe
CDNI-Abkommen) die jeweiligen Auftraggeber solcher Binnenschifftransporte
für die Kosten der Entgasung der Schiffstanks aufkommen müssen, insofern
auch nachweispflichtig werden und
- dass zwar der sachliche
Anwendungsbereich des zukünftig geltenden CDNI-Abkommens auf gasförmige
Rückstände flüssiger Ladungen (Dämpfe) erweitert werden soll, dieser
Beschluss jedoch noch vor dem Inkrafttreten von den Vertragsstaaten
ratifiziert werden muss und Deutschland noch an der Umsetzung in
nationales Recht arbeitet.
Im weiteren Verlauf verweist die Stellungnahme
des Polizeipräsidiums auf die ausführliche Erörterung dieses Themas anlässlich
einer Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und
Verbraucherschutz
am 08. Mai 2019. In dieser Sitzung, - an der auch
ein Vertreter der Direktion Wasserschutzpolizei teilgenommen hat -, wurde ein
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beraten, der sich für ein Verbot der
Entgasung von Tankschiffen aussprach. Dieser Antrag (in Anlage 7, Drucksache
17/5052) wurde von der Mehrheit der Abgeordneten abgelehnt. Die
Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses kann der Anlage 8
(Drucksache 17/6374) entnommen werden, die Dokumentation über den
Beratungsverlauf im Ausschuss findet sich in Anlage 9.
In diesem Antrag spricht sich die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen dafür aus, dass der Landtag folgende 6 Forderungen an die
Landesregierung stellt:
- sich im Bundesrat für eine zügige Ratifizierung des CDNI-Abkommens
einzusetzen,
- umgehend die Errichtung von Abgasauffang- und Reinigungsanlagen für
die Binnenschifffahrt in den größeren Häfen Nordrhein-Westfalens plant und
umsetzt,
- Möglichkeiten und Maßnahmen zur Wiederverwertung dieser Gase
entwickelt,
- landeseigene Umweltbehörden wie die Bezirksregierungen stärker in
die Kontrolle einer umweltgerechten Entgasung von Tankschiffen einbindet,
- Luftmessstationen entlang der Hauptwasserstrassen zur
kontinuierlichen Schadstoffmessung errichtet und
- sich auf Bundesebene für eine einheitliche Dokumentation der
Entgasung einsetzt, damit die Kosten für das ordnungsgemäße Entgasen von
Tankschiffen künftig vom Auftraggeber übernommen werden.
Als Ergebnis der Beratungen empfiehlt der
Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz dem Landtag,
den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abzulehnen. Diese
Beschlussempfehlung findet sich in Anlage 8.
Anlage 9 gibt Aufschluss über den
Diskussionsverlauf im Umweltausschuss und die Diskussionsbeiträge des
Vertreters der Direktion Wasserschutzpolizei des Polizeipräsidiums Duisburg.
II.
Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und
Verbraucherschutz des Landes
Nordrhein-Westfalens (Anlage 4)
Das Anschreiben der Verwaltung an das
Umweltministerium beinhaltete dezidiert sieben Gesichtspunkte, zu denen das
Ministerium Stellung nehmen sollte. Im Ergebnis stellen sich die angefragten
Sachverhalte wie folgt dar:
- Auf die Frage nach den gesetzlichen Grundlagen erläutert das
Ministerium, dass das Entgasen von Ladetanks sowohl im Gefahrgutrecht,
Stichwort ‚ADN‘, (steht für accord
européen relatif au transport international des marchandise dangereuses
par voies de navigation intérieure) wie auch im Umweltrecht (20.
BImSchV) geregelt ist. Je nachdem, welcher Stoff transportiert wird, ist
das Entgasen der Ladetanks von Binnenschiffen derzeit unter bestimmten
Bedingungen noch generell oder in normierten Ausnahmefällen zulässig. Eine
grundsätzliche Änderung dieser Situation ist mit der Umsetzung des
CDNI-Abkommens in nationales Recht zu erwarten. (dazu mehr unter 3.)
- Angesprochen auf die Häufigkeit von a) Ausnahmeerlaubnissen auf
Ventilierung in die Atmosphäre bzw. b) die Kontrolle einzelner
Binnenschiffe auf die Einhaltung des bestehenden Ventilierungsverbots
durch die Wasserschutzpolizei in Duisburg, er-läutert das Ministerium,
dass der letzte Antrag auf Erteilung einer Ausnahme vom Entgasungsverbot
im Jahre 2013 gestellt worden sei, die Überprüfung der Einhaltung des
Ventilierungsverbotes auf dem Rhein jedoch kontinuierlich durch die
Wasser-schutzpolizei erfolge.
- Gefragt nach den konkreten Inhalten des zukünftigen CDNI-Abkommens
und der Art und Weise, wie das Land NRW zukünftig die Einhaltung seiner
Vorschriften sicherstellen will, erläutert das Ministerium, dass dieses,
von 6 Vertragsstaaten in 2017 vereinbarte Abkommen ein umfassendes
Entgasungsverbot für einen erweiterten Katalog von 37 Stoffen und
Stoffgruppen vorsieht. Danach wird das Entgasungsverbot für
leichtflüchtige Stoffe auf dem gesamten, schiffbaren Rhein und allen
anderen Binnenwasserstraßen gültig werden. Künftig müssen dann zu
entgasende Dämpfe aus Schiffstanks einer Annahmestelle zugeführt und dort
schadlos beseitigt werden. Der augenblickliche Stand ist der, dass eine
Bearbeitung des Ratifikationsgesetzes und des Referentenentwurfs anstehen,
nachdem die erste formelle Länder- und Verbändeanhörung erfolgt ist. Im
Anschluss an die Überarbeitung ist eine zweite Anhörung vorgesehen, danach
das Bundesratsverfahren. Auf Ebene aller Vertragsstaaten ist mit einer
Ratifikation frühestens Ende 2020 zu rechnen. Schon jetzt aber ist in NRW
für die Einhaltung der CDNI-Vorschriften, auch in Zukunft, die
Wasserschutzpolizei zuständig (die letzte Fassung des CDNI von 2019, -
jedoch ohne die Anhänge -,ist der Anlage 10 zu entnehmen).
- Was die Vereinheitlichung der noch bestehenden einschlägigen
Gesetzes- und Übereinkommensgrundlagen betrifft, verweist das Ministerium
auf das schon bestehende Netz vorhandener Zuständigkeiten der Wasserschutzpolizei
und der Hafenbehörden sowie der Anlagengenehmigung und –überwachung durch
die Kreise und kreisfreien Städte.
- Bezogen auf die unterschiedlichen nationalen Regelungen hier im
grenzüber-schreitenden Rheinabschnitt bei Emmerich, wird erst die Einführung
der CDNI-Vorschriften zu einer Vereinheitlichung der Entgasungspraktiken
beiderseits der Grenze führen.
Derzeit dürfen in Deutschland nach der 20. BImSchV zwar Ottokraftstoffe
und Roh-benzin nicht frei in die Atmosphäre entgast werden, wohl aber Benzol
und andere benzolhaltige Stoffe. In den Niederlanden hingegen ist das Entgasen
von Ottokraft-stoff und Rohbenzin aus restentleerten Schiffsladetanks
grundsätzlich nicht verboten. Das führt dazu, dass auf dem Rhein zwischen
Millingen und Salmorth rechts und links der Strommitte unterschiedliche Zulässigkeiten
und Verbote vorherrschen, die sich die einzelnen Schiffsführer (so die
Vermutung) zunutze machen.
- Die Errichtung von Luftmessstationen zur Erfassung von
Schiffsentgasungen entlang des Rheins ähnlich denen in der Provinz
Gelderland, hält das Ministerium nicht für zielführend und verweist auf
eine i. E. geringe Anzahl von Einzelereignissen, auf die wenig
wahrscheinliche Überschreitung immissionsschutzrechtlicher
Jahresgrenzwerte für Benzol sowie auf die Vielzahl von transportierten
Stoffen und Stoff-gemischen, für die im Falle der Entgasung keine
immissionsschutzrechtlichen Regel-werke bzw. Grenzwerte für eine
messtechnische Bewertung bestehen. Anlage 11 enthält Informationen zum
Stand der Problematik auf niederländischer Seite, speziell was die Aufstellung
sog. ‚E-Noses‘ an Rijn und Waal und im Amsterdamer Hafen betrifft.
- Auf die Frage, ob letztlich eine behördlich, verpflichtende Lösung
des Problems angestrebt wird oder auf die Gesetzmäßigkeiten des freien
Marktes vertraut wird, also ob die Installation von festen oder mobilen
Entsorgungsstationen bzw. Abgas-reinigungsanlagen eine Aufgabe der
Behörden werden wird, gibt das Ministerium klar zu erkennen, dass die
Installation dieser Art von Anlagen in die Verantwortlichkeit von
Industrie und Schifffahrt gelegt werden soll und die Überwachung und
Ahndung von Verstößen über Entgasungsnachweise geregelt werden wird. Nicht
der Binnenschiffer oder die Reederei trägt zukünftig die Verantwortung und
die Kosten für die Entgasung/Abgasreinigung sondern der disponierende
Betreiber der Umschlags-anlage oder die Raffinerie, also der Befrachter
und Auftraggeber eines Transports; dieser kann dann ‚geeignete Dritte‘ mit
der Entgasung beauftragen. Auf diese Weise soll darauf hingewirkt werden,
dass kostenträchtige Entgasungsvorgänge weniger häufig notwendig werden,
und dass es wieder zu mehr Einheitstransporten kommt, d.h. die
Binnentankschiffe möglichst immer wieder mit dem gleichen Produkt beladen
werden.
III.
Fazit
Der Ausschuss für Stadtentwicklung nimmt die
beiden Stellungnahmen zur Kenntnis und stellt fest, dass für diese Thematik
- nicht die Stadt Emmrich am Rhein, sondern das
Landesumweltministerium im Verbindung mit der Wasserschutzdirektion
Duisburg zuständig ist und dass
- nach Auffassung der fachlich zuständigen Ministerien und
Aufsichtsbehörden, die Aufstellung sog. ‚E-Noses‘, wie in den Niederlanden
nicht beabsichtigt ist.
Finanz- und
haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat
keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.
Leitbild :
Die Maßnahme steht
im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 3.1.
In Vertretung
Dr. Wachs
Erster
Beigeordneter