Kenntnisnahme(kein Beschluss)

 

Der Ausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung, die fachaufsichtliche Stellungnahme der Wasserschutzpolizei Duisburg und die fachliche Stellungnahme des Umweltministeriums NRW in Sachen ‚Entgasung von Ladungstanks in der Binnenschifffahrt auf dem Rhein‘ zur Kenntnis.

Sachdarstellung :

 

Mit Schreiben vom 17.06.2019 wandte sich die SPD-Fraktion an den Rat der Stadt Emmerich am Rhein mit der Bitte, die Verwaltung mit einem Konzept zur Überwachung illegaler Entgasungen auf dem Rhein zu beauftragen (Anlagen 1 und 2). Es sollte u.a. geprüft werden ob, ähnlich der Vorgehensweise in den Niederlanden, auch auf deutscher Seite Entgasungen der Binnenschifffahrt mit Hilfe der Installation stationärer sog. ‚Elektronasen‘ überwacht werden könnten.

In seiner Sitzung am 09.07.2019 gelangte der Rat zu der Auffassung, dass die Stadt Emmerich am Rhein nicht zuständig sei und beauftragte die Verwaltung, den Antrag an die zuständige Stelle mit der Bitte um Prüfung weiterzuleiten und das Ergebnis zu gegebener Zeit im Rat bzw. Fachausschuss vorzustellen.

Nachdem sich die Verwaltung mit dem Thema intensiver befasst hatte, wandte sie sich sowohl an die Direktion der Wasserschutzpolizei beim Polizeipräsidium Duisburg wie auch an das Umweltministerium NRW mit der Bitte um eine fachliche Stellungnahme. Die beiden jeweiligen Antwortschreiben sind den Anlagen 3 und 4 zu entnehmen.

 

 

I.      Stellungnahme der Direktion der Wasserschutzpolizei in Duisburg (Anlage 3)

 

In ihrem Antwortschreiben verweist die für die direkte Kontrolle der Frachtschifffahrt auf dem Niederrhein verantwortliche Behörde auf einen umfangreichen politischen Diskurs, ausgelöst durch eine Kleine Anfrage 1758 der Fraktion Bündnis90/Die Grünen im Landtag NRW (siehe Anlage 5), - Drucksache 17/4321 vom 22.11.2018 -, und die darauf erfolgte Antwort der Landesregierung (siehe Anlage 6), Drucksache 17/4730 vom 02.01.2019.

 

 

In den Vorbemerkungen der Kleinen Anfrage wird auf den in Rede stehenden Sachverhalt eingegangen. Danach ist es unstrittig, dass Tankschiffe, die Erdöldestillate befördern, regelmäßig entgast werden müssen. Diese Restdämpfe, die nach der Entleerung von Kraftstoffen, Kraftstoffgemischen oder Rohbenzin im Tank verbleiben bis diese neu befüllt werden, sollten im Idealfall über Abgasreinigungsanlagen abgesaugt werden. Da es jedoch in Deutschland und den Niederlanden praktisch keine stationären Entgasungsanlagen in den Häfen gibt, ventilieren die Tanker ihre Gase oftmals während der Fahrt. Dabei gelangen undefinierte Mengen krebserregende Kohlenwasserstoffe und Benzole in die Umgebungsluft, ein Tatbestand, der, - je nach Stoff, der gerade ventiliert wird -, unter die Verbote der beteiligten Abfall- oder Immissionsschutzregelungen fällt. Die Nachfrage seitens der Binnenschiffer bzw. ihrer Auftraggeber nach diesen Anlagen ist gering, da die bisherige Praxis die Kosten des Reinigens erspart und, – was mitunter weit entscheidender ist -, die Dauer der Liegezeit erheblich verkürzt. Ziel der Kleinen Anfrage ist es daher, den Fokus auf die Verschärfung der gesetzlichen Grundlagen zu richten, eine bessere Überwachung und Ahndung dieser Entgasungspraktiken zu verlangen und für einen schnelleren Aufbau der notwendigen Entsorgungsinfrastruktur zu sorgen.

Vor diesem Hintergrund erkundigt sich daher der Abgeordnete Rüße in dieser Kleinen Anfrage nach den behördlichen Zuständigkeiten der Überwachung, nach Dokumentations-pflichten, nach möglichen Gesundheitsgefährdungen durch die freigesetzten Gase, nach den Plänen der Landesregierung, stationäre Abgasauffangvorrichtungen vorzusehen und danach, ob  das ‚Abkommen über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt‘ (genannt CDNI) um die Entsorgung gasförmiger Abfallstoffe ergänzt werden soll.

 

Der Antwort der Landesregierung (in Anlage 6) ist zu entnehmen, dass:

  1. die Direktion der Wasserschutzpolizei in Duisburg die zuständige Landesbehörde ist,
  2. derzeit nur die Entgasung von Benzin oder Ottokraftstoff dokumentationspflichtig ist,
  3. den Behörden keine Erkenntnisse über Gesundheitsgefährdungen durch Entgasungsvorgänge in der Binnenschifffahrt vorliegen,
  4. die Landesregierung nicht an die Errichtung eigener Abgasauffangeinrichtungen denkt, sondern dies dem freien Markt überlassen will, zumal nach den zukünftig geltenden Bestimmungen (siehe CDNI-Abkommen) die jeweiligen Auftraggeber solcher Binnenschifftransporte für die Kosten der Entgasung der Schiffstanks aufkommen müssen, insofern auch nachweispflichtig werden und
  5. dass zwar der sachliche Anwendungsbereich des zukünftig geltenden CDNI-Abkommens auf gasförmige Rückstände flüssiger Ladungen (Dämpfe) erweitert werden soll, dieser Beschluss jedoch noch vor dem Inkrafttreten von den Vertragsstaaten ratifiziert werden muss und Deutschland noch an der Umsetzung in nationales Recht arbeitet.

 

Im weiteren Verlauf verweist die Stellungnahme des Polizeipräsidiums auf die ausführliche Erörterung dieses Themas anlässlich einer Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz am 08. Mai 2019. In dieser Sitzung, - an der auch ein Vertreter der Direktion Wasserschutzpolizei teilgenommen hat -, wurde ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beraten, der sich für ein Verbot der Entgasung von Tankschiffen aussprach. Dieser Antrag (in Anlage 7, Drucksache 17/5052) wurde von der Mehrheit der Abgeordneten abgelehnt. Die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses kann der Anlage 8 (Drucksache 17/6374) entnommen werden, die Dokumentation über den Beratungsverlauf im Ausschuss findet sich in Anlage 9.

In diesem Antrag spricht sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dafür aus, dass der Landtag folgende 6 Forderungen an die Landesregierung stellt:

  • sich im Bundesrat für eine zügige Ratifizierung des CDNI-Abkommens einzusetzen,
  • umgehend die Errichtung von Abgasauffang- und Reinigungsanlagen für die Binnenschifffahrt in den größeren Häfen Nordrhein-Westfalens plant und umsetzt,
  • Möglichkeiten und Maßnahmen zur Wiederverwertung dieser Gase entwickelt,
  • landeseigene Umweltbehörden wie die Bezirksregierungen stärker in die Kontrolle einer umweltgerechten Entgasung von Tankschiffen einbindet,
  • Luftmessstationen entlang der Hauptwasserstrassen zur kontinuierlichen Schadstoffmessung errichtet und
  • sich auf Bundesebene für eine einheitliche Dokumentation der Entgasung einsetzt, damit die Kosten für das ordnungsgemäße Entgasen von Tankschiffen künftig vom Auftraggeber übernommen werden.

Als Ergebnis der Beratungen empfiehlt der Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz dem Landtag, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abzulehnen. Diese Beschlussempfehlung findet sich in Anlage 8.

 

Anlage 9 gibt Aufschluss über den Diskussionsverlauf im Umweltausschuss und die Diskussionsbeiträge des Vertreters der Direktion Wasserschutzpolizei des Polizeipräsidiums Duisburg.

 

 

II.    Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur-  und       

      Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalens (Anlage 4)

 

Das Anschreiben der Verwaltung an das Umweltministerium beinhaltete dezidiert sieben Gesichtspunkte, zu denen das Ministerium Stellung nehmen sollte. Im Ergebnis stellen sich die angefragten Sachverhalte wie folgt dar:

  1. Auf die Frage nach den gesetzlichen Grundlagen erläutert das Ministerium, dass das Entgasen von Ladetanks sowohl im Gefahrgutrecht, Stichwort ‚ADN‘, (steht für accord européen relatif au transport international des marchandise dangereuses par voies de navigation intérieure) wie auch im Umweltrecht (20. BImSchV) geregelt ist. Je nachdem, welcher Stoff transportiert wird, ist das Entgasen der Ladetanks von Binnenschiffen derzeit unter bestimmten Bedingungen noch generell oder in normierten Ausnahmefällen zulässig. Eine grundsätzliche Änderung dieser Situation ist mit der Umsetzung des CDNI-Abkommens in nationales Recht zu erwarten. (dazu mehr unter 3.)
  2. Angesprochen auf die Häufigkeit von a) Ausnahmeerlaubnissen auf Ventilierung in die Atmosphäre bzw. b) die Kontrolle einzelner Binnenschiffe auf die Einhaltung des bestehenden Ventilierungsverbots durch die Wasserschutzpolizei in Duisburg, er-läutert das Ministerium, dass der letzte Antrag auf Erteilung einer Ausnahme vom Entgasungsverbot im Jahre 2013 gestellt worden sei, die Überprüfung der Einhaltung des Ventilierungsverbotes auf dem Rhein jedoch kontinuierlich durch die Wasser-schutzpolizei erfolge.
  3. Gefragt nach den konkreten Inhalten des zukünftigen CDNI-Abkommens und der Art und Weise, wie das Land NRW zukünftig die Einhaltung seiner Vorschriften sicherstellen will, erläutert das Ministerium, dass dieses, von 6 Vertragsstaaten in 2017 vereinbarte Abkommen ein umfassendes Entgasungsverbot für einen erweiterten Katalog von 37 Stoffen und Stoffgruppen vorsieht. Danach wird das Entgasungsverbot für leichtflüchtige Stoffe auf dem gesamten, schiffbaren Rhein und allen anderen Binnenwasserstraßen gültig werden. Künftig müssen dann zu entgasende Dämpfe aus Schiffstanks einer Annahmestelle zugeführt und dort schadlos beseitigt werden. Der augenblickliche Stand ist der, dass eine Bearbeitung des Ratifikationsgesetzes und des Referentenentwurfs anstehen, nachdem die erste formelle Länder- und Verbändeanhörung erfolgt ist. Im Anschluss an die Überarbeitung ist eine zweite Anhörung vorgesehen, danach das Bundesratsverfahren. Auf Ebene aller Vertragsstaaten ist mit einer Ratifikation frühestens Ende 2020 zu rechnen. Schon jetzt aber ist in NRW für die Einhaltung der CDNI-Vorschriften, auch in Zukunft, die Wasserschutzpolizei zuständig (die letzte Fassung des CDNI von 2019, - jedoch ohne die Anhänge -,ist der Anlage 10 zu entnehmen).
  4. Was die Vereinheitlichung der noch bestehenden einschlägigen Gesetzes- und Übereinkommensgrundlagen betrifft, verweist das Ministerium auf das schon bestehende Netz vorhandener Zuständigkeiten der Wasserschutzpolizei und der Hafenbehörden sowie der Anlagengenehmigung und –überwachung durch die Kreise und kreisfreien Städte.
  5. Bezogen auf die unterschiedlichen nationalen Regelungen hier im grenzüber-schreitenden Rheinabschnitt bei Emmerich, wird erst die Einführung der CDNI-Vorschriften zu einer Vereinheitlichung der Entgasungspraktiken beiderseits der Grenze führen.

Derzeit dürfen in Deutschland nach der 20. BImSchV zwar Ottokraftstoffe und Roh-benzin nicht frei in die Atmosphäre entgast werden, wohl aber Benzol und andere benzolhaltige Stoffe. In den Niederlanden hingegen ist das Entgasen von Ottokraft-stoff und Rohbenzin aus restentleerten Schiffsladetanks grundsätzlich nicht verboten. Das führt dazu, dass auf dem Rhein zwischen Millingen und Salmorth rechts und links der Strommitte unterschiedliche Zulässigkeiten und Verbote vorherrschen, die sich die einzelnen Schiffsführer (so die Vermutung) zunutze machen.

  1. Die Errichtung von Luftmessstationen zur Erfassung von Schiffsentgasungen entlang des Rheins ähnlich denen in der Provinz Gelderland, hält das Ministerium nicht für zielführend und verweist auf eine i. E. geringe Anzahl von Einzelereignissen, auf die wenig wahrscheinliche Überschreitung immissionsschutzrechtlicher Jahresgrenzwerte für Benzol sowie auf die Vielzahl von transportierten Stoffen und Stoff-gemischen, für die im Falle der Entgasung keine immissionsschutzrechtlichen Regel-werke bzw. Grenzwerte für eine messtechnische Bewertung bestehen. Anlage 11 enthält Informationen zum Stand der Problematik auf niederländischer Seite, speziell was die Aufstellung sog. ‚E-Noses‘ an Rijn und Waal und im Amsterdamer Hafen betrifft.
  2. Auf die Frage, ob letztlich eine behördlich, verpflichtende Lösung des Problems angestrebt wird oder auf die Gesetzmäßigkeiten des freien Marktes vertraut wird, also ob die Installation von festen oder mobilen Entsorgungsstationen bzw. Abgas-reinigungsanlagen eine Aufgabe der Behörden werden wird, gibt das Ministerium klar zu erkennen, dass die Installation dieser Art von Anlagen in die Verantwortlichkeit von Industrie und Schifffahrt gelegt werden soll und die Überwachung und Ahndung von Verstößen über Entgasungsnachweise geregelt werden wird. Nicht der Binnenschiffer oder die Reederei trägt zukünftig die Verantwortung und die Kosten für die Entgasung/Abgasreinigung sondern der disponierende Betreiber der Umschlags-anlage oder die Raffinerie, also der Befrachter und Auftraggeber eines Transports; dieser kann dann ‚geeignete Dritte‘ mit der Entgasung beauftragen. Auf diese Weise soll darauf hingewirkt werden, dass kostenträchtige Entgasungsvorgänge weniger häufig notwendig werden, und dass es wieder zu mehr Einheitstransporten kommt, d.h. die Binnentankschiffe möglichst immer wieder mit dem gleichen Produkt beladen werden.

 

 

III.   Fazit

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung nimmt die beiden Stellungnahmen zur Kenntnis und stellt fest, dass für diese Thematik

  1. nicht die Stadt Emmrich am Rhein, sondern das Landesumweltministerium im Verbindung mit der Wasserschutzdirektion Duisburg zuständig ist und dass
  2. nach Auffassung der fachlich zuständigen Ministerien und Aufsichtsbehörden, die Aufstellung sog. ‚E-Noses‘, wie in den Niederlanden nicht beabsichtigt ist.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 3.1.

 

 

 

In Vertretung

 

 

 

Dr. Wachs

Erster Beigeordneter