Betreff
Antrag auf Versetzung des Ortseingangsschildes Vrasselt, an der L 7;
hier: Eingabe Nr. 1/2020 an den Rat der Stadt Emmerich am Rhein
Vorlage
05 - 16 2227/2020
Art
Verwaltungsvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Kenntnisnahme(kein Beschluss)

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung nimmt die Ausführung der Verwaltung zur Kenntnis.

 

Sachdarstellung :

 

Der CDU Ortsverband Vrasselt-Dornick beantragt die Versetzung der Ortseingangstafel in den Bereich der Jahnstraße.

 

Er begründet dies mit

 

  1. der Querung von Radfahrenden und Fußgängern, da sich gegenüber eine Bushaltestelle befindet. Hier hat sich am 14.01.2020 ein Verkehrsunfall, bei dem einen Fußgängerin schwer verletzt wurde, ereignet.

 

  1. der Annahme, dass die Kriterien zur straßenverkehrsrechtlichen Anordnung zur Versetzung des Ortseingangsschildes durch die Bebauung der Jahnstraße erfüllt sind.

 

Im Nachgang zur Eingabe des Ortsverbandes wurde auf Urteile des Verwaltungs-gerichts Braunschweig hingewiesen, das den Landgreis Gifhorn angewiesen hat Ortstafeln, aufgrund von Anwohnerklagen, zu versetzen.

In diesem Verfahren hatten Anlieger einer Kreis-, bzw. einer Bundesstraße erfolgreich auf Versetzen der Ortstafel um jeweils ca. 100 m geklagt. Die Häuser der Petenten waren über die Straßen erschlossen und nur durch jeweils 1 unbebautes Grundstücke von der Ortschaft getrennt.

 

  1. dem zu erwartenden Mehrverkehr, der durch die Baumaßnahme bzw. die anschließende Beibehaltung der neuen Verbindung L7 – Lange Straße – Dornick entsteht.

 

Die Reeser Straße (L7) stellt sich im Bereich der Einmündung Jahnstraße als Landesstraße mit einer separaten Nebenanlage, einem durch Grünstreifen von der Fahrbahn getrennten gemeinsamen Geh-, Radweg dar. Die max. zulässige Geschwindigkeit beträgt 70 km/h.  Das tägliche Verkehrsaufkommen (DTV 2015) beträgt 7.787 Kfz/24h sowie 506 Lkw/24h.

 

 

Zu 1.

Eine Gefahrenlage, die das Einschreiten der Straßenverkehrsbehörde nach StVO §45 Abs. 9 erforderlich macht, ist hier nicht erkennbar. Die Unfalllage ist mehr als unauffällig, hier hatten seit 01.01.2017 keine Unfälle stattgefunden. Die Sichtbeziehungen sind sehr gut. Der Straßenverlauf ist gradlinig, über mehrere hundert Meter sind herannahende Fahrzeuge erkennbar. Diese Querung stellt sich als übersichtlich und einschätzbar dar. Es besteht keine Gefahrenlage.  

- Der am 14.01.2020 stattgefundene Verkehrsunfall ist nicht den örtlichen Gegebenheiten geschuldet; hier liegt menschliches Versagen infolge von mangelnder Verkehrstauglichkeit zugrunde.

 

Der Kreis Kleve (Unfallkommission), die Kreispolizeibehörde des Kreises Kleve und auch der Landesbetrieb Straßenbau NRW werden diesen Verkehrsunfall aufgrund der nicht gegebenen Verkehrstauglichkeit der Geschädigten nicht weiter untersuchen.

 

- Nachfolgend hat sich am 25.03.2020 an dieser Stelle ein zweiter Verkehrsunfall ereignet. In diesem Fall ist eine Radfahrerin unvermittelt auf die Fahrbahn gefahren ohne auf den heran-nahenden Lkw zu achten und mit diesem Lkw kollidiert. Auch hier ist ein kein Zusammenhang mit der zul. Geschwindigkeit erkennbar, sondern menschliches Versagen als Ursache anzunehmen.

 

 

Zu 2.

Der Straßenverkehrsordnung (StVO) sowie der entsprechenden Verwaltungsvorschrift folgend ist die Ortstafel (VZ 310) dort aufzustellen wo eine geschlossene Ortschaft beginnt.

Die entsprechende Verwaltungsvorschrift zu §42 (VwV-StVO) erläutert hier:                                       

 

Die Zeichen sind…...dort anzuordnen, wo ungeachtet einzelner unbebauter Grundstücke die geschlossene Bebauung auf einer der beiden Seiten der Straße für den ortseinwärts Fahrenden beginnt. Eine geschlossene Bebauung liegt vor, wenn die anliegenden Grundstücke von der Straße erschlossen werden.

 

-       Geschlossenen Bebauung / Bebauungszusammenhang

 

Die in der StVO und auch im Urteil des Verwaltungsgericht Braunschweig dargelegte Anforderung zur Anordnung einer Ortstafel ist die Darstellung der Ortschaft als geschlossenen Bebauung.

 

Eine geschlossene Bebauung beinhaltet eine ununterbrochene Bebauung. Einzelne unbebaute, die Bebauung unterbrechenden Grundstücke sind hier ausgenommen. 

Grundlage ist, dass der verständige Verkehrsteilnehmer noch annehmen kann, dass trotz der unbebauten unterbrechenden Grundstücke eine für innerörtliche Straßen typische Verkehrslage (häufige Fußgängerquerungen, Parksuchverkehre, Fahrzeuge, die vom Fahrbahnrand anfahren etc.) zu erwarten sei. Im Falle des Bereiches Jahnstraße ist dies nicht gegeben.

Zwischen der Jahnstraße und den Bebauungszusammenhang Vrasselt befindet sich eine ca. 700 m "freie Strecke" und eben nicht einzelne unbebaute Grundstücke (s. Anlage 2).

 

Somit verbietet sich die Ortstafel auf der Reeser Straße. Insofern ist hier keine geschlossene Bebauung vorzufinden.

 

-       Erschließung der Grundstücke / Funktionaler Zusammenhang mit der Straße

 

Die in der StVO und auch im Urteil des Verwaltungsgericht Braunschweig dargelegte Anforderung zur Anordnung einer Ortstafel ist der funktionale Zusammenhang mit der Straße, die Erschließung der angrenzenden Grundstücke durch die Straße. 

 

In dem vom Ortsverband erwähnten Gerichturteils des VG Braunschweig wird der Punkt des funktionalen Zusammenhanges noch näher beschrieben:

 

Ein funktionaler Zusammenhang ist z.B. gegeben, wenn die Straße der Erschließung der bebauten Grundstücke dient. Es genügt, wenn Zufahrten zu den bebauten Grundstücken auf die Straße führen …… Dagegen fehlt es an dem funktionalen Zusammenhang beispielsweise dann, wenn …keine Verbindung zwischen der Straße und den bebauten Grundstücken besteht.

Die Bebauung muss einen unmittelbaren Zusammenhang zur Straße haben und erkennbar sein, dass sich die von der Bebauung typischerweise ausgehenden Verkehrsgefahren dort auf den Straßenverkehr auswirken können.

 

Die Häuser der Jahnstraße sind nicht über die Landesstraße 7 erschlossen, somit ist auch kein funktionaler Zusammenhang zwischen der Bebauung Jahnstraße und der Landesstraße erkennbar.

 

Insofern verbietet sich auch hier die Ortstafel auf der Reeser Straße.

 

Zusammenfassend besteht somit keine straßenverkehrsrechtliche Voraussetzung zur Anordnung des VZ 310.

 

 

zu 3.

-       Verkehrsaufkommen während der Baumaßnahme

Mit Beginn der Deichbaumaßnahme zum Abschnitt Dornick – Kläranlage wird die Lange Straße zur Erschließung des Baufeldes genutzt werden. Im Zuge dieser wird dort eine temporäre Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h angeordnet. Diese Reduzierung ist den ein- und ausfahrenden Lkw geschuldet, da diese bekanntlich erheblich geringere Anfahrgeschwindigkeiten haben als Pkw und so Auffahrunfällen entgegen gewirkt werden soll. Auch ist mit einer Verschmutzung der Fahrbahn zu rechnen.                                                 Nach Fertigstellung wird diese Reduzierung aufgehoben.

 

-       Verkehrsaufkommen nach der Baumaßnahme

Mit dem Ausbau der Langen Straße wird nach bisheriger Prognose ein Teil der bisher über die Straße Dreikönige fahrenden Pkw die neue Straße nutzen. Die Prognose geht von einer Belastung von 154 Kfz/24h (16 Kfz/h Spitzenstunde) aus. Insofern ist bei einer jetzigen Belastung von 7.787 Kfz/24h nur mit einer Erhöhung um 1,9 % auf 7.941 Kfz/24h zu rechnen.

Die zukünftige Erhöhung des Verkehrsaufkommens bedingt durch den Ausbau der Langen Straße kann daher als vernachlässigbar eingestuft werden.


 

Zusammenfassend ist somit ersichtlich, dass

 

-       Keine Gefahrenlage besteht

 

-       Keine rechtliche Zulässigkeit zur Anordnung gegeben ist

 

-       Keine Notwendigkeit aufgrund zukünftiger Verkehrsaufkommen vorliegt 

 

Die Anordnung zur Versetzung der Ortstafel wäre somit fehlerhaft und anfechtbar!

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 3.

 

 

 

In Vertretung

 

 

 

Dr. Wachs

Erster Beigeordneter