hier: Eingabe Nr. 1/2020 an den Rat der Stadt Emmerich am Rhein
Kenntnisnahme(kein
Beschluss)
Der Ausschuss für Stadtentwicklung nimmt die Ausführung der Verwaltung
zur Kenntnis.
Sachdarstellung :
Der CDU Ortsverband Vrasselt-Dornick
beantragt die Versetzung der Ortseingangstafel in den Bereich der Jahnstraße.
Er begründet dies mit
- der Querung von Radfahrenden und Fußgängern, da sich gegenüber eine
Bushaltestelle befindet. Hier hat sich am 14.01.2020 ein Verkehrsunfall,
bei dem einen Fußgängerin schwer verletzt wurde, ereignet.
- der Annahme, dass die Kriterien zur straßenverkehrsrechtlichen
Anordnung zur Versetzung des Ortseingangsschildes durch die Bebauung der
Jahnstraße erfüllt sind.
Im Nachgang zur Eingabe des Ortsverbandes wurde auf Urteile des
Verwaltungs-gerichts Braunschweig hingewiesen, das den Landgreis Gifhorn
angewiesen hat Ortstafeln, aufgrund von Anwohnerklagen, zu versetzen.
In diesem Verfahren hatten Anlieger einer Kreis-, bzw. einer
Bundesstraße erfolgreich auf Versetzen der Ortstafel um jeweils ca. 100 m
geklagt. Die Häuser der Petenten waren über die Straßen erschlossen und nur
durch jeweils 1 unbebautes Grundstücke von der Ortschaft getrennt.
- dem zu erwartenden Mehrverkehr, der durch die Baumaßnahme bzw. die
anschließende Beibehaltung der neuen Verbindung L7 – Lange Straße –
Dornick entsteht.
Die Reeser Straße (L7) stellt sich im Bereich
der Einmündung Jahnstraße als Landesstraße mit einer separaten Nebenanlage, einem
durch Grünstreifen von der Fahrbahn getrennten gemeinsamen Geh-, Radweg dar.
Die max. zulässige Geschwindigkeit beträgt 70 km/h. Das tägliche Verkehrsaufkommen (DTV 2015)
beträgt 7.787 Kfz/24h sowie 506 Lkw/24h.
Zu 1.
Eine Gefahrenlage, die das Einschreiten der
Straßenverkehrsbehörde nach StVO §45 Abs. 9 erforderlich macht, ist hier nicht
erkennbar. Die Unfalllage ist mehr als unauffällig, hier hatten seit 01.01.2017
keine Unfälle stattgefunden. Die Sichtbeziehungen sind sehr gut. Der
Straßenverlauf ist gradlinig, über mehrere hundert Meter sind herannahende
Fahrzeuge erkennbar. Diese Querung stellt sich als übersichtlich und
einschätzbar dar. Es besteht keine Gefahrenlage.
- Der am 14.01.2020 stattgefundene
Verkehrsunfall ist nicht den örtlichen Gegebenheiten geschuldet; hier liegt
menschliches Versagen infolge von mangelnder Verkehrstauglichkeit zugrunde.
Der Kreis Kleve (Unfallkommission), die
Kreispolizeibehörde des Kreises Kleve und auch der Landesbetrieb Straßenbau NRW
werden diesen Verkehrsunfall aufgrund der nicht gegebenen Verkehrstauglichkeit
der Geschädigten nicht weiter untersuchen.
- Nachfolgend hat sich am 25.03.2020 an
dieser Stelle ein zweiter Verkehrsunfall ereignet. In diesem Fall ist eine
Radfahrerin unvermittelt auf die Fahrbahn gefahren ohne auf den heran-nahenden
Lkw zu achten und mit diesem Lkw kollidiert. Auch hier ist ein kein
Zusammenhang mit der zul. Geschwindigkeit erkennbar, sondern menschliches
Versagen als Ursache anzunehmen.
Zu 2.
Der Straßenverkehrsordnung (StVO) sowie der
entsprechenden Verwaltungsvorschrift folgend ist die Ortstafel (VZ 310) dort
aufzustellen wo eine geschlossene Ortschaft beginnt.
Die entsprechende Verwaltungsvorschrift zu
§42 (VwV-StVO) erläutert hier:
Die Zeichen sind…...dort anzuordnen, wo ungeachtet einzelner unbebauter
Grundstücke die geschlossene Bebauung auf einer der beiden Seiten der
Straße für den ortseinwärts Fahrenden beginnt. Eine geschlossene Bebauung liegt
vor, wenn die anliegenden Grundstücke von der Straße erschlossen werden.
- Geschlossenen Bebauung / Bebauungszusammenhang
Die in der StVO und auch im Urteil des
Verwaltungsgericht Braunschweig dargelegte Anforderung zur Anordnung einer
Ortstafel ist die Darstellung der Ortschaft als geschlossenen Bebauung.
Eine geschlossene Bebauung beinhaltet eine
ununterbrochene Bebauung. Einzelne unbebaute, die Bebauung unterbrechenden
Grundstücke sind hier ausgenommen.
Grundlage ist, dass der verständige
Verkehrsteilnehmer noch annehmen kann, dass trotz der unbebauten
unterbrechenden Grundstücke eine für innerörtliche Straßen typische
Verkehrslage (häufige Fußgängerquerungen, Parksuchverkehre, Fahrzeuge, die vom
Fahrbahnrand anfahren etc.) zu erwarten sei. Im Falle des Bereiches Jahnstraße
ist dies nicht gegeben.
Zwischen der Jahnstraße und den
Bebauungszusammenhang Vrasselt befindet sich eine ca. 700 m "freie
Strecke" und eben nicht einzelne unbebaute Grundstücke (s. Anlage 2).
Somit verbietet sich die Ortstafel auf der
Reeser Straße. Insofern ist hier keine geschlossene Bebauung vorzufinden.
- Erschließung der Grundstücke / Funktionaler
Zusammenhang mit der Straße
Die in der StVO und auch im Urteil des
Verwaltungsgericht Braunschweig dargelegte Anforderung zur Anordnung einer
Ortstafel ist der funktionale Zusammenhang mit der Straße, die
Erschließung der angrenzenden Grundstücke durch die Straße.
In dem vom Ortsverband erwähnten
Gerichturteils des VG Braunschweig wird der Punkt des funktionalen
Zusammenhanges noch näher beschrieben:
Ein funktionaler Zusammenhang ist z.B. gegeben, wenn die Straße der
Erschließung der bebauten Grundstücke dient. Es genügt, wenn Zufahrten zu den
bebauten Grundstücken auf die Straße führen …… Dagegen fehlt es an dem
funktionalen Zusammenhang beispielsweise dann, wenn …keine Verbindung zwischen
der Straße und den bebauten Grundstücken besteht.
Die Bebauung muss einen unmittelbaren Zusammenhang zur Straße haben und
erkennbar sein, dass sich die von der Bebauung typischerweise ausgehenden
Verkehrsgefahren dort auf den Straßenverkehr auswirken können.
Die Häuser der Jahnstraße sind nicht über die
Landesstraße 7 erschlossen, somit ist auch kein funktionaler Zusammenhang
zwischen der Bebauung Jahnstraße und der Landesstraße erkennbar.
Insofern verbietet sich auch hier die
Ortstafel auf der Reeser Straße.
Zusammenfassend besteht somit keine
straßenverkehrsrechtliche Voraussetzung zur Anordnung des VZ 310.
zu 3.
- Verkehrsaufkommen während der Baumaßnahme
Mit Beginn der
Deichbaumaßnahme zum Abschnitt Dornick – Kläranlage wird die Lange Straße zur
Erschließung des Baufeldes genutzt werden. Im Zuge dieser wird dort eine
temporäre Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h angeordnet. Diese
Reduzierung ist den ein- und ausfahrenden Lkw geschuldet, da diese bekanntlich
erheblich geringere Anfahrgeschwindigkeiten haben als Pkw und so
Auffahrunfällen entgegen gewirkt werden soll. Auch ist mit einer Verschmutzung
der Fahrbahn zu rechnen. Nach
Fertigstellung wird diese Reduzierung aufgehoben.
- Verkehrsaufkommen nach der Baumaßnahme
Mit dem Ausbau
der Langen Straße wird nach bisheriger Prognose ein Teil der bisher über die
Straße Dreikönige fahrenden Pkw die neue Straße nutzen. Die Prognose geht von
einer Belastung von 154 Kfz/24h (16 Kfz/h Spitzenstunde) aus. Insofern ist bei
einer jetzigen Belastung von 7.787 Kfz/24h nur mit einer Erhöhung um 1,9 % auf
7.941 Kfz/24h zu rechnen.
Die zukünftige
Erhöhung des Verkehrsaufkommens bedingt durch den Ausbau der Langen Straße kann
daher als vernachlässigbar eingestuft werden.
Zusammenfassend ist somit ersichtlich, dass
- Keine Gefahrenlage besteht
- Keine rechtliche Zulässigkeit zur Anordnung gegeben
ist
- Keine Notwendigkeit aufgrund zukünftiger
Verkehrsaufkommen vorliegt
Die Anordnung zur Versetzung der Ortstafel
wäre somit fehlerhaft und anfechtbar!
Finanz- und
haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat
keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.
Leitbild :
Die Maßnahme steht
im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 3.
In Vertretung
Dr. Wachs
Erster
Beigeordneter