Betreff
Möglichkeiten der Schließung des "Neuen Friedhofs Hansastraße";
hier: Sachstandsbericht
Vorlage
70 - 17 0163/2021
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

Der Betriebsausschuss nimmt den Sachstandsbericht zur Kenntnis und beschließt das in der Vorlage von der Betriebsleitung vorgeschlagene weitere Vorgehen.

 

Sachdarstellung :

 

Die steigenden Gebühren im Friedhofsbereich haben die Frage aufgeworfen, inwieweit es möglich ist, den „Neuen Friedhof Hansastraße“ zu schließen, so dass die Pflegekosten für diese Flächen zukünftig nicht über die Friedhofsgebühr finanziert werden müssen.

 

Im Jahr 2007 wurde ein Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der Friedhofssituation durch die Firma PLANRAT aus Kassel erstellt und dem Betriebsausschuss in seiner Sitzung am 31.05.2007 ausführlich erläutert. U.a. wurde festgestellt, dass die Flächen des „Neuen Friedhofs“ nördlich der Hansastraße zukünftig nicht mehr benötigt werden.

 

Aus diesem Grund hat der Betriebsausschuss dann in der Sitzung vom 30.08.2007 u.a. Folgendes in dieser Sache beschlossen:

 

1.    Die Fläche des „Neuen Friedhofes“ - nördlich der Hansastraße - wird langfristig nicht mehr benötigt und soll daher auf Dauer einer anderen Nutzung zugeführt werden.

 

a)    Auf dem „Neuen Friedhof“ findet ab sofort keine Neubelegung mehr statt (neue Grabanlagen). Auf dem „Alten Friedhof“ – südlich der Hansastraße werden Möglichkeiten für alle Bestattungsformen angeboten. Die verschiedenen Grabformen werden auf bestimmte Felder verteilt.

 

b)    Bei Zweitbelegung einer Gruft (auf dem Neuen Friedhof) soll den Angehörigen eine kostenlose Umbettung auf den alten Friedhofsteil angeboten werden.

 

Seitdem werden keine neuen Grabanlagen (egal welcher Art) mehr auf dem Neuen Friedhof zugelassen.

 

Dieses Vorgehen wird mit einer beabsichtigten Schließung des Friedhofs in der Zukunft begründet. In diesem Fall kann die Neuanlage von Gräbern gem. Satzung verweigert werden.

 

Satzungsmäßig wurde der Neue Friedhof allerdings bisher weder geschlossen noch entwidmet.

 

Reihengräber, Nutzungsrechte nicht verlängerbar

Für die vorhandenen Reihengräber, deren Nutzungsrecht nicht verlängert werden kann und in denen nur eine Leiche bestattet werden darf, bedeutet dies, dass deren Nutzungsrechte sowie die Ruhefristen nach und nach auslaufen und dass sie anschließend geräumt werden.

 

Derzeit gibt es noch 329 laufende, nicht verlängerbare Nutzungsrechte für solche Grabstätten (Stand 11/2020). Das letzte Nutzungsrecht läuft im Jahr 2033 aus.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 1: Auslaufen von nicht verlängerbaren Nutzungsrechten

 

 

Wahlgräber, Nutzungsrechte verlängerbar

Bei allen vorhandenen Wahlgrabanlagen ist eine Verlängerung des Nutzungsrechtes sowie ein Hinzubestatten im Rahmen der Satzung nach derzeitigem Vorgehen weiterhin möglich.

 

Hier gibt es noch 432 laufende, verlängerbare Nutzungsrechte mit deutlich mehr freien Grabstellen für Sarg- und Urnenbestattungen (Stand 11/2020).

 

Abb. 2:           Auslaufen verlängerbarer Nutzungsrechte bei fiktiver Schließung in 2020

 

Umbettungen

Bei einer gewünschten Hinzubestattung in ein Wahlgrab auf dem Neuen Friedhof wird den Angehörigen zwar angeboten, eine Umbettung auf den alten Friedhof durchzuführen, allerdings wurde davon in der Vergangenheit noch kein großer Gebrauch gemacht.

 

Leider lässt sich die genaue Zahl nur mit sehr erheblichem Aufwand ermitteln, da die Friedhofssoftware derzeit keine Möglichkeit bietet nach diesem Kriterium zu filtern.

 

Hinzubestattungen

Seit 2007 gab es insgesamt 275 Bestattungen in den Wahlgräbern auf dem Neuen Friedhof.

Allerdings wurden in den letzten drei Jahren jeweils unter 10 Beisetzungen vorgenommen.

 

Abb. 3: Beisetzungen auf dem Neuen Friedhof Hansastraße seit 2007

 

 

 

Rückgabe von Nutzungsrechten

Seit dem Jahr 2007 wurden außerdem bisher 463 Nutzungsrechte zurückgegeben. Es ist davon auszugehen, dass dies in den meisten Fällen auch in der Zukunft von vielen Nutzungsberechtigten so gemacht wird.

 

Im Jahr 2020 wurden nur 5 Nutzungsrechte zurückgegeben, da auch nur 6 in diesem Jahr ausgelaufen sind.

 

Abb.4: Anzahl zurückgegebener Nutzungsrechte (2020 liefen insg. nur 6 Rechte aus)

 

 

In der Anlage 2 ist ein Lageplan des Neuen Friedhofes dargestellt, aus dem hervorgeht, in welchem Jahr die jeweils letzte Ruhefrist in einem Grabfeld abläuft (Ende Stand 2020). Rot umrandet sind die Grabfelder mit Reihengräbern, schwarz umrandet sind diejenigen mit verlängerbaren Wahlgräbern bei fiktiver Schließung in 2020.

 

 

Zusammenfassend kann folgendes festgehalten werden:

 

1.    Derzeit gibt es über 760 aktive Nutzungsrechte, rd. 330 nichtverlängerbare und rd. 430 verlängerbare, insgesamt liegen auf dem Friedhof noch rd.1.150 ruhende Verstorbene.

 

2.    Es finden weiterhin, wenn auch wenige, Bestattungen auf dem neuen Friedhof Hansastraße statt. Jede neue Bestattung verlängert die notwendige Ruhefrist um 25 Jahre.

 

3.    Von Umbettungen wird bisher nur wenig gebraucht gemacht

 

4.    Es gibt einen Trend zur Rückgabe der Nutzungsrechte

 

 

Mögliches weiteres Vorgehen

 

Auf Wunsch des Betriebsausschusses wurde schon im Jahr 2020 eine Stellungnahme zur möglichen Vorgehensweise bei einer satzungsmäßigen Schließung und Entwidmung des neuen Friedhofsteils eingeholt, über die auch schon mündlich in den Betriebsausschuss-Sitzungen berichtet wurde.

 

Diese Stellungnahme wird hier nun ausführlicher erläutert und ist der Anlage 1 beigefügt.

 

Grob zusammengefasst ist die Rechtslage demnach die Folgende:

 

1.    Die Entscheidung über die Nutzung von Friedhofsliegenschaften ist Kernbestandteil der öffentlichen Selbstverwaltung. Voraussetzung für eine Änderung der Nutzung ist ein entsprechendes erhebliches öffentliches Bedürfnis, z.B. ein Verkehrsflächenbedarf, überörtliche Planungen, Gesundheitsschutz etc. Über den Freizug eines Friedhofes entscheidet ausschließlich der Rat.

 

2.    Gesetzlich wird zwischen einer Schließung (keine Neubestattungen, vorhandene Grabstellen bleiben bestehen) und einer Entwidmung (neuer Widmungszweck, Entfernung sämtlicher Grabbestandteile und Leichenteile) unterschieden.

 

3.    Ein Grabnutzungsrecht genießt eine eigentumsähnliche Position. Wird hier eingegriffen, muss ein Ausgleich gewährt werden. Im Fall einer Entwidmung sind gleichwertige Grabstätten anzulegen und eine kostenlose Umbettung vorzunehmen. Dies hat nicht nur nachteilige finanzielle Kosten für den Friedhofträger, sondern beinhaltet auch erhebliches Konfliktpotential. Einer Entwidmung sollte daher immer eine Schließung mit anschließendem Auslauf der Grabnutzungsrechte vorangehen.

Im Fall von Doppel- oder Wahlgräbern steht aber auch dann den Grabnutzungsberechtigten grundsätzlich das Recht zu, die Nutzungsdauer zu verlängern.

 

Auf Grundlage einer entsprechend gestalteten Satzung kann der Friedhofsträger die Verlängerung zwar verweigern, dennoch hat er dann aber wie im obigen Fall einen entsprechenden Ausgleich zu leisten. Auch hier liegt erhebliches Konfliktpotential.

 

 

Selbst wenn man davon ausgeht, dass nur ein Anteil der verlängerbaren Gräber tatsächlich umgebettet werden soll und man von einer groben Kostenschätzung von rd. 1.500 € pro Umbettung ausgeht (Umbettung, Abräumen der alten Gräber, Neuaufstellen des Grabsteines und der Einfassung, Anpassungen an den Einfassungen, Wiederbepflanzung etc.) beliefen sich die Kosten hierfür schnell auf sehr hohe 6-stellige Summen. Diese Kosten dürfen auch nicht über Friedhofsgebühren refinanziert werden.

 

Es muss also ein juristisch zuverlässiger Weg gefunden werden, auch Hinzubestattungen und Nutzungsverlängerungen zu unterbinden und gleichzeitig, möglichst nach Ablauf der Ruhefristen und Nutzungsrechte, wenige, besser keine Ausgleichszahlungen /Umbettungen leisten zu müssen.

 

Nach einer ersten Auskunft wäre es möglicherweise denkbar, eine Satzungsregelung zu finden, in der nur noch ein bestimmter Personenkreis für ein Hinzubestatten zugelassen wird. Weiterhin könnte man ein letztmaliges Datum für eine Verlängerung des Nutzungsrechtes bzw. einer Hinzubestattung vorsehen. Damit wäre wahrscheinlich gesichert, dass die Nutzung der vorhandenen Wahlgrabanlage langfristig ausläuft und auch keine Entschädigungszahlungen mehr für vorhandene Nutzungsrechte bei Schließung anfallen würden. Dies ist jedoch in jedem Fall noch fachjuristisch genau zu prüfen und auszuarbeiten.

 

Sicher ist aber jetzt schon, dass damit die Entlastung der Friedhofsgebühr, wenn überhaupt, nur langfristig (25-50 Jahre) durch die Schließung des Friedhofes erfolgen wird.

 

Aus finanzieller Sicht stellt sich die Frage, welche Entlastung des Friedhofsgebührenhaushaltes durch die Schließung des Neuen Friedhofes Hansastraße erreichbar wäre und was eine Parkanlagenfläche stattdessen kosten würde.

 

Diese Frage lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt leider nicht exakt beantworten, da die Pflegekosten in der Vergangenheit für den Neuen Friedhof nicht getrennt ermittelt wurden, sondern zusammen mit dem alten Teil des Friedhofes kontiert wurden. Ab 2021 werden die Kosten getrennt erfasst.

 

Hilfsweise wird hier zunächst eine Schätzung der Pflegekosten vorgenommen. Abgeleitet aus den Pflegekosten, welche auf die Grabnutzungsgebühren umgelegt werden ergibt sich in Abhängigkeit der Flächenverteilung auf den Friedhöfen ein Aufwand von rd. 3,55 €/m². Allerdings ist hierin schon der Zuschuss für den „Grünpolitischen Wert“ enthalten.

 

Ausgehend von diesen Werten beläuft sich der derzeitige Aufwand für die Pflege des Neuen Friedhofe auf 67.500 € pro Jahr. Dies wäre also derzeit die einsparbare Summe, wenn der Grünpolitische Wert beibehalten würde. Mit stetigem Freiziehen des Friedhofes und dabei steigendem Anteil von Freiflächen steigt die Summe dann auf ca. 110.000 € bis 150.000 € pro Jahr.

 

Diese Summe wäre dann auch mindestens für die dauerhafte Pflege dieser „neuen Parkanlage“ in den Etat der Grünpflege einzurechnen.

 

Eine Überprüfung dieses Ansatzes ist im Frühjahr nächsten Jahres möglich, wenn die Kosten eines Jahres getrennt nach Friedhöfen vorliegen.

 

 

Aus der Sicht der Betriebsleitung ist folgendes Vorgehen sinnvoll:

 

 

1.    Genaue Ermittlung der Kosten für die Pflege des Neuen Friedhofes Hansastraße

 

2.    Klärung der Frage, mit welchen finanziellen Be- und Entlastungen zu rechnen ist

 

3.    Grundsätzlicher Beschluss darüber, ob eine Schließung des „Neue Friedhof Hansa-straße“ vorangetrieben werden soll.

 

4.    Einschaltung eines Fachjuristen mit der Bitte um Ausarbeitung einer entsprechenden Vorgehensweise, bei der möglichst wenig Entschädigungszahlungen notwendig werden (hierzu ist noch ein Angebot einzuholen).

 

5.    Klärung der Frage, was mit dem Gelände des „Neuen Friedhofs“ langfristig passieren soll (Parklandschaft? Waldfläche?).

 

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme ist im Wirtschaftsjahr vorgesehen.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 6.2.

 

 

 

Mark Antoni

Betriebsleiter