hier: 4. Sachstandsbericht der Verwaltung
Kenntnisnahme(kein
Beschluss)
Der Haupt- und Finanzausschuss nimmt den
Sachstandsbericht der Verwaltung zur Kenntnis.
Sachdarstellung :
Gem. Beschluss des
Rates vom 26.02.2019 legt die Verwaltung halbjährlich einen Bericht über den
Sachstand zur Wohnsituation von Arbeitsmigranten aus Osteuropa vor. Nach
Vorstellung der ersten 3 Berichte am 25.06.2019, 03.12.2019 und 25.08.2020
schließt sich nunmehr der 4. Sachstandsbericht an.
Die aufgrund der
Corona-Pandemie notwendige veränderte aufgabenbezogene Schwerpunktsetzung der
Ordnungsbehörde ließ Ende des 2. Halbjahres 2020 die Vorlage eines
Halbjahresberichtes nicht zu.
Der Arbeitskreis
Osteuropa unter der Federführung des Ersten Beigeordneten tagte regelmäßig. Inzwischen
finden auf operativer Ebene monatliche Dienstbesprechungen mit Sachbearbeitern
und Leitungskräften der Ordnungsbehörde (FB 6) und der Unteren
Bauaufsichtsbehörde (FB 5) statt.
Der
folgende Sachstandsbericht zu Entwicklungen und Maßnahmen im Zusammenhang mit
der Wohnsituation von Arbeitsmigranten aus Osteuropa gliedert sich wie folgt:
I. Rahmendaten
1. Bevölkerungsentwicklung
2. Anzahl der durch Uitzendbureaus genutzten Unterkünfte
II. Maßnahmen auf ordnungsrechtlicher Ebene
1. Infektionsschutzrecht
2. Bauordnungsrecht
3. Ordnungsrecht
III. Maßnahmen auf informeller Ebene
Aufgrund der
elternzeitbedingten vorübergehenden Vakanz der Stelle der
Integrationsbeauftragten entfällt ein Sachstandsbericht zum Thema Integration. Die
Ordnungsbehörde wird mit der Interims-Integrationsbeauftragten, Frau Dr.
Matziari, den Informationsaustausch fortsetzen.
I.
Rahmendaten
1.
Bevölkerungsentwicklung
Zum 1. Mai 2021
hatte Emmerich am Rhein eine Einwohnerzahl (Hauptwohnung) von 32.204
Einwohnern. Davon hatten 9.378 Einwohner eine andere als die deutsche
Staatsangehörigkeit. Dies ergibt einen Ausländeranteil von 29,17 Prozent.
Die Heimatländer
der Arbeitsmigranten konzentrieren sich auf Süd-/Osteuropa, insbesondere auf
Polen, Rumänien, die Slowakei, Ungarn und Bulgarien.
In Emmerich am
Rhein wohnten am 01.05.2021 2.733 polnische, 645 rumänische, 188 slowakische,
178 ungarische und 60 bulgarische Personen. Im Zeitraum von 01.07.2020 bis
01.05.2021 hat sich die Gesamtzahl dieser Gruppe um 32 erhöht.
2. Anzahl der
durch Uitzendbureaus genutzten Unterkünfte
Gem. der
regelmäßig vorzulegenden Bewohnerlisten der Uitzendbureaus sind für die
Sammelunterkünfte insgesamt 293 Personen
erfasst. Die überwiegende Anzahl der Bewohner ist rumänischer
Staatsangehörigkeit.
Die Verwaltung hat 30 Unterkünfte registriert, die von
den Uitzendbureaus zur Unterbringung von Arbeitsmigranten gekauft oder
angemietet worden sind. Die Anzahl hat sich gegenüber 2020 verringert, da zwei
Immobilien nach Nutzungsuntersagung der Unteren Bauaufsichtsbehörde nicht mehr
bewohnt sind. Die Nutzungsuntersagung einer weiteren Immobilie ist noch nicht
rechtskräftig.
Die von Uitzendbureaus verwalteten Unterkünfte
verteilen sich auf die einzelnen Ortsteile wie folgt:
Praest 3
Vrasselt 1
Leegmeer/Speelberg 6
Innenstadt südlich der Bahnlinie
(Zentrum) 10
Hüthum 2
Elten 8
Die Anzahl der von
Uitzendbureaus genutzten Immobilien verteilt sich wie folgt:
AtOZ
Flex Housing B.V. 1
Horizon
Groep 24
BaBo
Dienstverlening B V. 1 / keine Fleischindustrie
Flex
Team NRW GmbH 1 / keine Fleischindustrie
Möller
U.G. 1
The
Wiendels Group (TWG) 2
Die Bewohner in 2 Immobilien sind nicht in der
niederländischen Fleischindustrie beschäftigt.
Die private
Vermietung von Wohnungen an Arbeitsmigranten wird seitens der Ordnungsbehörde
nur erfasst, wenn aufgrund von Beschwerden Sachverhaltsermittlungen erfolgen.
Es sind inzwischen 31 privat vermietete Immobilien bekannt. Die tatsächliche
Anzahl ist deutlich höher. Einige private Immobilienbesitzer haben mehrere
Objekte an Arbeitsmigranten vermietet. Darüber hinaus ist zunehmend
festzustellen, dass Personen aus Osteuropa sowohl zur Eigennutzung als auch zur
Vermietung Immobilien erwerben.
II.
Ordnungsrechtliche Ebene
1.
Infektionsschutzrecht
Die Zahl der mit
dem Coronavirus infizierten Arbeitsmigranten aus von Uitzendbureaus verwalteten
Immobilien hat sich ab dem 2. Halbjahr 2020 erheblich verringert. Im 2.
Haljbahr 2020 waren 3 Personen, im 1. Halbjahr 2021 bisher insgesamt 11
Personen infiziert. Aufgrund dessen wurden in 2021 für Bewohner von 3
Sammelunterkünften eine 14-tägige Quarantäne angeordnet.
Es liegen der
Ordnungsbehörde nach wie vor keine Informationen über
Infektionsschutz-maßnahmen in den niederländischen Fleischverarbeitungsbetrieben
vor. Die Ordnungs-behörde ist nicht befugt, entsprechende Ermittlungen
durchzuführen. So finden die auf Grundlage des Arbeitsschutzkontrollgesetzes v.
22.12.2020 erlassenen Gesetzesänderungen sowie die CoronaFleischwirtschaftVO v.
08.01.2021, die Regelungen zum Arbeitsschutz, zur Unterbringung in
Sammelunterkünften und zum Transport zwischen Wohn- und Arbeitsstätte
enthalten, nur auf deutsche Arbeitgeber bzw. in Deutschland beschäftigte
Leiharbeitnehmer Anwendung. Die in den Niederlanden arbeitenden und in
Deutschland wohnenden Leiharbeit-nehmer sind in diesem Regelungsbereich nicht
erfasst.
Der Kreis Kleve hat vor diesem Hintergrund im
November 2020 eine Allgemeinverfügung „Vermeidung
möglicher von in Großbetrieben der niederländischen Fleischwirtschaft tatigen
Zeitarbeitern ausgehenden Infektionen“ erlassen, deren Geltungsdauer bisher
monatweise verlängert wurde. Diese Allgemeinverfügung verpflichtet die
Uitzendbureaus zur Vorlage von Bewohnerlisten und zur regelmäßigen Durchführung
von Corona-Tests in den Sammel-
unterkünften. Auf dieser
Grundlage legen die Uitzendbureaus, deren Arbeitsmigranten in der
Fleischindustrie beschäftigt sind, der Ordnungsbehörde auf Anforderung
regelmäßig Bewohnerlisten vor. Eine regelmäßige Vorlage von Testergebnissen
sämtlicher Bewohner erfolgt nicht. Gem. Mittelung der Vertreter der Horizon
Groep werden die Leiharbeitnehmer regelmäßig in den niederländischen
Fleischverarbeitungsunternehmen getestet. Allerdings würde das Uitzendbureau
aus Datenschutzgründen nicht über die Testergebnisse informiert. Sofern ein
Leiharbeitnehmer positiv getestet wurde, erfolgte bisher eine Mitteilung über
die niederländische Gesundheitsbehörde an die Untere Gesundheitsbehörde des
Kreises Kleve.
2. Bauordnungsrecht
Der Fachbereich 5 – Stadtentwicklung als Untere
Bauaufsichtsbehörde ermittelt kontinuierlich hinsichtlich der
baugenehmigungskonformen Nutzung der Immobilien und hat bauordnungsrechtliche
Verfahren eingeleitet. Im Rahmen der bauordnungsrechtlichen Verfahren gilt es im
Schwerpunkt festzustellen, ob es sich bei der Unterbringung der
Leiharbeiternehmer/innen in den einzelnen Gebäuden um „Wohnen“ oder
„Beherbergung“ handelt. In Abhängigkeit von dem Ergebnis der Überprüfung und
der genehmigten Nutzung der jeweiligen Immobilie und der bauplanungsrechtlichen
Qualifikation des Gebietes, ist zu entscheiden, ob die Nutzung zur
Unterbringung von Leiharbeitnehmern fortgesetzt werden darf oder nicht. Die Ermittlungen gestalten sich aufgrund der
unterschiedlichen Vertragsverhältnisse und Ansprechpartner sehr aufwändig. Es
findet eine enge Zusammenarbeit mit dem Fachbereich 6 – Bürgerservice und
Ordnung als örtliche Ordnungsbehörde statt. Inzwischen wurde für 2 Immobilien
eine Nutzungsuntersagung verfügt. Diese Immobilien in der Innenstadt und im
Bereich Leegmeer/Speelberg stehen inzwischen leer. Die Nutzungsuntersagung in
Bezug auf eine weitere Immobilie im Bereich Leegmeer/Speelberg ist noch nicht
rechtskräftig.
Demgegenüber wurde ein bislang leerstehendes
Mehrfamilienhaus in der Innenstadt zur Unterbringung von Arbeitsmigranten neu
angemietet.
In Bezug auf 2 Immobilen, für die bereits 2019
ungenehmigte Nutzungsänderungen festgestellt worden sind, stellt sich der
Sachstand der eingeleiteten und bereits im 1. und 2. Sachstandsbericht unter b) und c)
aufgeführten bauordnungsrechtlichen Verfahren wie folgt dar:
a) Innenstadt – ungenehmigte Nutzungsänderung
von vorhandenen Wohnräumen zu
Beherbergungsräumen
Die Nutzung des
Gebäudes wurde aufgegeben. Das Gebäude steht leer.
b) Elten -
ungenehmigte Nutzung bzw. Nutzungsänderung eines Wohngebäudes in Form
der
Vermietung von Gastzimmern an Arbeitsmigranten
Trotz Bestandskraft der bauordnungsrechtlichen Verfügung
zur Untersagung der ungenehmigten Nutzung eines Wohngebäudes in Form der
Vermietung von Gastzimmern an Arbeitsmigranten wird das Gebäude weiterhin
bewohnt. Es sind im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens wiederholt Zwangsgelder
gegen den privaten Eigentümer verhängt und vollstreckt worden. Inzwischen ist
ein neues Baugenehmigungsverfahren anhängig.
3. Ordnungsrecht
a)
Wohnungsaufsicht
Die
Ordnungsbehörde überprüft weiterhin regelmäßig für jede Immobilie, ob eine
Überbelegung i.S. § 9 des Wohnungsaufsichtsgesetzes vorliegt. Als Grundlage werden
die Wohnfläche und die Anzahl der Bewohner gem. Bewohnerliste herangezogen.
Sofern aufgrund dessen Missverhältnisse zwischen Wohnfläche und Anzahl der
Bewohner bestehen, erfolgt eine gemeinsame Überprüfung durch Mitarbeiter der
Ordnungsbehörde (FB 6) und der Unteren Bauaufsichtsbehörde (FB 5) vor Ort.
Inzwischen werden die Mitarbeiter der Stadtwerke zur örtlichen Überprüfung
hinzugezogen.
Die intensive Nutzung führt zur Verschlechterung
des Zustandes der Immobilien. Die Eigentümer beschränken sich auf die
notwendigsten Instandhaltungsinvestitionen. Dies führt dazu, dass sich das
äußere und innere Erscheinungsbild der Immobilien verschlechtert und diese zu
verwahrlosen drohen. Der Zustand der Immobilien ist bisher allerdings nicht so,
dass Wohnverhältnisse unzumutbar sind und die Nutzung auf Grundlage des
Wohnungsaufsichtsgesetzes untersagt werden muss.
b)
Immissionsschutz
Nachbarschaften
einzelner von Uitzendbureaus genutzten Immobilien wenden sich wiederholt an die
Ordnungsbehörde mit Beschwerden über nächtliche Ruhestörung.
Hier appelliert
die Ordnungsbehörde, nachts die Polizei zu rufen und Personalien auf-nehmen zu
lassen, so dass die Ordnungsbehörde entsprechende Bußgeldverfahren einleiten
kann. Darüber hinaus ist die Erstellung von Lärmprotokollen unabdingbar, die
als Grundlage für die weitere Sachverhaltsermittlung und die ggfs. folgende
Einleitung von Bußgeldverfahren dienen. Ansprachen der Ordnungsbehörde an die
Vertreter der Uitzend-bureaus führen in der Regel dazu, dass Umzüge der
Bewohner in andere Unterkünfte erfolgen.
III.
Informelle Ebene
Die Verwaltung befindet sich in einem regelmäßigen Austausch mit
übergeordneten Behörden und mit diesem Thema betrauten Institutionen. Weitere
Rechtsnomen auf binationaler Ebene können jedoch nur durch nationale
Gesetzgeber geschaffen werden. In diesem Zusammenhang hat die Verwaltung im
Oktober 2020 im Rahmen einer Anhörung zu einem Antrag der SPD-Landtagsfraktion
zum Thema „Grenzüberschreitende Leiharbeit“ umfänglich Stellung genommen.
a)
Arbeitskreis Problemimmobilien
Seit 2017 unterstützt das Ministerium
für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen
(MHKBG) elf Städte im Rahmen eines Modellvorhabens beim Umgang mit
verwahrlosten Immobilien. Seither sind durch einen begleitenden offenen
Austausch Know-how und ein aktives Netzwerk zu allen Handlungsfeldern rund um
verwahrloste Immobilien entstanden. Die Stadt Emmerich am Rhein hat seit 2019
als Gast an diesem Austausch teilgenommen.
Im Frühjahr 2021 hat das MHKBG damit
begonnen, einen landesweiten Ausbau der Netzwerkaktivitäten über verwahrloste
Immobilien für interessierte kleine und mittlere Städte und Gemeinden sowie die
bei den Kreisen angesiedelten Unteren Bauaufsichtsbehörden zu initiieren.
Ziel ist u.a. die Unterstützung beim
Aufbau regionaler Austauschnetzwerke, in denen die Städte, Gemeinden und Kreise
gemeinsam mit- und voneinander Strategien im Umgang mit verwahrlosten
Immobilien lernen.
Der Erste Beigeordnete, die Leiterin
des FB 6 und die stellv. Leiterin des FB 5 haben an einer regionalen Online-Starterveranstaltung
für die interessierten Städte, Gemeinden und Kreise im März 2021 teilgenommen.
In 2021 sind drei weitere Veranstaltungen „Wissens-transfer Problemimmobilien“
vorgesehen.
b)
Modellprojekt zur Zuwanderung aus Südosteuropa
Aufgrund der Betroffenheit des Kreises
Kleve durch die Zuwanderung aus Südosteuropa, insb. auch aufgrund der Nähe zu
den Niederlanden, beabsichtigt das MHKBG NRW ein Modellprojekt zu dieser
Thematik gemeinsam mit dem Kreis Kleve durchzuführen.
Es geht bei dem Projekt sowohl um
ordnungsbehördliche als auch sozialintegrative Maßnahmen, abgestimmte
zielgerichtete Vorgehensweisen aller Beteiligten bzw. um die Etablierung
erfolgversprechender Strukturen.
Im
Rahmen der ordnungsbehördlichen Maßnahmen ist erneut der Fokus auf
Gemeinschafts- bzw. Sammelunterkünfte von Leiharbeiter/innen zu richten, die
aus Südosteuropa kommen und in den Niederlanden beschäftigt sind,
Die
Ordnungsbehörde hat hierzu auf Anfrage des MHKBG NRW zunächst entsprechende Daten zur Situation in
Emmerich am Rhein zur Verfügung gestellt. Im Juli findet ein erster Austausch
mit den betroffenen Kommunen des Kreises Kleve statt.
Finanz- und
haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat
keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.
Leitbild :
Die Maßnahme steht
im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 6.2.
Peter Hinze
Bürgermeister