Beschlussvorschlag

 

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein beschließt den Erlass der beigefügten Ordnungsbehördlichen Verordnung (Anlage 2) zur Freigabe dreier verkaufsoffener Sonntage am 26. März 2023, 3. September 2023, sowie am 10. Dezember 2023 im Innenstadtbereich der Stadt Emmerich am Rhein.

 

Sachdarstellung :

 

Die Emmericher Werbegemeinschaft e.V. hat in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderungs- und Stadtmarketing GmbH am 15.12.2022 den Antrag gestellt, mittels einer ordnungsbehördlichen Verordnung sowohl den 26.03.2023 als auch den 3.09.2023, sowie den 10.12.2023 als verkaufsoffene Sonntage freizugeben. Dabei sollen der verkaufsoffene Sonntag am 26.03.2023 im Zusammenhang mit der Veranstaltung ”23. Emmericher Autoshow”, der verkaufsoffene Sonntag am 03.09.2023 im Zusammenhang mit der ”Innenstadtrallye” und der verkaufsoffene Sonntag am 10.12.2023 im Zusammenhang mit dem ”Lichtermarkt in Emmerich am Rhein” stattfinden. (s. Anlage 1).

 

  1. Rechtsgrundlage

 

Der in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 Weimarer Reichsverfassung enthaltene Schutzauftrag an den Gesetzgeber gewährleistet ein Mindestniveau des Sonn- und Feiertagsschutzes. Er statuiert für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. Die für Werktage typische Geschäftigkeit und Tätigkeit haben an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich zu ruhen. Die gesetzgeberische Zulassung von Sonntagsöffnungen kann nur in Abwägung mit anderen Rechtsgütern von gleich- oder höherwertigem Verfassungrang erfolgen. Dem ist der nordrhein-westfälische Gesetzgeber durch das Ladenöffnungsgesetz für das Land NRW (LÖG NRW) nachgekommen.

 

Gemäß § 6 Abs. 1 LÖG NRW dürfen Verkaufsstellen an jährlich maximal 8 nicht unmittelbar aufeinanderfolgenden Sonn- und Feiertagen im öffentlichen Interesse ab 13.00 h bis zu einer Dauer von 5 Stunden geöffnet sein.

 

Die ein öffentliches Interesse begründenden Tatbestände werden in § 6 Abs. 1 Satz 2 beispielhaft und nicht abschließend aufgeführt. Ein öffentliches Interesse liegt insbesondere vor, wenn die Öffnung

 

1.       im Zusammenhang mit örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen erfolgt,

 

2.       dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebots dient,

 

3.       dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche dient,

 

4.       der Belebung der Innenstädte, Ortskerne, Stadt- oder Ortsteilzentren dient,

 

5.       die überörtliche Sichtbarkeit der jeweiligen Kommune als attraktiver und lebenswerter Standort insbesondere für den Tourismus und die Freizeitgestaltung, als Wohn- und Gewerbestandort, sowie Standort von kulturellen und sportlichen Einrichtungen steigert.

 

Gemäß § 6 Abs. 4 LÖG NRW wird die zuständige Ordnungsbehörde ermächtigt die betreffenden bis zu 8 Tage durch Verordnung freizugeben. Vor Erlass der Rechtsverordnung sind die zuständigen, Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände, die Kirchen, die jeweilige Industrie- und Handelskammer sowie die Handwerkskammer anzuhören. Im Rahmen der Entscheidung zur Freigabe verkaufsoffener Sonn- und Feiertage im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 LÖG NRW gilt, im Rahmen einer Abwägung zu prüfen, ob einer der im Gesetz selbst genannten oder ein sonstiger Sachgrund tatsächlich vorliegt und gegebenenfalls in Kombination mit anderen Sachgründen die konkrete Ladenöffnung an jeden einzelnen der beantragten Tage im Einzelfall rechtfertigen kann. Nur ein wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein ”Shopping-Interesse” möglicher Käufer sind hier insoweit ausdrücklich nicht ausreichend.

 

 

  1. Begründung des öffentlichen Interesses auf Grundlage des Antrages der Emmericher Werbegemeinschaft e.V. auf Festsetzung dreier verkaufsoffener Sonntage am 26.03.2023, 03.09.2023, sowie am 10.12.2023

 

Der Vorstand der EWG e.V. hat in Zusammenarbeit mit der Wifö GmbH die Zulassung dreier verkaufsoffener Sonntage beantragt. In dem beiliegenden Antragsschreiben vom 15.12.2022 (Anlage 1) werden einerseits die Veranstaltungen und andererseits die Situation des stationären Einzelhandels, der Gastronomie und diverser Dienstleister in Emmerich am Rhein, insbesondere im Zusammenhang mit den Folgen der Corona-Pandemie und den hiermit einhergehenden wirtschaftlichen Konsequenzen für sämtliche Betreibe beschrieben.

 

Die Verwaltung begründet auf Grundlage des vorliegenden Antrags sowie weiterführender Gespräche mit Vertretern der Emmericher Werbegemeinschaft e.V. und der Wifö GmbH unter Bezugnahme auf die unter Ziffer I. aufgeführten Tatbestände wie folgt:

 

1.       Zusammenhang mit örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen (§ 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 LÖG NRW)

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW liegt ein die Ladenöffnung rechtfertigendes Interesse dann vor, wenn die Ladenöffnung im Zusammenhang mit örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen erfolgt. Satz 3 legt dar, dass das Vorliegen eines solchen Zusammenhangs dann vermutet wird, wenn die Ladenöffnung in räumlicher Nähe zur örtlichen Veranstaltung sowie am selben Tag stattfindet.

 

a. Rechtfertigendes Interesse

 

a.a. Rechtfertigendes Interesse ”Autoshow” am 26.03.2023

 

Die Emmericher Autoshow wird durch die Emmericher Werbegemeinschaft in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderungs- und Stadtmarketing Gesellschaft Emmerich am Rhein mhH (WFG) in diesem Jahr zum 23. Mal organisiert.

 

Dam 26.03.2023 wird die gesamte Innenstadt zur Ausstellungsfläche für Autohäuser der Region. Bereits seit 19 Jahren wird diese Veranstaltung jeweils im Frühjahr durchgeführt, was sie durch diese Dauerhaftigkeit und Stetigkeit zu einer Traditionsveranstaltung gemacht hat und sowohl bei Ausstellern als auch bei der Bevölkerung eine Erwartungshaltung diesem Event gegenüber besteht.

 

Seit 11 Jahren wird im Rahmen der Emmericher Autoshow auch eine Börse für gebrauchte Fahrräder durchgeführt.

 

Als weitere Ergänzung des Programms werden in der Hühnerstraße wieder Oldtimer-Trecker zu seinen sein. Somit wird die gesamte Innenstadt geprägt von den neuen Modellen des motorisierten Verkehrs bzw. von Oldtimern.

 

Die Veranstalter rechnen mit mehr als 15 Autohäusern, die an dem letzten Märzsonntag in der Emmericher Innenstadt ausstellen werden. Neben den Autohäusern werden sich auch Emmericher Vereine und Dienstleistungsunternehmen in der Innenstadt präsentieren. Zudem wird es an mehreren Stellen in der Innenstadt und der Promenade Streetmusic und Ballonkünstler geben.

 

 

a.b. Rechtfertigendes Interesse ”Innenstadtrallye” am 03.09.2023

 

Im Jahr 2023 wird es den Emmericher Homerun zum 4. Mal in Folge geben. Ursprünglich ist der Emmericher Homerun eine Veranstaltung, die über 10 Tage in Emmerich am Rhein gespielt wird. Diese Veranstaltung hat sich in den vergangenen drei Jahren mittlerweile etabliert und wird auch durch viele ortsansässige Unternehmen, Dienstleister, Einzelhändler und Gastronomen unterstützt.

 

Beim Emmericher Homerun handelt es ich um einen Spendenlauf, bei welchem Kilometer für einen guten Zweck gesammelt werden. Im Jahr 2022 hatte dieser eine Teilnehmeranzahl von 5.751, wobei 68.413 Kilometer gesammelt  und eine Spendensumme von insgesamt 142.084 € erzielt wurde. Die komplette Spendensumme verbleibt in Emmerich am Rhein und kommt Kindern, Jugendlichen, Familien, sozial Benachteiligten sowie Institutionen, die sich um die vorgenannten Gruppen kümmern, zugute.

 

Bei der durch die WFG gemeinsam mit dem Homerun organisierten Innenstadtrallye soll es sich um eine Veranstaltung handeln, welche durch das Innenstadtgebiet führt und das Laufen somit interessanter machen soll, um die Anzahl der gesammelten Kilometer nochmals zu erhöhen. Ebenfalls soll ein Begleitprogramm mit StreetMusic und Ballonkünstlern erarbeitet werden. Es sollen verteilt über das Stadtgebiet Rätsel gelöst werden und somit Informationen über die Emmericher Stadtgeschichte gesammelt werden. Da der Handel in Emmerich am Rhein immer bereits eine große Bedeutung hatte - Emmerich gehört zu den Hansestädten - sind selbstverständlich Innenstadt und Einzelhandel von besonderem Interesse für die Organisation dieser Innenstadtrallye.

 

Es ist zu erwarten, dass anlässlich dieser Rallye nicht nur die Läufer sondern auch Begleitpersonen in die Innenstadt kommen. Da beim Homerun auch Gruppen starten können, ist zu erwarten, dass diese die Rallye gemeinsam absolvieren und diese Gruppenaktivität auch gemeinsam, unter anderem in einem der Emmericher Gastronomiebetriebe, ausklingen lassen.

 

 

a.c. Rechtfertigendes Interesse ”Lichtermarkt” am 10.12.2023

 

Der ”Lichtermarkt in Emmerich am Rhein” in seiner heutigen Form wurde erstmalig im Jahr 2019 durch die WFG organisiert. Diese noch junge Veranstaltung soll auch zukünftig jährlich am 2. Advent im Dezember stattfinden und zu einer Traditionsveranstaltung werden. Der Emmericher Lichtermarkt wird Bestandteil von Emmerich im Advent sein.

 

Auf verschiedenen Plätzen in der Innenstadt, im Bereich Kleiner Löwe bis Geistmarkt, werden themenbezogen große Lichtobjekte, wie zum Beispiel verschiedene Arten von Waldtieren, Gruppen von Weihnachtskugeln oder Gruppen von Schneemännern platziert. Diese Lichtobjekte ziehen sich zudem durch die gesamte Innenstadt und entlang der Rheinpromenade. Dort wird der riesige Weihnachtsbaum, wie in jedem Jahr, ein Hingucker sein. Besucherinnen und Besucher werden mittels dieser Lichtobjekte durch die Innenstadt und entlang der Rheinpromenade geführt. Diese Konzeption ist anlässlich der Energiekrise im Jahr 2022 lediglich in einem abgespeckten Maße umgesetzt worden, ist aber für das Jahr 2023 unter Berücksichtigung der jeweiligen Einzelumstände wieder vorgesehen.

 

Am 2. Adventssonntag werden die Einkaufsstraßen der Innenstadt zur Veranstaltungsfläche für verschiedenste Akteure wie Straßenmusiker, die an verschiedenen Plätzen in der Innenstadt auftreten, so unter anderem Ballonkünstler, Stelzenläufer und Walk-Acts aus der Stadt bzw. Region.

 

Zudem wird die WFG aus dem Bereich Tourismus an diesem Sonntag zwei historische Stadtführungen anbieten, um Touristen, aber Bürgern und Besuchern die Stadt Emmerich am Rhein und ihre Geschichte zu präsentieren. 

 

Ziel des Lichtermarktes ist es, Erwachsene und Kinder, Einheimische und Gäste mit einem vielfältigen Kultur- und Vereinsangebot außerhalb der werktäglichen Geschäftigkeit zu einem ”Bummel” durch die Innenstadt in vorweihnachtlicher Atmosphäre zu animieren.

 

 

a.d. Vorrangiges Interesse an den Veranstaltungen und Festen

 

Die Attraktivität aller drei Veranstaltungen lässt erwarten, dass die deutliche Mehrheit der zu erwartenden Besucher wegen der umfang- und abwechslungsreichen Programme, aber auch wegen des gastronomischen Angebots an die Rheinpromenade in die Emmericher Innenstadt kommen werden.

 

Für die prägende Wirkung aller drei Veranstaltungen spricht auch, dass die Programmgestaltung alle gesellschaftlichen Gruppen und Altersklassen anspricht.

 

Abfragen und Zählungen zur 22. Emmericher Autoshow im Jahr 2022, welche ein ähnlich geartetes Programm wie das für das Jahr 2023  geplante aufgewiesen hat,  ergaben, dass dieses Programm in seiner Vielfalt Besuchergruppen sämtlicher Altersklassen und Gesellschaftsschichten angesprochen hat. Die Entwicklung der Elektromobilität, welche in den letzten Jahren einen gewaltigen Fortschritt erfahren hat und unter dem Aspekt der Erhöhung der Treibstoffpreise, der Entwicklung von Umwelt und Klima aber auch der Versorgungskrisen nochmals ein ganz besonderes Interesse in der Bürgerschaft geweckt hat, wird dazu führen, dass die Veranstaltung selbst primärer Impulsgeber für den Besuch der Innenstadt am 26.03.2023 sein wird. Die Öffnung des Einzelhandels zum Zwecke des Einkaufes wird somit eher eine untergeordnete Rolle zukommen bzw. der Einzelhandel eine ergänzende Serviceleistung darstellen.

 

Ähnliches gilt für den Homerun, den es nunmehr im Jahr 2023 zum nunmehr 4. Male in Folge geben wird. In seinen verschiedenen Ausprägungen hat dieser bereits ohne die Sonntagsöffnung der Verkaufsstellen stattgefunden und dennoch eine Vielzahl an Besuchern und Besuchergruppen in die Innenstadt gezogen. Dies zeigen auch die Spendensumme in den vergangenen Jahren und die engagierte Beteiligung von Emmericher Unternehmen, Institutionen, Vereinen und auch Privatpersonen. Die ”gute Sache” steht hier im Vordergrund, nicht der Einkauf. Ähnliches gilt für den ”Lichtermarkt”. Nachdem seit 2019 ein publikumsstarker 2. Advent-Weihnachtsmarkt im Stadtgebiet nicht mehr stattfindet, ist nicht nur das Programm des ”Lichtermarktes” als solches, sondern auch dessen ”Vakuumausgleich”, die als Impulsgeber für den adventssonntäglichen wirken soll.

 

Sämtliche Erfahrungen lassen nur den Schluss zu, dass die Mehrzahl der Besucher nur wegen der jeweiligen Veranstaltungen in die Innenstadt kommen.

 

Es ist somit belegt, dass die Mehrzahl der Besucherinnen und Besucher wegen der eigentliche Feste / Veranstaltungen und nicht vornehmlich wegen der Sonntagsöffnungen in die Emmericher Innenstadt kommen werden, die Programmvielfalt selbst für die drei Sonntage prägend sein werden und die Ladenöffnungen lediglich als Annex zu den Veranstaltungen Emmericher Autoshow, Homerun und Lichtermarkt anzusehen sind.

 

 

b. räumliche Nähe

 

Alle drei Veranstaltungen sind den Bereich der Innenstadt, d.h. auf die Straßen innerhalb der ”Wälle” begrenzt. Die Mehrheit der geöffneten Verkaufsstellen befindet sich auf den beiden Haupteinkaufsstraßen Kaßstraße und Steinstraße im Bereich zwischen den Plätzen Kleiner Löwe und Geistmarkt, d.h. innerhalb des Veranstaltungsgeländes. Die nicht genutzten Flächen innerhalt der ”Wälle” haben für die betreffenden Veranstaltungen eine dienende Funktion. Insbesondere dienen sie als Erschließungsanlage für die Besucher, die sich von den außerhalb gelegenen Parkplatzeinrichtungen in die Stadt bzw. von den am Bahnhof und an den Wällen gelegenen Haltestellen des ÖPNV in die Stadt bewegen. Insgesamt ist die Veranstaltungsfläche größer als die Verkaufsfläche der Einzelhändler innerhalb der Wälle. Unter anderem kann die Strecke für den Homerun in diesem Jahr bewusst so gewählt werden, dass diese Erschließungsfunktion der sonstigen Flächen eine zusätzliche Verstärkung erfährt. Der enge räumliche Bezug des zur Ladenöffnung vorgesehenen Bereiches zur Veranstaltungsfläche ist daher gegeben.

 

 

c. gleichzeitig stattfindende Veranstaltungen

 

Autoshow, Homerun und Lichtermarkt finden jeweils am selben Tage wie die beantragte Ladenöffnung statt. Wesentliche Programmteile werden am 26.03.2023, 03.09.2023 und auch am 10.12.2022 durchgehend in der Zeit zwischen 13:00 Uhr und 18:00 Uhr stattfinden.

 

Die Vermutungsregel des § 6 Abs. 1 Ziffer 1 in Verbindung mit Satz 3 LÖG NRW greift somit ein, so dass davon auszugehen ist, dass das öffentliche Interesse im Sinne des § 6 Abs. 1 Ziff. 1 LÖG NRW gegeben ist.

 

 

2.       Erhalt und Stärkung örtlicher Einzelhandelsstrukturen  (§ 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LÖG NRW)

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Nummer 2 LÖG NRW liegt ein die Ladenöffnung rechtfertigendes Interesse vor, wenn die Öffnung dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsgebotes dient.

 

Grundsätzlich lässt sich eine Innenstadtattraktivität für Besucher bzw. Kunden anhand der so genannten Zentralitätskennziffer ablesen. Die Zentralitätskennziffer drückt das Verhältnis aus dem Einzelhandelsumsatz einer Stadt zu der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft aus. Liegt der Wert unterhalb von 100, wird mehr einzelhandelsrelevante Kaufkraft an andere Gebiete abgegeben als gebunden. Mit einem Wert von 90,0 war in der Vergangenheit zwar in Emmerich am Rhein ein Kaufkraftabfluss zu erkennen. Die Wirtschaftsförderung des Kreis Kleve GmbH konnte allerdings im Rahmen der Evaluierung der Kennzahlen im Jahr 2021 einen Wert von 95,2 und somit eine leichte Erhöhung der Kaufkraft feststellen. Die Abwanderung der Kaufkraft wird forciert durch die Konkurrenz des Internet- und Versandhandels, wobei die Form des Onlineeinkaufs zunächst durch die Corona-Pandemie gestützt wurde. Die aktuellen Prognosen gehen davon aus, dass auch nach Beendigung der Pandemie Einkäufe verstärkt im Internet getätigt werden. Darüber hinaus muss sich der Emmericher Einzelhandel gegen die großzügigen Öffnungszeiten und Sonntagsöffnungen in den nahegelegenen niederländischen Grenzstädten behaupten.

 

Um dieser Negativentwicklung entgegenzuwirken, hat der Rat der Stadt Emmerich am Rhein zur Steuerung der Ansiedlung von Einzelhandel in 2011 sein Einzelhandelskonzept aktualisiert; dessen abermalige Fortschreibung wurde im Jahr 2017 beschlossen. Diese letzte Fortschreibung stellt u.a. in Bezug auf den Einzelhandelsbestand der Innenstadt einen deutlichen Rückgang der Betriebsanzahlen fest. Mit dem Ziel, u.a. zu einer Attraktivitätssteigerung der Innenstadt beizutragen, wurde ebenfalls zum Jahresende 2017 das ”Integrative Stadtentwicklungskonzept 2025” verabschiedet. Parallel zur Umsetzung dessen vielseitigen Maßnahmenkatalogs, z.B. unter Einbeziehung eines Citymanagements, das Ansprechpartner für Bürger, Einzelhändler und Gastronomen ist, engagiert sich die Stadt Emmerich am Rhein aktuell auch über das ”Sofortprogramm zur Stärkung der Innenstädte und Zentren NRW” mit dem Ziel der Beseitigung von Leerständen sowohl im Bereich des Einzelhandels als auch der Gastronomie.

 

Darauf aufbauend verfolgen die geplanten drei Ladenöffnungen im Zusammenhang mit den Veranstaltungen Autoshow, Homerun und Lichtermarkt das grundsätzliche Ziel, die Innenstadt zu beleben und ihre Attraktivität zu steigern. Absicht ist es u.a., Immobilienleerständen, Abwanderungen oder Geschäftsaufgaben von Einzelhändlern entgegenzuwirken und somit die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Lebens- und Wohnverhältnisse der örtlichen Bevölkerung, insbesondere einen möglichen ”Trading-Down-Effekt” zu vermeiden. Auf diese Art und Weise möchten EWG und WFG frühzeitig auch Nachfolgeregelungen bzw. Neubelegungen für den inhabergeführten Einzelhandel treffen, da in den kommenden fünf bis sieben Jahren bei ca. 30 der inhabergeführten Betrieben Nachfolgen bzw. Betriebsaufgaben aus altersbedingten Gründen anstehen und somit eine Ausdünnung des Sortimentsangebots sowohl in der Sortimentsvielfalt als auch der Sortimentstiefe verhindern.

 

Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass infolge der Corona-Pandemie auch nach fast vollständiger Aufgaben jeglicher Beschränkungen anlässlich der Pandemie der stationäre Einzelhandel in allen Kommunen in NRW gefährdet ist. Die Schließung der Ladenlokale während der ”Lockdown-Zeiträume” in 2020 und 2021 hat auch in Emmerich am Rhein im Vergleich zu 2019 zu erheblichen Umsatz- und Kundenfrequenzrückgängen geführt. Dies konnte auch anhand der Ergebnisse aus den letzten drei Emmericher Unternehmensbefragungen durch die Wifö in den Jahren 2020, 2021 und 2022 bestätigt werden. Die Kundenfrequenzen aus den Zeiten vor der Pandemie konnten in 2022 bei weitem nicht erreicht werden, so dass die Erwartungen an die Belebung des Einzelhandels auch in 2022 nicht erfüllt wurden. Die Tagestouristen, Teilnehmer von Bustouren und niederländische Gäste, welche in der Vergangenheit den Emmericher Einzelhandel aufsuchten, blieben aus oder konzentrierten sich ausschließlich auf den Besuch der hiesigen Gastronomie, so dass der Einzelhandel hiervon nicht profitieren konnte.

 

Während der Lockdown-Zeiträume wurden in Emmerich vier Einzelhandelsgeschäfte geschlossen, zwei Einzelhandelsgeschäfte sind zum Ende des Jahres 2022 geschlossen. Laut Aussage der Wifö ist die Finanzlage einiger Unternehmen prekär, so dass auch in 2023 Schließungen infolge von weggefallenen bzw. nach Öffnung kaum wachsenden Umsätzen drohen. Unter Berücksichtigung dessen, dass 2019 bereits sieben Geschäfte geschlossen wurden, droht eine Verödung der Haupteinkaufsstraßen.

 

Verkaufsoffene Sonntage werden sowohl von Einwohnern als auch von Besuchern genutzt, um den Einzelhandel aufzusuchen. Aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit ist die Ladenöffnung an verkaufsoffenen Sonntagen im Einzelhandel mit deutlichen Mehreinnahmen verbunden. Die Ladenöffnung trägt dazu bei, die Wertigkeit des Einzelhandels ins Bewusstsein zu rufen und die Kundenfrequenz zu stabilisieren.

 

Die drei verkaufsoffenen Sonntage sind daher ein wesentlicher Bestandteil zum Erhalt und zur Stärkung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebots in Emmerich am Rhein.

 

 

3.       Belebung der Innenstädte , Ortskerne, Stadt- und Ortsteilzentren (§ 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 LÖG NRW)

 

Neben der Stärkung des Einzelhandels kann gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 LÖG NRW auch die grundsätzliche Belebung der Innenstadt oder einzelner Ortsteilzentren das öffentliche Interesse an der Festsetzung verkaufsoffener Sonntage begründen.

 

Die Folgen des Lockdowns während der Corona-Pandemie, insbesondere der Rückgang der Besucher- / Gastzahlen und damit einhergehend der Rückgang der Umsätze betrafen nicht nur die Einzelhändler sondern u.a. auch Gaststätten und Dienstleister aller Art. Bis zum heutigen Tage konnten trotz des aktuellen Wegfalls der Beschränkungen die Bürger / Einwohner nicht mehr dazu animiert werden, einen Einkaufs- bzw. Stadtbummel in der Frequenz durchzuführen, wie diese vor 2020 stattgefunden haben.

 

Allgemein ist ein erheblicher Rückgang der Passantenfrequenzen in den Innenstädten festzuhalten. Die IHK bestätigt, dass im Jahr 2022 zwar vereinzelt wieder eine Zunahme erfolgt ist, allerdings stagnieren, u.a. auch bedingt durch weitere Umstände wie der Ukraine-Krieg, die Frequenzen vielerorts weiterhin unterhalb der Durchschnittsfrequenzen liegen. Auch in Emmerich am Rhein sind solche Einbußen zu verzeichnen. Neben unter Ziffer 2 dargestellten Auswirkungen auf den Einzelhandel hat auch die örtliche Gastronomie, die ganz erheblich zur Attraktivität und Lebendigkeit der Innenstadt beiträgt, Umsatzeinbußen zu verzeichnen.

 

Die Besucher kommen immer noch zögerlich und wägen im Zweifel genau ab, ob sie die örtliche Gastronomie aufsuchen, da trotz Aufgabe der Einschränkungen anlässlich der Pandemie oftmals die Zusammenkunft einer Vielzahl verschiedener Personen scheuen.  Entsprechend geringer ist die Anzahl der Besucher der Rheinpromenade, die den Besuch für einen Gang durch die Innenstadt und Gelegenheitseinkäufe suchen.

 

Verkaufsoffene Sonntage locken Einwohner, Tagestouristen und niederländische Gäste in die Innenstadt und tragen in nicht unerheblicher Weise zur Belebung bei. Die erhöhte Passantenfrequenz ist mit der Erwartung verbunden, dass die Wertigkeit des ortsansässigen Handels, der Dienstleister und der Gastronomie erkannt werden und zu einer dauerhaften Stabilisierung sowie Erhöhung der Kunden- und Besucheranzahl führen.

 

 

  1. Höchstanzahl / Dauer / Örtliche Beschränkung

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 LÖG NRW darf im Wege der Ordnungsbehördlichen Verordnung

bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses die Öffnung von Verkaufsstellen an jährlich maximal acht nicht unmittelbar aufeinanderfolgenden Sonn- und Feiertagen ab 13:00 Uhr bis zu einer Dauer von fünf Stunden gestattet werden. Erfolgt die Freigabe beschränkt auf bestimmte Bezirke, Ortsteile und Handelszweige, darf nur ein Adventssonntag je Bezirk, Ortsteil und Handelszweig freigegeben werden, § 6 Abs. 4 Satz 3 LÖG NRW).

 

Die EWG e.V. und Wifö GmbH beantragen die Öffnung der Verkaufsstellen im Innenstadtbereich von Emmerich am Rhein. Unter anderem ist mit dem 10.12.2023 ein Sonntag betroffen, der gleichzeitig der zweite Adventssonntag ist. Beantragter Öffnungszeitraum ist 13:00 Uhr bis 18:00 Uhr. Die Vorgaben des LÖG NRW werden damit eingehalten.

 

Gemäß § 6 Abs. 4 S. 5 LÖG NRW ist auf die Zeit der Hauptgottesdienste Rücksicht zu nehmen. Die Hauptgottesdienste der Gemeinden in Emmerich am Rhein liegen im Zeitraum zwischen 8:30 Uhr und 11:30 Uhr. Die Öffnung der Verkaufsstellen erfolgt nach Abschluss der Gottesdienste.

 

Die Innenstadt stellen den bedeutendsten Einzelhandelsstandort in Emmerich am Rhein dar. Es ist vorgesehen, die Ladenöffnung auf den Innenstadtbereich (= innerhalb der ”Wälle” begrenzt durch Kleiner Wall, Großer Wall, Ostwall, Bahnhofstraße bis zur Kreuzung Hafenstraße, Hafenstraße, Industriestraße ab Kreuzung Hafenstraße, Parkring und Rheinpromenade zu begrenzen.

 

 

  1. Verhältnismäßigkeit

 

Die Interessen Dritter werden die die dreimalige sonntägliche Ladenöffnung nicht unangemessen beeinträchtigt.

 

Im Wesentlichen können die Interessen der Kirchen, sowie der an den Sonntagen beschäftigen Arbeitnehmer betroffen sein. Die Sonntagsöffnungszeiten liegen außerhalb der Hauptgottesdienstzeiten (s.o. III). Die zur Öffnung vorgesehenen Sonntage sind keine geschützten oder religiösen Feiertage und stellen keine stillen Tage im Sinne des kirchlichen Verständnisses dar. Die verkaufsoffenen Sonntage beeinträchtigen auch nicht unverhältnismäßig das Familienleben oder die Selbstbestimmungsmöglichkeiten der Mitarbeiter; im Übrigen gelten für die Beschäftigung der Arbeitnehmer von Verkaufsstellen bei Öffnung von Sonn- und Feiertagen die Schutzvorschriften des § 10 LÖG NRW in Verbindung mit § 11 Arbeitszeitgesetz. Darüber hinaus tragen die drei verkaufsoffenen Sonntage zu einer Stärkung der wirtschaftlichen Situation der Unternehmen und damit zu einer Erhöhung der Arbeitsplatzsicherheit bei. Sie helfen, den ohnehin schon geringen Bestand des Einzelhandels zu bewahren und bestenfalls zu erweitern. Sie dienen dazu, das Interesse an Emmerich als Wohn- und Arbeitsplatzstandort, als Gewerbestandort und als Standort für Tourismus zu steigern.

 

Es werden lediglich drei der gesetzlich möglichen und zulässigen acht verkaufsoffenen Sonntage beantragt.

 

Das stützt das Erfordernis der Ausnahmeregelung. Der bedachte und zurückhaltende Umgang mit den gesetzlichen Optionen, das Nichtausschöpfen der gesetzlich zulässigen acht verkaufsoffenen Sonntagen trotz der Tatsache, dass diese Veranstaltungen in den Jahren 2020 und 2021 bedingt durch die Corona-Pandemie ausfallen mussten und im Jahr 2022 nur in einem eingeschränkten Maße infolge der gesetzlichen Vorgaben anlässlich der Pandemie stattfinden konnten, obwohl diese durch die Verantwortlichen regelmäßig sorgfältig geplant wurden, stellen ein weiteres Indiz für den verantwortungsvollen Umgang mit den Bedürfnissen der Beschäftigten, deren Familien und anderer gesellschaftlicher Gruppen dar.

 

Entsprechend § 6 Abs. 4 Satz 7 LÖG NRW wurden der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft, Bezirk Duisburg-Niederrhein (ver.di), der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer (IHK), dem Handelsverband NRW Kreis Kleve e.V., der Handwerkskammer Düsseldorf, der kath. Kirchengemeinde St. Christophorus sowie der Evangelischen Kirchengemeinde Emmerich Gelegenheit gegeben, zum gemeinsamen Antrag der EWG / WFG Stellung zu nehmen.

 

Der Handelsverband NRW hat in seiner Stellungnahme mitgeteilt, gegen die Veranstaltungen keine Bedenken zu haben. Ver.di hat insbesondere auf ihre gewerkschaftsseitige grundsätzliche Haltung gegenüber Sonntagsöffnungen im Einzelhandel verwiesen. Die übrigen Beteiligten haben bis zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Vorlage keine Stellungnahme abgegeben (s. auch die zugehörigen Anlagen).

 

 

  1. Ergebnis

 

Nach Prüfung der Verwaltung liegen in Emmerich am Rhein die in diesen Fällen flächendeckend in NRW zutreffenden Sachgründe des § 6 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1,2 und 4 vor. Aus diesem Grunde wird vorgeschlagen, dem Antrag der EWG und Wifö GmbH vom 15.12.2022 zur Öffnung der Verkaufsstellen in der Innenstadt an den Sonntagen 26.03.2023, 03.09.2023 und 10.12.2023 durch Erlass der dieser Vorlage anliegenden Ordnungsbehördlichen Verordnung stattzugeben.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 6.2.

 

 

 

 

Peter Hinze

Bürgermeister