hier: Sachstandsbericht
Beschlussvorschlag
Der Ausschuss für Stadtentwicklung stimmt der Vorgehensweise der
Verwaltung zu.
Sachdarstellung :
Gesetzliche Grundlage
Der Bundesgesetzgeber hat eine Reihe von Änderungen der gesetzlichen Grundlagen beschlossen, um die räumliche Steuerung der Windenergie neu auszurichten und zu einer Beschleunigung des Ausbaus beizutragen. Die neuen Grundlagen finden sich insbesondere im Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) und im Baugesetzbuch (BauGB). Weitere gesetzliche Grundlagen:
- Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land vom 20. Juli 2022,
- Gesetz zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften vom 8. Oktober 2022,
- Gesetz zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht vom 4. Januar 2023.
Die für die Steuerung der Windenergie relevanten
Änderungen des Baugesetzbuchs (BauGB), des Raumordnungsgesetzes (ROG) und des
Erneuerbar-Energien-Gesetzes (EEG) sind durch das sog. Wind-an-Land-Gesetz am
1. Februar 2023 in Kraft getreten.
Die BauGB-Digitalisierungsnovelle vom 06. Juli 2023 und zuletzt die Änderungen
des Gesetzes zur Änderung des LNG-Beschleunigungsgesetzes und zur Änderung des
Energiewirtschaftsgesetzes und zur Änderung des Baugesetzbuchs vom 14. Juli
2023 beinhalten darüber hinaus weitere Anpassungen zum Ausbau der Windenergie
an Land.
Ausbauziele
Mit dem Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) gibt der Bund den Ländern verbindliche Flächenziele für den Ausbau der Windenergie vor. Nordrhein-Westfalen soll danach Flächenbeitragswerte von 1,8 Prozent der Landesfläche, das entspricht rund 61.400 ha, für die Windenergie planerisch bereitstellen. Dies erfolgt über textliche Festsetzungen im Landesentwicklungsplan und darauf aufbauende zeichnerische Festsetzungen in den Regionalplänen. Die Umsetzung erfolgt in enger Abstimmung mit den Kommunen unter Berücksichtigung und Übernahme geeigneter kommunaler Planungen sowie bereits bestehende Windenergiestandorte. Landesplanerische Vorgabe wird es künftig sein, dass die regionalen Flächenbeitragswerte durch regionalplanerische Festlegungen erreicht werden.
Landesentwicklungsplan (LEP NRW)
Die Landesregierung hat am 2. Juni 2023 den Entwurf der Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP NRW) beschlossen. Der Landesentwicklungsplan ist das maßgebliche Steuerungsinstrument für die räumliche Entwicklung in Nordrhein-Westfalen und damit auch für den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Das Ziel der beschlossenen Änderung des Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen ist die schnelle Umsetzung des Wind-an-Land-Gesetzes des Bundes, welches die Sicherung weiterer Flächen für die Windenergie in Nordrhein-Westfalen erfordert. Zusätzlich verfolgt die Landesregierung damit das Ziel, die Flächenkulisse für Freiflächen-Solarenergie in Nordrhein-Westfalen zu erweitern.
Als Grundlage für die Änderung des Landesentwicklungsplans dient die „Potenzialstudie Windenergie NRW“ des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) (abrufbar unter: https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuvpubl/3_fachberichte/Potenzialstudie-Windenergie-NRW.pdf). Der vorgelegte Entwurf sieht vor, die Flächenvorgabe in Nordrhein-Westfalen nicht, wie vom Bund vorgeschrieben in zwei Schritten erst im Jahr 2032, sondern in einem einzigen Schritt bereits im Jahr 2025 zu erreichen. In der Potenzialanalyse des LANUV wurden in jeder Planungsregion die größten zusammenhängenden und restriktionsarmen Flächen identifiziert und dargestellt.
Um die Flächenvorgaben des Bundes für den Ausbau der Windenergie in Nordrhein-Westfalen umzusetzen, erfolgt auf Grundlage der Änderung des Landesentwicklungsplans die verbindliche, räumliche Flächenausweisung in den jeweiligen Regionalplänen der sechs Planungsregionen in Nordrhein-Westfalen.
Die Potenziale für die Nutzung der Windenergie sind den
Planungsregionen naturräumlich sehr unterschiedlich. Bei der Verteilung sind
zunächst die landesweiten Flächenpotenziale nach naturräumlichen,
siedlungsstrukturellen du windenergietechnischen Restriktionen ermittelt
worden.
Die Änderungen des Landesentwicklungsplans sehen für die Planungsregion
Düsseldorf Windenergiebereiche von mindestens 4.151 ha vor.
Vom 23. Juni bis zum 28. Juli 2023 bestand im Rahmen des Beteiligungsverfahrens die Möglichkeit, eine Stellungnahme zum Entwurf der LEP-Änderung abzugeben. Die Stadt Emmerich am Rhein hat sich zur Abgabe einer Stellungnahme dem Kreis Kleve angeschlossen.
Regionalplan
Im Sinne einer zügigen Umsetzung sollen parallel zur Änderung des
Landesentwicklungsplans die Regionalplanverfahren der jeweiligen
Planungsregionen zur Festlegung der Flächenziele geführt werden. Die
Regionalplanverfahren sollen bereits im Jahr 2025 abgeschlossen sein. Im
Regionalplan werden die Windenergiegebiete räumlich im Stadtgebiet festgelegt.
Windenergie in Emmerich am Rhein
Zur Steuerung der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung
von Windenergieanlagen im Stadtgebiet hat die Stadt Emmerich am Rhein von der
Möglichkeit einer positiven Standortzuweisung durch die Darstellung einer
Konzentrationszone für Windenergieanlagen im Flächennutzungsplan Gebrauch
gemacht. Im Rahmen der 43. Änderung des Flächennutzungsplans wurde eine
Konzentrationszone für Windenergieanlagen im Ortsteil Klein-Netterden zwischen
Bundesautobahn und Kapellenberger Weg / Dürkolfstraße östlich der
Autobahnanschlussstelle „Emmerich“ dargestellt.
Die betreffende Änderung des Flächennutzungsplans wurde am 03.07.2003
rechtskräftig. Die dargestellte Konzentrationszone entfaltet i.S. des § 35 Abs.
3 S. 3 BauGB eine Ausschlusswirkung, die der Errichtung von Windenergieanlagen
an anderer Stelle entgegensteht.
In der Konzentrationszone wurden insgesamt drei Windenergieanlagen errichtet.
Darüber hinaus befinden sich im sonstigen Stadtgebiet weitere
Windenergiestandorte. Die Windenergieanlagen außerhalb der Konzentrationszone
wurden vor Inkrafttreten der 43. Änderung des Flächennutzungsplans im Jahr 2003
genehmigt und fallen somit unter den Bestandsschutz.
Mit der 77. Änderung des Flächennutzungsplans sollte die bisherige Darstellung
der Konzentrationszone für Windenergieanlagen aufgehoben und parallel die
Aufstellung eines sachlichen Teilflächennutzungsplans „Windenergie“
durchgeführt werden, um die Zulässigkeit von Windenergieanlagen im Stadtgebiet
auszuweiten und gleichzeitig auf die geänderten gesetzlichen Bestimmungen zu
reagieren. Grundlage der erweiterten Konzentrationszonenausweisung ist ein
Konzept das durch das Büro StadtUmBau im Juni 2013 erarbeitet wurde und welches
am 16.07.2013 vom Rat der Stadt Emmerich am Rhein beschlossen wurde.
Aufgrund unüberwindbarer Hürden im Hinblick auf die damals geltenden Abstandsregelungen
von Windenergieanlagen zu Wohnbebauung konnten die Verfahren allerdings nicht
weitergeführt werden. Die bestehende Konzentrationszone hat damit weiterhin
Bestand.
Die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB kann
einem Windenergievorhaben vorbehaltlich des § 249 Abs. 5 S. 3 BauGB nur noch
bis zum Erreichen des Flächenbeitragswertes oder spätestens bis zum 31.
Dezember 2027 entgegengehalten werden.
Konzentrationszonen sind Windenergiegebiete i.S. des § 2 Nr. 1 WindBG und
bleiben diese auch nach Wegfall der außergebietlichen Ausschlusswirkung.
Die Steuerung der Windenergie erfolgt dann auf Grundlage des Regionalplans durch die Ausweisung von Windenergiegebieten.
Möglichkeiten der Kommunen
Ergänzend zu den bestehenden kommunalen Konzentrationszonen können Kommunen
heute zusätzliche Flächen für die Windenergie durch Positivplanung nach dem
neuen § 245e Abs. 1 S. 6ff. BauGB ausweisen. Mit einer solchen Positivplanung
ist allerdings keine baurechtliche Ausschlusswirkung im restlichen
Gemeindegebiet verbunden, sondern es wird lediglich der gemeindliche Wille,
Windenergie auf diesen Flächen zu ermöglichen zum Ausdruck gebracht. Dabei kann
vom Planungskonzept der ursprünglichen Konzentrationszonenplanung abgewichen
werden, sofern die Grundzüge der Planung erhalten werden. Von der Wahrung der
Grundzüge er bisherigen Planung ist regelmäßig auszugehen, wenn Flächen im
Umfang von nicht mehr als 25 Prozent der schon bislang dargestellten Flächen
zusätzlich dargestellt werden. Ausweisungen, die mehr als 25 Prozent der
bisherigen Flächen umfassen, sind nur im Einzelfall möglich, wenn diese Flächen
bereits als Potenzialflächen bewertet wurde. Darüber hinaus besteht ein
erhöhtes Begründungserfordernis.
Aufgrund der geringen Größe der vorhandenen Konzentrationszone für Windenergieanlagen im Flächennutzungsplan der Stadt Emmerich am Rhein könnte durch eine Positivplanung gem. den vorgenannten Vorgaben lediglich ein einzelner Anlagenstandort ausgewiesen werden.
Eine Planung, die darüber hinaus geht, ist aufgrund des engen zeitlichen Horizonts nicht realisierbar. Möchte die Stadt Emmerich am Rhein noch weitere Konzentrationszonen in ihrem Flächennutzungsplan ausweisen, müssen diese bis zum 1. Februar 2024 wirksam geworden sein. Auch eine Änderung der bestehenden Konzentrationszonenplanung ist nur noch bis zum 1. Februar 2024 möglich.
Eine generelle Aufhebung der Ausschlusswirkung der
bestehenden Konzentrationszone für Windenergieanlagen kommt aus Sicht der
Verwaltung nicht in Betracht. Die Aufhebung der Ausschlusswirkung nach § 35
Abs. 3 S. 3 BauGB hätte zur Folge, dass Windenergieanlagen planungsrechtlich
grundsätzlich im gesamten Außenbereich der Stadt Emmerich am Rhein als
privilegierte Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB zulässig wären und damit jegliche
gesamtstädtische Steuerung von Windenergieanlagen verloren ginge.
Die Verwaltung sieht die Gefahr, dass durch den Wegfall der Ausschlusswirkung
ein ungeplanter Ausbau von Windenergieanlagen im Stadtgebiet erfolgt und
dadurch künftig Potenzialflächen für konkurrierende Nutzungen aufgrund
erforderlicher Abstände zu den Anlagen nicht mehr zur Verfügung stünden.
Dies betrifft insbesondere auch geeignete Flächen für die Ansiedlung von
größeren Gewerbeeinheiten. Im Bereich des Gewerbegebiets Budberger Straße
entlang der Bundesautobahn befinden sich Flächen, die sich potenziell für die
Ansiedlung größerer Gewerbebetriebe eignen. Im Zuge der Aufhebung der
Ausschlusswirkung der bestehenden Konzentrationszone für Windenergie könnte
dieser Bereich allerdings auch für die Entwicklung von Windenergieprojekten
interessant sein und so eine in die Zukunft gewandte Geerbeplanung unmöglich
machen.
Angesichts der steigenden Umschlagszahlen unterliegt der Hafen Emmerich sowie
die umliegende Logistik einem großen Entwicklungsdruck, es besteht die
Nachfrage nach entsprechend großen Flächen. Der Emmericher Hafen profitiert
neben der trimodalen Verkehrsanbindung insbesondere durch seine geografische
Lage. In den letzten 20 Jahren konnte der Hafen somit seinen Umschlag mehr als versechsfachen.
Bedingt durch den Hafen und der damit verbundenen Logistik als wesentliche
Standortfaktoren hat die Stadt Emmerich am Rhein sich, auch aufgrund wichtiger
Neuansiedlungen, zu einem bedeutenden Logistikzentrum entwickelt. Dieser
Entwicklung sollte weiterhin gestärkt und perspektivisch weitere Flächen
vorgehalten werden. Das Vorgehen der Verwaltung entspricht damit dem Leitbild,
indem perspektivisch überregionale Dienstleistungen im kombinierten Verkehr
ausgebaut und weitere Logistik-Unternehmen angesiedelt werden.
Vorschlag der Verwaltung: Positivplanung
Um den Ausbau der Windenergie in Emmerich dennoch voranzubringen, prüft die Verwaltung eine mögliche Positivplanung. Ziel ist es, durch eine Einzelfallentscheidung Flächen von mehr als 25 Prozent der bestehenden Konzentrationszonenplanung ausweisen zu können. Im Rahmen der Konzepterarbeitung als Grundlage der angestrebten 77. Änderung des Flächennutzungsplans wurden bereits Flächen als potenzielle Windenergiestandorte untersucht. Aufgrund der der damals geltenden Abstandsregelungen konnte die Planung jedoch nicht weitergeführt werden. Ziel ist nun, die Flächen erneut auf ihre Geeignetheit zu prüfen und im Rahmen einer Positivplanung Windenergie zu ermöglichen. Die Verwaltung prüft in Abstimmung mit der Bezirksregierung Düsseldorf, ob das beschriebene Vorgehen umsetzbar ist.
Die angestrebte Positivplanung würde später im Regionalplan als Windenergiegebiet aufgenommen werden.
Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.
Leitbild :
Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 2.5
In Vertretung
Dr. Wachs
Erster Beigeordneter