Betreff
Bürgerenergie in Form einer Freiflächen-PV-Anlage
Vorlage
16 - 17 1070/2023/1
Art
Verwaltungsvorlage
Referenzvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein beschließt, das Vorhaben zu unterstützen und zu verfolgen, sofern die Finanzierung und Planung sichergestellt sind. Die Bürgerschaft soll das Projekt tragen. Die Verwaltung nimmt die Rolle des Informierens und Werbens ein.

Sachdarstellung :

 

Die zunehmende globale Erwärmung ist zweifelsfrei erwiesen [IPCC-Bericht 2023]. Die mittlere globale Temperatur über der Landfläche ist im Vergleich zum präindustriellen Zeitalter um 1,6 °C gestiegen. Die große Mehrheit der Wissenschaftler ist überzeugt, dass anthropogene Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen den Anstieg der atmosphärischen Treibhausgas-Konzentration und damit den globalen Temperaturanstieg verursachen. Ein schneller globaler Temperaturanstieg gefährdet in einem noch wenig verstandenen Ausmaß die Stabilität des globalen Klimasystems, das Leben der von Extremwetterlagen direkt bedrohten Menschen, die Ernährungsgrundlage der Weltbevölkerung, Infrastrukturen, küstennahe Siedlungsgebiete sowie die ohnehin unter hohem Druck stehende Diversität an Arten und Biotopen [Fraunhofer ISE; www.pv-fakten.de]. Um diesem entgegenzuwirken ist die Umsetzung von Maßnahmen zur Senkung und Reduzierung des CO2-Ausstoßes dringend erforderlich. In diesem Rahmen sind jedoch einige konkrete Fragen zu beantworten, um gezielt Maßnahmen entwickeln zu können.

Liefert Photovoltaik (PV) relevante Beiträge zur Senkung des CO2-Ausstoßes?

Ja. Der CO2-Äquivalente (THG) Emissionsfaktor für den Strommix in Deutschland, mit Berücksichtigung der Vorketten, ist von 860 g CO2-Äq/kWh im Jahr 1990 auf ca. 485 g CO2- Äq/kWh im Jahr 2021 gefallen. Einen wichtigen Beitrag zu dieser Reduktion leistete dabei der Ausbau der Erneuerbaren Energien [Fraunhofer ISE; www.pv-fakten.de].

Wieviel PV wird für die Energiewende benötigt?

Die Energiewende ist zentral für eine sichere, umweltverträgliche und wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft. Um unseren gesamten Energiebedarf aus Erneuerbaren Energien zu decken, ist ein massiver Ausbau der installierten PV-Leistung, neben einer Reihe weiterer Maßnahmen, notwendig. Die Prognosen sagen, dass eine installierte Nennleistung von                   300-400 GWp erforderlich ist um eine Klimaneutralität im Sektor Energiewirtschaft zu erreichen [Fraunhofer ISE; www.pv-fakten.de]. Wir müssen uns von der fossilen Energieerzeugung mit wenigen großen Stromproduzenten verabschieden und gemeinsam ein modernes, flexibles System mit klimafreundlichen Erneuerbaren Energien und vielen kleineren Erzeugern, darunter auch Eigenverbrauchsanlagen und Bürgerenergiegesellschaften, entwickeln [www.energiewechsel.de]. 

Somit ist es in unserer aller Interesse, die Energiewende durch den Ausbau von PV-Anlagen auch im Stadtgebiet Emmerich am Rhein voranzutreiben. Hierbei möchte die Stadtverwaltung den Bürgerinnen und Bürgern eine städtische Fläche zur Verfügung stellen, um eine Freiflächen PV-Anlage (FFPV) zu errichten und zu betreiben. Bei der Bürgerenergie steht der Gemeinschaftsgedanke im Mittelpunkt. Möglich ist das unter anderem mit Bürgersolaranlagen. Ziel ist, gemeinsam Verantwortung für die Region und die eigene Umwelt zu übernehmen.

 

 

Die finanzielle Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Erneuerbare-Energien-Projekten ist ein entscheidender Faktor für die Energiewende. Bürgerenergie schafft Akzeptanz durch Transparenz, Mitbestimmung und mehr Wertschöpfung in der Region. Zudem tragen Engagement und Knowhow der Bürgerinnen und Bürgern oft wesentlich zum Erfolg von Projekten bei.

Explizit geht es um eine 1,8 ha große Fläche am Blackweg /Jahnstraße in Emmerich-Vrasselt, welche im Flächennutzungsplan als Gewerbefläche gekennzeichnet ist und somit priorisiert für eine FFPV-Anlage genutzt werden kann.

Abbildung 1: Darstellung der städtischen Fläche am Blackweg/Jahnstraße für die Errichtung einer Bürger-PV-Anlage sowie ein Ausschnitt aus dem Flächennutzungsplan

Eine erste Abfrage bei den Stadtwerken Emmerich GmbH hat ergeben, dass eine Umsetzung auf der angedachten Fläche mit etwa 1,0 MWp bis 1,5 MWp möglich wäre. Das entspräche dem Strombedarf von ca. 450 Haushalten pro Jahr. Da die Stadtwerke Emmerich GmbH auf Flächen der alten Deponie eine FFPV-Anlage in Eigenleistung errichten können Synergieeffekte (z.B. Kostenteilung für die Leitungslegung) genutzt werden.

Im Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz Anfang des Jahres wurde die Erstellung eines Gutachtens zum PV-Ausbau im gesamten Stadtgebiet empfohlen. Aufgrund der anhaltenden sich ändernden Gesetzeslage (u.a. Abstandsflächen von FFPV-Anlagen im Bereich von Schienenwegen und Autobahnen), wäre die Erstellung eines derartigen Gutachtens bislang nicht sinnvoll gewesen, weshalb noch keine Umsetzung stattgefunden hat.

Am 06.07.2023 hat ein erster Kickoff-Termin mit interessierten Bürgern, Herrn Borth, Herrn Siegmund und Herrn Spelleken von den Stadtwerken Emmerich GmbH sowie Herrn Allofs und Herrn Sieg den Beratern für PV-Projekten von Energy4Climte NRW sowie Vertretern der Stadtverwaltung stattgefunden. Als Fazit kann zusammengefasst werden, dass großes Interesse an der Umsetzung der FFPV besteht, es jedoch nur eine wirtschaftliche Projektumsetzung gibt, wenn die oben genannten Synergien genutzt werden können. Interessanter wird es, wenn weitere FFPV-Bürgerprojekte im Stadtgebiet umgesetzt werden könnten. Hier wird die Stadtverwaltung Flächen sowie in Abstimmung mit den Stadtwerken Potenziale ermitteln um den Bürgerinnen und Bürgern auch wirtschaftlich interessantes FFPV-Projekt zu ermöglichen. Unterstützt wird die Stadtverwaltung durch Energy4Climte NRW da es mitunter Förderungen für Potenzialermittlungen im Rahmen von FFPV-Bürgerprojekten gibt.

Die im Haushalt 2023 für das Gutachten eingeplanten Finanzmittel können zur Förderung des PV-Ausbaus aus heutiger Sicht deutlich besser an anderer Stelle verwendet werden. Dies wäre die Unterstützung seitens Verwaltung an dem ersten FFPV-Bürgersolar-Projekt in Emmerich. Die Mittel können in das Haushaltsjahr 2024 übertragen werden und dabei im Zuge der Projektumsetzung und des Genehmigungsverfahrens von FFPV-Anlagen eingesetzt werden. Des Weiteren möchte die Stadtverwaltung dieses Bürgerprojekt und auch weiter personell begleiten und unterstützen.

 

Anmerkung:

Der Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz ist in seiner Sitzung am 22.08.2023 dem Beschlussvorschlag der Verwaltung nicht gefolgt. Der ursprüngliche Beschlussvorschlag lautete: Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein stimmt dem Vorschlag der Stadtverwaltung zu. Der einstimmig beschlossene neue Beschlussvorschlag ist oben abgebildet.

 

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme ist im Haushaltsjahr 2023 vorgesehen mit Mitteln in Höhe von 80.000 €.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 2.1.

 

 

 

Peter Hinze

Bürgermeister