hier: 2. Nachtragssatzung zur Hebesatzsatzung; Anpassung der Hebesätze der Grundsteuer A und der Grundsteuer B
Beschlussvorschlag
Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein beschließt die anliegende 2.
Nachtragssatzung zur Satzung über die Festsetzung der Steuersätze für Grund-
und Gewerbesteuern in der Stadt Emmerich am Rhein.
Sachdarstellung :
Erfordernis der
Neuregelung
Mit Urteil vom 10.04.2018 (Az.: 1 BvL 11/14) hat das Bundesverfassungsgericht die §§ 19-23, 27, 76, 79 Abs.5 u. § 93 Abs.1 Satz 2 Bewertungsgesetz für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Als Folge musste die bisherige Grundlage für die Besteuerung von Grundbesitz in der Bundesrepublik Deutschland grundlegend neu gefasst werden.
In einem ersten Schritt ist das Grundsteuer-Reformgesetz verabschiedet worden. Zielsetzung war eine verfassungskonforme, rechtssichere und zeitgemäße Fortentwicklung der Grundsteuer und der damit verbundenen Bewertung der Grundsteuerobjekte. Das darin geschaffene Bewertungsrecht, wurde auch umgangssprachlich als sog. „Bundesmodell“ bekannt. Gleichzeitig schaffte der Bundesgesetzgeber im Art. 125b GG die Möglichkeit für die einzelnen Bundesländer eigene Bewertungssysteme einzuführen. Von dieser sogenannten ”Öffnungsklausel” hat das Land Nordrhein-Westfalen keinen Gebrauch gemacht. Es wurde somit das ”Bundesmodell” angewandt.
In einem nächsten Schritt haben die zuständigen Finanzverwaltungen anhand dieser Bewertungsgrundlage neue Grundsteuerwertbescheide für jedes zu erfassende Grundstück erlassen. Der darin zugrundeliegende Grundsteuerwert bildet die neue Grundlage für das Erhebungsverfahren der jeweiligen Kommunen.
Aufkommensneutrale
Hebesätze
Das Land Nordrhein-Westfalen hat in einem weiteren Schritt für jede Kommune Hebesätze veröffentlicht, welche nach den reformierten Grundsteuerwerten als aufkommensneutral anzusehen sind, diese Hebesätze wären demnach rechnerisch notwendig um die Steuereinnahmen auf dem gleichen Niveau wie vor der Neubewertung der Grundsteuerwerte zu halten.
Mit Mitteilung des Ministeriums der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen vom 18.06.2024 wurden folgende Hebesätze für die Stadt Emmerich am Rhein benannt:
a) Aufkommensneutraler Hebesatz Grundsteuer A 323 %
b) Aufkommensneutraler Hebesatz Grundsteuer B 658 %
c) Aufkommensneutraler Hebesatz für Wohnen 507 %
d) Aufkommensneutraler Hebesatz für Nichtwohnen 1097 %
Das Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen aktualisierte die Hebesätze per Mitteilung vom 17.09.2024 auf:
a) Aufkommensneutraler Hebesatz Grundsteuer A 337 %
b) Aufkommensneutraler Hebesatz Grundsteuer B 665 %
c) Aufkommensneutraler Hebesatz für Wohnen 512 %
d) Aufkommensneutraler Hebesatz für Nichtwohnen 1123 %
Differenzierte
Hebesätze
Parallel dazu wurde von den Landtagsfraktionen CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Gesetz über die Einführung einer optionalen Festlegung differenzierender Hebesätze im Rahmen des Grundvermögens bei der Grundsteuer Nordrhein-Westfalen eingebracht. Zielsetzung des mittlerweile verabschiedeten Gesetzes ist es, die Belastungsverschiebung zwischen Wohn- und Nichtwohngrundstücken, welche durch das in Nordrhein-Westfalen angewendete „Bundesmodell“ entsteht, auszugleichen. Daraus resultieren die aufkommensneutralen Hebesätze für den Bereich ”Wohnen” und ”Nichtwohnen”.
Die Spitzenverbände lehnten bereits in dem Gesetzgebungsverfahren in einer umfassenden Stellungnahme die Anwendung der differenzierten Grundsteuerhebesätze ab. Neben generellen verfassungsrechtlichen Bedenken würde auch die eigentliche Zielsetzung des differenzierten Hebesatzes verfehlt. Die Stellungnahme ist der Vorlage beigefügt. Es wird insoweit auf die weiteren Ausführungen Bezug genommen.
Aufgrund der rechtlichen Unsicherheiten wurde vom Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen ein Rechtsgutachten zur optionalen differenzierten Grundsteuerhebesätze in Auftrag gegeben. Auch wenn einige rechtliche Bedenken mit dem Rechtsgutachten ausgeräumt werden konnten, verbleiben weiterhin nicht absehbare prozessuale Risiken. So kommt das Gutachten u.a. zu der Auffassung, dass ein Belastungsunterschied, zwischen den Hebesätzen ”Wohnen” und ”Nichtwohnen”, von 50% (Verhältnis 2:1) verfassungsmäßig nicht zu beanstanden seien. Aufgrund der neusten Mitteilung der aufkommensneutralen Hebesätze vom 17.09.2024 wäre der Belastungsunterschied in Emmerich am Rhein jedoch deutlich über 50 %. Ein solcher Belastungsunterschied könnte schwerlich zu rechtfertigen sein, da die Gefahr bestehe, dass der Charakter der Grundsteuer verändert würde.
Ein weiteres Rechtsgutachten vom 24.09.2024 wurde durch den Städtetag Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegeben. Dies kommt u.a. zu dem Ergebnis, dass eine Hebesatzdifferenzierung ein Teil des Steuergegenstandes ”Wohngrundstücke” erheblich begünstigt. Folglich würde dies für die jeweilige Kommune zu einem erhöhten Rechtfertigungsaufwand führen. Dies könnte im Vergleich zu den ”Nichtwohnungsgrundstücken” zu einer unzulässigen Überprivilegierung führen. Ob die Abmilderung oder Beseitigung von Mehrbelastungen ein hinreichender Grund für die Rechtfertigung darstellt, wird als zweifelhaft gesehen.
Aus den vorgenannten Gründen und des damit einhergehenden nicht unerheblichen Prozessrisikos lehnt die Verwaltung die Differenzierung der Grundsteuerhebesätze ab. Ausweislich der beiden Gutachten bedarf es für diese Entscheidung keine explizierte Begründung in der jeweiligen Hebesatzsatzung. Es werden vielmehr die dann maßgeblichen Hebesätze ausgewiesen.
Berücksichtigung
der fiktiven Hebesätze
Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein hat mit Haushaltsbegleitbeschluss vom 13.12.2022 u.a. beschlossen, dass die Hebesätze der Stadt Emmerich am Rhein mindestens dem Niveau der fiktiven Hebesätze entsprechen, sodass Mindereinnahmen aus den Schlüsselzuweisungen vermieden werden. Die Übernahme der aufkommensneutralen Hebesätze wäre an dieser Stelle nicht ausreichend, da die Eckpunkte des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2025 eine Anhebung der fiktiven Hebesätze vorsehen. Der fiktive Hebesatz für die Grundsteuer A steigt auf 262 Prozent und der fiktive Hebesatz für die Grundsteuer B auf 505 Prozent. Die derzeitigen Hebesätze der Stadt Emmerich am Rhein betragen 259 Prozent (Grundsteuer A) bzw. 501 Prozent (Grundsteuer B). Daraus ergibt sich eine Steigerung in Höhe von rund 1,16 Prozent (Grundsteuer A) bzw. rund 0,80 Prozent (Grundsteuer B). Unter Berücksichtigung dieser Steigerung, ergeben sich fortgeschriebene aufkommensneutrale Hebesätze in Höhe von 341 Prozent (Grundsteuer A) und 671 Prozent (Grundsteuer B).
Ergebnis
Die Verwaltung empfiehlt daher die Hebesätze auf 341 Prozent bzw. 671 Prozent anzupassen und die Satzung entsprechend zu ändern.
Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Sicherstellung des Steueraufkommens bzw. Vermeidung von verminderten Schlüsselzuweisungen.
Leitbild :
Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 6.2.
Peter Hinze
Bürgermeister