Betreff
Antrag auf Änderung des Bebauungsplanes Nr. E 24/2 - Lohmann -,
hier: Eingabe an den Rat Nr. 10/2009 von Frau Dorothee Drabert
Vorlage
05 - 14 1163/2009
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag :

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung beschließt, den Antrag auf Änderung des Bebauungsplanes Nr. E 24/2 – Lohmann – zwecks Reduzierung der zulässigen Geschossigkeit für die beiden noch unbebauten Bauflächen an der Wallstraße im Mischgebietsbereich MI2 zurückzuweisen und kein Änderungsverfahren einzuleiten.

 

Sachdarstellung :

 

Der Rat hat die in der Anlage beigefügte Eingabe Nr. 10/2009 an den Rat von Frau Dorothee Drabert in seiner Sitzung am 08.09.2009 an den Ausschuss für Stadtentwicklung verwiesen.

 

Der Bebauungsplan Nr. E 24/2 – Lohmann – setzt für die noch unbebauten Grundstücke aus dem ehemaligen Lohmannbetriebsgelände auf der Südseite der Wallstraße ein Mischgebiet (MI) mit zwei einzelnen Bauflächen von 20,0 m x 25,0 m parallel zur Wallstraße fest. Nach den Festsetzungen des Maßes der baulichen Nutzung ist hier die Errichtung zweier weiterer Solitärgebäude in der Art des unmittelbar vor Vollendung stehenden Wohn- und Geschäftshauses Wallstraße 49 an der Einmündung zur Agnetenstraße möglich. Der Bebauungsplan setzt für den betroffenen MI-Bereich eine offene Bauweise mit einer mindestens III-gescossigen und maximal IV-geschossigen Bauweise fest. Eine Höhenbegrenzung für die Gebäude oder die Festsetzung einer Dachform/Dachneigung bestehen für diesen MI-Bereich nicht.

 

Das neu errichtete Gebäude Wallstr. 49 nutzt die Festsetzungen des Bebauungsplanes E 24/2 aus. Über dem 4. Vollgeschoss wurde eine zulässige weitere Geschossebene in Form eines nicht als Vollgeschoss zählenden Staffelgeschosses errichtet. Auch wenn es sich nach der bauordnungsrechtlichen Definition damit um ein viergeschossiges Haus im Sinne der Bebauungsplanfestsetzung handelt, vermittelt es den optischen Eindruck eines fünfgeschossigen Gebäudes. Seine Höhe beläuft sich auf 14,76 m über Straßenoberkante.

 

Mit der Fertigstellung des ersten Gebäude in dem in Rede stehenden Mischgebiet haben die Anwohner im benachbarten Bereich offensichtlich erstmalig eine genaue Vorstellung über die Ausmaße der planungsrechtlich zulässigen zukünftigen Bebauung der beiden anderen Grundstücke an der Wallstraße erhalten. Initiiert durch Eigentümer der Wohnhausgrundstücke an dem vom Pesthof abzweigenden Stichweg LOHMANHF haben die Nachbarn des betroffenen Mischgebietsbereiches mit Ratseingabe vom 13.07.2009 den Antrag gestellt, den Bebauungsplan E 24/2 – Lohmann – dahin gehend zu ändern, dass die zulässige Geschossigkeit für die betroffenen Baugrundstücke an der Wallstraße auf maximal drei Geschosse ohne zusätzliches Staffelgeschoss reduziert wird. Der Antrag ist mitgezeichnet von Mietern und einer Eigentümerin der dem Antragsbereich benachbarten Häuser am Großen Wall und am Pesthof sowie von Mitarbeitern des PAN.

 

Begründet wird der Antrag damit, dass eine Bebauung der betroffenen Grundstücke mit zwei Häusern im Ausmaß der Eckbebauung an der Agnetenstraße eine unzulässige Verschattung der bestehenden Wohnhäuser in den angrenzenden Bereichen bewirke und Einsichten auf deren Fenster und Terrassen ermögliche, was eine unzumutbare Störung der Privatsphäre der ansässigen Anwohner bedeute. Darüber hinaus werde die Nordansicht des PAN-Gebäudes durch die Neubauten vollständig verdeckt.

 

Stellungnahme der Verwaltung:

 

Der Bebauungsplan E 24/2 fußt auf der städtebaulichen Planung eines so genannten Quartierskonzeptes für den Emmericher Innenstadtbereich, welches Ende der 90er Jahre aufgestellt wurde und dem „Quartier Nonnenplatz“ im nordwestlichen Teil der Innenstadt unter Berücksichtigung der seinerzeit vorhandenen Nutzungen Sparkasse, Krankenhaus und Europahauptschule sowie der Umgestaltungspläne des Fabrikgebäudes Lohmann in das PAN-Museum die Funktionen „Kultur und Dienstleistungen“ zuweist.

 

Auf diesen Leitlinien basierend wurde ein städtebaulicher Vertrag mit der Sparkasse Emmerich-Rees abgeschlossen, der die Umgestaltung des Nonnenplatzbereiches sowie die Nachnutzung des frei gelegten Lohmanngeländes, das ins Eigentum der Sparkasse übertragen wurde, regelte.

 

Zur Schaffung einer planungsrechtlichen Grundlage für die städtebauliche Entwicklung des Lohmannbereiches wurde im Jahre 2001 der Bebauungsplan E 24/2 aufgestellt, der den betroffenen Bereich in einzelne Mischgebiete gliedert, die unter Ausschluss diverse den Gebietscharakter störender Nutzungen wie Vergnügungsstätten eine Durchmischung von gewerblicher Nutzung und Wohnnutzung im Sinne der städtebaulichen Zielsetzung ermöglichen. Die im Plan vorgesehene Bebauungsplanstruktur stellt das Gebäudes des PAN-Museums weist gehend frei, während die vorhandene Blockrandbebauung an der Baustraße als geschlossener Bauriegel in den Pesthof hinein gezogen wird und auf diese Weise mit der Bebauung auf der gegenüber liegenden Straßenseite korrespondiert. Vor der Wallstraße knickt dieser Riegel am Pesthof nach Süden ab, dehnt sich in den Planinnenbereich aus und fasst dort von Norden und westen das Gelände des neu angesiedelten Kindergartens ein. Für den westlichen Planbereich an der Wallstraße ist hingegen eine aufgelockerte Bebauung mit Einzelhäusern im bauordnungsrechtlich erforderlichen Mindestabstand vorgesehen. Die Gebäudehöhen in diesem Bereich staffeln sich durch Geschossfestsetzungen von III- bis IV-Geschossern an der Südseite der Wallstraße zu zwingend III-geschossiger Bebauung am Großen wall, was einen Übergang von der hohen Bebauung des Sparkassenkomplexes zu dem am Innenstadtrand vorwiegend anzutreffenden II- bis III-geschossigen Bebauung schafft.

 

Darüber hinaus zielen diese Festsetzungen ebenso wie die Festsetzungen des Maßes der baulichen Nutzung für die anderen Mischgebietsbereiche im Plangebiet darauf ab, einer der Lage der Innenstadt und dem Grundsatz einer Verdichtung im Innenbereich zur Schonung des Außenbereiches angemessene Baustruktur zu erreichen. Hierzu bestimmt der Bebauungsplan durchweg eine drei- oder viergeschossige Bebauung, wobei lediglich für die vorhandene Bebauung an der Baustraße im Rahmen des Bestandsschutzes eine Untergrenze von 2 Geschossen zugelassen wurde.

 

Das ursprüngliche Konzept für die Bebauung am Pesthof/Lohmannhof ging von einem Geschosswohnungsbau (ggf. sozialer Wohnungsbau) aus, für den zum Zeitpunkt der Planaufstellung ein viergeschossiger Bebauungsentwurf vorlag. Das betreffende Bauvorhaben wurde in der Folgezeit nicht realisiert. Unter Verweis auf die mangelnde Nachfrage im Mietwohnungsbau legte der Vorhabenträger eine geänderte Bebauungskonzeption in dreigeschossiger Flachdachstadthäuser in geschlossener Bauweise vor und stellte einen entsprechenden Antrag auf Änderung des Bebauungsplanes. Diesem wurde stattgegeben und der Bebauungsplan durch Reduzierung auf eine zwingende Dreigeschossigkeit und Festsetzung der Dachform dem neuen Bauentwurf angepasst. Ferner wurde für den betroffenen Bereich eine detaillierte Gestaltungssatzung erlassen, um eine einheitliche Ausgestaltung des Gesamtprojektes bei sukzessiver Erstellung der Gebäude mit der Auswahlmöglichkeit unterschiedlicher Module durch die privaten Bauherren zu gewährleisten.

 

Von diesem Vorhaben sind seit dem Jahr 2007 die ersten 4 Hauseinheiten am Lohmannhof erstellt worden. Diese weisen eine reine Wohnnutzung auf und präsentieren sich durch Fassadengestaltung und Rücksprünge in der 3. Geschossebene zur Bildung von Dachterrassen von der Optik her eher als zweigeschossige Häuser, die dem Grundsatz einer Bebauungsverdichtung im Innenstadtbereich durch Geschossbau eben noch gerecht werden. Die geänderte Bebauungskonzeption solcher Stadthäuser am Pesthof läuft im Grunde genommen insgesamt auf eine reine Wohnnutzung hinaus, was für einen begrenzten Teilbereich des Plangebietes möglicherweise schädlich ist, für den Fall einer planungsrechtlichen Anpassung angrenzender Bereiche an diese Bebauung durch Reduzierung bisheriger Ausnutzungsmöglichkeiten aber irgendwann zu einem Kippen des Gesamtgebietscharakters in ein Wohngebiet führen könnte. Das widerspricht den bisherigen städtebaulichen Zielen der Quartiersplanung.

 

Der Eigentümer der beiden betroffenen Bauplätze hat darüber hinaus erklärt, dass er nach der Vermarktung des Eckhauses weiterhin an der bisherigen Planung zweier Wohn- und Geschäftshäuser in der Art des ersten Solitärgebäudes an der Wallstraße festhalte. Die beantragte Reduzierung der baulichen Nutzung um zwei Geschossebenen würde hierbei eine einschneidende Verminderung der Wirtschaftlichkeit dieser Gebäude bedeuten, die gerade in dem seinerzeitigen städtebaulichen Vertrag mit der Stadt Emmerich Grundlage für die vertraglichen Vereinbarungen gewesen sei. Es werde darauf hingewiesen, dass die Antragsteller, sofern sie Eigentümer der Grundstücke am Lohmannhof sind, bei Erwerb und Bebauung ihrer Grundstücke Kenntnis von der planungsrechtlichen Situation in der Nachbarschaft und die Auswirkungen der dort zulässigen Bebauung gehabt haben, bzw. sich hätten verschaffen können. Nicht nur unter diesem Aspekt bestehe wohl kein Anspruch auf Bebauungsplanänderung.

 

Beim Bebauungsplangebiet handelt es sich um einen innerstädtischen Bereich, der sich gegenüber den locker bebauten Wohnbeeichen in den städtischen Vororten insbesondere durch eine dichte, meist geschlossene Bebauung auszeichnet. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Einsichtnahmemöglichkeit, wie sie von den Antragstellern befürchtet wird, nicht rücksichtslos, sondern  muss hier im Allgemeinen hingenommen werden. Hinzu kommt, dass die Planfestsetzungen im vorliegenden Fall einen Mindestabstand von 12 m aufweisen und damit die bauordnungsrechtlich erforderlichen Abstandflächen zwischen der Bebauung an der Wallstraße und am Lohmannhof sowie zum Pesthof und zu den benachbarten Häusern am Großen Wall berücksichtigen. Die Einhaltung der Abstandflächen leistet dem Nachbarschutz Genüge und macht eine darüber hinaus gehende Wahrung der Privatsphäre der ansässigen Anwohner gegenüber der zukünftig hinzukommenden Bebauung zum Gegenstand eigener Vorkehrungen.

 

Zur Beurteilung, ob die zukünftige Bebauung der beiden überbaubaren Flächen an der Wallstraße unzumutbare Verschattungen bestehender Bebauung bewirkt, ist auf die DIN 5034 (Tageslicht in Innenräumen) zuzugreifen. In dieser Richtlinie wird – auf eine ausreichende natürliche Belichtung von Wohnungen zielend – gefordert, dass

·         Mindestens ein Aufenthaltsraum (z. B. Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche)

·         an der Tag- und Nachtgleiche (21.03 / 23.09)

·         in der Mitte der Fenster

·         für mindesten 4 Stunden

belichtet sein muss.

 

Die Stellung der zukünftigen Bauköper an der Wallstraße bewirkt zum Zeitpunkt der Tag-/Nachtgleiche, dass sich der Gebäudeschatten erst nach 15.00 Uhr Ortszeit in Richtung der östlich gelegenen Bebauung Lohmannhof/Pesthof bewegt und diese bei einer Gebäudehöhe von ca. 15 m gegen 16.00 Uhr trifft. Der Schattenwurf in Richtung Wallstraße wird bei der vorgegebenen Gebäudestellung in der Zeit zwischen 6.00 Uhr und 15.00 Uhr Ortszeit stattfinden, wobei der Schatten die bestehenden Häuser an der Nordseite der Wallstraße infolge des Gebäudeabstandes von rd. 20 m nur in den frühen Morgenstunden bis maximal 11.00 Uhr berührt. Da die Nachbarbebauung somit jeweils nur einen geringen Teil der Tagesstunden von den Gebäudeschatten berührt wird, ist die Verschattungswirkung der zukünftigen Bebauung, sofern sie das Ausmaß der Eckbebauung an der Agnetenstraße annehmen sollte, im Sinne der DIN 5034 nicht als unzumutbar zu erachten.

 

Die von der Petenten bemängelte Verdeckung der Nordansicht des PAN-Gebäudes bei Ausnutzung der bestehenden planungsrechtlichen Möglichkeiten kann darüber hinaus wohl kaum als Argument für die vorgeschlagene Reduzierung der Gebäudehöhe greifen, wenn man die Sichtbeziehungen zum PAN von einem Standort im Straßenraum untersucht. In der näheren Umgebung ist allein ausschlaggebend, ob man durch eine Lücke zwischen den zukünftigen Häusern in Richtung des PAN-Gebäudes blicken kann. Eine Verminderung der zulässigen Gebäudehöhe auf den im Bebauungsplan festgesetzten Bauflächen an der Wallstraße auf ca. 9 m (drei Geschosse mit Flachdach) würde einen Betrachter erst in einer Entfernung von ca. 175 m dazu in die Lage versetzen über das Gebäude hinweg die Oberkante der nördlichen PAN-Fassade zu erblicken. Dies entspräche einem Standort unmittelbar vor der Bahnunterführung van-Gülpen-Straße. Jeder weiter entfernte Standort, der dem Betrachter einen größeren Teil der oberen Fassade des Museums sichtbar erscheinen ließe, läge bereits jenseits des Bahndammes, der ohne Berücksichtigung der dann noch vorgelagerten Bebauung allein schon die Sicht auf die Innenstadt verhindert. Eine Aufrechterhaltung der jetzigen Sicht auf das PAN-Gebäude z. B. vom Kreuzungsbereich Großer Wall/Pesthof aus wäre demnach nur unter erheblicher Reduzierung des Grundrisses des ersten Gebäudes an der Wallstraße, wenn nicht sogar nur unter Verzicht auf dieses Gebäude zu ermöglichen.

 

Zuletzt sei noch die Thematik etwaiger Entschädigungsansprüche bei Änderung des Bebauungsplanes entsprechend dem vorliegenden Antrag angerissen. Eine Reduzierung der Geschossigkeit würde eine nicht unwesentliche Wertminderung des Grundstückes bedeuten, da sich die in der zulässigen Geschossfläche manifestierende wirtschaftliche Ausnutzbarkeit des Grundstückes zu knapp 2/5 vermindern würde. Auch wenn die zulässige Nutzung innerhalb einer Frist von 7 Jahren ab Zulässigkeit geändert würde, bestehen angesichts der Errichtung des ersten Solitärgebäudes im betroffenen Mischgebiet Zweifel, ob die Verjährungsfrist des § 42 Abs. 3 BauGB greift, mit der Entschädigungsansprüche für nicht ausgeübte Nutzungen verfallen. Sollten solche Ansprüche gegen einen Planungsschaden auf der Grundlage der Bestimmungen des Baugesetzbuches nicht geltend gemacht werden können, so wird der Vorhabenträger im Falle einer Planänderung aber dennoch zivilrechtlich auf der Basis des seinerzeitigen städtebaulichen Vertrages mit dem Verkauf des Grundstückes einen Entschädigungsanspruch gegen die Stadt Emmerich am Rhein anmelden können.

 

Fazit:

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Ausführungen empfiehlt die Verwaltung den Antrag auf Änderung des Bebauungsplanes Nr. E 24/2  im Sinne des Beschlussvorschlages abzuweisen.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und hauswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes; Kapitel 1, Ziel 2

 

 

 

 

 

 

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        Bürgermeister