Beschlussvorschlag :
Der Ausschuss für
Stadtentwicklung nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.
Sachdarstellung :
Mit Errichtung der Beleuchtung im Jahre 2008 ist die Borussiastraße
endgültig hergestellt worden. Satzungsgemäß ist dieser Zustand mit
Erschließungsbeiträgen abzurechnen, was aufgrund der besonderen Situation in
diesem Fall bisher noch nicht geschehen ist. In der Sitzung des ASE am
20.11.2007 ist im Rahmen des Beschlusses zur Widmung der Straße vereinbart worden,
dass der Ausschuss vor Erlass der Bescheide gesondert informiert wird.
Diese besondere Situation ergibt sich aus folgender Sachlage:
Über den Ausbau der Borussiastraße ist im Jahr 1972 ein
Erschließungsvertrag mit einem privaten Bauträger abgeschlossen worden. Nach
ersten Erschließungsarbeiten zum Kanal und Baustraße geriet der
Erschließungsträger in wirtschaftliche Schwierigkeiten, was die vertraglich geregelte
Fertigstellung verhinderte. Wegen des schlechten Zustands der Straße entschied
sich die Stadt 1982 zu deren Restausbau, der 1986 mit einem Aufwand von rd.
40.000 DM abgeschlossen wurde. Allerdings verblieb das Eigentum an der Straße
weiterhin beim Erschließungsträger; dies änderte sich erst in 2006 mit
Übernahme des Straßenlandes durch die Stadt. Mit Allgemeinverfügung vom
27.11.2007 erfolgte die Widmung.
Rechtliche Beurteilung:
Der Erschließungsvertrag aus dem Jahr 1972 steht einer Beitragserhebung
nicht entgegen. Er ist nicht voll erfüllt worden und es bestehen zudem Bedenken
an seiner Wirksamkeit.
Die gemeindliche Erschließungslast aus § 123 Abs. 1 BauGB wird – auch
bei einem wirksamen Vertrag – nicht mit übertragen; die Gemeinde steht also
auch nach Abschluss eines Erschließungsvertrages weiterhin in der Verantwortung
für die Durchführung der Erschließung. Bricht der Unternehmer – aus welchen
Gründen auch immer – die Arbeiten vor Fertigstellung der Anlage ab, hat die
Gemeinde dafür Sorge zu tragen, dass sie weiter geführt werden. Entschließt sie
sich dazu, diese Weiterführung selbst zu übernehmen, hat sie die dadurch
entstehenden beitragsfähigen Aufwendungen von den Eigentümern der erschlossenen
Grundstücke über Beiträge zu erheben. Soweit über (Kauf-)Verträge bereits
Zahlungen an den Erschließungsträger geleistet wurden, können diese –
ungeachtet deren Höhe bzw. des Umstandes, ob es sich dabei ggfs. um Zahlungen
für nicht fertig gestellte Erschließungsmaßnahmen handelte – nicht angerechnet
werden, da hiervon das öffentlich-rechtliche Beitragsverhältnis gegenüber der
Gemeinde unberührt bleibt.
Auch wenn die Borussiastraße in der Örtlichkeit seit vielen Jahren
faktisch den Eindruck einer öffentlichen Verkehrsfläche vermittelt, so erfüllt
sie aber doch erst mit Übergang des Eigentums an die Stadt und Errichtung der
Beleuchtung sämtliche satzungsmäßigen Herstellungsmerkmale. Damit kann zum
jetzigen Zeitpunkt die Annahme der Verjährung eindeutig verneint werden.
An der Erhebung des Erschließungsbeitrages für die von der Stadt
Emmerich am Rhein vorgenommene Fertigstellung der Straße mit allgemeinen
Finanzmitteln besteht abgaben- wie auch haushaltsrechtlich ein öffentliches
Interesse. Als solches geht es regelmäßig ggfl. entgegen stehenden Interessen
auf Seiten der Anlieger vor. Diese werden ausweislich des bisherigen Schriftverkehrs
vor allem mit einem gewissen Vertrauensschutz wegen des großen Zeitabstands und
der Tatsache begründet, dass über die Kaufverträge seinerzeit bereits
„Anliegerkosten“ an den Bauträger geleistet worden seien. Die Argumente sind
vor dem Hintergrund des Erhebungsgebotes letztlich aber nicht geeignet, von der
Beitragsveranlagung abzusehen.
In der Summe geht es um beitragsfähige Aufwendungen von knapp 28.000 €,
was bei dem Umlagesatz von 90 % einem Beitragsaufkommen von ca. 25.000 €
entspricht.
Für die Wohnungseigentümer in den beiden Terrassenhäusern
ergibt sich daraus eine durchschnittliche Belastung von ca. 900 € je ETW, für
die beiden Bungalowgrundstücke werden voraussichtlich rd. 1.700 bzw. 3.000 €
fällig und auf das derzeit unbebaute Grundstück entfallen ca. 5.200 €.
Ein Großteil der Anlieger hat sich einen Anwalt genommen; es kann davon
ausgegangen werden, dass die Beitragsbescheide beklagt werden.
Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme ist im Haushaltsjahr 2010 mit Mitteln i. H. v. ca. 25.000 €
vorgesehen. Haushaltsstelle: Produkt Nr. 7.000041.715.
Das Kapitel Leitbild wird nicht behandelt.
In Vertretung
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Dr. Wachs
Erster Beigeordneter