Betreff
Ergänzung der Bebauungspläne mit Gewerbegebietsfestsetzungen um den Ausschluss von Spielhallen,
hier: Aufstellungsbeschluss
Vorlage
05 - 15 0241/2010
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag :

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung beschließt gemäß § 2 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 8 BauGB, die Bebauungspläne Nrn.

-           E 8/2 -Nierenberger Straße Süd-

-           E 10/4 -Dechant-Sprünken-Straße-

-           E 11/1 /Teilplan West -Spillingscher Weg-

-           E 11/1 /Teilplan Ost -Spillingscher Weg / Gewerbegebiet Ost-

-           E 12/1 -Auf dem Reek-

-           E 13/1 -Rotterdamer Straße-

-           E 13/2 -Groendahlscher Weg-

-           E 13/3 -Duisburger Straße-

-           E 17/2 -Industriestraße / Neu-

-           E 27/1 -Am Halben Mond-

-           B 4/1 -Ostermayerstraße-

-           EL/8 -Kattegat-

-           H/1 -Straatmannshof-

-           N 8/1 -Am Camp-

-           N 8/2 -Teil 1 -Gewerbegebiet Budberger Straße (Teil 1)-

dahin gehend zu ergänzen, dass für die jeweils festgesetzten Gewerbegebiete (GE) gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO die nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO ausnahmsweise Zulässigkeit für Vergnügungsstätten ausgeschlossen wird, sofern es sich um Vergnügungsstätten der Unterart „Spielhallen“ handelt.

 

Sachdarstellung :

 

Mitte der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts gab es im Emmericher Raum vermehrt Bestrebungen des Vergnügungsstättengewerbes, Spielhallenbetriebe im Innenstadtbereich einzurichten. Zielobjekte waren überwiegend Immobilien mit aufgegebenen Nutzungen in der Lage der Hauptgeschäftsstraßen. Im Falle einer Anhäufung solcher Betriebe kann es zu einem Strukturwandel bis hin zu einer Niveausenkung (Trading-down-Effekt) des betroffenen Bereiches kommen. Daher entschloss sich die Stadt Emmerich seinerzeit, Gegenmaßnahmen zu einer solchen Entwicklung zu ergreifen, und beschloss, einen Ausschluss der Zulässigkeit von Spielhallen im zentralen Geschäftsbereich der Innenstadt zu erlassen. Zu diesem Zwecke stellte sie einen einfachen Bebauungsplan für die unbeplanten Bereiche längs ihrer Geschäftsstraßen im Stadtkern auf und führte gleichzeitig für die angrenzenden Bebauungspläne ein entsprechendes Änderungsverfahren zur Gliederung der betroffenen Baugebiete durch, mit dem die Planfestsetzungen jeweils um einen Ausschluss der Nutzungsart Vergnügungsstätten, Unterart Spielhallen ergänzt wurden. Der im betroffenen Innenstadtbereich an der Ecke Christoffelstraße / Kirchstraße anzutreffende Spielhallenbetrieb wurde vor dem Inkrafttreten dieser Regelung errichtet und genießt seitdem Bestandsschutz.

 

Vergnügungsstätten bilden eine eigene planungsrechtliche Nutzungsart, die nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO) in

 

·           kerngebietstypische Vergnügungsstätten und

·           nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätten

 

unterschieden wird. Diese sind aufgrund der mit den Öffnungszeiten und der Frequentierung zu erwartenden erheblichen Störungen auf das allgemeine Wohnen nur in Baugebieten, die nicht vorrangig durch das Wohnen geprägt sind, allgemein oder als Ausnahme zulässig. Als „nicht kerngebietstypisch“ sind solche Vergnügungsstätten einzustufen, die der „Versorgung“ des unmittelbaren Einzugsbereiches dienen, was sich letztlich an der Größenordnung des jeweiligen Betriebes festmacht. Nach gängiger Rechtsprechung bildet bei Spielhallen eine Nutzfläche von 100 qm den Schwellenwert zur Kerngebietstypik.

 

Die BauNVO bestimmt folgende Zulässigkeiten für Vergnügungsstätten, wobei die Aufzählung der Verordnung abschließend ist:

 

Allgemeine Zulässigkeit für

 

·           Vergnügungsstätten ohne Größenbegrenzung in Kerngebieten (§ 7 Abs. 2 Nr. 2

             BauNVO)

·           nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätten in gewerblich geprägten Bereichen

             von Mischgebieten (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO)

 

Ausnahmsweise Zulässigkeit für

 

·           nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätten in Besonderen Wohngebieten

            (§ 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO), in Dorfgebieten (§ 5 Abs. 3 BauNVO) sowie in nicht

            gewerblich geprägten Bereichen von Mischgebieten (§ 6 Abs. 3 BauNVO)

·           Vergnügungsstätten ohne Größenbegrenzung in Gewerbegebieten (§ 8 Abs. 3

            Nr. 3 BauNVO).

 

Hieraus folgt, dass in solchen Gemeinden, die entweder keine Kerngebiete aufweisen oder ihre Kerngebiete aus städtebaulichen Gründen von der Ansiedlung von Vergnügungsstätten ausgeschlossen haben, also keine geeigneten Flächen für eine allgemeine Zulässigkeit anbieten können, eine Verlagerung kerngebietstypischer Vergnügungsstätten in Gewerbegebiete stattfinden darf und sich in diesem Fall die ausnahmsweise Zulässigkeit zu einem Anspruch verdichten kann. Eine solche Entwicklung ist für die Ansiedlung kerngebietstypischer Spielhallen in der jüngeren Vergangenheit auch in Emmerich zu verzeichnen, wo neben dem Spielhallenbetrieb an der Rudolf-Diesel-Straße im Einmündungsbereich Netterdensche Straße / Weseler Straße, derzeit auch eine Spielhalle an der Ostermayerstraße / Ecke B 220 in Entstehung begriffen ist.

 

Während in den 90er Jahren allgemein kaum eine Veränderung der Spielhallensituation in den deutschen Städten zu verzeichnen war, expandieren solche Einrichtungen in der jüngeren Vergangenheit in auffälliger Weise. So hat es auch in den benachbarten Gemeinden im Kreisgebiet eine gravierende Steigerung der Ansiedlung von vornehmlich als „Entertainment-Center“ ausgestalteten Vergnügungsstätten gegeben, die sich infolge vorhandener Ausschlussregelungen für die Zentralbereiche der Gemeinden i.d.R. auf Standorte innerhalb von Gewerbegebieten in exponierter Lage an Zufahrtstraßen beziehen. Diese Entwicklung kann für Emmerich inzwischen ebenfalls bestätigt werden, da es neben den vorgenannten genehmigten Spielhallen weitere Anfragen für die Nachnutzung vakanter größerer Gewerbeobjekte gibt. Kürzlich wurde ein entsprechender Nutzungsänderungsantrag für ein Gebäude im Gewerbegebiet an der Duisburger Straße / Ecke Weseler Straße zu einer Spielhalle mit einer Nutzfläche von rd. 850 qm eingereicht.

 

Bei einer weiteren Anhäufung von Spielhallen sind mögliche negative Auswirkungen auf die betroffenen Gewerbebereiche nicht von der Hand zu weisen. Im Falle einer Ansiedlung mehrerer dieser Betriebe in relativer Nachbarschaft zueinander kann es zu einer Konzentrationswirkung kommen, die eine Verdrängung anderer Nutzungen vorbereitet, so dass die Struktur des jeweiligen Gewerbegebietes, insbesondere bei unbeplanten 34er-Bereichen, zu Lasten des produzierenden Gewerbes kippen könnte. Solche Gebietsumwandlungen würden sich jedoch zunächst auf begrenzte Bereiche beschränken, während die Interessenslage der Vergnügungsstättenbetreiber im Prinzip sämtliche bestehenden über das Stadtgebiet verteilten Gewerbebereichsflächen betreffen könnte.

 

Im Falle einer unbeschränkten Ansiedlung weiterer kerngebietstypischer Spielhallen in den am Ortsrand gelegenen Gewerbegebieten wird darüber hinaus irgendwann der von der Emmericher Bevölkerung ausgehende Bedarf an solchen Angeboten bei Weitem überschritten sein, so dass sich auch hieraus eine für die Stadt negative städtebauliche Entwicklung einstellen könnte. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für neue Spielhallen sind daher zukünftig auch an die Bestandssituation zu knüpfen. Hierzu bedarf es vorweg jedoch einer entsprechenden Analyse.

 

In der momentanen Situation gesteigerten Interesses von Betreiberseite erscheint es angebracht, dass sich die Stadt Emmerich am Rhein kurzfristig zu einer planungsrechtlichen Steuerung von Spielhallen auch außerhalb ihres innerstädtischen Kernbereiches entschließt, damit sie nicht von einer Ansiedlung von Spielhallen, deren Standorte eindeutig auch auf ein erhebliches Klientel aus dem niederländischen Raum abzielen, überrollt wird. Grundlage für eine solche Steuerung ist ein städtebauliches Konzept, welches einerseits den Bestand und die Auswirkungen der bestehenden sowie etwaig hinzukommender Betriebe analysiert, andererseits aber keine Negativplanung für das Gesamtstadtgebiet bedeutet, sondern der betreffenden Nutzung Entwicklungsbereiche, ggf. ähnlich Vorrangflächen einräumt. Die Ergebnisse dieses Konzeptes werden durch die jetzt angestoßene Bauleitplanung gesichert.

 

Nach der bestehenden planungsrechtlichen Situation im Stadtbereich könnten sich kerngebietstypische Spielhallen sowohl in Gewerbegebieten (GE) nach § 8 BauNVO, die in Bebauungsplänen festgesetzt sind, als auch in unbeplanten Bereichen, deren nähere Umgebung die Eigenart eines Gewerbegebietes aufweist, ansiedeln. Für bestehende rechtskräftige Bebauungspläne ist es grundsätzlich möglich, diese durch textliche Festsetzung über den Ausschluss von Spielhallen nach § 1 Abs. 8 BauGB zu ergänzen und dabei eine Gebietsgliederung im Sinne des § 1 Abs. 6 BauNVO vorzunehmen.

 

Um diese Planungsabsichten frühzeitig zu sichern, soll von den Bestimmungen des zweiten Teils des Baugesetzbuches „Sicherung der Bauleitplanung“ und seinem ersten Abschnitt „Veränderungssperre und Zurückstellung von Baugesuchen“ Gebrauch gemacht werden. Hierzu muss ein Einleitungsbeschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplanes, hier die Ergänzung der von Gewerbegebietsfestsetzungen betroffenen Bebauungspläne gefasst und bekannt gemacht sein. Eine Entscheidung über Anträge auf Errichtung weiterer Spielhallen kann dann im Wege der Zurückstellung von Baugesuchen nach § 15 BauGB auf einen Zeitpunkt nach Erlass der Regelung zur Steuerung von Spielhallen verschoben werden. Seitens der Verwaltung wird daher vorgeschlagen, für die o.a. Bebauungspläne ein Sammelverfahren, bei dem für jeden einzelnen Bebauungsplan eine entsprechende Ergänzung um eine textliche Festsetzung vorgesehen wird, einzuleiten. Vorbehaltlich der Ergebnisse des noch aufzustellenden städtebaulichen Konzeptes wird zunächst davon ausgegangen, dass für alle betroffenen Gewerbegebietsbereiche ein Ausschluss der Zulässigkeit von Spielhallen festgesetzt wird, wobei sich der Gesamtumfang der Festsetzungen noch an die Ergebnisse des Steuerungskonzeptes anpassen wird.

 

Das Konzept zur planungsrechtlichen Steuerung von Spielhallen soll parallel zu diesem Verfahren aufgestellt werden. Eine entsprechende Beschlussvorlage zur Erarbeitung eines solchen Konzeptes bedarf noch der weitergehenden Vorbereitung und wird in eine der nächsten Sitzungsfolgen eingestellt.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keinen finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes, Kapitel 2, Ziel 4.

 

 

In Vertretung

 

 

 

Dr. Wachs

Erster Beigeordneter