hier: 1) Aufstellungsbeschluss
2) Veränderungssperre
Beschlussvorschlag :
1) Der Rat beschließt, den Bebauungsplan
Nr. EL/8 -Gewerbegebiet Beeker Straße / Kattegat- gemäß § 2 Abs.1 i.V.m. § 1
Abs. 8 BauGB dahin gehend zu ändern, dass von den nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO
allgemein zulässigen Gewerbebetrieben aller Art Bordelle und bordellähnliche
Betriebe nicht zugelassen werden.
2) Der
Rat beschließt den vorgelegten Entwurf einer Veränderungssperre für den
Verfahrensbereich der 4. Änderung des Bebauungsplanes Nr. EL/8
-Gewerbegebiet
Beeker
Straße / Kattegat- gemäß § 16 Abs. 1 BauGB als Satzung.
Sachdarstellung :
Zu 1) Aufstellungsbeschluss
Dem Ortsteil Elten ist mit dem Gewerbegebiet Beeker Straße /
Kattegat ein einziger Gewerbebereich zugeordnet. Den Planungsabsichten des für
die Entwicklung dieses Bereiches im Jahre 1974 aufgestellten Bebauungsplanes
EL/8 zufolge sollte das zulässige Gewerbe mit dem seinerzeit geplanten
Kurbetrieb verträglich sein. Auch wenn die hierzu getroffene textliche
Festsetzung planungsrechtliche Mängel aufweist und daher ihrem
Bestimmungsgehalt nach nicht wirksam ist, so dokumentiert sie dennoch das
städtebauliche Ziel des Bebauungsplanes EL/8, seinen Gewerbebereich
ausschließlich für nicht störende Betriebe zu öffnen, was sich insbesondere an
den jeweiligen Emissionspotentialen festmacht.
Mit einer Entfernung von rd. 500 m zum Ortsrand an der
Ausfallstraße zur Autobahn A 3 ist der Gewerbebereich als Standort zwar
durchaus attraktiv für überregional agierende Betriebe, gemessen an seiner
geringen Größe bietet er aber für solche Betriebe mit einem in der Regel
größeren Flächenbedarf wenig Raum. Das direkte Umfeld eröffnet für die Zukunft
darüber hinaus keine Erweiterungsmöglichkeiten. Dem im Stadtgefüge separat
gelegenen kleinen Gewerbegebiet ist daher vorrangig eine lokale Funktion
zuzuordnen, die auf die Ansiedlung von Betrieben abzielt, die der Versorgung
des Ortsteiles Elten dienen, im Siedlungsbereich aber störend wären.
Der heutige Nutzungsbestand innerhalb dieses Gebietes
spiegelt das genannte Planungsziel nur teilweise wider. Einerseits existiert
insbesondere im nördlichen Teilbereich des Gebietes eine Durchmischung von
Gewerbe und Wohnen, welches teilweise bereits vor der Aufstellung des
Bebauungsplanes vorhanden war oder unter großzügiger Gewährung von
Betriebsleiterwohnungen, die nach jeweiliger Betriebsaufgabe eine Weiternutzung
erfahren haben, entstanden ist. Andererseits stagniert die gewerbliche
Entwicklung in diesem Bereich nicht nur, sondern befindet sich eindeutig in
einer Rezessionsphase, was sich am Leerstand von Lagerhallen oder sonstiger
größerer Produktions- und Gewerbegebäude ablesen lässt.
Auf einem der Grundstücke im Gewerbegebiet hat sich bereits
vor Jahren nach einer Vornutzung als Disco ein Bordellbetrieb angesiedelt.
Derzeit liegt eine Bauvoranfrage zur Einrichtung eines weiteren
Bordellbetriebes in einem leer stehenden Gewerbegebäude am Kattegatweg vor. Die
geplante Größe dieses Betriebes umfasst das Dreifache des bereits Bestehenden.
Auch wenn die betreffende Nutzung von dem nach allgemeiner Anschauung
„typischen“ Gewerbe abweicht, handelt es sich um einen Gewerbebetrieb, der
zunächst gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO unter „Gewerbebetriebe aller Art“ in
einem Gewerbegebiet allgemein zulässig ist. Der § 15 Abs. 1 BauNVO schränkt die
Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen jedoch
dahin gehend ein, dass sie im Einzelfall unzulässig werden können, wenn sie
nach „Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets
widersprechen.“
Die obergerichtliche Rechtsprechung (so unter anderem OVG
Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 27.08.2009, AZ 8 A 10480/09) geht von dem
Erfahrungssatz aus, dass eine Konzentration von Bordellbetrieben sowie
sonstigen Einrichtungen des Sex-Gewerbes sowie Vergnügungsstätten eine
Gebietsabwertung auslösen kann. Dabei zeichnet sich eine Konkurrenzsituation
zwischen Betrieben des Rotlichtgewerbes, die mit einem relativ geringen
Investitionsbedarf eine vergleichsweise hohe Ertragsstärke erzielen können, und
„normalen“ Gewerbebetrieben mit deutlich höherem Investitionsbedarf und
geringerer Ertragsstärke ab. Dies kann zu einer Erhöhung der Grundstücks- und
Mietpreise und damit zu einer Verdrängung von Gewerbebranchen mit schwächerer
Finanzkraft führen. Zudem erweist sich solch ein Gebiet zumeist als unattraktiv
für die „klassischen“ Gewerbebetriebe, da diese die Ansiedelung von Bordellbetrieben
als nachteilige Vorprägung empfinden.
Dabei kann im Einzelfall bereits ein Vorhaben ausreichen, um
den vorgenannten Trading-Down-Effekt auszulösen und das städtebauliche
Planungsziel zu gefährden. Beim Gewerbegebiet „Kattegat“ handelt es sich um ein
überschaubares Gewerbegebiet mit einer recht geringen Flächenausdehnung.Im
Falle der Ansiedlung des geplanten zweiten Bordellbetriebs würden sich an den
beiden Ein- und Ausfahrtsstraßen in das betreffende Gebiet jeweils
Bordellbetriebe befinden, so dass beim durchschnittlichen Betrachter der
Eindruck einer dominierenden Wirkung durch solche Betriebsarten und –formen
erweckt werden kann. Die Gefahr des „Umkippens“ des Gewerbegebiets und somit
eine negative städtebauliche Entwicklung ist daher nicht ohne Weiteres von der
Hand zu weisen.
Bauleitpläne sollen gemäß § 1 Abs. 5 BauGB „eine nachhaltige
städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und
umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber zukünftigen
Generationen miteinander in Einklang bringt, .... gewährleisten.“ Neben dem
bestehenden Gewerbegebiet EL/8 ergeben sich absehbar keine Möglichkeiten einer
Gewerbeflächenausweisung an anderer Stelle für den Ortsbereich Elten. Dieser
Ortsteil stellt jedoch infolge seiner Lage und seiner Bevölkerungsgröße den
zweiten Siedlungsschwerpunkt im Stadtbereich dar. Zu dessen notwendiger
Infrastruktur gehört daher auch ein ihm zugeordneter kleiner Gewerbebereich,
der Gewerbenutzungen, die den örtlichen Bedarf decken, aufnehmen kann oder eine
gewisse Anzahl von Arbeitsplätzen für die Bewohner anbietet. Daher gilt es in
der jetzigen Situation, die weitere Entwicklung des bestehenden Gewerbegebietes
planungsrechtlich zu steuern und negative Veränderungen, die die bisherige
Funktion des Gebietes aufheben könnten, abzuwenden. Hierzu soll ein
Planänderungsverfahren eingeleitet werden, mit dem der Bebauungsplan um einen
Ausschluss von Bordellbetrieben ergänzt wird. Der Bestandsschutz des
bestehenden Betriebes, der auf seinem Grundstück keine wesentlichen
Erweiterungsmöglichkeiten besitzt, wird hierdurch nicht angetastet.
Im Rahmen des Änderungsverfahrens soll darüber hinaus noch
einmal geprüft werden, in welcher Form die planungsrechtlichen Mängel des
Bebauungsplanes bereinigt werden können, so dass ggf. noch eine Erweiterung der
Planungsabsichten für diesen Planbereich zustande kommt. Die kurzfristige
Einleitung des Änderungsverfahrens in dieser vorgeschlagenen Form ist
erforderlich, um durch die nachfolgende Veränderungssperre angesichts der Nachfragesituation
frühzeitig eine Sicherung der Planung betreiben zu können.
Da wie bei den Vergnügungsstätten (Spielhallen) zumindest im
grenznahen Bereich auch eine Steigerung der Anfragen für Bordellbetriebe
auszumachen ist, ist verwaltungsseitig geplant, langfristig ähnlich dem
Steuerungskonzept für kerngebietstypische Spielhallen auch ein
Steuerungskonzept für das gesamte Stadtgebiet zur Ansiedlung von Bordellen zur
Aufstellung vorzulegen.
Im Rahmen der in gleicher Sitzung des Ausschusses für
Stadtentwicklung vorgelegten planungsrechtlichen Sicherung eines noch
aufzustellenden Konzeptes für die Steuerung von Spielhallen soll neben anderen
Bebauungsplänen auch für den Bebauungsplan EL/8 eine entsprechende Ergänzung um
einen Spielhallenausschluss betrieben werden. Dieses Thema, welches ebenfalls
den Aspekt des Trading-Down-Effektes abhandelt, wird daher in einem separaten
Verfahren für den Eltener Gewerbebereich geregelt.
Zu 2) Veränderungssperre
Die bislang bestehende Festsetzung „Gewerbegebiet“ im Sinne
von § 8 BauNVO im Bebauungsplan Nr. EL/8 -Gewerbegebiet Beeker Straße /
Kattegat- hat sich als nicht unproblematisch herausgestellt. Insbesondere das
zunehmende Interesse von Investoren an der Errichtung von Bordellen sowie
bordellartigen Betrieben und ggf. auch anders gearteten Vergnügungsstätten hat
gezeigt, dass gerade Bebauungspläne, welche im Rahmen ihrer Festsetzungen von
Gewerbegebieten keinerlei Nutzungsbeschränkungen oder Differenzierungen
enthalten, es schwerlich ermöglichen, diese Gebiete einer geordneten
städtebaulichen Entwicklung zuzuführen. Vielmehr zeigt sich eine unkoordinierte
Ansammlung verschiedener Nutzungen, welche es erschwert, die „klassischen
Gewerbebetriebe“ in diesen Bereichen anzusiedeln.
Der der Unteren Bauaufsichtsbehörde konkret vorliegende
Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides für die Nutzungsänderung eines
produzierenden Gewerbebetriebes am Kattegatweg in ein Bordell birgt ein nicht
unerhebliches Risiko, dass dieses Vorhaben den städtebaulichen Zielen, welche sich
die Stadt Emmerich am Rhein in Bezug auf die Entwicklung des betroffenen
gewerblichen Baugebietes setzt, widerspricht. Das Baugesetzbuch gibt der
Gemeinde in den §§ 14 (Veränderungssperre) und 15 (Zurückstellung von
Baugesuchen) planungsrechtliche Mittel zur Sicherung der Bauleitplanung an die
Hand, die grundsätzlich denselben Voraussetzungen einer eingeleiteten
Bauleitplanung unterliegen. Mit dem vorlaufenden Aufstellungsbeschluss ist
diese Voraussetzung erfüllt. Die vorgesehene gleichzeitige Bekanntmachung des
Aufstellungsbeschlusses sowie der Veränderungssperre lässt diese verbindlich
werden.
Der Veränderungssperre muss zum Zeitpunkt ihres Erlasses
eine hinreichend konkretisierte Planung zugrunde liegen. Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt, dass sich die Vorstellungen
der Gemeinde nicht darin erschöpfen dürfen, ein konkretes Vorhaben zu
verhindern oder allein Zeit gewinnen zu wollen, in der Vorstellungen über die
Gestaltung des in Rede stehenden Bereichs überhaupt erst entwickelt werden
sollen (vgl. hierzu beispielhaft BVerwG, Beschluss vom 5.02.1990, AZ 4 B
191/89). Erforderlich sind daher positive Planungsvorstellungen vom künftigen
Planinhalt, welche allerdings noch nicht so weit gediehen sein müssen, dass sie
sozusagen den Inhalt des künftigen Bebauungsplans im Detail erkennen lassen.
Das OVG Lüneburg führt auf Grundlage dieser Rechtsprechung aus, dass es nicht
ausgeschlossen sei, ein positives Ziel darin zu definieren, den gegenwärtigen,
nunmehr als begrüßenswert eingestuften Zustand erhalten zu wollen. Die mit dem
vorstehenden Aufstellungsschluss bekundete Planungsabsicht des Ausschlusses
einer bestimmten Betriebsart innerhalb des betroffenen Gewerbegebietes nach § 1
Abs. 9 BauNVO reicht somit als Grundlage für eine Veränderungssperre, die im
Vergleich zu einer Zurückstellung von Baugesuchen eine größere Außenwirkung
hat, aus.
Die Verwaltung empfiehlt daher, die Planungsabsichten der 4.
Änderung des Bebauungsplanes Nr. EL/8 -Gewerbegebiet Beeker Straße / Kattegat-
mit dem Erlass einer Veränderungssperre zu sichern.
Finanz- und
haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat
keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.
Leitbild :
Die Maßnahme steht
im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 2, Ziel 1.
In Vertretung
Dr. Wachs
Erster Beigeordneter