hier: 1) Beanstandung des Ratsbeschlusses vom 13.07.2010 zu Vorlage
05-15 0204/2010 E1, Punkte 1.3, 1.3a und 3 gem. § 54 Abs. 2 GO NRW
2) Ergänzender Bericht nach Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung
gemäß § 3 Abs. 2 BauGB
3) Städtebaulicher Vertrag
4) Satzungsbeschluss
Beschlussvorschlag Kenntnisnahme (kein Beschluss)
Zu 1)
Der Rat beschließt, die unter den
Punkten 1.3, 1.3a und 3 der Vorlage 05-15 0204/2010-E1 am 13.07.2010 von ihm
gefassten Beschlüsse -Beschluss zur Erweiterung des Satzungsbereiches um die
Grundstücke Gemarkung Elten, Flur 4, Flurstücke 2537 und 2538 sowie
Satzungsbeschluss des Offenlageentwurfes der Außenbereichssatzung „Hauberg“
einschließlich der Ergänzung der Altlastuntersuchung zum Grundstück Hauberg 1-
aufzuheben.
Zu 2)
Der Rat beschließt, der Anregung
betreffend der Einbeziehung des unbebauten Grundstückes Gemarkung Elten, Flur
4, Flurstücke 2537 und 2538 in die Außenbereichssatzung „Hauberg“ unter
Bezugnahme auf die Ausführungen der Verwaltung nicht zu folgen.
Zu 3)
Der Rat beschließt den beiliegenden
Vertragsentwurf als städtebaulichen Vertrag gemäß § 11 BauGB zur
Außenbereichssatzung „Hauberg“.
Zu 4)
Der Rat beschließt den Offenlageentwurf
der Außenbereichssatzung „Hauberg“ einschließlich der Ergänzung der
Altlastlastuntersuchung zum Grundstück Hauberg 1 gemäß § 35 Abs. 6 BauGB als
Satzung.
Sachdarstellung :
Zu Beschlussvorschlag 1): Aufhebung
des Satzungsbeschlusses
Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein hat in seiner Sitzung am
13.07.2010 mehrheitlich den Satzungsbeschluss der Außenbereichssatzung
„Hauberg“ gefasst. Im Vorlauf hierzu fasste der Rat in derselben Sitzung den
Beschluss, das ca. 1.700 m² umfassende unbebaute Grundstück Gemarkung Elten,
Flur 4, Flurstücke 2537 und 2538 nach Durchführung der Offenlage gemäß § 3
Abs.2 BauGB in den Verfahrensbereich einzubeziehen.
Meine Würdigung führt zu dem Ergebnis, dass dieser Beschluss
geltendem Recht widerspricht und somit gemäß § 54 Abs. 2 der Gemeindeordnung
für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) von mir zu beanstanden ist.
A. Sachverhaltsdarstellung
Um die planungsrechtliche Grundlage für eine mit der
Umgebungsbebauung verträgliche Nachnutzung des Geländes der ehemaligen Eltener
Papierfabrik, Hauberg 1 zu schaffen, folgte der Ausschuss für Stadtentwicklung
dem Antrag des betroffenen Eigentümers auf Aufstellung einer
Außenbereichssatzung gemäß § 35 Abs. 6 BauGB und hat in seiner Sitzung am
19.08.2008 einen Beschluss zur Einleitung eines entsprechenden
Satzungsverfahrens gefasst. Der Verfahrensbereich dieses Beschlusses umfasst
alle durch die Straße „Hauberg“ erschlossenen bebauten Wohnhausgrundstücke
(Hs-Nrn. 2 bis 17) einschließlich ihrer Gartenbereiche. Des Weiteren ist ein
Teilbereich des Geländes der Papierfabrik in das Verfahren einbezogen, der sich
auf eine Teilfläche des mit den Betriebshallen bebauten Bereiches in einer
Tiefe von 30 bis 35 m sowie das ehemalige Betriebsleiterwohnhaus Hauberg 1
beschränkt, um die dortige zukünftige Nutzung an die ansonsten am Hauberg
vorhandene Nutzungsstruktur einer straßenbegleitenden Bebauung anzupassen.
Vom Antragsteller gewünscht war darüber hinaus die
Einbeziehung einer weiteren unbebauten Teilfläche seines Grundbesitzes, bei der
es sich um ein landwirtschaftlich genutztes Gelände von ca. 25 m Breite
handelt, welches sich an die östliche Gewerbehalle anschließt und an die Straße
„Hauberg“ angrenzt. Hierzu trug der Eigentümer vor, dass der
Bebauungszusammenhang im betroffenen Bereich auf der Südseite des Hauberges
durch die Bebauungssituation der Wohnhausgrundstücke auf der anderen
Straßenseite, Hauberg 2-4 bestimmt werde. Diese weisen im hinteren
Grundstücksbereich teilweise großflächige Nebengebäude in massiver Bauweise
auf, welche den bebauten Bereich an dieser Stelle über die Wohnhäuser hinaus
nach Norden ausdehnen und nach der Art ihrer heutigen Nutzung (insbesondere
Lagerung) der Hauptnutzung des jeweiligen Grundstückes zuzuordnen sind.
Der Fachausschuss ist in seiner Entscheidung zur
Verfahrenseinleitung am 19.08.2008 der seinerzeitigen Beschlussempfehlung der
Verwaltung gefolgt und hat die betroffene Teilfläche nicht in den
Satzungsbereich einbezogen, da sie infolge der räumlichen Trennung durch die
Straße gerade keine echte Baulücke darstellt, sondern das Gelände neben der
Halle eindeutig dem Außenbereich zuzuordnen ist und im Falle ihrer Einbeziehung
eine unzulässige Ausdehnung in den landwirtschaftlichen Freiraum bewirkt würde.
In den 90er Jahren wurde für den Siedlungsbereich am
„Hauberg“ schon einmal ein Verfahren zur Aufstellung einer Außenbereichssatzung
begonnen. Die damals einschlägige Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer
Außenbereichssatzung nach dem BauGB-Maßnahmengesetz ist mittlerweile im
Wesentlichen unverändert in den § 35 Abs. 6 BauGB übernommen worden. Für das
damalige Verfahren wurde in Abstimmung mit der Bezirksregierung Düsseldorf als
Genehmigungsbehörde eine von dem jetzigen Verfahrensgebiet geringfügig abweichende
Abgrenzung festgesetzt, die sich an dem damals bestehenden Gebäudebestand
orientierte. Hierbei wurde die gesamte bebaute Betriebsfläche der Papierfabrik
einbezogen, nicht aber die Gartenfläche der Grundstücke Hauberg 2 bis 6.
Wegen planerisch nicht lösbarer Nutzungskonflikte aus dem
seinerzeit noch bestehenden Betrieb der Kläranlage, der Papierfabrik sowie dem
auf niederländischer Seite angrenzenden Pferdegestüt in Bezug auf die
Wohnnutzung wurde das damalige Satzungsverfahren abgebrochen. Unabhängig von
der vorgenannten Problematik war das Verbot der Ausdehnung des Satzungsgebiets
in den Außenbereich hinein ebenfalls ein Aspekt, der in Abstimmungsgesprächen
mit der damals noch als Genehmigungsbehörde fungierenden Bezirksregierung
Düsseldorf thematisiert wurde.
Nach Bekanntwerden der Einleitung eines Verfahrens zur
Aufstellung der Außenbereichssatzung „Hauberg“ am 19.08.2009 hat einer der
Eigentümer des an den Satzungsbereich angrenzenden unbebauten Grundstückes
zwischen dem Wohnhausgrundstück Hauberg 5 und dem Gelände der ehemaligen
Kläranlage (Gemarkung Elten, Flur 4, Flurstücke 2537, 2538) mit Eingabe vom
10.01.2009 an den Rat den Antrag gestellt, seine Fläche ebenfalls in das
Verfahren einzubeziehen.
Im Zusammenhang mit der sukzessiven Entwicklung des
Siedlungsbereichs am Hauberg ist seitens der betroffenen Eigentümer auch schon
früher ein Interesse an einer Bebauung dieses Grundstückes bekundet worden. Im
Jahre 1991 wurde eine Bauvoranfrage für ein Wohnhaus gestellt, die von der
Unteren Bauaufsichtsbehörde auf Grundlage des § 35 Abs. 2 BauGB abschlägig
beschieden wurde. Im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens wurde diese
Entscheidung durch den Kreis Kleve bestätigt. Der weitere Rechtsweg wurde von
den Antragstellern seinerzeit nicht eingeschlagen. Auf der Grundlage dieses
Vorganges ist die betroffene Fläche seinerzeit nicht in den Verfahrensbereich
des ersten Satzungsverfahrens einbezogen worden.
Nach Aufgabe der Kläranlage stellten die Eigentümer 1999
eine erneute Bauvoranfrage für zwei Wohnhäuser, die jedoch vor einer
Entscheidung -vermutlich in Aussicht auf eine nochmalige Ablehnung-
zurückgezogen wurde.
Der Antrag auf Einbeziehung des betreffenden Grundstückes
wurde verwaltungsseitig als eine im Vorgriff auf die noch durchzuführende
Offenlage des Satzungsentwurfes nach § 3 Abs. 2 BauGB vorgetragene Anregung
verstanden und vom Rat am 03.02.2009 als Vorgang eines laufenden
Satzungsverfahrens zunächst an den Fachausschuss verwiesen.
Da zu diesem Zeitpunkt noch die Beibringung umfangreicher
Nachweise zur Verträglichkeit der durch die Satzung vorbereiteten Nutzungen in
Bezug auf die naturschutzrechtlichen Belange des in unmittelbarer Nachbarschaft
gelegenen Natura 2000-Schutzgebietes sowie zu den Altlastproblematiken aus der
angrenzenden Hausmülldeponie und aus dem Betrieb der Papierfabrik ausstand,
deren Ergebnisse die weitere Durchführung des Satzungsverfahrens hätten
maßgeblich beeinflussen können, sollte die Entscheidung über den betreffenden
Antrag auf Erweiterung des Satzungsgebietes erst nach Durchführung der
Offenlage zusammen mit der Beratung über die dann vorliegenden übrigen Bedenken
und Anregungen zum Satzungsentwurf erfolgen. Die Erstellung der erforderlichen
Gutachten nahm insgesamt einen größeren Zeitraum in Anspruch, so dass die
Offenlage des Satzungsentwurfes erst im Dezember 2009 bis Anfang Januar 2010
durchgeführt werden konnte.
Im Rahmen dieser Beteiligung trugen die betroffenen
Eigentümer ihre Anregung auf Ausdehnung des Satzungsgebietes auf ihr Grundstück
erneut vor, um auf diese Weise eine vermeintliche Gleichbehandlung in Bezug auf
die Einbeziehung des Gartenbereiches der Grundstücke Hauberg 2 bis 6 in den
Satzungsbereich zu bewirken. Es bestehe eine echte Baulücke zwischen ihrem
Wohnhausgrundstück und den Betriebseinrichtungen der Pumpstation auf dem
ehemaligen Kläranlagengelände sowie den Stallgebäuden auf dem als Pferdewiese
genutzten Hinterland des Baugrundstückes Hauberg 7. Das derzeitig als
landwirtschaftliche Grünfläche genutzte unbebaute Grundstück sei daher dem
vorhandenen Siedlungsansatz zuzuordnen.
Im Nachgang zur Offenlage mussten zur Ausräumung von
Bedenken der Unteren Bodenschutzbehörde noch erweiterte Bodenuntersuchungen auf
dem Betriebsgelände der Papierfabrik durchgeführt werden. Die Beschlüsse zur
Abwägung der Anregungen und Bedenken einschließlich der Entscheidung zum
betroffenen Antrag auf Erweiterung des Satzungsbereiches konnten daher erst
nach Vorlage einer entsprechenden positiven Gutachtenaussage in die
Sitzungsfolge des Rates und seiner Fachausschüsse Juni/Juli 2010 eingestellt
werden.
Einer der verwaltungsseitig erarbeiteten Beschlussvorschläge
bezog sich auch auf den Antrag auf Einbeziehung des Grundstücks Hauberg 5,
Gemarkung Elten, Flur 4, Flurstücke 2537, 2538 und enthielt eine ausführliche
inhaltliche wie rechtliche Auseinandersetzung mit dem Instrument der
Außenbereichssatzung insbesondere auch deren rechtlichen Grenzen, woraufhin die
Verwaltung empfahl, der Anregung auf Einbeziehung der vorgenannten Flurstücke
in den Satzungsbereich nicht zu folgen.
In der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung am
22.06.2010 wurde die Problematik der Rechtswidrigkeit einer
Außenbereichssatzung im Falle der Einbeziehung der fraglichen Flurstücke
nochmals ausgiebig erörtert, wobei die Verwaltung in diesem Zusammenhang
ausführlich auf die Konsequenzen bei Zulassung des erweiterten Satzungsbereichs
hinwies. Hierbei wurde bereits ausdrücklich auf mögliche
Schadensersatzansprüche der Gemeinde im Falle der Beklagung einer
Baugenehmigung im potentiellen Erweiterungsbereich der Satzung aufmerksam
gemacht und auf die Beanstandungspflicht des Bürgermeisters im Sinne von § 54
Abs. 2 GO NRW im Falle einer Einbeziehung der Flurstücke hingewiesen.
Der Ausschuss der Stadtentwicklung stimmte dennoch entgegen
dem Beschlussvorschlag der Verwaltung auf den in der Sitzung gestellten Antrag
der CDU- und SPD-Fraktion dafür, die Flurstücke 2537 und 2538 in den
Satzungsbereich mit einzubeziehen (Beratungsergebnis: 15 Ja-Stimmen, 6
Nein-Stimmen, 0 Enthaltungen) und empfahl dem Rat darüber hinaus, den
Offenlageentwurf der Außenbereichssatzung „Hauberg“ als Satzung zu beschließen
(Beratungsergebnis: 15 Ja-Stimmen, 6 Nein-Stimmen, 0 Enthaltungen), obwohl
seitens der Verwaltung auch hier ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass
diese Vorgehensweise jeglicher Entscheidungsgrundlage entbehre.
In der Sitzung am 29.06.2010 schloss sich auch der Haupt-
und Finanzausschuss den vorstehenden Beschlussempfehlungen des Ausschusses für
Stadtentwicklung an und beschloss mit 12 Ja-Stimmen, 4 Nein-Stimmen und 2
Enthaltungen, dem Rat die Einbeziehung der Flurstücke 2537 und 2538 zu
empfehlen, und stimmte mit 17 Ja-Stimmen, 0 Nein-Stimmen und 1 Enthaltung,
dafür, dem Rat den Satzungsbeschluss zu empfehlen.
Der Rat der Stadt Emmerich bestätigte in der nachfolgenden
Sitzung am 13.07.2010 trotz nochmaliger ausführlicher Erläuterung der möglichen
rechtlichen Konsequenzen bei Nichtbefolgung der verwaltungsseitig erarbeiteten
Beschlussvorschläge die Empfehlungen der vorgelaufenen Ausschussberatungen,
indem er mit
18 Ja-Stimmen, 11 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen
gegen den unter Punkt 1.3 a der Vorlage 05-15 0204/2010-E1
formulierten Beschlussvorschlag der Verwaltung votierte und beschloss, dem
Antrag der CDU-, der SPD- sowie der FDP-Fraktion zu folgen und den
Satzungsbereich um die Grundstücke Gemarkung Elten, Flur 4, Flurstücke 2537,
2538 zu erweitern,
und mit
17 Ja-Stimmen, 11 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen
beschloss, „den Offenlageentwurf der Außenbereichssatzung
„Hauberg“ einschließlich der Ergänzung der Altlastuntersuchung zum Grundstück
Hauberg 1 gemäß § 35 Abs. 6 BauGB als Satzung“ zu beschließen.
B. Rechtliche Würdigung
§ 54 Abs. 2 GO NRW begründet die Beanstandungspflicht des Bürgermeisters.
Diese Norm dient dem Zweck, die Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns zu
gewährleisten und Maßnahmen der Aufsichtsbehörde weitestgehend zu vermeiden.
Demnach muss der Bürgermeister tätig werden, wenn er nach
pflichtgemäßer Prüfung eines Ratsbeschlusses zu dem Ergebnis gelangt, dass
dieser einen rechtswidrigen Beschluss gefasst hat.
Rechtswidrig sind Beschlüsse des Rates dann, wenn sie den
bestehenden, zwingenden Rechtsvorschriften widersprechen. Die Maßstäbe für die
Beurteilung der Rechtswidrigkeit ergeben sich aus dem jeweils anwendbaren
formellen und materiellen Recht.
Die rechtliche Würdigung des Gesamtsachverhaltes führt zu
dem Ergebnis, dass der am 13.07.2010 gefasste Satzungsbeschluss der
Außenbereichssatzung „Hauberg“ materiell in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig
und damit zu beanstanden ist.
I. Formelle Rechtmäßigkeit
Ausschließlich der Rat der Stadt Emmerich am Rhein ist gemäß
§ 41 Abs. 1 g) GO NRW für abschließende Beschlüsse im
Flächennutzungsplanverfahren und abschließende Satzungsbeschlüsse auf Grundlage
des Baugesetzbuchs und des Maßnahmengesetzes zum Baugesetzbuch zuständig.
Lediglich die vorbereitenden Beschlüsse, welche dem Satzungsbeschluss
vorausgehen, können gemäß § 41 Abs. 2 GO NRW auf Ausschüsse übertragen werden,
wovon die Staddt Emmerich am Rhein im Rahmen ihrer Hauptsatzung insoweit
Gebrauch gemacht hat, dass sie gemäß § 7 Abs. 3 d) der Hauptsatzung dem
Ausschuss für Stadtentwicklung eine
beratende Funktion in bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Angelegenheiten,
die eine Entscheidung des Rates erfordern, zugewiesen hat.
Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer
Außenbereichssatzung ist § 35 Abs. 6 BauGB, das Satzungsverfahren richtet sich
ebenfalls nach den Vorschriften des Baugesetzbuches.
Aufgrund der lediglich beratenden Funktion des Ausschusses
für Stadtentwicklung im Falle eines bauplanungsrechtlichen Satzungsverfahrens
nach § 35 Abs. 6 Baugesetzbuch war der Rat der Stadt Emmerich am Rhein sowohl
für den abschließenden Satzungsbeschluss als auch für die diesem
Satzungsbeschluss zwingend einhergehenden Beschlüssen nach Durchführung der
Offenlage und der Behördenbeteiligung – insbesondere für den Beschluss über die
Einbeziehung des Grundstücks Hauberg 5, Gemarkung Elten, Flur 4, Flurstücke
2537 und 2538 in den Verfahrensbereich der Außenbereichssatzung zuständig.
II. Materielle Rechtmäßigkeit
Ein Ratsbeschluss ist nur dann materiell rechtmäßig, wenn
dieser sämtlichen verbindlich zu beachtenden Rechtsvorschriften entspricht.
Der vom Rat der Stadt Emmerich am Rhein in seiner Sitzung am
13.07.2010 gefasste Satzungsbeschluss „Außenbereichssatzung Hauberg“ ist sowohl
aufgrund der unrechtmäßigen, von den Tatbestandsvoraussetzungen der
Ermächtigungsgrundlage für eine Außenbereichssatzung, § 35 Abs. 6 BauGB, nicht
gedeckten, Einbeziehung des Grundstückes Hauberg 5, Gemarkung Elten, Flur 4,
Flurstücke 2537, 2538, in den Satzungsbereich, als auch aufgrund der
Nichtdurchführung des gemäß § 13 Abs. 2 BauGB für einen geänderten
Verfahrensbereich nochmals erforderlichen Offenlage- und Beteiligungsverfahrens
rechtswidrig.
1. § 35 Abs. 6 BauGB
Maßgebliche materielle Rechtsnorm für den Erlass einer
Außenbereichssatzung ist § 35 Abs. 6 BauGB. Nach dieser Vorschrift kann die
Gemeinde für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend
landwirtschaftlich geprägt sind und in denen Wohnbebauung von einigem Gewicht
vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im
Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer
Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder
Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung
befürchten lassen.
a) Bebauter Bereich im Außenbereich mit Wohnbebauung von
einigem Gewicht
Voraussetzung für den Erlass solch einer Satzung ist
zunächst, dass ein bebauter Bereich im Außenbereich vorliegt, der eine
Wohnbebauung von einigem Gewicht aufweist. Unter diesem Begriff ist eine
vorhandene Bebauung zu verstehen, die nicht Ortsteileigenschaft im Sinne des §
34 Abs. 1 BauGB hat (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35, Rn. 169;
Battis/Kautzberger/Löhr, BauGB, § 35, Rn. 119).
Die vorhandene Bebauung muss auf eine weitere Bebauung im
Wege der baulichen Verdichtung hindeuten; erforderlich hierfür ist, dass die
Bebauung eine gewisse Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit erkennen lässt,
die sie als Weiler, Splittersiedlung oder sonstigen Siedlungsansatz
qualifiziert (BVerwG, Urt. v. 13.07.2006, 4 C 2/05, Rn. 13, zit. nach juris,
zuvor bereits OVG NRW; Urt. v. 18.11.2004, 4 A 4415/03, Rn. 73 ff, zit. nach
juris). Die Freiflächen dürfen diesen Zusammenhang nicht unterbrechen; die
vorhandene Bebauung muss über ein Mindestmaß an räumlicher Zuordnung und
prägender Wirkung verfügen (BVerwG sowie OVG NRW a.a.O.), wobei die Beurteilung
einer echten Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhaltes unter
Berücksichtigung der Verkehrsauffassung bedarf.
Für die Beurteilung der Gewichtigkeit der Wohnbebauung ist
nicht die im Satzungsgebiet vorhandene Bebauung insgesamt, sondern allein die
Wohnzwecken dienende Bebauung maßgeblich. Die Wohnnutzung muss in dem bebauten
Bereich bereits ein städtebauliches Gewicht haben (BVerwG, Urt. v. 13.07.2006,
4 C 2/05, zit. nach juris, vgl. auch Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 13.02.1990, BTDrucks
11/6636, S. 30). Sie darf der anderen Zwecken dienenden Bebauung nicht
untergeordnet sein. Vielmehr muss die Funktion des Außenbereichs, als Freiraum
oder als Fläche für privilegierte Vorhaben zu dienen, im bebauten Bereich
maßgebend durch die vorhandene Wohnbebauung beeinträchtigt werden
(Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35, Rn. 169).
Bei der Straße „Hauberg“ handelt es sich, wie aus dem
beigefügten Luftbild sowie der Plandarstellung des verwaltungsseitig
erarbeiteten Satzungsbereichs ersichtlich, um eine lockere Bebauung von
insgesamt 15 Wohnhäusern in vorwiegender Einzel- und Doppelhausbehauung, welche
sich teilweise einseitig, in einigen Bereichen auch zweiseitig direkt entlang
der Straße Hauberg auf einer Gesamtlänge von ca. 250 m aneinanderreiht.
Lediglich die an die Straße angrenzenden Flurstücke 2382, 2383, teilw. 1996,
2467, 2659 haben noch keine Bebauung erfahren.
Außer den benannten Gebäuden ist der Bereich rund um die
Straße Hauberg sowie der an den Hauberg angrenzenden Lobither Straße abgesehen
von ganz vereinzelt vorhandenen außengebietstypischen Gebäuden unbebaut und
wird ausschließlich zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt. Die Straße
„Hauberg“ mündet auf niederländischem Staatsgebiet in ein landwirtschaftlich
genutztes Grundstück; die Befahrbarkeit der Straße ist unmittelbar jenseits der
westlichen Satzungsgrenze faktisch nicht mehr möglich. Im östlichen Bereich des
Satzungsgebiets befinden sich derzeitig die noch vorhandenen Gebäude einer
Papierfabrik, deren Nutzung bereits vor geraumer Zeit aufgegeben wurde.
Es ist daher unzweifelhaft von einer Bebauung im
Außenbereich auszugehen, die rundherum von außenbereichstypischen Nutzungen
umgeben ist.
Die Tatsache, dass die fast ausschließlich vorhandene
Wohnbebauung, von einigen untergeordneten Nebenanlagen in den Gartenbereichen
der Wohngrundstücke abgesehen, im gesamten verwaltungsseitig erarbeiteten Satzungsbereich
entlang der Straße „Hauberg“ aufzufinden ist, vermittelt dem Betrachter den
Eindruck einer Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit, wobei die noch
vorhandenen Freiflächen nicht störend, sondern einer Verdichtung in Form von
Ansätzen zur Entwicklung eines Wohnortes zugänglich erscheinen
(Battis/Kautzberger /Löhr, BauGB, § 35, Rn. 119). Hierbei ist auch die Anzahl
der Gebäude allein nicht entscheidend, es kommt auf die konkreten Gegebenheiten
an.
Dem durchschnittlichen Betrachter fallen bei Begutachtung
der Straße „Hauberg“ zunächst die Wohnnutzungen ins Auge.
Landwirtschaftstypische Nutzungen oder sonstige im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB
privilegierte Nutzungen sind innerhalb des verwaltungsseitig erarbeiteten
Satzungsbereiches nicht zu erkennen, so dass die Wohnbebauung definitiv von
einigem Gewicht ist. Die Freiflächen zwischen den jeweiligen Wohngebäuden
erscheinen einer Vervollständigung des Bereiches zugänglich, um diesen Eindruck
der Geschlossenheit noch zu verstärken.
Auch die topografische Situation des betroffenen
Siedlungsansatzes stützt einen solchen Eindruck. Diese stellt sich als kleinere
Anhöhe innerhalb einer Niederung dar, die bis zu 3 m aus den angrenzenden
Freibereichen herausragt und bereits in früheren Zeiten als offensichtlich
weniger hochwassergefährdete Stelle besiedelt wurde. Insbesondere die Absenkung
des Geländes entlang der südlichen und westlichen Grenze des Satzungsbereiches,
erweckt den Eindruck, dass sich der vorhandene bebaute Bereich entlang der
Straße „Hauberg“ als eine organische gewachsene Siedlungsstruktur in sich
schließt.
b) Verbot der Ausdehnung in den unbebauten Bereich
Abweichend von der skizzierten Geschlossenheit des
vorhandenen Siedlungsansatzes hat der Rat der Stadt Emmerich am Rhein im Rahmen
des Satzungsbeschlusses vom 13.07.2010 ebenfalls den Beschluss gefasst, den
ursprünglichen Satzungsbereich um das Grundstück Hauberg 5, Gemarkung Elten,
Flur 4, Flurstücke 2537, 2538 und somit den Verfahrensbereich um eine unbebaute
Fläche in einer Gesamtgröße von insgesamt ca. 1.700 m² südlich der
Satzungsgrenze zu erweitern.
Diese Ausdehnung in den unbebauten Bereich ist von der
Ermächtigungsgrundlage des § 35 Abs. 6 BauGB nicht gedeckt. Das
Planungsinstrument der Außenbereichssatzung dient nicht dazu, die bereits
vorhandene Bebauung in den Außenbereich hinein zu erweitern, sondern nur ihre
bauliche Verdichtung durch Schließung vorhandener Lücken zu ermöglichen (vgl.
OVG NRW, Urt. v. 18.11.2004, AZ 7 A 4415/03 Rn. 95 ff; bestätigt durch BVerwG,
Urt. v. 13.07.2006, 4 C 2/05 Rn. 13, zit. nach juris, vorab unter anderem
bereits OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 5.10.2000, 3 L 306/98, Rn. 46 f
m.w.N., zit. nach juris).
Die Einbeziehung der Flurstücke 2537 und 2538 würde aber
gerade solch eine Erweiterung nach sich ziehen. Bei den betroffenen beiden
Flurstücken, die eine wirtschaftliche Einheit bilden, handelt es sich um ein
Wiesengrundstück, welches von jeher frei von jeglichen Bauwerken gewesen ist.
Die Tatsache, dass sich südlichwestlich dieser betreffenden Flurstücke noch
Betriebseinrichtungen einer Pumpstation auf dem ehemaligen Kläranlagengelände
sowie nordwestlich auf dem Grundstück Hauberg 7 kleine Stallgebäude befinden,
kann ebenfalls nicht den Eindruck einer Baulücke innerhalb eines bestehenden
Bebauungszusammenhanges begründen. Bereits die in der Örtlichkeit vorzufindende
Entfernung der nächstgelegenen Wohnhäuser Hauberg 1, 5 und 7 zur den
Einrichtungen der öffentlichen Abwasserentsorgung beträgt unter Annahme des
geringsten Abstandes mehr als 50 m und kann, betrachtet man den Abstand
zwischen den übrigen im Satzungsbereich befindlichen Gebäuden, schon nicht mehr
unter Annahme einer Baulücke als dem Bebauungszusammenhang zugeordnet werden,
zumal dieser Abstand die zwischen den sonstigen Wohnhäusern vorzufindenden
Abstände überwiegend um ein Mehrfaches übersteigt.
Ebenso verhält es sich bezüglich der Flächenverhältnisse.
Die im verwaltungsseitig erarbeiteten Satzungsbereich befindlichen Freiflächen
unterschreiten die Fläche der betreffenden Flurstücke 2537, 2538 um ein
Vielfaches, so dass aus diesem Grunde das Vorhandensein einer Baulücke im
vergleichbaren Sinne ebenfalls nicht gegeben ist.
Auch aus topographischer Sicht kann ein
Bebauungszusammenhang nur verneint werden. Betrachtet man die südliche Bebauungsreihe
der Straße „Hauberg“, ist ein abschüssiger
Verlauf des Geländes zu erkennen, die Anlagen der Pumpstation sowie der
Stallanlagen liegen deutlich tiefer als die Wohnbebauung, so dass auch hieraus
keinerlei Zusammengehörigkeit und Einheitlichkeit abgeleitet werden kann.
Zudem impliziert der Begriff des „Zusammenhanges“ nach
natürlichem Verständnis eine bestimmte Zugehörigkeit und Gleichartigkeit. Die
vorhandene Wohnnutzung entlang des „Hauberges“ kann gegenüber den Einrichtungen
der Pumpstation sowie der Stallanlagen keine Gleichartigkeit begründen,
vielmehr schließen sich Wohnnutzung und kommunale Entsorgungseinrichtungen
geradezu aus und können somit auch keinen Zusammenhang bilden. Darüber hinaus
geht auch die obergerichtliche Rechtsprechung im Wesentlichen davon aus, dass
sich ein Bebauungszusammenhang nur aus gleichartigen Gebäuden ableiten lässt.
Da eine Außenbereichssatzung auf dem Vorhandensein einer überwiegenden
Wohnbebauung aufbaut, wird hieraus abgeleitet, dass nur ein Freibereich
zwischen Wohngebäuden überhaupt, zumindest aber ein Gebäude, das dem
überwiegenden Aufenthalt von Menschen dient, einen Bebauungszusammenhang
konstruieren kann (so z.B. OVG Lüneburg, Urt. v. 27.07.2000, 1 L 4472/99, Rn. 26,
zit. nach juris).
Weder die baulichen Anlagen der Pumpstation noch die
Stallanlagen werden diesen Ansprüchen gerecht, so dass auch aus diesem
Gesichtspunkt heraus das Vorhandensein eines Bebauungszusammenhangs nur
verneint werden kann.
Auch kann der Wortlaut des § 35 Abs. 6 BauGB selbst zu
keinem anderen Ergebnis führen. Nach der gesetzlichen Regelung können mittels
des Planungsinstruments der Außenbereichssatzung neben bestimmten Darstellungen
im Flächennutzungsplan die öffentlichen Belange des Entstehens und der
Verfestigung einer Splittersiedlung aus dem Prüfungskatalog des § 35 Abs. 3
BauGB ausgeschlossen werden. Nicht erfasst ist ausdrücklich die Erweiterung
einer Splittersiedlung. Hierdurch bringt bereits der Gesetzgeber zum Ausdruck,
dass das Instrument der Außenbereichssatzung nicht dazu dient, neues Bauland zu
schaffen, sondern lediglich für einen bereits vorhandenen historisch
gewachsenen Siedlungsansatz innerhalb eines Bebauungszusammenhanges für
bestimmte Vorhaben erleichterte Zulassungsvoraussetzungen zu schaffen (vgl.
hierzu auch BayVGH, Urt. v. 19.04.1999, 14 B 98.1902, Rn. 15, zit. nach juris
sowie OVG NRW, Urt. v. 17.04.2009, 10 D 27/07.NE, Rn. 23, zit. nach juris).
Genau das aber geschähe im Falle der Zulassung der
Einbeziehung der Flurstücke 2537, 2538, indem diese erleichterten
Voraussetzungen auch einer Fläche in so genannter „zweiter Reihe“ zugebilligt
werden würden und somit die vorhandene Siedlungsstruktur – lediglich
straßenbegleitende Bebauung – eine neue Gestaltung erfahren würde und der
derzeitig vorhandene Gebäudebestand eine wesentliche Erweiterung erfahren
könnte. Direkt an die südlich der Straße „Hauberg“ gelegenen Wohnhäuser
schließen abgesehen von den untergeordneten Stallanlagen sowie der Anlagen der
Pumpstation der ehemaligen Kläranlagen unmittelbar an die jeweiligen
Hausgartenbereiche lediglich vollständige Frei- und Grünflächen an, welche, wie
aus den Luftbildern ersichtlich sind, eine typische landwirtschaftliche Nutzung
erfahren. Diese Freiflächen münden dann in einen Altrheinarm, welcher sich
bereits auf niederländischem Staatsgebiet befindet und in das Natura
2000-Schutzgebiet „De Gelderse Poort“ einbezogen ist.
Die an den Siedlungsbereich am Hauberg angrenzenden
unstrittig vorhandenen außenbereichstypischen Verhältnisse würden durch die
erleichterte Zulassung von Wohnvorhaben mittels des Instrumentes einer
Außenbereichssatzung unzweifelhaft eine Zersiedelung erfahren, womit das
Freihaltegebot des Außenbereichs unterlaufen würde.
Nicht zuletzt aus diesem Grunde verläuft die im östlichen
Satzungsbereich festgelegte Satzungsgrenze an keiner Stelle in einem größeren
Abstand als 35 m zur Straße „Hauberg“, so dass im Rahmen der künftig möglichen
Realisierung einer beschränkten Anzahl von Wohnbereichsvorhaben auf der im
östlichen Bereich derzeitig vollständig versiegelten Fläche sogar noch ein Teil
der derzeitig keiner außenbereichsverträglichen Nutzung zugänglichen
Teilflächen wieder entsiegelt werden soll und somit auch in diesem Bereich die
vorhandene Struktur der straßenbegleitenden Bebauung erreicht werden soll.
Da somit die Einbeziehung der Flurstücke 2537, 2538 in den
Satzungsbereich unter keinerlei Gesichtspunkten von Wortlaut, Sinn und Zweck
des § 35 Abs. 6 BauGB gedeckt ist, ist diese zweifellos rechtswidrig gewesen.
c) Keine Vereinbarkeit mit einer geordneten städtebaulichen
Entwicklung
Zwar kommt es auf die Frage der Vereinbarkeit der durch den
Rat beschlossenen Satzung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im
Sinne des § 35 Abs. 6 Satz 4 Nr. 1 BauGB aufgrund der bereits rechtswidrigen
Erweiterung des Satzungsbereichs nicht mehr an, allerdings wäre diesbezüglich
ebenfalls eine Vereinbarkeit zu verneinen und der Ratsbeschluss auch aus diesen
Gründen rechtswidrig.
Die Vereinbarkeit einer Außenbereichssatzung mit einer
geordneten städtebaulichen Entwicklung beurteilt sich insbesondere nach den
Grundsätzen der Bauleitplanung in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 1 – 7
BauGB (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35 Rn. 170). Sie ist nach Rechtsprechung
und Literatur bereits dann zu verneinen, wenn offensichtlich ist, dass die
durch die Satzung begünstigter Vorhaben aus anderen Rechtsgründen nicht
verwirklicht werden können (vgl. hierzu u.a. BayVGH, Urt. v. 12.08.2003, 1 BV
02.1727, Rn. 27, zit. nach juris).
Da, wie bereits unter b) erläutert, die Zulassung einer
Erweiterung einer Bebauung in den Außenbereich hinein nicht von der
Ermächtigungsgrundlage des § 35 Abs. 6 BauGB gedeckt ist und somit bei
Zulassung von Wohnbereichsvorhaben in den Außenbereich hinein das
Tatbestandmerkmal „Befürchtung einer Erweiterung einer Splittersiedlung“ im
Sinne von § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB zu prüfen und auf den betreffenden
Flurstücken 2537, 2538 generell zu bejahen sein wird, kann das gesetzlich
verfolgte Ziel einer Außenbereichssatzung – Schaffung von erleichterten
Voraussetzungen für bestimmte Vorhaben – nicht erreicht werden, da die
betreffenden Vorhaben, planungsrechtlich unzulässig wären.
Auch wäre die Vereinbarkeit der betreffenden Vorhaben in dem
um die Flurstücke 2537, 2538 erweiterten Satzungsbereich auch mit anderen
öffentlichen Belangen in Zweifel zu ziehen, so unter anderem § 35 Abs. 3 Nr. 2,
4, 5, 6 BauGB. Eine Abwägung und Berücksichtigung dieser Belange im Rahmen des
bisherigen Satzungsverfahrens hat bislang für den Gesamtbereich nicht
stattgefunden, da der verwaltungsseitig erarbeitete Vorschlag diese Fläche
nicht enthalten hat.
Da durch die Erweiterung des Satzungsbereichs um ca. 1.700
m² nicht ausgeschlossen ist, dass die vorgenannten Belange anders zu beurteilen
sind, so zum Beispiel sich die Auswirkungen auf Straßen, Ver- und
Entsorgungsleitungen, den Wasserhaushalt, den Bodenschutz, insbesondere
aufgrund eines Heranrückens von Wohnnutzungen an den Bereich „Natura 2000“,
welcher als Naturschutzgebiet einer besonderen Berücksichtigung bedarf,
wesentlich vergrößern würden, wäre eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange
unter diesen Voraussetzungen durchaus möglich und ein Vorhaben bereits aus
diesen Gründen planungsrechtlich unwirksam.
Es widerspricht dazu den allgemeinen städtebaulichen
Grundsätzen, Flächen in einen Satzungsbereich mit einzubeziehen, ohne die
jeweiligen städtebaulichen Folgen entsprechend abgewogen zu haben, so dass sich
bereits aus diesem Abwägungsmangel in Form der Nichtabwägung vorbehaltlich des
Ergebnisses in tatsächlicher Hinsicht eine Rechtswidrigkeit ergibt.
Darüber hinaus wäre bereits aus den ganz allgemeinen
städtebaulichen Grundsätzen der Erforderlichkeit einer planungsrechtlichen
Maßnahme heraus die Erforderlichkeit eines erweiterten Satzungsbereiches der
betreffenden Außenbereichssatzung zu verneinen gewesen.
Aufgrund der im Gemeindegebiet vorzufindenden Gegebenheiten
bleibt festzuhalten, dass der derzeitig vorhandene Bedarf an Wohnbauflächen bis
auf weiteres auch in den kommenden Jahren problemlos durch die bereits
bauleitplanerisch entwickelten Flächen sowie durch die Freiflächen im
Innenbereich gedeckt werden kann und eine Erweiterung der vorhandenen
Wohnbauflächen insgesamt somit überhaupt nicht indiziert ist. Nicht zuletzt
wäre für solch eine Gebietsentwicklung auch unter rechtspolitischen Aspekten
die Außenbereichssatzung das völlig falsche bauplanungsrechtliche Element (vgl.
Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35, Rn. 168), da hiermit gerade keine neuen
Bauflächen entwickelt werden sollen. Hierfür sieht das Baugesetzbuch gesonderte
planungsrechtliche Instrumente vor.
d) Keine Berücksichtung von § 35 Abs.6 Satz 4 Nr. 3 BauGB
In Anlehnung an die bereits unter c) gemachten Ausführungen
wäre eine Rechtwidrigkeit des Satzungsbeschlusses auch aufgrund der fehlenden
Berücksichtigung des § 35 Abs. 6 Satz 4 Nr. 3 BauGB gegeben, da auch hier eine
Auseinandersetzung mit der Frage der Beeinträchtigung der in § 1 Abs.6 Nr. 7
Buchstabe b) BauGB genannten Belange für den erweiterten Satzungsbereich nicht
stattgefunden hat.
e) Ermessensfehler
Nicht zuletzt wäre der Erlass einer Außenbereichssatzung bei
Einbeziehung von Freiflächen auf Antrag eines Eigentümers auch
ermessensfehlerhaft. Bei der Vorschrift des § 35 Abs. 6 BauGB handelt es sich
um eine Ermessensvorschrift, auf dessen Anwendung ein Grundstückseigentümer
aufgrund Sinn und Zweck dieser Vorschrift keinen Anspruch hat. Es besteht
lediglich ein Anspruch des Betreffenden auf ermessensfehlerfreie Entscheidung
der Gemeinde, sofern diese den Erlass einer Außenbereichssatzung erwägt. Zu
berücksichtigen ist im Rahmen der Abwägung, ob die Interessen der betroffenen
Eigentümer unangemessen beeinträchtigt werden. Das wäre insbesondere dann der
Fall, wenn diese infolge der Entscheidung der Gemeinde einen wirtschaftlichen
Nachteil gegenüber ihrer jetzigen Situation erleiden würden, da sie zum
Beispiel ihr Grundstück nicht mehr in dem Ausmaß wie vor Erlass der
Außenbereichssatzung nutzen könnten.
Letzteres trifft für die Flurstücke 2537 und 2538 nicht zu,
da sich deren landwirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten nicht verändern, wenn
sie zukünftig an eine Außenbereichssatzung angrenzen, jedoch nicht in diese
einbezogen werden. In diesem Fall wird sich auch die planungsrechtliche
Beurteilung, wie sie der ablehnenden Entscheidung der seinerzeitigen
Bauvoranfrage zugrunde lag, durch das Satzungsverfahren nicht verändern. Eine
gerichtliche Klärung der Zulässigkeit einer Bebauung solcher an einen
Satzungsbereich angrenzender Außenbereichsfreiflächen im Rahmen von
Bauvoranfragen bleibt den Eigentümern weiterhin unbenommen.
Eine Entscheidung zu Gunsten der Eigentümer und die
Erleichterung der Realisierung einer Wohnbebauung würden jedoch wie aus den
vorherigen Ausführungen ersichtlich, nicht mit der gesetzgeberischen Intention
in Bezug auf § 35 Abs. 6 BauGB einhergehen, sondern die persönlichen und
wirtschaftlichen Interessen des Antragstellers in den Vordergrund stellen, was
gerade im Falle einer geordnete städtebaulichen Entwicklung nicht geschehen
soll.
2. § 35 Abs. 6 Satz 5 in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Nr. 2
und 3 BauGB
Der Satzungsbeschluss ist auch aufgrund des Verstoßes gegen
die Anforderungen des § 35 Abs. 6 Satz 5 i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BauGB
materiell rechtswidrig, da die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und
Behördenbeteiligung nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BauGB nicht entsprechend
angewendet worden sind.
Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein hat in der Sitzung am
13.07.2010 zunächst den Beschluss über die rechtswidrige Einbeziehung der
Flurstück 2537, 2538 in den Satzungsbereich und in gleicher Sitzung den
Satzungsbeschluss für die Außenbereichssatzung „Hauberg“ einschließlich dieser
Erweiterung gefasst.
Voraussetzung für einen Satzungsbeschluss ist jedoch, dass
zuvor die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr.
2 und 3 BauGB auch für den Satzungsbereich einschließlich seiner zeichnerischen
und textlichen Bestimmungen durchgeführt worden ist, welcher inhaltlich mit dem
des Satzungsbeschlusses übereinstimmt.
Die zuvor durch Ratsbeschluss festgelegte wesentliche
Veränderung und Erweiterung des Satzungsbereichs hätte – vorbehaltlich der
bereits erläuterten materiellen Rechtswidrigkeit – in analoger Anwendung des §
4a Abs. 3 Satz 1 BauGB einer erneuten öffentlichen Auslegung bedurft, ebenso
wie erneut Stellungnahmen sämtlicher Beteiligten einzuholen gewesen wären.
Das Ergebnis dieser erneuten Öffentlichkeits- und
Behördenbeteiligung hätte einer erneuten Abwägung bedurft, was in diesem Falle nicht
erfolgt ist.
Hinweis:
Wird meiner rechtlichen Würdigung in einem bestätigenden
Beschluss des Rates widersprochen – hält der Rat also trotz der Beanstandung an
seinem Votum fest – so habe ich die Pflicht, unverzüglich die Entscheidung des
Landrates Kleve als zuständige Aufsichtsbehörde einzuholen.
Eine Beanstandung hat gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 GO NRW
aufschiebende Wirkung. Diese aufschiebende Wirkung bleibt bestehen, bis der Rat
den die Beanstandung begründenden Beschluss aufhebt bzw. für den Fall, dass der
Rat an seinem Beschluss festhält, bis zur Bescheidung durch die
Kommunalaufsicht.
Vorbemerkung zu den Beschlussvorschlägen 1) - 4):
Unter der Voraussetzung, dass der Rat der
Beschlussempfehlung zu Punkt 1 folgt und seinen Satzungsbeschluss vom 13.07.10
aufhebt, wäre in verfahrensrechtlicher Hinsicht eine unmittelbare Fortsetzung
des Satzungsverfahrens möglich. Um eine für diesen Fall unnötige zeitliche
Verschiebung des Verfahrensabschlusses in die nächste Sitzungsfolge zu
vermeiden, wird mit den weiteren Beschlussvorschlägen dieser Vorlage eine
abschließende Abwägung der vorgetragenen Anregungen und Bedenken sowie der
Satzungsbeschluss mit einem vorlaufenden städtebaulichen Vertrag vorbereitet. Diese
Abschnitte der Vorlage entsprechen inhaltlich denen der Beschlussvorlage 05-15
0204/2010-E1 vom 13.07.10.
Für den Fall der Ablehnung des Beschlussvorschlages zu 1)
und Festhalten des Rates der Stadt Emmerich am Rhein an seinem Votum vom
13.07.2010 ist an dieser Stelle die weitere Beratung und Beschlussfassung
abzubrechen, da sich der vorgelegte Satzungsentwurf einschließlich der Aussagen
der Gutachten auf den Satzungsbereich des Einleitungsbeschlusses vom 19.08.09
beschränkt.
Die zu den Punkten 2 bis 4 dieser Vorlage vorbereiteten
Beschlüsse entbehren in diesem Falle entsprechend meiner unter Punkt 1
getätigten Ausführungen zur ordnungsgemäßen Verfahrensdurchführung einer
ausreichenden Entscheidungsgrundlage und wären daher ebenfalls erneut rechtswidrig.
Zu
Beschlussvorschlag 2): Abwägungsbeschluss
zum Antrag auf Erweiterung des Satzungsgebietes
Wird dem Beschlussvorschlag unter Pkt. 1 Folge geleistet und
der unter Tagespunkt 3 der Vorlage 05-15 0204/2010-E1 am 13.07.2010 gefasste
Satzungsbeschluss aufgehoben, bedarf es im Rahmen des ordnungsgemäß
weiterzuführenden Satzungsverfahrens noch eines formellen Abwägungsbeschlusses
zum Antrag auf Satzungsgebietserweiterung. Unter Bezugnahme auf die
Ausführungen zum Punkt 1 ergeht daher der Verwaltungsvorschlag, den Antrag auf
Verfahrensgebietserweiterung um das Grundstück Gemarkung Elten, Flur 4,
Flurstücke 2537 und 2538 zurückzuweisen.
Zu Beschlussvorschlag 3): Städtebaulicher Vertrag
Zur Ausräumung der Bedenken des Landesbetriebes Straßenbau
NRW gegen die Aufstellung der Außenbereichssatzung, durch die ein Mehrverkehr
über den Anbindungspunkt der Straße Hauberg an die Lobither Straße ( L 472 )
vorbereitet wird, bedarf es der Durchführung einer mit der betroffenen Behörde
abgestimmten Straßenbaumaßnahme kleineren Umfanges im Einmündungsbereich des
Haubergs. Die Realisierung dieser sich aus der Begründung der Satzung
ergebenden Maßnahme soll dem Eigentümer der Eltener Papierfabrik als
Vorhabenträger übertragen werden. Hierzu bedarf es eines städtebaulichen
Vertrages gemäß § 11 BauGB.
Die Abfassung des städtebaulichen Vertrages zur
Außenbereichssatzung ist vor dem Satzungsbeschluss erforderlich, da
hierin die Durchführung der sich aus der Satzung ergebenden Maßnahme gesichert
wird. Der Vertrag ist daher als Bestandteil der Satzung zu betrachten.
Der beiliegende Vertragsentwurf liegt vom Vorhabenträger
unterschrieben vor.
Zu Beschlussvorschlag 4): Erneuter
Satzungsbeschluss
Der beiliegende Entwurf der Außenbereichssatzung entspricht
mit seiner Gebietsfestlegung und seinem Bestimmungen der Fassung der
öffentlichen Auslegung. Seine Begründung wurde nach Durchführung der
öffentlichen Auslegung zur Abwägung vorgetragener Stellungnahmen geringfügig
geändert und insbesondere um das erweiterte Bodengutachten zum Altstandort
Hauberg 1 ergänzt. Diese Ergänzungen runden die erforderlichen Erläuterungen
der betroffenen öffentlichen Belange ab, ohne die Regelungen der Satzung zu
ändern. In analoger Anwendung des § 4a Abs. 3 Satz 4 BauGB kann von daher von
einer erneuten öffentlichen Auslegung des Satzungsentwurfes abgesehen werden.
Durch die Aufstellung der Außenbereichssatzung für den
Siedlungsbereich an der Straße „Hauberg“ wird die betroffene Fläche nicht dem
Außenbereich entzogen. Lediglich das Spektrum der im Außenbereich zulässigen
Nutzungen wird formell auf dort ohnehin schon vorhandene, ansonsten aber
außenbereichsuntypische Nutzungen erweitert. Die Satzung bezweckt insofern eine
begrenzte Fortentwicklung des bestehenden Wohnsiedlungsansatzes und die
Ermöglichung einer Nachnutzung des Geländes der ehemaligen Eltener Papierfabrik
in Anpassung an die vorhandene Nutzungsstruktur.
In der Begründung wird nachgewiesen, dass die
Ermächtigungsgrundlagen des § 35 Abs. 6 BauGB erfüllt sind. Danach
ist die Satzung mit einer geordneten städtebaulichen
Entwicklung des Bereiches vereinbar
werden keine Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung
einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach UVPG oder Landesrecht unterliegen,
vorbereitet,
sind keine unzulässigen Auswirkungen auf den benachbarten
Natura 2000-Bereich auf niederländischem Staatsgebiet zu erwarten.
Von der Möglichkeit, in der Außenbereichssatzung neben der Zulässigkeit von Wohnbebauung und nicht störendem Kleingewerbe weitere nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit von Vorhaben zu treffen, wird Gebrauch gemacht. Es handelt sich hierbei um Regelungen des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung für die hinzukommende Wohnbebauung durch Beschränkung der Bauweise auf eingeschossige Einzel- und Doppelhäuser, Ausschluss einer Bebauung in zweiter Reihe sowie Einschränkung der Anzahl der Wohneinheiten pro Gebäude zum Ausschluss einer Mehrfamilienhausbebauung.
Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat keine
finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.
Leitbild :
Die Maßnahme steht im
Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 1.2.
Gez.
Der Vorsitzende