Kenntnisnahme
Der Sozialausschuss nimmt die Ausführungen
der Verwaltung zur Kenntnis
Sachdarstellung :
Unter Obdachlosigkeit wird ein Zustand
definiert, in dem Menschen über keinen festen Wohnsitz verfügen und im
öffentlichen Raum, im Freien oder in Notunterkünften übernachten.
Allgemein
wird unterschieden zwischen "freiwilliger" und
"unfreiwilliger" Obdachlosigkeit. Ein "freiwillig
Obdachloser" ist eine Person, die ohne feste Unterkunft von Ort zu Ort
zieht und keinen Anspruch auf Unterbringung erhebt, weil sie den Entschluss
"auf der Straße zu leben" gefasst hat. Für die Kommunen sind aber vor
allem die Sachverhalte von Interesse, bei denen Personen unfreiwillig obdachlos
werden. Diese unfreiwillige Obdachlosigkeit hat überwiegend folgende Ursachen:
a) Mietschulden und
damit Verlust der Wohnung durch Zwangsräumung
b) Arbeitslosigkeit
c) Krankheit
d) Suchtverhalten
e) fehlende
Resozialisierung von Strafgefangenen
f) psychische
Störungen.
1. Obdachlosigkeit
als Aufgabe der Gefahrenabwehr
Die
Bekämpfung der unfreiwilligen Obdachlosigkeit ist eine staatliche Aufgabe, weil
sie als "Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" angesehen
wird (§ 14 Ordnungsbehördengesetz NRW). Das Vorliegen einer Gefahr ist darin zu
sehen, dass ein unfreiwilliger schutzloser Aufenthalt unter freiem Himmel mit
Gesundheitsgefahren verbunden ist, die das Recht des Obdachlosen auf
körperliche Unversehrtheit beeinträchtigen. Es gebietet die Menschenwürde einem
Obdachlosen den ganzen Tag über eine geschützte Sphäre in Gestalt einer
Unterkunft zur Verfügung zu stellen.
Die
örtliche Ordnungsbehörde ist deshalb verpflichtet, die Obdachlosigkeit als
Störung der Öffentlichen Sicherheit zu verhindern oder zu beseitigen.
2. Abgrenzung
der Kompetenzen von Obdachlosen- und Sozialbehörden
Wie
oben ausgeführt ist die Beseitigung der Obdachlosigkeit originär eine
ordnungsrechtliche Aufgabe. Bei der Frage der Beseitigung der Obdachlosigkeit
spielen die Sozialbehörden jedoch eine sehr wichtige Rolle. Von daher ist die
Zusammenarbeit zwischen Ordnungs- und Sozialbehörde bei der Bekämpfung der
Obdachlosigkeit von zentraler Bedeutung. Das Sozialgesetzbuch enthält
einerseits den finanziellen Rahmen für mittellose Obdachlose, aber auch weitere
Wege zur Unterstützung hilfsbedürftiger Obdachlosen. Eine wichtige Komponente
ist hier insbesondere die Möglichkeit der Übernahme von Mietschulden. Auf diese
Weise soll Wohnungslosigkeit verhindert werden. Wohnungslosigkeit droht dann
einzutreten, wenn die bisher bewohnte Unterkunft gefährdet ist, eine andere
Wohnung nicht auf dem Markt angemietet werden kann und deshalb eine Unterbringung
nur in einer Obdachlosenunterkunft in Betracht kommt. Aus diesem Grund besteht
auch eine Informationspflicht des örtlichen Sozialhilfeträgers beim Eingang einer entsprechenden
Räumungsklage.
Durch Bekanntgabe von anstehenden Räumungsklageverfahren durch das
Amtsgericht, aber auch durch Mitteilungen einzelner Vermieter, wird der
örtlichen Ordnungsbehörde in vielen Fällen bereits im Vorfeld bekannt, welche
Personen von Obdachlosigkeit bedroht sind. Hier setzt nun der Abwägungsprozess
mit der örtlichen Sozialbehörde ein, wie diese Personen durch bestimmte
Hilfeleistungen unterstützt werden können. Sofern hier keine Hilfe möglich ist,
werden flankierende Maßnahmen eingeleitet und die Sozialdienste sowie die
sozialen Hilfsdienste eingeschaltet.
3. Formen
der Unterbringung
Nach
Bekanntwerden der drohenden Notlage hat die Ordnungsbehörde zu prüfen, ob der
einzuweisende Obdachlose nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen selbst in
der Lage ist, seine Obdachlosigkeit zu beseitigen, d. h. sich eine Unterkunft
zu besorgen. Scheiden sonstige Maßnahmen aus, so bleiben den Ordnungsbehörden
folgende Möglichkeiten:
a) Einweisung in gemeindeeigene Räume oder
in eine Obdachlosenunterkunft
b) Unterbringung in angemietete Räume
c) Beschlagnahme Räume Dritter.
Die
letztgenannte Maßnahme ist der schwerwiegendste Eingriff und von daher
betrachtet, das letzte Mittel. Das heißt, dass vor einer
"Fremdeinweisung" vor allem behördeneigene Mittel zu prüfen sind. Das
OVG Münster hat dies in einem Urteil unmissverständlich entschieden, indem es
festgestellt hat, dass unter behördeneigenen Mitteln auch die Möglichkeit
stehen muss, neue Obdachlosenunterkünfte zu bauen, zu kaufen, anzumieten oder
als Zwischenlösung ankauf- und anmietbare Wohncontainer aufzustellen. Jedenfalls
wäre eine Behördenpraxis rechtswidrig, ernsthaft Anstrengungen zur Beschaffung
von Unterkünften zu unterlassen und Betroffene lediglich bei bevorstehender
Zwangsräumung und drohender Obdachlosigkeit wieder einzuweisen.
4. Anforderungen
an ein Obdach
Bei
der Schaffung von Obdachlosenunterkünften geht es in keiner Weise um die
Zurverfügungstellung von "Ersatzwohnraum". Im Gegenteil: Da diese
Unterkünfte nur vorübergehend Obdach gewähren sollen, ist die Einrichtung auf
die einfachsten Verhältnisse abgestellt. Die Rechtsprechung geht also davon
aus, dass es sich hierbei um eine Unterkunft in einfachster Form handelt, also
im Prinzip ein "Dach über dem Kopf". Art und Ausstattung der
Obdachlosenunterkünfte sind weder vorgeschrieben noch reglementierbar. Es ist
auch nicht erforderlich, die Unterkunft komfortabel auszustatten. Es sollen
Hausratsgegenstände vorhanden sein, welche zum täglichen Leben unentbehrlich
sind, z. B. ein Tisch, Stuhl, Bett, Schrank, Koch- und Waschgelegenheit und ein
WC. Eine Grundversorgung mit Strom, Wasser und Abwasser muss vorhanden sein,
wobei es nicht notwendig ist, dass die Entnahme von Wasser in der Wohnung
möglich ist. Dasselbe gilt für Toiletten, Duschen und Bäder. Die Räume müssen
ausreichend beleuchtet sein, ein Warmwasseranschluss ist nicht erforderlich.
Werden Bäder und Duschen bereitgestellt, ist es zulässig, aus Kostengründen
Benutzungsmöglichkeiten per Münzen vorzusehen.
Dies
gilt auch für die Stromversorgung. Die Beheizbarkeit in der kalten Jahreszeit
muss möglich sein. Es genügt allerdings ein Kohleherd. Es besteht bei
Einweisung in eine Obdachlosenunterkunft keine Verpflichtung der
Ordnungsbehörde, überzählige Möbel unterzubringen. Dies gilt auch für die
Unterbringung von Haustieren. Üblich ist, dass die Tierhaltung in
Obdachlosenunterkünften per Benutzungs- oder Hausordnung verboten wird. Die
Begründung liegt darin, dass die Tierhaltung in den ohnehin sehr beengten
Wohnräumlichkeiten hygienisch nicht akzeptabel ist. Im Übrigen könnten
hierdurch andere Bewohner der Unterkunft beeinträchtigt werden.
5. Situation
in der Stadt Emmerich am Rhein
Die
Obdachlosen der Stadt Emmerich am Rhein sind derzeit in angemieteten Räumen in
der Industriestraße 5 und 7 untergebracht. Um die mit diesen Unterbringungen
verbundenen hohen Kosten zu reduzieren und um künftig eine geordnete
Bewirtschaftung der Obdachlosenunterkünfte zu gewährleisten, soll eine zentrale
Unterbringung im derzeit leer stehenden Asylbewerberheim an der Tackenweide erfolgen.
Dieses Objekt steht im Eigentum der Stadt Emmerich am Rhein und bietet sowohl
von der Lage, als auch von seiner Grundausrichtung die erforderlichen
Voraussetzungen, wie sie unter Nr. 4. aufgestellt sind.
Derzeit
werden die künftigen Räume an der Tackenweide für die Zwecke der
Obdachlosenunterbringung hergerichtet. Bei dem Objekt handelt es sich um ein
früheres Asylbewerberheim, das für diese Zwecke nicht mehr benötigt wird. Hier
sind neben den Gemeinschaftsräumen (Wasch- und Duschräume), verschieden große
Wohneinheiten gegeben. Während die kleineren Räume (ca. 18 m²), die für die
Unterbringung von jeweils zwei Einzelpersonen vorgesehen sind, sollen in den
größeren Räumen (ca. 28 m²) Familien untergebracht werden. Dabei besteht auch
die Möglichkeit mehrere Räume zusammenzulegen, um größeren Familien Obdach
gewähren zu können. Die baulichen Voraussetzungen hierfür werden geschaffen.
Die
Räume sind so angelegt und auch ausgestattet, dass sie nur der vorübergehenden
Unterbringung von Personen dienen. Damit soll diesem Personenkreis auch ein
Anreiz gegeben werden, sich auf dem freien Wohnungsmarkt intensiv nach
angemessenem Wohnraum umzusehen. Im Vorfeld der Konzeptionsüberlegungen fand
ein Austausch mit der Stadt Düsseldorf statt, die aufgrund ihrer Größe über
umfangreiche Erfahrungen auf diesem Gebiet verfügt. Zwar sind die Düsseldorfer
Verhältnisse nicht auf die Situation im Bereich der Stadt Emmerich am Rhein zu
übertragen, jedoch können einzelne Punkte in die Überlegungen vor Ort
einbezogen werden. So ist festzuhalten, dass neben einer Begleitung der von
Obdachlosigkeit bedrohten Personen im Vorfeld auch eine Begleitung für die
Dauer der Unterbringung gewährleistet sein muss. Um dieses und einen
ordnungsgemäßen Ablauf in und um das Heim zu gewährleisten, ist es dringend
erforderlich, dass ein Hausmeister vor Ort tätig ist, der ständigen Kontakt zur
Verwaltung hat. Düsseldorfer Erfahrungen zeigen, dass durch einen solchen
Hausmeistereinsatz die Unterhaltungsmaßnahmen für das Gebäude reduziert werden
können. Dabei obliegt es dem Hausmeister.
a) die Postverteilung für die Bewohner zu
organisieren,
b) Wertmarken für die Waschmaschinen
auszugeben,
c) die Sauberkeit der Gemeinschaftsräume
zu überwachen,
d) die
Einhaltung der Benutzungsordnung zu überwachen,
c) Ansprechpartner für die Bewohner zu
sein.
Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat keine
finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.
Leitbild :
Die Maßnahme wird von den
Zielen des Leitbildes nicht berührt.
Bürgermeister