hier: Höhe der Schmutwassergebühren.
Beschlussvorschlag
Der
Betriebsausschuss beschließt:
- den Ausführungen zu den kalkulatorischen Kosten in der Begründung
zuzustimmen,
- das bisher angewendete
Abschreibungsverhalten beizubehalten und
- den im Schreiben der Eheleute Schöbel vom 08.07.10
unterbreiteten Vorschlag abzulehnen.
Sachdarstellung :
Die vorliegende Beschwerde richtet sich
gegen die Höhe der Schmutzwassergebühr der Stadt Emmerich am Rhein, die über
dem Kreis- und auch dem Landesdurchschnitt liegt.
Zur Behebung dieses Zustandes wird
gefordert, dass in der Gebührenkalkulation für die Abwassergebühr zukünftig
nicht mehr die kalkulatorischen Abschreibungen nach Wiederbeschaffungswert,
sondern nach dem niedrigeren Anschaffungswert berücksichtig werden.
Allgemeine Rechtslage
Die Erhebung von Benutzungsgebühren wird in § 6 des
Kommunalabgabengesetztes (KAG) für das Land Nordrhein-Westfalen geregelt.
Gemäß § 6 Absatz 1, Satz 1 sind
Benutzungsgebühren zu erheben, wenn eine Einrichtung oder Anlage überwiegend
dem Vorteil einzelner Personen oder Personengruppen dient, sofern nicht ein
privatrechtliches Entgelt gefordert wird.
Satz 2 besagt, dass das veranschlagte
Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung oder Anlage
nicht übersteigen und in den Fällen des Satzes 1 in der Regel decken soll.
§ 6 Absatz 2 KAG besagt, dass Kosten im
Sinne des Absatzes 1 die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen
ansatzfähigen Kosten sind. Der Gebührenrechnung kann ein Kalkulationszeitraum
von höchstens drei Jahren zu Grunde gelegt werden. Kostenüberdeckungen am Ende
eines Kalkulationszeitraumes sind innerhalb der nächsten drei Jahre
auszugleichen; Kostenunterdeckungen sollen innerhalb dieses Zeitraums
ausgeglichen werden. Zu den Kosten gehören auch Entgelte für in Anspruch
genommene Fremdleistungen, Abschreibungen, die nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer
oder Leistungsmenge gleichmäßig zu bemessen sind, sowie eine angemessene
Verzinsung des aufgewandten Kapitals; bei der Verzinsung bleibt der aus
Beiträgen und Zuschüssen Dritter aufgebrachte Eigenkapitalanteil außer
Betracht. Soweit die Umsätze von Einrichtungen und Anlagen der Umsatzsteuer
unterliegen, können die Gemeinden und Gemeindeverbände die Umsatzsteuer den
Gebührenpflichtigen auferlegen.
Wahlrecht der Gemeinden
Bei der Anwendung der kalkulatorischen
Kosten hat die Gemeinde ein Wahlrecht, welche Abschreibungsverfahren sie
anwenden will. Naturgemäß ist der regelmäßige Wechsel zwischen den
verschiedenen Formen jedoch unzulässig, da Abschreibungsverfahren wegen der
Langfristigkeit stets eine bestimmt Kontinuität voraussetzen.
Seit dem in Emmerich am Rhein
Abwassergebühren kalkuliert werden ist – wie bei der Mehrzahl aller
NRW-Gemeinden – nach dem Wiederbeschaffungswert abgeschrieben worden. Hiermit
wird sicher gestellt, dass die heutigen Nutzer sich nicht nur an den
Herstellungskosten, sondern auch an den Verschleißkosten und dem Preisverfall
beteiligen, wenn die Nutzungsdauer in Jahren endet.
Die Abschreibung nach
Wiederbeschaffungszeitwert trägt dem Umstand Rechnung, dass die tatsächlichen
augenblicklichen Nutzer der Abwasseranlagen die Kosten für die spätere Reinvestition tragen und nicht
spätere Generationen.
Diese Sichtweise des
Abschreibungsverfahrens hat mehreren verwaltungsgerichtlichen Verfahren
standgehalten und wird vom Städte- und Gemeindebund empfohlen. Die Abschreibung
nach Wiederbeschaffungswert steht also voll im Einklang mit den gesetzlichen
Regelungen des KAG.
Es sei an dieser Stelle darauf
hingewiesen, dass im Wirtschaftsplan der KBE die dort vorgenommene Abschreibung
nach Anschaffungswert auf Grund handelsrechtlicher Bestimmungen vorgegeben ist.
Lediglich hinsichtlich der Kalkulation besteht das beschriebene Wahlrecht.
Kalkulatorisch Abschreibung
Die kalkulatorische Abschreibung im Sinn
des § 6 Abs. 2 KAG NRW dienen der Erfassung des Werteverzehrs von langlebigen
Gütern des Anlagevermögens, die über mehrere Perioden zur Leistungserbringung
genutzt und dabei abgenutzt werden. Zulässig ist dabei in Nordrhein-Westfalen
sowohl eine Berechnung der Abschreibung auf Basis der Anschaffungs- bzw.
Herstellungskosten als auch auf der Basis von (höheren)
Wiederbschaffungswerten. Die Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden betrifft
mit der Volksgesundheit einen Bereich der dauernden öffentlichen
Aufgabenerfüllung von besonderem Allgemeininteresse. In diesem Zusammenhang
besteht die Pflicht, die Refinanzierung aufgezehrter Anlagegüter zu sichern und
Benutzungsgebühren zu erheben.
Kalkulatorische
Verzinsung
Die kalkulatorischen Zinsen sind ein
Äquivalent für die Bindung des für die Herstellung der Anlagen aufgewendeten
Eigen- und Fremdkapitals. Die Berechnung kalkulatorischer Zinsen rechtfertigt
sich aus der Erwägung, dass der Kommune ein Zinsgewinn entgeht, wenn
Kapital im Rahmen der Bereitstellung der
öffentlichen Anlage eingesetzt wird. Bei der Berechnung von kalkulatorischen
Zinsen darf – anders als für die Abschreibungen – nur vom Restwert der
Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten ausgegangen werden. Außerdem ist hierbei
der aus Beiträgen und Zuschüssen Dritter aufgewandte Kapitalanteil gem. § 6 Ans
2 Satz 4 KAG NRW außer Betracht zu lassen, also abzuziehen. (der vor dem
Verwaltungsgericht zulässige Prozentsatz liegt derzeit über 7%).
Situation in Emmerich am Rhein
a) örtliche Gegebenheiten
Die Höhe der Abwassergebühr ist nicht
allein abhängig vom angewendeten Abschreibungsverfahren. Entscheidender sind
die örtlichen Gegebenheiten. In Regionen mit felsigem Untergrund sind die
Herstellungskosten für den Kanal erheblich höher als in Gebieten mit sandigen
Böden. Aus diesem Grund sind in Gebieten der Eifel Gebührensätze von bis zu 8,-
€/cbm möglich.
Zudem ist es auch entscheidend auf
welchen Anteil sich die Kosten der Abwasseranlagen verteilen lassen. Gebiete
mit einer großen Bevölkerungsdichte stehen sich hier günstiger als ländlich geprägte Gemeinden.
Im Kreisgebiet ist Emmerich mit den
anderen Gemeinden strukturell vergleichbar. Als einzige Gemeinde betreibt sie
jedoch eine Kläranlage mit 200.000 Einwohnergleichwerten. Andere Kreisgemeinden
haben sich zu Entsorgungsverbänden (z.B. Rees-Kalkar, Niersverband)
zusammenschließen können. Auf Grund der geographischen Lage ist dies in
Emmerich nicht möglich. Die Verteilbasis ist somit erheblich geringer.
Im Landesvergleich der Kommunen in
Nordrhein-Westfalen vom Bund der Steuerzahler liegt Emmerich mit 719,30 € für
den definierten Musterhaushalt im Mittelfeld zwischen der günstigsten Kommune
mit 246,50 € und der teuersten mit 1.328,40 €.
b) Anwendung der
Kalkulationsgrundsätze
Bei der Kalkulation der Gebühren wurden
bisher immer die kalkulatorischen Abschreibungen nach Wiederbeschaffungswert
und eine kalkulatorische Verzinsung in Höhe von 6 % berücksichtig. Die nach
voller Anwendung des KAG-Abschreibungsverfahrens möglichen Gebührensätze sind
jedoch noch nie in voller Höhe an den Bürger weitergegeben worden. Der
städtische Abwassergebührenhaushalt lebt seit Jahren mit einer Unterdeckung von
über 10 %. Damit werden die Vergünstigungen aus dem Abschreibungsverfahren nach
Anschaffungswert nahezu egalisiert. Dass heißt, eine Anwendung der Abschreibung
nach Anschaffungswert würde nicht zwangsweise zu günstigeren Gebühren führen,
wenn gleichzeitig der damit verbundene Kalkulationsrahmen in Gänze ausgeschöpft
würde. Zur Entlastung der Gebührenzahler wurde auf die Erhebung einer
kostendeckenden Gebühr stets verzichtet und die daraus resultierenden Defizite
in Kauf genommen. Dies ist anhand der Entwicklung der
Gebührenausgleichsrücklage nach KAG zu
ersehen.
Die Ermittlung der kalkulatorischen
Verzinsung ist ebenfalls Bestandteil des jeweiligen Wirtschaftsplans. Hier werden die
entstehenden Kosten den tatsächlich erhobenen Gebühren gegenübergestellt und
die daraus resultierende Über- bzw. Unterdeckung ausgewiesen, die sich dann in
der Gebührenausgleichsrücklage wieder findet. In dieser Darstellung wird auch der
Unterschied zwischen bilanzieller Abschreibung nach Anschaffungswert und
kalkulatorischer Abschreibung nach Wiederbeschaffungswert für das jeweilige
Jahr unter der Bezeichnung „Unterschiedsbetrag“ ausgewiesen. Ebenso wird der
Unterschied zwischen den bilanziellen Zinsen und den kalkulatorischen Zinsen
offengelegt.
In der nachfolgenden Aufstellung werden
die zur Berechnung der Gebühren im Abwasserbereich zusätzlich berücksichtigten
Unterschiedsbeträge von kalkulatorischer Abschreibung und Verzinsung der
Unterdeckung nach KAG, die durch die Erhebung nicht kostendeckender Gebühren
entsteht, für das Wirtschaftsjahr 2010 gegenübergestellt:
Unterschiedsbetrag Abschreibung KAG |
Unterschiedsbetrag Verzinzug KAG |
Unterdeckung infolge der Nichtausschöpfung des Kalkulationsrahmens |
TE |
TE |
TE |
|
|
|
WP 2010 372 |
1.367 |
-
1.058 |
|
|
|
Der Aufstellung ist zu entnehmen, dass
auch bei dem Verzicht auf die höhere Abschreibung nach Wiederbeschaffungswert
durch die tatsächlich erhobenen Gebühren, kein Ausgleich der entstanden
Defizite erreicht würde. Eine Änderung der Abschreibung hätte somit auch keine
Gebührensenkung zur Folge.
Im Sinne einer Kontinuität in der
Gebührenpolitik schlägt die Betriebsleitung daher vor:
- den Ausführungen zu den kalkulatorischen Kosten in der Begründung
zuzustimmen,
- das bisher angewendete Abschreibungsverhalten beizubehalten und
- den im Schreiben der Eheleute Schöbel vom 8.7.10 unterbreiteten Vorschlag abzulehnen.
Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat keine
finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.
Leitbild :
Die Maßnahme wird von den
Zielen des Leitbildes nicht berührt.
Der Bürgermeister