Betreff
1. vereinfachte Änderung des Bebauungsplanes Nr. P 3/2 - Pionierstraße - Nordost-,
hier: 1) Aufstellungsbeschluss
2) Beschluss zur Offenlage
Vorlage
05 - 15 0421/2011
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

Zu 1)

Der Ausschuss für Stadtentwicklung beschließt gemäß § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 8 BauGB, den Bebauungsplan Nr. P 3/2 -Pionierstraße -Nordost- im Wege eines vereinfachten Verfahrens nach § 13 BauGB dahin gehend zur ändern, dass die Nutzungsbeschränkung betreffend Ausschluss einer Wohnnutzung mit Ausnahme von Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter für die Mischgebietsflächen im südwestlichen Teil des Nutzungsgebietes 3 (hier: Grundstück Gemarkung Praest, Flur 3, Flurstück 1324) sowie im Nutzungsgebiet 4 aufgehoben wird.

 

Zu 2)

Der Ausschuss für Stadtentwicklung beauftragt die Verwaltung, eine öffentliche Auslegung des Bebauungsplanänderungsentwurfes gemäß § 3 Abs. 2 BauGB durchzuführen.

 

Sachdarstellung :

 

Zu 1)

 

Der im Jahre 2004 aufgestellte Bebauungsplan Nr. P 3/2 -Pionierstraße / Nordost- umfasst das ehemalige Gelände der Firma EKC (Embrica) an der Pionierstraße sowie die nördlich und östlich gelegenen an die Reeser Straße angrenzenden Grundstücke. Die Planaufstellung erfolgte auf Initiative eines Vorhabenträgers, der das aufgegebene Areal des Produktionsbetriebes erworben hat. Der Bebauungsplan hat insofern insbesondere Brachflächenentwicklung vorbereitet und die Freiräumung des früheren Gewerbegrundstückes von den vormaligen Betriebseinrichtungen und sowie die Sanierung der vorhandenen Altlasten in Gang gesetzt.

 

Entsprechend der vormaligen Nutzungsstruktur und der Darstellung im Flächennutzungsplan als „Gemische Baufläche“ setzt der Bebauungsplan insgesamt ein Mischgebiet (MI) zur Ansiedlung nicht störenden Gewerbes und Wohnbebauung fest. Hierbei wurde im Plangebiet eine Ergänzung der bei Aufstellung bestehenden gewerblichen Nutzung (Landmaschinenhandel) nach Osten entlang der B 8 vorgesehen, während nach Süden zum Freiraum hin auch eine aufgelockerte überwiegende Wohnbebauung auf großzügigen Grundstücken ermöglicht wird. Zu diesem Zweck ist der Bebauungsplan in Bereiche unterschiedlicher Nutzungen gegliedert.

 

Auf der westlichen Straßenseite der Pionierstraße befindet sich gegenüber dem Bebauungsplanbereich die Hofstelle Reeser Str. 416. Zum Zeitpunkt der Planaufstellung handelte es sich hierbei um einen nach § 35 BauGB privilegierten Landwirtschaftsbetrieb im Außenbereich, der sich vor allem auf eine Schweinezucht mit ca. 400 Tieren in Stallungen, die dem Bebauungsplangebiet zugewandt sind, spezialisiert hatte. Zur Abschätzung der sich aus den entsprechenden Betriebsabläufen ergebenden Immissionsbelastungen im Plangebiet wurde ein Geruchsimmissionsgutachten erstellt. Dieses gelangte zu dem Ergebnis, dass der Umfang der im Jahresverlauf zulässigen Geruchswahrnehmungen gemäß der Geruchsimmmissonsrichtlinie der TA Luft (GIRL) lediglich auf einer in der Hauptwindrichtung liegenden bereits genutzten Teilfläche im nordwestlichen Planbereich überschritten wurde. Hierbei handelt es sich um ein Dreieck im Einmündungsbereich der Pionierstraße zur B 8 mit dem Gebäude Reeser Straße Nr. 424, welches sowohl dem angrenzenden Landmaschinenhandel als auch dem Wohnen dient. Im übrigen Plangebiet waren hingegen zwar keine unzulässigen Nutzungskonflikte infolge der Geruchseinwirkungen auszumachen, jedoch wurde zur Vermeidung etwaiger Konfliktpotentiale in Bezug auf den Landwirtschaftbetrieb für den gesamten westlichen Bebauungsplanteilbereich entlang der Pionierstraße vorsorglich die allgemeine Zulässigkeit für Wohngebäude nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO ausgeschlossen und ein Wohnen nur im Zusammenhang mit einer gewerblichen Nutzung für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter zugelassen.

 

Der Landwirtschaftsbetrieb Reeser Straße 416 hat inzwischen seine Schweinehaltung ersatzlos aufgegeben, die hiervon betroffenen Stallungen wurden teilweise in Büroflächen umgenutzt. Erklärtermaßen wird der Betrieb derzeit und auch zukünftig nicht mehr als landwirtschaftlicher Vollerwerbsbetrieb geführt. Zur Verwertung der um die Hofstelle gelegenen Grünlandflächen werden weiterhin 6 bis 7 Stück Rindvieh oder Pferde gehalten.

 

Aufgrund dieser geänderten Rahmenbedingungen hat der Vorhabenträger einen Antrag gestellt, die zur Lösung der Immissionsproblematik aus dem Landwirtschaftbetrieb erlassene Nutzungsbeschränkung auf seinen noch unbebauten Grundstücken an der Pionierstraße aufzuheben und hier die im MI-Gebiet allgemeine Zulässigkeit von Wohnhäusern wie für den gesamten südöstlichen Bebauungsplanbereich ebenfalls zuzulassen. Dem Antrag liegt eine Ergänzung des seinerzeitigen Geruchsgutachtens bei, welches nachweist, dass die aus der jetzt noch betriebenen Resttierhaltung auf der Hofstelle Reeser Str. 416 herrührenden Geruchsemissionen innerhalb des Plangebietes den Immissionswert der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) für Wohnhäuser in Wohn- und Mischgebieten einhalten. Am westlichen der Hofstelle unmittelbar zugewandten Rand des Bebauungsplanes wird eine Geruchseinwirkung von maximal 5 % der Jahresstunden prognostiziert, was den zulässigen Richtwert von 10 % um die Hälfte unterschreitet. In der Lage der dort festsetzten Bauflächen reduziert sich diese Belastung bereits erheblich. Innerhalb des Plangebietes werden Geruchswahrnehmungen aus der noch verbleibenden Tierhaltung auf der Hofstelle in einem Umfang von insgesamt zwischen 0 % bis maximal 2 % der Jahresstunden erwartet.

 

Mit diesen Ergebnissen ist die Begründung für die im Bebauungsplan erlassene Nutzungsbeschränkung eines vorsorglichen Ausschlusses von Wohnhäusern an der Pionierstraße als aufgehoben zu betrachten. Dem Antrag des Vorhabenträgers kann daher stattgegeben werden, wobei sich die Planänderung im Sinne einer Gleichbehandlung über das beantragte Nutzungsgebiet 4 südlich des Heinrich-Bonnes-Weges hinaus auch auf das ebenfalls in seinem Eigentum stehende unbebaute Grundstück im Einmündungsbereich zur Pionierstraße auf der Nordseite des Heinrich-Bonnes-Weges innerhalb des Nutzungsgebietes 3 (Flurstück 1324) ausdehnen sollte. Die für dieses Grundstück nach dem derzeitigen Planungsrecht vorgesehene allein gewerbliche Nutzung würde im Falle der geplanten Änderung für die Zukunft einerseits grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Da die Größe des Grundstücks und sein Zuschnitt eine gewerbliche Nutzung andererseits jedoch erheblich einschränken, wird der Nutzungsspielraum in Anpassung an die inzwischen entwickelte Nutzungsstruktur innerhalb des Baugebietes angemessen erweitert, ohne die angrenzenden Gewerbenutzungen an der Reeser Straße unzulässig einzuschränken.

 

Die Nutzungsstruktur innerhalb des Plangebietes unterscheidet sich bereits von den klassischen Strukturen eines Mischgebietes, in welchem ein Nebeneinander und eine Durchmischung von allgemeinem Wohnen und nicht störendem Gewerbe anzutreffen ist. Die Entwicklungsabsichten im Planbereich P 3/2 waren von vornherein dahin gehend angelegt, dass sich die gewerbliche Nutzung in Richtung B 8 und Bahnlinie ansiedeln sollte, während für die Wohnnutzung der südliche von diesen Belastungsquellen abgewandte Planbereich zum landwirtschaftlichen Freiraum hin vorgesehen war. Entsprechend wurde hier vom Vorhabenträger eine kleinteilige Parzellierung durchgeführt, die eher eine Wohnhausbebauung implizierte, als dass sie z.B. für die Errichtung von Gewerbehallen ausreichend gewesen wäre. Die bereits entstandene Bebauung weist in diesem Bereich um den Heinrich-Bonnes-Weg in der Tat auch die Merkmale eines WA-Gebietes auf. Die beantragte Planänderung wird zweifelsohne dazu beitragen, diesen Wohnbereich noch auszudehnen, so dass sich die Frage stellt, ob das nicht letztlich zu einem Kippen des Mischgebietes führt, da die Wohnbebauung dann möglicherweise ein eindeutiges Übergewicht erfahren wird.

 

Das Gesamtplangebiet weist eine MI-Fläche in einer Größe von 25.597 qm aus, wovon nach derzeitigem Planungsrecht 9.798 qm ausschließlich eine gewerblichen Nutzung vorbehalten sind. Das entspricht einem Flächenanteil von 38 %. Die Planänderung betrifft Grundstücke einer Größe von 1.874 qm, so dass sich der Anteil der gesichert für Gewerbenutzung vorgesehenen Fläche auf 31 % reduziert. Das Kippen des Mischgebietes kann aber nicht allein von solchen Flächengrößen abhängig gemacht werden. Vielmehr würde es insbesondere dann eintreten, wenn die vorhandene gewerbliche Nutzung durch die Planänderung eine zusätzliche Einschränkung erfahren würde, weil das Wohnen plötzlich einen größeren Schutzanspruch geltend machen könnte.

 

Dies ist im vorliegenden Fall zu verneinen, da die Änderungsbereiche von dem durch planungsrechtliche Festsetzung allein der gewerblichen Nutzung vorbehaltenden nördlichen Planbereich insgesamt weiter entfernt sind, als es die entstandene an diesen Bereich angrenzende Wohnbebauung bereits ist. Von der Bestimmung des Mischgebietes in der BauNVO her ist das Gewerbe in der Form eingeschränkt, dass von ihm keine wesentliche Störung auf die Wohnnutzung ausgehen darf. Dem entsprechen auch die vorhandenen gewerblichen Nutzungen an der Reeser Straße. Die Beibehaltung des Mischgebietes wird für das Gesamtplangebiet durch die Ausweisung der ausschließlich dem Gewerbe zuzuordnenden Fläche im nördlichen Teilbereich gewährleistet und durch die räumliche Gliederung nicht in Frage gestellt. Die Ansiedlung von Kleingewerbe ist innerhalb des Gesamtplangebietes weiterhin zulässig. Aus diesen Gründen ist die Aufhebung der nicht städtebaulich sondern immissionsschutzrechtlich begründeten Nutzungsbeschränkung auf den Antragsflächen als unbedenklich zu betrachten.

 

 

Zu 2)

 

Durch die beabsichtigte Änderung werden die Grundzüge der Planung nicht berührt, da sich die bisherige Nutzungsbeschränkung auf den Antragsflächen allein auf der Vermeidung eines immisionsschutzrechtlichen Nutzungskonfliktes begründet, der mit der eingetretenen Veränderung des benachbarten Landwirtschaftsbetriebes entfällt. Der Änderungsentwurf erweitert lediglich den nach BauNVO vorgegebenen Nutzungsspielraum. Daher kann das Änderungsverfahren nach den Bestimmungen des § 13 BauGB (Vereinfachtes Verfahren) durchgeführt werden.

 

Da sich der Grad einer möglichen Betroffenheit der an dem Änderungsverfahren zu beteiligenden Öffentlichkeit nicht mit Bestimmtheit eingrenzen lässt, soll eine Beteiligung der Bürger gemäß § 13 Nr. 2 BauGB in der Form einer öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB durchgeführt werden.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes, Kapitel 2, Ziel 1.

 

 

In Vertretung

 

 

 

Dr. Wachs

Erster Beigeordneter