Betreff
Antrag auf Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Emmerich am Rhein im Bereich
Reeser Straße, Abschnitt Jahnstraße bis Reeser Straße 199,
hier: Eingabe von Frau Anna Helmes
Vorlage
05 - 15 0466/2011
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung beschließt, den Antrag auf Umwandlung der FNP-Gewerbeflächendarstellung in „Fläche für die Landwirtschaft“ für den Bereich auf der Nordseite der Reeser Straße zwischen Jahnstraße und dem Grundstück Reeser Str. 205 (Ziegelei Alphons Meyer KG) zurückzuweisen, soweit es nicht um die durch Einleitungsbeschluss des Ausschusses für Stadtentwicklung vom 10.05.2011 in das Verfahren der 71. FNP-Änderung einbezogenen Flächen (Anpassung an den virtuellen Gewerbeflächenpool des Kreises Kleve) handelt.

 

Sachdarstellung :

 

Mit der Ratseingabe 07/2011 (Eingabe als Anlage beigefügt) beantragt die Eigentümerin des Grundstückes Reeser Str. 199 die Umwandlung der FNP-Darstellung „Gewerbliche Baufläche“ für den Bereich an der Nordseite der Reeser Straße östlich der Jahnstraße bis einschließlich ihres Grundstückes in „Fläche für die Landwirtschaft“. Dieser Antrag war Gegenstand der Beratung im Rat am 31.05.2011 und wurde von diesem zur Entscheidung an den Ausschuss für Stadtentwicklung verwiesen.

 

Begründet wird der Antrag damit, dass im besagten Bereich die mit der FNP-Darstellung planungsrechtlich vorbereitete gewerbliche Nutzung bislang noch nicht durch eine konkrete Bauleitplanung in der Form der Aufstellung eines Bebauungsplanes in Angriff genommen wurde und sich die betroffenen Flächen infolge der dazwischen liegenden Teiche nicht zu einer wirtschaftlichen gewerblichen Nutzung eignen. Die sich östlich des Grundstückes Reeser Straße 199 anschließenden Ziegeleibetriebe lägen hingegen innerhalb einer Darstellung als „Fläche für die Landwirtschaft“.

 

Es wird unterstellt, dass die betroffene FNP-Gewerbeflächendarstellung als Puffer zum Außenbereich für den im Landesentwicklungsplan dargestellten und in den GEP übernommenen Kraftwerksstandort südlich der Reeser Straße zustande gekommen sei. Mit dem absehbaren Verzicht auf die Ausweisung dieses Standortes in den landesplanerischen Zielvorstellungen sei auch eine Gewerbeentwicklung auf dem in Rede stehenden Bereich obsolet, so dass der Flächennutzungsplan konsequenterweise angepasst werden müsse.

 

Neben dieser städtebaulichen Begründung weist die Eigentümerin darauf hin, dass die benachbarten Ziegelei- und Keramikbetriebe Bestandsschutz genießen. Ferner teilt sie mit, dass sie mit der Eintragung einer immissionsschutzrechtlichen Baulast auf ihrem Grundstück zur Beschränkung der Abwehrrechtsstellung gegenüber der angrenzenden Ziegelei bereit sei.

 

 

Stellungnahme der Verwaltung:

 

Die Auffassung, eine Gewerbeflächendarstellung an der betroffenen Stelle sei ausschließlich als Puffer zwischen dem Kraftwerksstandort und dem landwirtschaftlichen Außenbereich begründet und müsse im Falle des Verzichtes auf diesen Standort ebenfalls aufgegeben werden, ist Spekulation. Einerseits ist der betroffene Bereich durch die Bahnlinie, die hier eine topografische Grenze markiert, vom sich nördlich anschließenden landwirtschaftlichen Freiraum abgetrennt. Anderseits stellt dieser Bereich eine kleinräumige Gewerbeflächenreserve dar, die eine Verbindung zwischen dem Gewerbegürtel östlich des zentralen Stadtbereiches mit den Gewerbegrundstücken am Blackweg und der gewerblichen Nutzung am Westrand des Ortsbereiches von Vrasselt schafft. Die vorhandenen Teiche, die durch Tongewinnung durch die benachbarten Ziegeleien entstanden sind, bewirken sicherlich keine Zerstückelung der Gesamtfläche in Flächenzuschnitte, die für eine gewerbliche Nutzung zu gering bemessen wären. Immerhin umfassen die derzeit landwirtschaftlich genutzten Flächen in diesem Bereich 2,3 und 3,0 ha und könnten durchaus für die Ansiedlung kleinerer bis mittlerer Gewerbebetriebe interessant sein.

 

Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass der Antrag sich ausschließlich auf die Darstellungen im Regionalplan (GEP 99) beruft, ohne sich offensichtlich Kenntnis über den Flächennutzungsplan der Stadt Emmerich am Rhein verschafft zu haben. Abweichend von den Darstellungen des Regionalplanes, der den südöstlichen Emmericher Ortsteilen insgesamt keine Siedlungsschwerpunktsfunktionalität zuspricht und entsprechend als „Allgemeinen Freiraum und Agrarbereich“ darstellt, stellt der FNP in diesen Ortsteilen die vorhandenen Siedlungsstrukturen dar und hält für diese ein geringes Entwicklungspotenzial im Rahmen der Eigenentwicklung vor. Die FNP-Darstellung für den Siedlungsbereich von Vrasselt zwischen Bahnlinie und Reeser Straße (B 8) lautet daher nicht „Fläche für die Landwirtschaft“ sondern „Gemischte Baufläche“. Hiervon wird auch der im Antrag benannte Betrieb NBK erfasst, während die an das Grundstück der Antragstellerin angrenzende Ziegelei Meyer im FNP sogar als „Gewerbliche Baufläche“ dargestellt ist und insofern sehr wohl die planungsrechtliche Grundlage für ihren Bestand und ihre Entwicklung erfährt. Ferner sind die im Antragsbereich vorhandenen Abgrabungsflächen in diesem Bereich, die schwerlich in Landwirtschaftsflächen umgewandelt werden können, als Gewässerflächen dargestellt. Von daher geht der Antrag von falschen planungsrechtlichen Voraussetzungen aus.

 

Ein grundsätzlicher Verzicht auf eine Entwicklungsmöglichkeit der betroffenen Verbindungsfläche zwischen den Gewerbebereichen von Emmerich und Vrasselt sollte nicht zustande kommen, auch wenn eine konkrete bauliche Verwendung des Areals nicht absehbar ist und sich großflächiges Gewerbe infolge der topografischen Gegebenheiten voraussichtlich nicht ansiedeln könnte. Dieser Absicht steht die mit Aufstellungsbeschluss vom 10.05.2011 eingeleitete 71. FNP-Änderung nicht entgegen. Zwar sieht dieses Änderungsverfahren wie der vorliegende Antrag tatsächlich die Umwandlung der FNP-Darstellung von zwei Teilbereichen der Antragsfläche zwischen Jahnstraße und der Ziegelei  Meyer, Reeser Str. 205, von „Gewerblicher Baufläche“ in „Fläche für die Landwirtschaft“ vor, dies jedoch als Verpflichtung im Rahmen der Einbringung ungenutzter Reserveflächen in den virtuellen Gewerbeflächenpool des Kreises Kleve. Bei Herausnahme aus der zeichnerischen Gewerbeflächendarstellung im GEP und im FNP gehen diese Flächen mit dem zukünftig geänderten textlichen Planungsziel im GEP in das zusammengefasste virtuelle Entwicklungspotenzial aller kreisangehörigen Gemeinden ein. Für die Einzelgemeinden besteht dann der Anspruch, sich im Bedarfsfall Anteile aus diesem virtuellen Guthaben zu entnehmen und damit eine Gewerbeflächenentwicklung auf an den bestehenden Siedlungsraum angrenzenden Außenbereichsflächen außerhalb der GIB-Darstellungen zu betreiben. Infolge der umfangreichen naturschutzrechtlichen Restriktionen ist die Auswahl solcher Flächen für die Stadt Emmerich am Rhein allerdings wesentlich eingeschränkt, so dass für eine zukünftige Gewerbeflächenentwicklung durchaus auf die von der 71. Änderung des FNP betroffenen, in das virtuelle Entwicklungspotenzial des Pools eingestellten Flächen wieder zurück gegriffen werden könnte.

 

Die im Antragsschreiben im Nachgang aufgeführte Erklärung zur Bereitschaft für eine Baulasteintragung zugunsten des angrenzenden Gewerbebetriebes bezieht sich auf ein bei der Verwaltung vorliegendes Baugesuch der Antragstellerin, welches als der eigentliche Grund ihres Antrages zu betrachten ist. Am 20.04.2010 wurde von der Eigentümerin ein Antrag auf Nutzungsänderung ihres Wohnhauses von einem als Betriebsleiterwohnhaus zum angrenzenden Ziegeleibetrieb genehmigten Gebäude in ein ungebundenes privates Einfamilienhaus an die Untere Bauaufsichtsbehörde gestellt. Dieser Antrag konnte neben der bauplanungsrechtlichen Problematik u. a. auch mangels Vorlage erforderlicher Unterlagen durch die Eigentümerin bis heute nicht beschieden werden.

 

Die Zulässigkeit der beantragten Nutzungsänderung ist nach § 35 BauGB -Außenbereich- zu beurteilen, da das Antragsgrundstück weder im Geltungsbereich eines rechtsverbindlichen Bebauungsplans noch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt. Da das Vorhaben keinem Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 BauGB unterliegt, kann sich die planungsrechtliche Zulässigkeit dieser Nutzungsänderung nur nach § 35 Abs. 2 BauGB beurteilen lassen. Hiernach kann ein sonstiges Vorhaben im Einzelfall zugelassen werden, wenn dessen Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

 

Aus dem (nicht abschließenden) Katalog der abzuprüfenden öffentlichen Belange des § 35 Abs. 3 BauGB läuft die derzeitige planungsrechtliche Prüfung des abgefragten Vorhabens bereits auf eine Abweichung der beabsichtigten Nutzung von der bestehenden Darstellung des Flächennutzungsplans am betreffenden Standort als „Gewerbliche Baufläche“ hinaus. Darüber hinaus ist der öffentliche Belang „Schädliche Umwelteinwirkungen“ auf das Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB zu thematisieren. Direkt an das Antragsgrundstück grenzt, wie bereits angeführt, ein Ziegeleibetrieb an, von welchem aus der Natur der Sache heraus regelmäßig Emissionen in Form von Lärm, Staub oder auch sonstigen Faktoren ausgehen. Diese Belästigungen sind für einen Anwohner grundsätzlich auch unter dem Gesichtspunkt des Gebotes der Rücksichtnahme nicht als zumutbar zu betrachten. Die auf das Vorhabengrundstück einwirkenden Immissionen sind daher per sachverständiger Immissionsprognose unter Berücksichtigung des konkreten Entwicklungspotentials des zulässigerweise an diesem Standort ansässigen Ziegeleibetriebs zu ermitteln und daraufhin zu prüfen, ob hier im Fall der beantragten Nutzungsänderung unzulässige Nutzungskonflikte bestehen. Die Antragstellerin hat einen solchen Verträglichkeitsnachweis trotz mehrfacher Aufforderung bislang noch nicht vorgelegt, so dass die Vermutung nahe liegt, in der bestehenden Grundstückssituation könnte ein unlösbarer Nutzungskonflikt vorliegen, der eine Genehmigungsfähigkeit der begehrten Nutzungsänderung in Frage stellt.

 

Ob im Falle des Zustandkommens der beantragten FNP-Änderung mit einer Umwandlung der FNP-Darstellung in Fläche für die Landwirtschaft der öffentliche Belang einer der Nutzung widersprechenden FNP-Darstellung beseitigt wäre, mag dahin gestellt sein, da ein allgemeines Wohnen vom Grundsatz her auch nicht mit dem landwirtschaftlichen Außenbereich vereinbar ist. Der begehrten Genehmigung würde die Antragstellerin damit jedoch auch deshalb noch nicht näher kommen, da für die Immissionsproblematik noch immer eine Klärung und Lösung herbeigeführt werden müsste. In diesem Zusammenhang drängt sich der Eindruck auf, dass eine solche im Rahmen eines FNP-Änderungsverfahrens ebenfalls beizubringende Untersuchung ggf. auf die Stadt Emmerich am Rhein abgelastet werden solle.

 

Vor diesem Hintergrund sei darauf verwiesen, dass der Antragstellerin von der Bauaufsichtsbehörde wegen der Besonderheit des beantragten Vorhabens in Bezug auf seine Historie und die topografischen Verhältnisse, die keine Vorbildwirkung auf andere Vorhaben in der Nachbarschaft befürchten lassen, bereits eine Genehmigung ihres Vorhabens im Rahmen der Abwägung in Aussicht gestellt wurde unter der Voraussetzung, dass der noch ausstehende immissionsschutzrechtliche Verträglichkeitsnachweis geführt werden kann. Aus Sicht der Verwaltung kann den Interessen der Antragstellerin damit entgegen gekommen werden ohne die Durchführung eines aufwändigen FNP-Änderungsverfahrens.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes, Kapitel 2, Ziel 1.

 

 

In Vertretung

 

 

 

Dr. Wachs

Erster Beigeordneter