Betreff
Windenergieerlass vom 11.07.2011
Vorlage
05 - 15 0505/2011
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

Der Ausschuss nimmt den Bericht über den Windenergieerlass 2011 zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, im Rahmen der Erarbeitung  des Regionalplanentwurfs wieder über die beabsichtigte planerische Berücksichtigung auf Regionalplanungsebene zu berichten.

 

Sachdarstellung :

 

Die Landesregierung möchte die Windkrafterzeugung in NRW deutlich ausbauen. Folgende Merkmale des neuen Windenergieerlasses machen das bereits deutlich:

 

Ø      Die in vielen Regionen herrschende Höhenbeschränkung für Windräder von 100 m soll abgeschafft werden, um Repowering-Vorhaben in Form von Windenergieanlagen der Multimegawattklasse zu ermöglichen. Nach dem neuen Erlass soll der Bau von Windrädern mit einer Höhe von 150 oder sogar 200 m genehmigungsfähig werden.

 

Ø      Die im Sinne eines vorbeugenden Immissionsschutzes im Windenergie-Erlass 2005 als Orientierungswerte empfohlenen Abstände zwischen Windparks und Wohn-gebieten von 1500 m, werden auf die im Rahmen der Einzelfallprüfungen ermittelten erforderlichen Mindestabstände, die bei jeder Anlage nach Art und Höhe des Rotors und der Beschichtung des Propellers berechnet werden, zurück genommen.

 

Ø      Zukünftig sollen auch bisherige Tabuflächen eingeschränkt werden. So sollen z.B. auch auf Freiflächen im Wald künftig Windräder errichtet werden können.

 

Ø      Im Rahmen der Regionalplanung sowie der kommunalen Bauleitplanung sollen die Möglichkeiten einer konzentrierten Windenergienutzung entlang vorhandener Infrastrukturtrassen wie Autobahnen, Eisenbahnen oder Überland-Stromleitungen überprüft werden.

 

Ø      Kleinwindanlagen (bis 50 m Gesamthöhe) können unter der Voraussetzung, dass die erzeugte Energie überwiegend eigengenutzt wird, als untergeordnete Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO in allen Baugebieten zulässig sein.

 

 

Der Windenergieerlass 2011    (liegt den Fraktionen in einer textlichen Langfassung vor).

 

Dieser Erlass hat nicht die Bindungswirkung eines Gesetzes, sondern steuert als Verwaltungsvorschrift das Handeln nachgeordneter Behörden. Er ist nicht normkonkretisierend wie z.B. die technischen Anweisungen TA Lärm und TA Luft, sondern beinhaltet allgemeine Erläuterungen zur Rechtslage sowie Hinweise auf die neuere Rechtssprechung im Zusammenhang mit der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen. Darüber hinaus bietet er Interpretationshilfen unbestimmter Rechtsbegriffe. In die kommunale Planungshoheit kann der Erlass somit jedoch nicht eingreifen!

 

 

Intention

 

Das Land NRW will beim Klimaschutz eine Vorreiterrolle übernehmen. Zur Steuerung dieser Entwicklung sollen auf Landesebene verbindliche Klimaschutzziele in Form eines Klimaschutzgesetzes verabschieden werden. Der CO2-Ausstoß in Nordrhein-Westfalen soll bis zum Jahre 2020 um 25 % und bis zum Jahre 2050 um 80-95 % reduziert werden. Eine Säule dieser Strategie ist die Steigerung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, hier primär der Windenergie. Geht es nach dem Willen der Landesregierung soll der Anteil der Windenergie an der Stromerzeugung von heute 3 % auf mindestens 15 % im Jahre 2020  ausgebaut werden.

 

 

Zum Inhalt:

 

Da die Städte und Gemeinden über ihre Bauleitplanung die Entwicklung der Windenergie innerhalb ihres Stadtgebietes maßgeblich steuern können, hat das Land ein Interesse daran, den Kommunen bei der Anwendung des Windenergieerlasses behilflich zu sein. Das geschieht über ein sog. ’Maßnahmenpaket’, welches das Land über sein Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz und die Energieagentur, NRW zur Verfügung stellt: Dazu gehört die Unterstützung bei der Ermittlung der lokalen Windhöffigkeit, die Schaffung einer ‚Clearingstelle’, die bei der Lösung von Konflikten Hilfestellung leisten soll, sowie ein umfassendes Beratungspaket für Kommunen.

 

Der Weg zu mehr Windenergie führt nach Ansicht der Landesregierung über

 

Ø      das ‚Repowering’, d.h. dem Ersatz mindestens 10 Jahre alter Anlagen durch neuere und leistungsstärkere Anlagen

 

Ø      und die planungsrechtliche Festsetzung, d.h. über die Überprüfung bestehender und die Ausweisung neuer Vorranggebiete oder Konzentrationszonen

 

 

Die planerische Ausweisung von Vorrang- oder Eignungsbereichen für Windkraft

 

Dabei hat das Land nicht nur die Möglichkeiten der kommunalen Bauleitplanung im Blick, sondern strebt auch über die Regionalplanung an, in den Regionalplänen ‚Bereiche mit Eignung für die Nutzung erneuerbarer Energien’ darzustellen. Dieses Steuerungsinstrument bezieht sich bei der Regionalplanung nur auf raumbedeutsame Vorhaben, d.h. auf Windparks, nicht auf die Errichtung von Einzelanlagen. Der Bau von Windparks in solchen Vorrangbereichen für die Nutzung erneuerbarer Energien würde dann in der Abwägung gegenüber konkurrierenden Belangen als besonderer Belang zu werten sein.

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Erstmals nicht nur textlich sondern auch zeichnerisch festgelegt wurde ein solches Vorranggebiet im Regionalplan für den Regierungsbezirk Münster und dort im Teilabschnitt Münsterland. (redaktionelle Anmerkung)

 

Der für Emmerich verbindliche Regionalplan des Regierungsbezirkes Düsseldorf befindet sich derzeit vor seiner Fortschreibung. Augenblicklich werden im Rahmen der vorlaufenden Informationsphase unter Beteiligung aller zuständigen Akteure erste Leitlinien entworfen. Die Erarbeitung eines ersten Entwurfes für den neuen Regionalplan ist etwa Ende 2012 zu erwarten. Ob im Themenfeld Energie sog. Eignungs- oder Vorranggebiete für Windkraftanlagen’ tatsächlich zur Darstellung kommen, und welche Bindungswirkung von einer solchen Festsetzung ausgehen könnte, ist derzeit noch völlig offen.

 

Für die Darstellung von Konzentrationszonen in der kommunalen Bauleitplanung bieten sich weiterhin folgende zeichnerisch dargestellte Flächen in den Regionalplänen an:

 

-          die allgemeinen Freiraum- und Agrarbereiche,

-          die Gewerbe- und Industriebereiche (GIB’s), soweit der Betrieb von WEA’s deren Nutzung nicht einschränkt,

-          die „Reservegebiete für den oberirdischen Abbau nicht energetischer Bodenschätze“ soweit die Inanspruchnahme nur vorübergehender Art ist, d.h. Genehmigungen werden nur befristet erteilt.

-          die Aufschüttungen und Ablagerungen und Flächen für den Abbau oberflächennaher Bodenschätze (als Nachfolgenutzungen),

-          die Bereiche für den Schutz der Landschaft und der landschaftlichen Erholung die sog. BSLE-Bereiche, wenn die Windenergienutzung mit der konkreten Schutzfunktion des Bereiches vereinbar ist.

-          die Waldbereiche, wenn keine Alternativen außerhalb des Waldes bestehen, jedoch nicht in besonders wertvollen Waldgebieten. Die Geeignetheit ist anhand des Leitfadens „Windenergie im Wald“  zu prüfen.

-          die Bereiche für den Schutz der Natur, die sog. BSN-Bereiche bleiben weitgehend ‚tabu’, hier kommt die Ausweisung von WEA’s nicht in Betracht, Ausnahmetatbestände sind im Ziel B.III.2.22 des Landesentwicklungsplans geregelt.

 

Auf die bestehende Darstellung von Konzentrationszonen in den kommunalen Flächen-nutzungsplänen bleibt der Windenergieerlass 2011 zunächst ohne Einfluss. Ein schlüssiges Plankonzept für das gesamte Gemeindegebiet bleibt auch weiterhin notwendige Grundlage für eine solche Darstellung. Weist eine Gemeinde neue Konzentrationszonen aus oder reduziert sie diese, bedarf es einer erneuten Abwägung, in der u. U. anstelle des gesamten Gemeindegebietes nur noch ein Teilflächennutzungsplanbereich erneut geprüft werden muss.

 

Wünschenswert aus Sicht der Landesregierung ist die Bündelung von Vorbelastungen wie sie von bestehenden Infrastrukturachsen und Hochspannungsfreileitungen ausgehen, mit zukünftigen Belastungen aus Vorranggebieten für Windkraft, um zusätzlichen Lärm und Landschaftsbeeinträchtigungen durch Windenergieanlagen zu minimieren.

 

In der Frage der Höhenbegrenzung bleiben nach wie vor die Abstandsregelungen des § 16 Abs. 1 der Baunutzungsverordnung unbenommen. Trotzdem votiert die Landesregierung in ihrem Erlass dafür, Höhenbeschränkungen nur vor dem Hintergrund einer konkreten, städtebaulichen Begründetheit auszusprechen und die Frage der Wirtschaftlichkeit mit in die Abwägung einzubeziehen. Die bisherige Praxis der Beschränkung der Anlagen auf 100 m Höhe erscheint ihr nicht sachdienlich, wohingegen sie Gesamthöhen von 150 m oder höher als grundlegend wirtschaftlich einstuft. Ihrer Ansicht nach eignen sich für ‚Repowering’- Vorhaben ohnehin nur Windenergieanlagen der Multimegawattklasse, die entsprechend höher als 100 m ausfallen.

 

 

Das Repowering von Anlagen

 

Unter ‚Repowering’ wird der Austausch von alten durch neuere und modernere Windenergie-

anlagen verstanden, die neben einer höheren Leistung meist auch einen höheren Turm und größere Rotoren aufweisen. Nach Auffassung der Landesregierung bietet das Repowering die Möglichkeit, durch Zusammenfassung von Repoweringsanlagen in neuen Konzentrationszonen die Windenergienutzung im Gemeindegebiet auch neu zu ordnen.

 

Für  das Repowering gelten die gleichen planungsrechtlichen Anforderungen wie für die Neuerrichtung von Windenergieanlagen. Sind bereits im Flächennutzungsplan (FNP) Konzentrationszonen für die Windenergie dargestellt, setzt das Repowering von Altanlagen außerhalb dieser Zonen im Außenbereich grundsätzlich voraus, dass die Standorte der neuen Windenergieanlagen ebenfalls innerhalb einer Konzentrationszone für Windenergie liegen. Hat sich jedoch in der Zeit zwischen der Errichtung der Altanlagen und der Wiedererrichtung einer neuen Anlage am gleichen Standort das Planungsrecht geändert (z.B. durch die Ausweisung einer Konzentrationszone im FNP), ist das Vorhaben des Repowering hier nicht mehr zulässig.

 

Der Windenergieerlass verfolgt jedoch die Idee, Altanlagen außerhalb von Konzentrationszonen beim Repowering durch neue Anlagen zu ersetzen, sei es innerhalb von erweiterten, bestehenden oder von neu zu definierenden Konzentrationszonen.

 

Mit dem ‚Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden’ vom 22. Juli 2011 (liegt den Fraktionen, gemeinsam mit dem Windenergieerlass 2011 vor) hat der Bundesgesetzgeber auf der Grundlage des „Energiekonzeptes für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung“ vom 28.09.2010 eine Novellierung des Baugesetzbuches erlassen, bei der u. a. eine Rechtssicherheit für das Repowering von Windenergieanlagen geschaffen werden soll. Hierzu wurde der neue § 249 in das Baugesetzbuches aufgenommen, der zwar einer ‚Flexibilisierung’ dienen soll, gleichzeitig aber die bisherige Konzeption der Windkraftplanung nicht in Frage stellen soll. Der Paragraph betrifft die Ausweisung von zusätzlichen Konzentrationszonen zu schon Bestehenden und die bislang dadurch zu erzielende Ausschlusswirkung solcher Anlagen an anderer Stelle. Insbesondere will der § 249 BauGB sicherstellen, dass eine zusätzliche Ausweisung von Vorrangzonen oder deren Vergrößerung die ursprüngliche Windkraftplanung nicht in Frage stellt, bzw. fehlerhaft werden lässt. Des weiteren wirkt er darauf hin, dass konkrete Rückbauverpflichtungen mit dem Repowering von Anlagen verbunden werden.

 

 

Die Situation im Stadtgebiet Emmerich

 

Für das Stadtgebiet Emmerichs ist derzeit noch kein konkreter Planungsbedarf zu erkennen, der die Aufstellung eines speziellen ‚Repowering – Konzeptes’ notwendig erscheinen ließe.

 

Sechs Windkraftanlagen werden derzeit in der Ortslage Vrasselt im Außenbereich betrieben, die in den Jahren  2001 – 2004 errichtet wurden. Um generell die ungeregelte Entwicklung von solchen Anlagen besser steuern zu können, entschied sich der Stadtrat 2003 zu einer Überprüfung des gesamten Stadtgebietes im Hinblick auf die Nutzung der Windkraft, um im Anschluss im Flächennutzungsplan eine Vorrangzone für Windkraft entlang der Autobahn festzusetzen. Damit wurde gleichzeitig die Ausschlusswirkung des § 35, Abs.3 BauGB wirksam, die bedeutet, dass WEA’s seitdem nur noch innerhalb der Vorrangzone errichtet werden durften. Dementsprechend können die 6 Anlagen in Vrasselt an dem dortigen Standort nach den bestehenden planungsrechtlichen Voraussetzungen derzeit nicht Gegenstand eines Repowerings sein.

 

Die im FNP dargestellte Vorrangzone hat Platz für 3 Windkraftanlagen, bisher sind allerdings nur zwei Anlagen innerhalb der Zone errichtet worden. In der Vorrangzone ist auch zukünftig ein Repowering der Anlagen vorstellbar.

 

Grundsätzlich gilt jedoch, dass jeder zukünftige Antrag auf Repowering einer Anlage Gegenstand einer Einzelfallbetrachtung sein muss, um sicherzustellen, dass die notwendigen Abstandsregelungen, auch bei Errichtung einer größeren Anlage gewahrt bleiben.

 

Die gesteigerte Anfrage potentieller Investoren nach geeigneten Standorten für weitere WEAs im Emmericher Stadtgebiet seit Bekanntwerden der Absicht der Landesplanung, einen neuen Windenergieerlass zu erlassen, lässt vermuten, dass allgemein die Auffassung verbreitet ist, mit dem neuen Erlass seien alle bisherigen kommunalen Planungsvorgaben für die Steuerung solcher Anlagen aufgehoben. Dem ist jedoch nicht so. Die bisherige Konzentrationszonendarstellung im Emmericher Flächennutzungsplan hat weiterhin Gültigkeit und entfaltet ihre Ausschlusswirkung für das übrige Stadtgebiet. Eine etwaig gewünschte kurzfristige Erweiterung dieser Vorrangzone oder die Darstellung zusätzlicher Bereiche zur Förderung neuer Windenergieanlagen oder zur Ermöglichung des Repowerings bestehender Anlagen wäre mit den Zielen der Landesplanung im derzeit noch gültigen Regionalplan nicht vereinbar, wie sich im Rahmen des seinerzeitigen Flächen-nutzungsplanverfahrens gezeigt hat. Hierin wurden neben der jetzt dargestellten Konzentrationszone drei weitere Alternativbereiche abgeprüft und landesplanerisch verworfen, da der Außenbereich im Emmericher Stadtgebiet umfangreichen naturschutzrechtlichen Restriktionen unterworfen ist. Von daher hätte die Durchführung entsprechender Bauleitplanverfahren durch die Stadt Emmerich am Rhein momentan keine Aussicht auf erfolgreichen Abschluss.

 

Zur Umsetzung der bundes- und landespolitischen Zielsetzung einer Steigerung des Einsatzes erneuerbarer Energien bedarf es in Bezug auf die Windenergie in Emmerich somit neben den bereits erlassenen Rechtsbestimmungen vor allem der Konkretisierung und Anpassung der landesplanerischen Vorgaben, wie sie im Rahmen der Änderung des Landesentwicklungsplanes sowie der anhängigen Neuaufstellung des Regionalplanes für den Regierungsbezirk Düsseldorf bereits in Angriff genommen worden sind. Erst auf der Grundlage dieser neuen Ziele der Raumordnung wird die Stadt Emmerich am Rhein in die Lage versetzt, eine geänderte planungsrechtliche Steuerung von Windenergieanlagen im Außenbereich vorzunehmen. Sinnvollerweise sollte zu diesem Zeitpunkt in Hinblick auf die weiteren Techniken zur Nutzung erneuerbarer Energien (z.B. Fotovoltaik, Biogas etc.) ein gesamtstädtisches Energiekonzept erarbeitet werden.

 

 

Der Wortlaut des Windenergieerlasses steht auch unter folgender Adresse zum Download bereit:

http://www.mbv.nrw.de/Service/Downloads/Bauverwaltung/windenergieerlass/index.php

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

Die Maßnahme wird im Leitbild nicht behandelt.

 

 

 

In Vertretung

 

 

 

Dr. Wachs

Erster Beigeordneter