Betreff
Klimaschutz- und Energiekonzept,
hier: Einstellung von Haushaltsmitteln
Vorlage
05 - 15 0637/2012
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung beauftragt die Verwaltung, ein integriertes Klimaschutz- und Energiekonzept für das Stadtgebiet von Emmerich am Rhein zu erstellen.

 

Sachdarstellung :

 

Die Notwendigkeit zur Entwicklung eines Klimaschutz- und Energiekonzeptes für das Stadtgebiet von Emmerich am Rhein resultiert im Wesentlichen aus

 

a)     dem am 30.07.2011 in Kraft getretenen „Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden“ (sog. BauGB-Novelle 2011),

b)    dem von Seiten der Landesregierung vorliegenden Entwurf des „Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes in Nordrhein-Westfalen“ (Klimaschutzgesetz NRW) und

c)    den sich aus dem Prozess des European Energy Awards (EEA) ergebenden Anforderungen.

 

 

A)  BauGB-Novelle 2011

 

Das Anliegen des „Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden“ (sog. BauGB-Novelle 2011) ist es vor allem, die städtebauliche Dimension des Klimaschutzes, der die Gemeinden bei ihren Vorgaben zur örtlichen Bodennutzung Rechnung tragen sollen, zu betonen und gesetzlich abzusichern.

 

Den Anforderungen des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel wird in den Bestimmungen über die Bauleitplanung sowohl durch neue Regelungen als auch durch Regelungsänderungen und –ergänzungen Rechnung getragen.

 

Im Folgenden werden die Änderungen des Baugesetzbuches (BauGB) beleuchtet, aus welchen vorrangig die Notwendigkeit zur Erstellung eines Klimaschutz- und Energiekonzeptes abgeleitet werden kann.

 

 

1.   Klimaschutzklausel

 

Die BauGB-Novelle wertet innerhalb der Planungsleitsätze des § 1 Abs. 5 Baugesetzbuch (BauGB) den Klimaschutz auf. Der neugefasste § 1 Abs. 5 Satz 2 BauGB bestimmt nunmehr, dass die Bauleitpläne dazu beitragen sollen, „eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln.“

 

Der Klimaschutz steht somit in der Bauleitplanung auf einer Stufe mit der Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt, dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Erhaltung der städtebaulichen Gestalt bzw. des Orts- und Landschaftsbildes.

 

 

2.   Klimagerechte städtebauliche Entwicklung als Abwägungsbelang

 

Als ausdrückliche Aufgaben der Bauleitplanung wurden in § 1a Abs. 5 BauGB der Klimaschutz und die Klimaanpassung i. S. von Abwägungsbelangen benannt:

„Den Erfordernissen des Klimaschutzes soll sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen, Rechnung getragen werden. Der Grundsatz nach Satz 1 ist in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 zu berücksichtigen.“

 

Damit wird eine doppelte Zielrichtung kommunaler Klimaschutzpolitik festgeschrieben. Klimagerechte städtebauliche Entwicklung muss dem Klimawandel entgegentreten und zugleich die Anpassung an den Klimawandel in den Blick nehmen.

Als Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, nennt die amtliche Begründung des Regierungsentwurfes insbesondere die planungsrechtliche Absicherung und Unterstützung des Einsatzes erneuerbarer Energien sowie übergreifende Maßnahmen wie die Umsetzung eines Konzepts „der Stadt der kurzen Wege“, das das Verkehrsaufkommen und damit den dadurch verursachten CO2-Ausstoß gering hält.

Als Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel nennt der Entwurf beispielhaft Kaltluftschneisen, die als von der Bebauung freizuhaltende Flächen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB festgesetzt werden können.

 

 

3.   Darstellungen im FNP

 

Die städtebaulichen Konzepte zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden sollen sich nach der Neuregelung in den Bauleitplänen wiederfinden.

In § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB wird dazu bestimmt, dass im Flächennutzungsplan „die Ausstattung des Gemeindegebiets mit Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, insbesondere zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung“ sowie „mit Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die der Anpassung an den Klimawandel dienen“, dargestellt werden kann.

Dies soll – so ausdrücklich die Begründung des Gesetzentwurfs – dazu dienen, dass entsprechende Aussagen in informellen städtebaulichen Klimaschutz- und Energiekonzepten im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB verstärkt zum Gegenstand eines Flächennutzungsplanes gemacht werden.

 

 

4.   Bedeutung für die Planungspraxis

 

Die Neuregelungen der § 1 Abs. 5 Satz 2 und § 1a Abs. 5 BauGB werten den kommunalen Klimaschutz auf, verleihen ihm aber keinen Vorrang vor anderen Belangen gemäß § 1 Abs. 6 BauGB und § 1a BauGB. Der durch die Energiewende ausgelöste Handlungsbedarf überantwortet den Gemeinden eine besonders sorgfältige Abwägung.

Das bedeutet für die praktische Bearbeitung von Bauleitplanverfahren (Flächennutzungsplanänderungsverfahren, Bebauungsplanaufstellungs- und Bebauungsplanänderungsverfahren), dass die jeweiligen Begründungen zusätzlich zu den bisher behandelten Umweltaspekten und Schutzgütern das Thema „Klimaschutz/Klimaanpassung“ beinhalten werden.

Als eigenständiger Abwägungsbelang muss das Thema mit Inhalten versehen und ausreichend („abwägungssicher“) beleuchtet werden.

 

 

5.   Klimaschutz- und Energiekonzept

 

Die in Punkt 3. ausgeführte Flächendarstellung im FNP und die in Punkt 4. erläuterte Abwägungssicherheit ist über die Erstellung eines Klimaschutz- und Energiekonzeptes i. S. eines städtebaulichen Entwicklungskonzeptes gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zu erreichen.

Damit wird sichergestellt, dass gesamtstädtische aufeinander abgestimmte Ziele und Maßnahmen widerspruchsfrei formuliert werden.

 

 

 

B)  Klimaschutzgesetz NRW

 

Nordrhein-Westfalen kommt bei der Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele eine besondere Verantwortung zu, da hier etwa ein Drittel aller in Deutschland entstehenden Treibhausgase emittiert werden. Um die bundesdeutschen Klimaschutzziele erfüllen zu können, muss Nordrhein-Westfalen einen großen Beitrag leisten.

 

Hierzu hat das Landeskabinett im Oktober 2011 einen Entwurf für ein „Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes in Nordrhein-Westfalen“ (Klimaschutzgesetz NRW) beschlossen und in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht.

 

 

1.   Zweck des Gesetzes

 

Zweck des Gesetzes ist die Festlegung von Klimaschutzzielen, sowie die Schaffung der rechtlichen Grundlagen für die Erarbeitung, Umsetzung, Überprüfung, Berichterstattung über und Fortschreibung von Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen. Damit sollen der Klimaschutz in Nordrhein-Westfalen nachhaltig verbessert, die negativen Auswirkungen des Klimawandels begrenzt und Beiträge zu den nationalen und internationalen Anstrengungen beim Klimaschutz geleistet werden.

 

 

2.   Klimaschutzziele

 

In § 3 des Gesetzesentwurfes werden die Klimaschutzziele wie folgt festgelegt:

 

(1)   Die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen in Nordrhein-Westfalen soll bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 Prozent und bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 Prozent im Vergleich zu den Gesamtemissionen des Jahres 1990 verringert werden.

(2)   Zur Verringerung der Treibhausgasemissionen kommen der Steigerung des Ressourcenschutzes, der Ressourcen- und Energieeffizienz, der Energieeinsparung und dem Ausbau Erneuerbarer Energien besondere Bedeutung zu.

(3)   Die negativen Auswirkungen des Klimawandels sind durch die Erarbeitung und Umsetzung von sektorspezifischen und auf die jeweilige Region abgestimmten Anpassungsmaßnahmen zu begrenzen.

 

 

3.   Umsetzung der Klimaschutzziele durch die Landesregierung

 

Für die Landesregierung sind die Klimaschutzziele des § 3 unmittelbar verbindlich. Die Landesregierung ist verpflichtet, ihre Handlungsmöglichkeiten zu nutzen, um die landesweiten Klimaschutzziele nach § 3 insgesamt zu erreichen und diese insbesondere durch die Erstellung und Umsetzung eines Klimaschutzplans und die Raumordnung zu konkretisieren.

 

 

4.   Klimaschutz durch andere öffentliche Stellen

 

Die anderen öffentlichen Stellen haben ebenfalls eine Vorbildfunktion beim Klimaschutz insbesondere zur Minderung der Treibhausgase, zum Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie zur Anpassung an den Klimawandel. Die anderen öffentlichen Stellen stellen Klimaschutzkonzepte auf.

 

Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Anforderungen an die Klimaschutzkonzepte zu konkretisieren und die Gemeinden zur Erstellung von Klimaschutzkonzepten zu verpflichten.

 

Die Gemeinden erstellen ihre Klimaschutzkonzepte zwei Jahre nach Inkrafttreten einer Rechtsverordnung.

 

 

 

C)  European Energy Award (EEA)

 

Die Stadt Emmerich am Rhein ist seit vielen Jahren im Themenfeld Klimaschutz mit verschiedenen Maßnahmen insbesondere mit folgenden Schwerpunkten tätig:

-        Umsetzung eines innovativen Modells zur finanziellen Bürgerbeteiligung bei der energetischen Sanierung des Gymnasiums,

-        systematischer Aufbau eines Energiemanagements mit Gebäudeleittechnik und

-        erfolgreiche Beteiligung am European Energy Award (EEA).

 

Mit der Erstellung eines Klimaschutz- und Energiekonzeptes soll dieses Engagement inhaltlich auf eine aktuelle Grundlage gestellt und ein neues – unter Berücksichtigung der konkreten Rahmenbedingungen in Emmerich am Rhein realistisches und umsetzbares – Maßnahmenprogramm mit Handlungsempfehlungen unter Einbindung weiterer Akteure in der Stadt entwickelt werden.

 

Bei den heutigen Klimaschutz- und Energiekonzepten steht der Aspekt der Umsetzungsorientierung im Vordergrund, d.h. der Initiierung dauerhaft getragener Prozesse mit Beteiligung von Multiplikatoren und konkreten Einzelvorhaben mit Beispielcharakter.

 

In einem kurz- und mittelfristig angelegten Maßnahmenprogramm werden die möglichen Potenziale zum lokalen Klimaschutz ermittelt und mit Handlungsoptionen auf Grundlage vorhandener Planungen und externer gutachterlicher Empfehlungen aufgezeigt.

 

Folgende Bausteine können Bestandteil eines Klimaschutzkonzeptes sein:

 

Handlungsfelder im Bereich Klimaschutz

-        Erstellung einer stadtweiten CO2-Bilanz

-        Energie (Strom und Wärme) mit Energieerzeugung durch erneuerbare Energien, Energieeinsparung sowie die Steigerung der Energieeffizienz

-        Verkehr und Mobilität (z. B. Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs, Ausbau des Radwegenetzes, Fußgängerleitsysteme, Barrierefreiheit)

-        Stadtentwicklung (z.B. Flächenmanagement durch Innenentwicklung vor Außenentwicklung)

-        Land- und Forstwirtschaft

-        Abfall- und Wasserwirtschaft

-        Beschaffung

-        kommunale Liegenschaften

-        Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung bei Unternehmen und privaten Haushalten

 

Handlungsfelder im Bereich Klimafolgenanpassung

-        Landwirtschaft und Böden

-        Wald- und Forstwirtschaft

-        biologische Vielfalt und Naturschutz

-        Wasserwirtschaft

-        Tourismus

-        Gesundheit

-        Städte und Ballungsräume

-        Anlagensicherheit

-        Anpassung vorhandener Infrastruktur an die zu erwartenden klimatischen Veränderungen

 

Der energetische Zustand der kommunalen Liegenschaften, die Organisation von Verkehr und Mobilität, Abfall- und Wasserwirtschaft, Beschaffung, Land- und Forstwirtschaft, Stadtentwicklung sowie die begleitende Öffentlichkeitsarbeit, als Handlungsfelder eines Klimaschutzkonzeptes, beeinflussen den Energieverbrauchswert einer Gemeinde.

 

Der Erfolg der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen lässt sich auf der Grundlage kommunaler CO2-Bilanzen ablesen.

Für die Förderung der Erstellung eines integrierten kommunalen Klimaschutzkonzeptes durch das Bundesumweltministerium ist eine fortschreibbare CO2-Bilanzierung verpflichtend. Die Förderhöhe beträgt derzeit 65 % der zuwendungsfähigen Kosten.

Bei der Erstellung kommunaler CO2-Bilanzen wird ermittelt, wie viele Tonnen CO2 in einer Gemeinde durchschnittlich insgesamt oder pro Einwohner innerhalb eines Jahres durch Energieverbrauch abgegeben werden. Dazu gehören etwa Angaben zum Energieverbrauch in den kommunalen Liegenschaften, der Strom- und Erdgasverbrauch der Einwohner und des Gewerbes sowie die Kfz-Dichte. Der jeweilige kommunale Durchschnittswert je Einwohner ist abhängig von Faktoren wie zum Beispiel der Baustruktur (Mehr- oder Einfamilienhäuser), der gewerblichen Struktur oder dem Ausbaugrad des ÖPNV.

 

 

 

D)  Zusammenfassung

 

Aus den in den Punkten A) und B) dargelegten Gesetzesänderungen auf Bundes- und Landesebene sowie dem in Punkt C) beschriebenen Engagement der Stadt Emmerich am Rhein im Rahmen des European Energy Award (EEA) ergibt sich die Notwendigkeit zur Erstellung eines gesamtstädtischen integrierten Klimaschutz- und Energiekonzeptes.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Erarbeitung des Klimaschutzkonzeptes ist für das Haushaltsjahr 2012 vorgesehen.

Mittel in Höhe von 60.000,00 € werden für das Jahr 2012 angemeldet.

Produkt: 1.100.14.01.01, Sachkonto: 52810000

 

Einnahmen durch Fördermittel werden in Höhe von 39.000,00 € für das Haushaltsjahr 2012 erwartet.

Produkt: 1.100.14.01.01, Sachkonto: 41410000

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes, Kapitel 3.1.

 

 

In Vertretung

 

 

 

Dr. Wachs

Erster Beigeordneter