hier: Eingabe Nr. 13/2013 des FDP-Ortsverbandes Emmerich am Rhein
Beschlussvorschlag
Der Ausschuss für
Stadtentwicklung beschließt, die Eingabe Nr. 13/2013 des FDP-Ortsverbandes
Emmerich am Rhein zur Ausbreitung des Einzelhandelsgebietes abzulehnen.
Sachdarstellung :
I. Antrag FDP-Ortsverband
Emmerich am Rhein
Mit Datum vom
10.10.2013 stellt der FDP-Ortsverband Emmerich am Rhein den Antrag, das
Einzelhandelsgebiet auszubreiten.
Das Gebiet, in dem
das Einzelhandelskonzept gültig ist, sollte erweitert werden, so dass der
Emmericher Bahnhof von dem Konzept erfasst wird.
Begründet wird der
Antrag mit einer Wiederaufnahme der Zugverbindung nach Arnheim Ende 2016/Anfang
2017 und der Möglichkeit, dass Emmerich auch wieder als ICE-Haltepunkt
fungiert.
Außerdem liefen
momentan Untersuchungen zu einer Schnellbusverbindung Doetinchem – Emmerich –
Kleve – Nimwegen, in dem u.a. die Haltestelle Emmericher Bahnhof eine wichtige
Rolle spiele.
Die Stadt Emmerich
am Rhein setze hohe Erwartungen in die Anzahl der Reisenden, die von diesen
Verbindungen Gebrauch machen würden und anschließend Emmerich besuchten.
Die Deutsche Bahn
habe die Renovierung des Bahnhofsgebäudes geplant, was nach Meinung der FDP
eine äußerst gute Sache sei und die Attraktivität von Emmerich steigern würde.
Einige aktive Unternehmer hätten in der Vergangenheit, in Erwartung
dieser Entwicklung, im Bahnhofsgebäude Betriebs- und Geschäftsaktivitäten
gestartet.
Das Gebiet zwischen
dem Bahnhof und der Innenstadt von Emmerich befände sich allerdings in einem
bereits fortgeschrittenen Stadium des Verfalls. Besucher würden durch die
Zustände in diesem Bereich abgeschreckt und würden Emmerich wahrscheinlich
schnell wieder den Rücken zukehren.
Die bestehende
Situation müsse daher dringend verbessert werden.
II. Stellungnahme der Verwaltung
Die folgenden
Ausführungen beleuchten das Thema Steuerung des Einzelhandels auf Ebene der
Landesplanung und durch gemeindliche Einzelhandelskonzepte, stellen das
Emmericher Einzelhandelskonzept bezogen auf den vorliegenden Antrag detailliert
dar und setzen sich mit der in der Eingabe des FDP-Ortsverbandes Emmerich am
Rhein angesprochenen konkreten Entwicklungsfläche auseinander:
1. Landesplanung
Der
Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) enthält in Kapitel 6.5
Ziele und Grundsätze zur Steuerung des großflächigen Einzelhandels. Dabei heißt
es in Ziel 6.5-2, dass Kerngebiete und Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des
§ 11 Abs. 3 Baunutzungsverordnung (BauNVO) mit zentrenrelevanten
Kernsortimenten nur in zentralen Versorgungsbereichen dargestellt und festgesetzt
werden dürfen.
Hintergrund für
diese räumliche Steuerung des großflächigen Einzelhandels auf der Ebene der
Landes- und Regionalplanung ist der planerische Grundgedanke, dass der
Einzelhandel insbesondere für die Innenstädte und örtlichen Zentren der Gemeinden
in Nordrhein-Westfalen eine besondere Bedeutung besitzt. Als wichtiger
Frequenzbringer sorgt das Einkaufsangebot für die Belebung der Zentren
(Magnetfunktion).
Ziel ist eine
Revitalisierung und Stärkung der Innenstädte in Nordrhein-Westfalen. Eine
fortschreitende Neuansiedlung und Erweiterung von großflächigen
Einzelhandelsangeboten an Standorten außerhalb der Zentren konterkariert diese
Bemühungen.
2. Bedeutung von gemeindlichen
Einzelhandelskonzepten – Einzelhandelserlass NRW
Bei der Steuerung
der Einzelhandelsentwicklung kommt den Gemeinden eine entscheidende Rolle zu.
Mit der Aufstellung von gemeindlichen Einzelhandelskonzepten und der
planungsrechtlichen Umsetzung dieser Konzepte durch Bauleitpläne unterstützen
die Gemeinden die Entwicklung der Zentren und Nebenzentren und sorgen für eine
ausgewogene Versorgungsstruktur. Einzelhandelskonzepte schaffen einerseits eine
Orientierungs- und Beurteilungsgrundlage für die Bauleitplanung, andererseits
Planungs- und Investitionssicherheit für Einzelhandel, Investoren und
Grundstückseigentümer.
Im Rahmen ihrer
Planungshoheit sind die Gemeinden ermächtigt, die Städtebaupolitik zu
betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Hierzu
gehört auch die Entscheidung, ob und in welchem Umfang sie Teile des
Gemeindegebiets zur Unterbringung von Einzelhandelsbetrieben zur Verfügung
stellt. Wenn sie für Bereiche außerhalb zentraler Versorgungsbereiche
Sortimentsbeschränkungen beschließt, um die zentralen Versorgungsbereiche zu
stärken, ist das ein legitimes städtebauliches Ziel.
(s. Einzelhandelserlass NRW vom 22.09.2008).
3. Ratsbeschluss zum Einzelhandelskonzept vom
31.05.2011
Die auf Grundlage
des Einzelhandelserlasses NRW eröffnete und durch zahlreiche Urteile bestätigte
Möglichkeit, Städtebaupolitik zu betreiben, hat der Rat der Stadt Emmerich am
Rhein in seiner Sitzung am 31.05.2011 durch mehrheitlichen Beschluss des
Einzelhandelskonzeptes für die Stadt Emmerich am Rhein im Sinne eines
städtebaulichen Entwicklungskonzeptes gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 11 Baugesetzbuch
(BauGB) genutzt.
Durch diesen
selbstbindenden Beschluss findet das Einzelhandelskonzept seitdem bei der
Aufstellung und Änderung der Bauleitpläne im Stadtgebiet von Emmerich am Rhein
Berücksichtigung.
3.1 Ziele des Einzelhandelskonzeptes
Setzt man sich mit
den Grundlagen des Einzelhandelskonzeptes auseinander, so wird deutlich, dass
bei der Anwendung des Emmericher Einzelhandelskonzeptes die Umsetzung folgender
positiver Ziele im Vordergrund steht:
- Sicherung der landesplanerischen Funktion der
Stadt Emmerich am Rhein als Mittelzentrum,
- Sicherung und Ausbau eines attraktiven
Einzelhandelsangebotes in Emmerich am Rhein,
- Sicherung bzw. Stärkung der Funktionsvielfalt
der Innenstadt,
- Sicherung und Ausbau eines Grund- und
Nahversorgungsangebotes im gesamten Stadtgebiet, insbesondere durch
funktionsfähige zentrale Versorgungsbereiche sowie ergänzende
Nahversorgungsstandorte,
- gezielte und geordnete Entwicklungen des
großflächigen, insbesondere des zentrenrelevanten Einzelhandels und
- Planungs- und Investitionssicherheit für
bestehenden und anzusiedelnden Einzelhandel.
Insbesondere die
Sicherung und Stärkung der Funktionsvielfalt der Emmericher Innenstadt ist eine
der Schlüsselaufgaben der Stadtentwicklung für die kommenden Jahre.
In diese Thematik
spielt auch der im Entwurf zum neuen Landesentwicklungsplan NRW (LEP NRW)
enthaltene Grundsatz 6.1-5 Leitbild „nachhaltige europäische Stadt“ herein. So
heißt es dort, die Siedlungsentwicklung soll im Sinne der „nachhaltigen
europäischen Stadt„ kompakt gestaltet werden und das jeweilige Zentrum stärken.
Hinter dieser Leitlinie der Stadtentwicklung verbirgt sich die sog.
„Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt“, die im Jahr 2007 von den
für die Stadtentwicklung zuständigen Ministerinnen und Ministern der
Mitgliedstaaten der Europäischen Union verabschiedet wurde.
Die europäische Stadt zeichnet sich u.a. durch eine kompakte Struktur,
ein Mit- und Nebeneinander unterschiedlicher Nutzungen aus.
Die Kommunen, denen
es gelingt, dauerhaft die Nutzungen Handel, Wohnen, Arbeiten und Freizeit in
ihren Innenstädten wieder stärker miteinander zu vermischen, werden lebendige
wachsende Städte sein.
Aus diesem Grund ist die Sicherung und Stärkung der Emmericher Innenstadt
von besonderer Bedeutung für die Gesamtentwicklung der Stadt.
3.2 Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches
Emmericher Innenstadt
Wie diese Stärkung
der Emmericher Innenstadt vonstatten gehen soll und welche Flächen dafür in
Frage kommen, hängt im Wesentlichen von der Abgrenzung des zentralen
Versorgungsbereiches und von den Entwicklungsmöglichkeiten für die Emmericher
Innenstadt ab, welche Gegenstand des Emmericher Einzelhandelskonzeptes sind.
Die Abgrenzung
zentraler Versorgungsbereiche – inzwischen auch in der Rechtsprechung geklärt –
geschieht auf der Grundlage funktionaler und städtebaulicher Kriterien:
Funktionale Kriterien
- Einzelhandelsdichte im Erdgeschoss
- Passantenfrequenz
- Kundenorientierung der Anbieter (Autokunden,
Fußgänger)
- Multifunktionalität der Nutzungen
Städtebauliche Kriterien
- Baustruktur
- Gestaltung und Dimensionierung der
Verkehrsinfrastruktur
- Barrieren (z.B. Straßen)
- Gestaltung des öffentlichen Raums
- Ladengestaltung und –präsentation
In diesem Sinne sind
als zentrale Versorgungsbereiche jene Bereiche im Emmericher Stadtgebiet zu
verstehen, die eine funktionale Einheit aus Einkaufen und Dienstleistung
bilden.
Dabei ist der Begriff „zentral“ nicht rein geografisch zu verstehen,
sondern hat eine funktionale Bedeutung.
Auf Grundlage der im
Rahmen der Erarbeitung des Einzelhandelskonzeptes durchgeführten
städtebaulichen und funktionalen Analyse wurde der zentrale Versorgungsbereich
der Emmericher Innenstadt anhand des tatsächlichen Bestands und der räumlichen
Verteilung der Einzelhandels-, Dienstleistungs- und Gastronomienutzungen wie
folgt abgegrenzt (s. Anlage 1).
Der zentrale
Versorgungsbereich Emmericher Innenstadt zeichnet sich durch die insgesamt
ausgedehnten bandartigen Strukturen in den Geschäftsstraßen Kaßstraße
(Fußgängerzone) und Steinstraße aus.
In der Fußgängerzone
Kaßstraße sind die höchsten Passantenfrequenzen festzustellen. Insbesondere im
mittleren Bereich der Kaßstraße – vom Einmündungsbereich Kirchstraße bis zum
Franz-Wolters-Platz – werden durch die frequenzerzeugenden Magnetbetriebe im
Rhein-Center sowie Deichmann und dm Drogeriemarkt die höchsten Passantenströme
erzielt. Im Vergleich zur Kaßstraße fällt die Passantenfrequenz in der
Steinstraße merklich ab (s. Anlage 2).
Im Bereich des
städtebaulichen Mittelpunkts, dem derzeitig mindergenutzten Neumarkt, erfährt
der zentrale Versorgungsbereich eine Aufweitung. Dem Neumarkt kommt als
ehemaliger Einzelhandelsstandort, aktueller Standort des Wochenmarktes sowie
bevorzugte Fläche für die anstehende Entwicklung von Einzelhandelsnutzungen
eine zentrale Rolle in der Emmericher Innenstadt zu.
Der Geistmarkt
stellt einen gesellschaftlichen Kristallisationspunkt mit wichtigen
öffentlichen Einrichtungen (u.a. Rathaus, Kirche, Postamt) dar, beinhaltet
einzelhandelsaffines Entwicklungspotenzial und bildet damit den westlichen
Punkt des zentralen Versorgungsbereichs.
Im südlichen Bereich
bilden die überwiegend gastronomisch geprägte Rheinpromenade und der Rhein die
natürliche Grenze des zentralen Versorgungsbereichs.
Da neben der
Bestandssituation auch die zukünftigen Entwicklungsperspektiven und
Entwicklungserforderlichkeiten von Emmerich berücksichtigt werden, um weitere
Entwicklungen im Zentrum zu ermöglichen, erfährt der zentrale
Versorgungsbereich in Höhe Alter Markt eine Aufweitung über Tempelstraße bis
zur nördlichen Seite Neuer Steinweg.
Entlang der
Kaßstraße fällt die Einzelhandelsdichte in nördliche Richtung bereits hinter
der Gaemsgasse merklich ab. Aus städtebaulicher Sicht ist der Platz Kleiner
Löwe mit in den zentralen Versorgungsbereich einzubeziehen. Dieser fungiert als
östlicher Eingangsbereich in die Fußgängerzone.
Die
Einzelhandelsnutzung in der vom Platz Kleiner Löwe abgehenden Hühnerstraße
spielt eine nur untergeordnete Rolle. Dies spiegelt sich auch in einer
geringeren Passantenfrequenz wider. Aufgrund der vorhandenen Dienstleistungs-
und Gastronomienutzungen zählt dieser Bereich dennoch zum zentralen
Versorgungsbereich.
Seine östliche
Grenze findet der zentrale Versorgungsbereich der Emmericher Innenstadt im
Übergang zwischen der Platzfläche Kleiner Löwe und dem Beginn der
Mennonitenstraße. Hier bricht der Einzelhandels- und Dienstleistungsbesatz ganz
erheblich ab.
In der Gesamtbilanz
fußt die Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches der Emmericher
Innenstadt auf der Bildung einer funktionalen und städtebaulichen Einheit, die
neben dem Einkaufen weitere zentrenprägende Nutzungen einschließt. Der
abgegrenzte Versorgungsbereich setzt sich durch seine Kompaktheit an
Einzelhandelsnutzungen und der wahrnehmbaren funktionalen Verknüpfung
(Einzelhandel, Dienstleistung, Gastronomie) deutlich von den umliegenden
überwiegend durch Wohnnutzung geprägten Kernstadtbereiche ab.
Im Zuge einer
durchgängigen Anwendung des Einzelhandelskonzeptes und Durchführung
städtebaulicher Umgestaltungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen hat in den
vergangenen Jahren eine Fokussierung des Einzelhandelsbesatzes auf die
Fußgängerzone Kaßstraße – insbesondere zwischen Aldegundiskirchplatz und
Franz-Wolters-Platz – stattgefunden.
In diesem Bereich
der Kaßstraße kristallisiert sich die sog. 1a-Lage der Emmericher Innenstadt
mit ihren drei vorhandenen Magnetbetrieben als Frequenzbringer heraus. Diesen
Bereich mit Rheincenter und Neumarkt gilt es funktionsfähig zu halten.
3.3 Entwicklungsmöglichkeiten für die Emmericher
Innenstadt
Die zentrale
Entwicklungsfläche für die Emmericher Innenstadt ist der Neumarkt. Auf dieser
Fläche soll ein Wohn- und Geschäftshaus mit einer Kombination aus Wohnungen und
Einzelhandelsnutzungen realisiert werden. Durch dieses Projekt werden derzeit
noch vorhandene Entwicklungsspielräume in Teilen abgedeckt.
Darüber
hinausgehende Entwicklungsspielräume bei unterschiedlichen Sortimenten können
innerhalb des zentralen Versorgungsbereichs der Emmericher Innenstadt durch
Umstrukturierungen im Bestand generiert werden.
Vor dem Hintergrund
der Versorgungsfunktion der Stadt Emmerich am Rhein als Mittelzentrum, dem Ziel
der Sicherung der bestehenden Versorgungsstruktur und nicht zuletzt auch der
regionalen Konkurrenzsituation sind die quantitativen Entwicklungsspielräume
des Einzelhandels in Emmerich am Rhein jedoch auch begrenzt.
Das bedeutet nicht,
dass künftig keine Entwicklung mehr stattfinden kann, sondern, dass es bei
potenziellen Ansiedlungsvorhaben in der Innenstadt auf folgende Aspekte
ankommt:
- Ist der avisierte Standort städtebaulich
sinnvoll?
- Wie stellen sich die Größe des Vorhabens und
der Betriebstyp im gesamtstädtischen Zusammenhang und im Hinblick auf die
zugedachte Versorgungsaufgabe dar?
- Welche Funktion wird der Einzelhandelsbetrieb
übernehmen? Werden bestehende Strukturen ergänzt bzw. gestützt und Synergien zu
bestehenden Anbietern ausgenutzt?
Vor allem einer
„zügellosen“ Ausweitung von Verkaufsflächen sind Grenzen gesetzt, da
zusätzliche Kaufkraft grundsätzlich nur bis zu einem bestimmten Maße und in
bestimmten Branchen mobilisiert werden kann. Werden darüber hinaus
Einzelhandelsvorhaben realisiert, führt dies zu Umsatzverteilungen innerhalb
der lokalen Einzelhandelslandschaft und damit zu Umsatzverlusten bzw.
Marktverdrängungen bestehender Betriebe.
Dies trifft insbesondere auf den Lebensmittelbereich zu. Schließlich
wird dieser Sortimentsbereich in erster Linie am Wohnstandort nachgefragt, so
dass sich eine Überversorgung auch vorrangig auf die entsprechenden
Wohnsiedlungsbereiche auswirkt. In der Folge kann es zu Funktionsverlusten von
Zentren sowie zu negativen städtebaulichen Auswirkungen kommen.
Die Einordnung
potenzieller Neubauvorhaben, Erweiterung oder Umnutzung von
Einzelhandelsflächen in einen städtebaulichen und absatzwirtschaftlichen
Kontext ist unabdingbar.
Neben dem
quantitativen Ausbau ist auch das Ziel der Sicherung und Verbesserung der
räumlich strukturellen Angebotssituation zu verfolgen, was bedeutet, dass über
zusätzliche Angebote nur nach eingehender Prüfung entschieden werden sollte.
Zusätzliche zentrenrelevante Sortimente sollten generell nur im zentralen
Versorgungsbereich angesiedelt werden.
Kombiniert man den
tatsächlichen Einzelhandelsbesatz mit den rechnerisch ermittelten
Entwicklungsspielräumen, wird deutlich, dass keine signifikante Erweiterung des
zentralen Versorgungsbereiches zugelassen werden kann, ohne bestehende
Strukturen zu gefährden.
3.4 Fazit Einzelhandelskonzept
Zusammenfassend wird
festgestellt, dass das vom Rat der Stadt Emmerich am Rhein in seiner Sitzung am
31.05.2011 im Sinne eines städtebaulichen Entwicklungskonzeptes gemäß § 1 Abs.
6 Nr. 11 BauGB beschlossene Einzelhandelskonzept für die Stadt Emmerich am
Rhein nur dann bauleitplanerisch Wirkung entfalten kann, wenn es stringent
angewendet wird.
Ein städtebauliches Entwicklungskonzept verliert seine Steuerungskraft,
wenn die Gemeinde sich selbst nicht daran hält. Je häufiger und umfangreicher
das Konzept durchbrochen wird, desto geringer ist sein Gewicht als Belang in
der Bauleitplanung.
Darüber hinaus ist
festzuhalten, dass die Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches Emmericher
Innenstadt Ergebnis einer umfangreichen städtebaulichen und funktionalen
Analyse ist.
Grundlage für die Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches
Emmericher Innenstadt sind eine Vollerhebung aller Betriebe des Einzelhandels
zur Analyse der Angebotssituation, eine Analyse der Nachfragesituation und eine
städtebauliche Analyse.
Zusätzlich geben die
landesplanerischen Vorgaben zur Steuerung des großflächigen Einzelhandels den
Gemeinden einen engen Rahmen vor. Zur Revitalisierung und Stärkung der
Innenstädte in NRW ist großflächiger zentrenrelevanter Einzelhandel nur in
zentralen Versorgungsbereichen zulässig.
4. Städtebaulich-funktionale Einordnung des in
der Eingabe benannten Standortes Emmericher Bahnhof
Der Emmericher
Bahnhof befindet sich nordöstlich der Innenstadt in unmittelbarer Nachbarschaft
und liegt in einer fußläufigen Entfernung von ca. 700 m zum Kernbereich der
Emmericher Innenstadt, dem Beginn der 1a-Lage. Dennoch ist eine Verbindung
zwischen Innenstadt und Bahnhof durch die stark befahrene Bundesstraße 8 stark
beeinträchtigt. Gleichzeitig fehlen gestalterische Orientierungshilfen, um
ortsunkundigen Besuchern den Weg zur Emmericher Innenstadt zu weisen.
Innerhalb des
Bahnhofs und der angrenzenden Gebäude befinden sich einige kleinflächige
Einzelhandelsnutzungen, wie z.B. Zeitschriftenladen, Apotheke und
Elektrogeräte. Ebenfalls im Bahnhofsgebäude untergebracht ist das Reisezentrum
der DB AG.
Eine Anbindung an
den zentralen Versorgungsbereich Emmericher Innenstadt besteht nicht, da der Einzelhandelsbesatz
zwischen Bahnhof und Innenstadt – auch bedingt durch die Lage an der
Bundesstraße 8 – keine Durchgängigkeit aufweist.
Der Emmericher
Bahnhof liegt außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches Emmericher
Innenstadt.
5. Entwicklungsmöglichkeiten des Emmericher
Bahnhofs
Dennoch ist eine
Erweiterung der bestehenden Einzelhandelsnutzungen am Emmericher Bahnhof unter
dem Stichwort „Reisebedarf“ mit geringfügigen Verkaufsflächen, von denen keine
schädlichen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich Emmericher
Innenstadt ausgehen, grundsätzlich möglich.
Denkbar sind auch Gastronomie- oder Dienstleistungsnutzungen, welche
nicht unter die Regelungen des Einzelhandelskonzeptes fallen.
Entsprechend dem Grundsatz 3 des Emmericher Einzelhandelskonzeptes
können sich Einzelhandelsbetriebe mit nicht-zentrenrelevantem Kernsortiment –
Bezug Emmericher Sortimentsliste – außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches
grundsätzlich ansiedeln.
Im Rahmen eines im
Jahr 2000 durchgeführten Werkstattverfahrens Bahnhofsumfeld sind die Flächen
des Bahnhofs und seines Umfeldes planerisch aufbereitet worden. Das
Werkstattverfahren wurde in ein städtebauliches Gestaltungskonzept überführt,
das an der Südseite der Bahnlinie eine Ausweisung von Gewerbeflächen vorsieht.
Die Umgestaltung des Bahnhofsumfeldes zielt darauf ab, den Bahnhof als
Kristallisationspunkt in das städtebauliche Konzept der Innenstadt zu
integrieren und durch gewerbliche Nutzungen aufzuwerten. Eine zusätzliche
Fahrradstation sowie eine Verlängerung des Fußgängertunnels nach Norden bis
hinter die Gleise sollte die nördlich der Bahnlinie gelegenen Wohngebiete mit
dem Bahnhof verknüpfen.
Anknüpfend an dieses
Werkstattverfahren wurden seitens der Verwaltung in den Jahren 2009 – 2011
weitere Anstrengungen unternommen, zusammen mit Vertretern der
Bahnflächenentwicklungsgesellschaft (BEG) und der DB AG eine städtebauliche
Rahmenplanung für den Bahnhof und sein Umfeld inklusive Nordanbindung des
Bahnhofs durch einen Personentunnel, Erweiterung des P&R-Parkplatzes und
Aufstellen von Fahrradboxen zu erarbeiten.
Die planerischen Überlegungen zur städtebaulichen Rahmenplanung konnten
aufgrund der Nichtentbehrlichkeit von bahneigenen Flächen – dies vor dem
Hintergrund der anstehenden Betuwe-Planung – nicht weitergeführt werden.
Verbesserungen im
Bereich des Emmericher Bahnhofs werden sich im Jahr 2014 durch Maßnahmen der
sog. Modernisierungsoffensive 2 NRW (Mof 2) der Deutschen Bahn AG ergeben.
Dabei werden in einem I. Bauabschnitt im Bereich der Bahnsteige 1 und 2
Oberflächen erneuert und mit einem Leitsystem für wahrnehmungseingeschränkte
Personen ausgestattet. Die erneuerten Bahnsteige erhalten eine neue, dem Stand
der Technik entsprechende Bahnsteigausstattung. Desweiteren werden die
Beschallungsanlagen und die Beleuchtung der Bahnsteige erneuert. Für eine
bessere Orientierung werden die Bahnhofnamenschilder, Bahnhofsuhren, das
Wegeleitsystem und ein statisches Richtungsschild für den Bahnhof erneuert.
Weiterhin werden Vitrinen für Fahrpläne und Abfallbehälter montiert. Es wird
das Konzept des rauchfreien Bahnhofs verfolgt.
6. Ergebnis
6.1 Bewertung des FDP-Antrags
Unstrittig ist, dass
Bahnhofsgebäude und Bahnhofsumfeld einer positiven Entwicklung bedürfen, um
Bahnreisende und Nutzer des ÖPNV positiv in Emmerich zu empfangen und im
weiteren den östlichen Zugang zur Emmericher Innenstadt städtebaulich
aufzuwerten.
Dazu notwendig ist
das Vorlegen eines tragfähigen Konzeptes, welches mit den Zielen und
Grundsätzen des Emmericher Einzelhandelskonzeptes in Einklang steht.
Bahnhofsaffine
Einzelhandelsnutzungen unter dem Stichwort „Reisebedarf“, von welchen aufgrund
ihres spezifischen Sortimentes und ihrer geringen Verkaufsfläche keine
schädlichen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Emmericher
Innenstadt ausgehen, stehen mit den Zielen und Grundsätzen des Emmericher
Einzelhandelskonzeptes in Einklang und könnten sich grundsätzlich im Bereich
des Bahnhofs ansiedeln. Auch gastronomische Nutzungen und Dienstleistungen sind
denkbar.
Die Lösung besteht
jedoch nicht in der beantragten Erweiterung des zentralen Versorgungsbereiches
in östliche Richtung. Dadurch würden Flächen in den zentralen
Versorgungsbereich integriert, die überhaupt keinen Einzelhandelsbesatz mehr
aufweisen. Die damit einhergehende flächenmäßige Ausdehnung des zentralen
Versorgungsbereiches führt zu Leerständen im unmittelbaren Zentrumsbereich, da
die neu hinzukommenden autokundenorientierten Standorte schwerpunktmäßig
nachgefragt würden.
Im Falle einer
Erweiterung des zentralen Versorgungsbereiches in Richtung Osten sind
erhebliche Verwerfungen innerhalb der Einzelhandelslandschaft der Emmericher
Innenstadt bis hin zu ihrem Funktionsverlust zu befürchten, denn auf diesen
Flächen werden sich keine zusätzlichen – den Einzelhandel in Emmerich
unterstützenden – Betriebe ansiedeln, sondern es wird zu Betriebsverlagerungen
kommen, die zu Leerständen und Brachflächen im inneren Zentrumsbereich der
Emmericher Innenstadt führen.
Aus diesen Gründen
ist der Antrag des FDP-Ortsverbandes Emmerich am Rhein abzulehnen.
6.2 Lösungsvorschlag
In Kapitel 4. wird
ausgeführt, welche grundsätzlichen Entwicklungsmöglichkeiten für den Emmericher
Bahnhof bestehen.
Der Emmericher Bahnhof bedarf dringend einer positiven Entwicklung.
Dabei dürfen aber keine punktuellen Entscheidungen getroffen werden.
Vielmehr ist eine gesamtheitliche Betrachtung der Emmericher Innenstadt und
ihrer angrenzenden Lagen erforderlich.
Dies soll in Form
der Erarbeitung eines Integrierten Handlungskonzeptes für die Emmericher
Innenstadt und angrenzende Lagen geschehen.
Die Notwendigkeit zur Erstellung eines solchen aktuellen Konzeptes
resultiert aus dem Ziel, die Emmericher Innenstadt für die Zukunft zu stärken
und weiterzuentwickeln.
Dabei spielen neben dem Thema Einzelhandel auch die Entwicklung von
Brachflächen, die Umgestaltung öffentlicher Räume, Aufwertungsmaßnahmen im
Gebäudebestand, Veränderungen in der Schullandschaft, verkehrsplanerische
Aspekte, Tourismus und Grün- und Freiraumstrukturen eine wichtige Rolle.
Ein integriertes
Handlungskonzept ist ein strategisches Planungs- und Steuerungsinstrument der
Stadtentwicklung. Strategische Planungsinstrumente ergänzen die konkrete
Bauleitplanung. Ein integriertes Handlungskonzept beruht auf einer
ganzheitlichen Betrachtung eines städtischen Teilraumes bzw. eines
Stadtquartiers.
Mit seiner Hilfe können städtebauliche, funktionale oder
sozial-räumliche Defizite und Anpassungserfordernisse für einen Stadtteil
aufgezeigt und bearbeitet werden. Die integrierte Handlungsstrategie beruht auf
einer Schwächen- und Potenzialanalyse. Neben einer Bestandsaufnahme enthält das
Konzept eine Gesamtstrategie und beschreibt wesentliche Handlungsfelder und
Maßnahmen, die geeignet sind, die Gebietsentwicklung positiv zu beeinflussen.
Zudem wird die Zeit- und Investitionsplanung für die Umsetzung des
Handlungskonzeptes offen gelegt.
Integrierte Handlungskonzeptes sind verpflichtende Grundlage für alle
Teilprogramme der Städtebauförderung.
(s. Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen
und Verkehr des Landes NRW – Integrierte Handlungskonzepte in der
Stadtentwicklung, S. 7)
Die für die
Emmericher Innenstadt bestehenden städtebaulichen Konzepte
- Masterplan Junker & Kruse, 2000
- Strukturkonzept, 2003
- Integriertes Handlungskonzept Innenstadt,
2000 – 2014
bedürfen einer Aktualisierung und Weiterführung, da zahlreiche
Maßnahmen – Umgestaltungen Rheinpromenade, Rheinpark, Fußgängerzone Kaßstraße
mit angrenzenden Straßen, Alter Markt, Tempelstraße, Oelstraße, Nonnenplatz,
Steinstraße – bereits umgesetzt, aber auch neue Handlungsfelder hinzugekommen
sind.
Bestehende
Konzeptionen und neue Planungsideen sollen ab dem Jahr 2014 in einem neuen
Integrierten Handlungskonzept 2025 zusammengeführt werden.
Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat
keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.
Leitbild :
Die Maßnahme steht
im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 2.3.
In Vertretung
Dr. Wachs
Erster
Beigeordneter