Betreff
Schiefergasförderung im niederländisch-deutschem Grenzgebiet, hier: Stellungnahme der Stadt Emmerich am Rhein
Vorlage
05 - 16 0041/2014
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein lehnt die Exploration grenznaher, bzw. grenzüberschreitender Lagerstätten von Schiefergas auf niederländischer Seite mit Hilfe der sog. ‚Fracking‘- Technologie‘ ab und fordert die Verwaltung auf, im Beteiligungsverfahren zur Strukturvision Schiefergas des niederländischen Wirtschaftsministeriums entsprechend Stellung zu nehmen.

 

Sachdarstellung :

 

Anlass

 

Das niederländische Wirtschaftsministerium lässt in Zusammenarbeit mit dem niederländischen Ministerium für Infrastruktur und Umwelt eine sogenannte ‚Strukturvision Schiefergas‘ erarbeiten; das ist ein Planwerk und ein Handlungsrahmen, der festlegen soll, wie, wo  und unter welchen Umständen zukünftig die Förderung von Schiefergas als einem Standbein der niederländischen Energieversorgung ermöglicht werden soll. Zur Erarbeitung und gezielteren Qualifizierung dieser Strukturvision, wird zuvor ein UVP-Verfahren durchgeführt, um die Umweltrelevanz des Vorhabens näher zu klären. Bestandteil dieser Umweltverträglichkeitsprüfung ist auch die grenzüberschreitende Beteiligung möglicher Betroffener wie z.B. deutscher Kommunen. Sie werden dazu aufgefordert, ihre möglicherweise anderslautenden Vorstellungen zur Tragweite des Vorhabens oder Ihre  Betroffenheiten darzulegen bzw. Vorschläge zu unterbreiten, welche Aspekte des Vorhabens in der bevorstehenden Plan-UVS vertiefend  untersucht werden sollten (siehe Anlage 1). Grundlage dafür ist das in Anlage 2 der Vorlage beigefügte Konzept.

Die Stadt Emmerich am Rhein ist aufgefordert, bis zum 10.Juli 2014 eine Stellungnahme abzugeben.

 

 

Vorkommen der schiefergasführenden Schichten vs. Schutz- bzw. Ausschlussgebieten

 

Die Lage und Abgrenzung des großräumigen Plangebietes orientiert sich an dem Vorkommen von potentiell schiefergasführender Bodenschichten auf niederländischem Hoheitsgebiet. Dazu zählen neben massiven Posidoniaschiefern auch eine schiefergasführende Gesteinslage entlang der deutsch-niederländischen Grenze, genannt ’Geverik Laagpakket‘.

 

Verringert wird die Gebietskulisse dadurch, dass innerhalb der Verbreitung diese ‚Laagpakkets‘ Landschaftsräume vorkommen, die einen besonderen Schutz geniessen. So gehen die niederländischen Planunterlagen grundsätzlich davon aus, dass NATURA-2000-Gebiete, große Gewässer, Grundwasserschutzgebiete und Wassereinzugsgebiete zur Trinkwassergewinnung sowie städtische Wohngebiete oberirdisch nicht für die Schiefergasexploration und den damit verbundenen Bau oberirdischer Anlagen wie auch generell nicht für Probebohrungen zur Verfügung stehen. Dies sind die sog. Ausschlussgebiete.

 

Grund für die grenzüberschreitende Beteiligung Emmerichs im Verfahren ist u.a. der Umstand, dass sich eine der bevorzugten, schiefergasführenden Formationen (das schon genannte ‚Geverik Laagpakket‘) im Gebiet des Niederrheins an der deutsch-niederländischen Grenze entlang zieht und damit auch  in Teilen entlang der Emmericher Grenze zu den Gemeinden Oude Ijsselstreek, Montferland und Rijnwaarden.

 

 

Methode

 

Die Exploration des Schiefergas in den Niederlanden soll mittels der sog. ‘Fracking-Methode‘ erfolgen, einer höchst umstrittenen Technologie. Zu diesem Thema des ‚Hydraulic Fracturing‘, kurz ‚Fracking‘ genannt, hat der Rat der Stadt Emmerich am Rhein in seiner Sitzung am 11.02. 2014 seine grundsätzlich, ablehnende Haltung gegenüber a) der Methode des Frackings, b) der Zurverfügungstellung städtischer Grundstücke für diesen Zweck, wie auch c) der Verlängerung einer bestehenden Genehmigung zur Aufsuchung solcher Bohrfelder im Stadtgebiet Emmerichs, zum Ausdruck gebracht. An dieser Auffassung hat sich nichts geändert.

 

In diesem Zusammenhang wird auf das von der Landesregierung NRW in Auftrag gegebene Gutachten „Fracking in unkonventionellen Lagerstätten in NRW“ verwiesen, welches zu  folgenden Ergebnissen kommt (Zitat):

„Die Erkundung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Erdgas-Lagerstätten können mit einer Reihe von erheblichen Umweltauswirkungen und Umweltrisiken verbunden sein. Eine abschließende Bewertung aller Risiken ist auf der Betrachtungsebene des Gutachtens derzeit – insbesondere aufgrund der festgestellten Defizite – nicht möglich. Jedoch wurden In allen Bereichen erhebliche Wissens- und Informationsdefizite identifiziert. “ 

 

Die Absicht der Niederlande, nun über ein Instrument wie die ‚Struktuurvisie Schaliegas‘ die Weichen für eine möglicherweise, weiträumige und großformatig, angelegte Ausbeutung u.a. der grenznahen Schiefergasvorkommen zu stellen, wirft erneut die Frage auf, inwieweit die Förderung des Schiefergases aus unkonventionellen Lagerstätten mit Hilfe des Frackings im Grenzbereich zu unerwünschten, negativen Folgeerscheinungen auf deutscher Seite führen kann.

 

 

Mögliche Auswirkungen auf deutscher Seite

 

Zu dieser Annahme gibt das beigefügte Konzept (in Anlage 2) insofern Anlass, als darin vorgesehen wird, nach Prüfung eines Explorationsantrages auf seine Umweltrelevanz hin, oberirdisch festgelegte Wasser- oder Naturschutzgebiete ‚unterbohren‘ zu dürfen.

 

Erläuterung:

Die schiefergasführenden Schichten, die sich für eine Exploration unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten anbieten, werden in Tiefen von 1.000 – 5.000 Metern angetroffen. Die Bohrungen erfolgen dabei zunächst vertikal bis in den gasführenden Flöz, um dann von dort in der Tiefe aus horizontal in unterschiedliche Richtungen vorgetrieben zu werden. Dann erst werden Flüssigkeiten in die umgebenden Gesteinslagen gepresst, um Wegsamkeiten für das Gas zu schaffen.

Die Planungsgeber schlagen vor, die o. g Ausschlussgebiete nicht nur im Hinblick auf den oberirdischen Standort von vertikalen Bohrungen freizuhalten, sondern dreidimensional die Ausschlussgebiete auch horizontal in einer Tiefe von 1.000 m unter der Erdoberfläche zu begrenzen. Das würde dazu führen, dass es nicht von vorneherein ausgeschlossen wäre, Vertikalbohrungen vorzunehmen, die zwar benachbart zu einem Schutzgebiet außerhalb erfolgen, deren horizontaler Verlauf in größeren Tiefen dann jedoch über bzw. unter der flözführenden Schicht im Untergrund des oberirdischen Ausschlussgebietes vorgetrieben werden könnten.

 

Die Stadt Emmerich am Rhein wird im  Beteiligungsverfahren der Niederländer zu den Themen Explorationstechnologie, Hydrologie, Tektonik/Seismik  wie folgt Stellung nehmen: (sh. Anlage 3)

 

1.    Die Stadt Emmerich am Rhein lehnt den Einsatz der Fracking -Technologie in  Grenz -      nähe, auch auf niederländischem Staatsgebiet, ab, da der Umgang und Einsatz von      zum Teil umwelttoxischen Substanzen zu einer Gefährdung des Grundwassers oder      einzelner Aquifer führen kann, die grenzüberschreitender Natur sind. Gleiches gilt für die      Entsorgung des Flowbacks, sofern dazu sog. Disposalbohrungen erlaubt würden.

 

2.    Darüber hinaus bestehen auf Emmericher Stadtgebiet im Grenzbereich eine Reihe von Wasserschutz-, NATURA-2000- und  Landschaftsschutzgebieten, die alle einen besonderen Schutzstatus genießen Schon mit Rücksicht darauf lehnt die Stadt Emmerich am Rhein die Exploration von Schiefergas in unmittelbarer Grenznähe ab.

 

3.    Nach Durchsicht der niederländischen Planungsabsichten (in Anlage 2) hat die Stadt Emmerich am Rhein grundsätzliche Vorbehalte dagegen, horizontale Bohrungen in größeren Tiefen unter Schutz- bzw. Ausschlussgebieten zu akzeptieren.

 

4.    Des Weiteren geben die Unterlagen zu wenig Aufschluss darüber, inwieweit die Inhaber von Bohrlizenzen zunächst einmal nachweisen müssen, dass ihre Fracking-Aktivitäten keine nachteiligen Folgeerscheinungen für Wasser, Grundwasser und Böden und Tektonik auf deutscher Seite haben.

 

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 6.1.

 

 

 

 

Johannes Diks

Bürgermeister