Betreff
Bebauungsplanverfahren E 18/9 - neu - Rheinpromenade/Steinstraße -,
hier: 1) Aufstellungsbeschluss
2) Beschluss zur frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 (1) BauGB
Vorlage
05 - 16 0111/2014
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

Zu 1)

Der Ausschuss für Stadtentwicklung beschließt gemäß § 2 Abs. 1 BauGB für den Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. E 18/9 -Rheinpromenade / Steinstraße- zwischen Rheinpromenade, Fährstraße, Steinstraße und Alter Markt unter Hinzuziehung der angrenzenden Straßenflächen der Steinstraße, der Fährstraße sowie einer Teilfläche des Platzbereiches Alter Markt einen neuen Bebauungsplan aufzustellen. Das Bebauungsplanverfahren erhält die Bezeichnung E 18/9 -neu -Rheinpromenade / Steinstraße- und wird unter Anwendung der Bestimmungen des § 13a Baugesetzbuch als Bebauungsplan der Innenentwicklung aufgestellt.

Die Verfahrensgebietsgrenze ist in der Planunterlage mit einer gestrichelten Linie gekennzeichnet.

 

Zu 2)

Der Ausschuss für Stadtentwicklung beauftragt die Verwaltung, eine Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 BauGB zur Vorstellung des vorliegenden Bebauungskonzeptes in der Form der besonderen Bürgerbeteiligung nach Punkt 3.2 der städtischen Richtlinien zur Bürgerbeteiligung durchzuführen sowie eine Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 1 BauGB zu veranlassen.

Sachdarstellung :

 

Zu 1)

 

a)         Materieller Mangel des bestehenden Bebauungsplanes E 18/9

Der im Jahre 2003 für den in der Emmericher Innenstadt gelegenen Bereich zwischen Steinstraße und Rheinpromenade im Abschnitt Krantor bis Fährstraße aufgestellte Bebauungsplan Nr. E 18/9 -Rheinpromenade / Steinstraße- enthält materielle Mängel, die seine Unwirksamkeit herbeiführen. Da der Verwaltung keine Verwerfungskompetenz für eine Bebauungsplansatzung zusteht, ist die Bauaufsichtsbehörde im Prinzip dazu verpflichtet, auch einen als unwirksam erkannten Bebauungsplan im Rahmen der planungsrechtlichen Zulässigkeitsprüfung ihrer Genehmigungsvorgänge anzuwenden. Hieraus ergibt sich ein Spannungsfeld bis hin zum amtspflichtwidrigen Handeln. In dieser Situation ist vor dem Hintergrund vorliegender Anträge, u. a. zur Nutzungsänderung eines Ladenlokals in der Steinstraße in eine Vergnügungsstätte (Wettbüro) eine Bereinigung der planungsrechtlichen Grundlagen herbeizuführen.

 

Der seinerzeitige Planungsanlass zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. E 18/9 ergab sich insbesondere aus der Notwendigkeit der Steuerung der baulichen Entwicklung der Rheinpromenade. Hier hat seit den 1990er Jahren eine einschneidende Umgestaltung durch Abriss in der Nachkriegszeit wieder aufgebauter Häuser und Errichtung neuer Wohn- und Geschäftshäuser eingesetzt. Entsprechend der bevorzugten Wohnlage mit unverbaubarem Blick auf die Flusslandschaft tendierte jede Neubebauung zu einer höheren baulichen Nutzung mit größeren Gebäudehöhen als zuvor. Um diese Entwicklung städtebaulich steuern zu können, wurde eine konkrete Bauleitplanung für den gesamten Baubereich an der Rheinpromenade einschließlich der hinterliegenden Flächen in Gang gesetzt. Von den betroffenen drei Planungsabschnitten wurde letztlich nur der westliche Bebauungsplan Nr. E 18/9 zum Abschluss gebracht.

 

Der Bebauungsplan E 18/9 setzt als Art der baulichen Nutzung auf der Grundlage der FNP-Darstellung einer „Gemischten Baufläche“ sowie unter Berücksichtigung historisch gewachsener verdichteter Innenstadtbebauungsstrukturen für alle Baugebietsbereiche ein Kerngebiet (MK) fest. Der Umstand, dass der Bebauungsplan in den festgesetzten Kerngebieten an der Rheinpromenade in allen Geschossebenen und in den Kerngebieten an der Steinstraße in den Geschossen oberhalb des Erdgeschosses sowie im Erdgeschoss in den von der Straße abgewandten Gebäudeteilen Wohnnutzungen zulässt, stellt einen materiellen Mangel dar, der zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes führt. Das OVG NW hat zuletzt noch in einem Urteil vom 26.06.2014 (7 D 68/12.NE) zu einem Bebauungsplan mit praktisch identischen Festsetzungen festgestellt, dass Gebiete, in denen allgemein und nahezu überall gewohnt werden kann, keine Kerngebiete (MK) im Sinne von § 7 BauNVO mehr sind. Nach dieser Auffassung gibt es bei der vorhandenen Nutzungsstruktur des gesamten Innenstadtbereiches, die auch in den Hauptgeschäftsstraßen sowie an der Rheinpromenade überwiegende Wohnflächenanteile in den Gebäuden aufweist, in Emmerich im Prinzip kein Kerngebiet.

 

 

b)         Handlungsmöglichkeiten der Gemeinde

Da die Gemeinde nicht befugt ist, die Nichtigkeit eines Bebauungsplanes in einem Beschluss festzustellen, der mit Allgemeinverbindlichkeit die Nichtanwendung des Bebauungsplanes bestimmt, muss entweder ein formelles Aufhebungsverfahren für die Satzung des mit nicht behebbaren Mängeln behafteten Bebauungsplanes durchgeführt werden oder ein neuer qualifizierter Bebauungsplan aufgestellt werden, um den bisherigen Bebauungsplan zu überplanen.

 

Im vorliegenden Fall des Bebauungsplanes Nr. E 18/9 würde die alleinige Aufhebung des Bebauungsplanes darauf hinauslaufen, dass die zukünftige Entwicklung auf der Grundlage des § 34 BauGB als ausreichend erachtet wird. Da aber nicht zuletzt mit der planungsrechtlichen Sicherung einer städtebaulichen Torwirkung für den Eckbereich Rheinpromenade / Fährstraße durch Festsetzung einer sich von der Umgebungsbebauung abhebenden turmförmigen Bebauungsform im Bebauungsplan E 18/9 besondere städtebauliche Ziele verfolgt wurden, die für den Fall einer Beurteilung nach § 34 BauGB die Eigenart der näheren Umgebung mitbestimmen würden, jedoch nicht allgemein auf das übrige Plangebiet übertragbar sein sollen, besteht mindestens für den südlichen Planbereich an der Rheinpromenade ein weitergehender städtebaulicher Steuerungsbedarf. Vor dem Hintergrund des Erfordernisses der Behebung bzw. Reduzierung von Defiziten innerhalb der bestehenden Bebauungsstrukturen im Bereich der Steinstraße ergibt sich auch für den nördlichen Planteilbereich an der Steinstraße ein weitergehender städtebaulicher Steuerungsbedarf. Von daher soll die Neuaufstellung eines qualifizierten Bebauungsplanes zustande kommen, mit dem der bisherige Bebauungsplan E 18/9 überplant wird und bei dessen Inkraftsetzung das bisherige Planungsrecht ohne förmliche Aufhebung des Altplanes ersetzt wird.

 

 

c)         Planungserfordernis und Planungsziel

Da die bisherige Kerngebietsfestsetzung die vorhandene Nutzungsstruktur im Plangebiet E 18/9 mit ihrer umfangreichen Wohnnutzung nicht zutreffend abbildet und eine flächendeckende Nutzungsänderung in kerngebietstypische Nutzungen nicht absehbar ist, ergibt sich ein Planungserfordernis. Das Planungsziel bei der Aufstellung des neuen Bebauungsplanes E 18/9 -neu besteht darin, das Plangebiet entsprechend der vorhandenen Nutzungsstruktur zu überplanen und dabei sowohl die vorhandene Wohnnutzung als auch die überwiegend nur in den Erdgeschossebenen anzutreffenden gewerblichen Nutzungen abzusichern. Hierzu kämen Baugebietsfestsetzungen als „Mischgebiet“ (§ 6 BauNVO) oder als „Gebiete zur Erhaltung und Entwicklung der Wohnnutzung (Besondere Wohngebiete)“ (§ 4a BauNVO) in Betracht. Infolge des überwiegenden mit Wohnnutzung belegten Geschossflächenanteils im Plangebiet sollen Festsetzungen von Besonderen Wohngebieten im Sinne des § 4a BauNVO getroffen werden.

 

 

d)         Verfahrensgebietsfestsetzung

Das Plangebiet des Altplanes E 18/9 umfasst neben den bebauten Grundstücken des einbezogenen Baublockes auch vor den jeweiligen Hausfassaden liegende Straßenteilflächen. Hierbei sollten die Bereiche, die durch in den Obergeschossen auskragende untergeordnete Bauteile mit einer Tiefe von bis zu 1,5 m überdeckt werden können, im Plangebiet abgebildet werden. Da die geometrische Eindeutigkeit der Begrenzungslinie des Bebauungsplangeltungsbereiches in der Planzeichnung zumindest im Bereich der Steinstraße nicht auf Anhieb erkennbar ist, sollen in den Verfahrensbereich des neuen Bebauungsplanes E 18/9 -neu die gesamten Verkehrsflächen der Fährstraße und der Steinstraße sowie eine bisher nicht in einen Bebauungsplan einbezogene Teilfläche des Platzbereiches Alter Markt einbezogen werden. Insofern soll zum bestehenden Bebauungsplan E 18/9 keine Deckungsgleichheit des Geltungsbereiches hergestellt werden.

 

 

e)         Vorgesehene Planfestsetzungen

Die im Bebauungsplan E 18/9 getroffenen Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung und zur Gliederung in Baugebietsbereiche unterschiedlicher Geschossigkeiten und Gebäudehöhenfestsetzungen orientieren sich am Bestand und sollen für die vorgesehenen Besonderen Wohngebiete weitgehend übernommen werden. Dabei werden infolge der historisch gewachsenen innerstädtischen Bebauungsstruktur einer durchgängig geschlossenen verdichteten Bebauung mit bis zu vollständiger Grundstücksüberbauung die in § 17 Abs. 1 BauNVO festgesetzten Obergrenzen des Maßes der baulichen Nutzung für Besondere Wohngebiete überschritten. Da der § 17 Abs. 2 BauNVO jedoch bei Vorliegen entsprechender städtebaulicher Gründe eine Überschreitung der Obergrenzen des Abs. 1 erlaubt und solche Gründe mit der vorhandenen verdichteten Bebauung anzuerkennen sind, soll von dieser Bestimmung Gebrauch gemacht werden.

 

Auch die nach Landesbauordnung in Wohngebieten erforderlichen Gebäudeabstandflächen werden bei den beengten Grundstücksverhältnissen bereits im Bestand größtenteils nicht eingehalten. Hier ergibt sich aus der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Nr. 2a BauGB die Möglichkeit der Festsetzung vom Bauordnungsrecht abweichender Maße der Tiefe der Abstandflächen.

 

In der Steinstraße sind bauliche Mängel von Einzelgebäuden und Leerstände von Ladenlokalen zu verzeichnen, die negative Auswirkungen auf das Erscheinungsbild des Straßenzuges und auf die Attraktivität als Handels- und Wohnstandort eingeleitet haben. Um den Hauptgeschäftsstraßencharakter der Steinstraße als Eingangsbereich in die Innenstadt zu stützen, hat sich die Stadt Emmerich am Rhein deshalb in jüngerer Vergangenheit mit diversen Maßnahmen um eine Aufwertung des betroffenen Bereiches bemüht. So wurde im Jahre 2009 eine Neugestaltung des öffentlichen Raumes durch eine Straßenausbaumaßnahme mit neuem Belag sowie modernen Beleuchtungs- und Möblierungselementen vorgenommen. Darüber hinaus erfolgte kürzlich eine Voruntersuchung hinsichtlich der Möglichkeiten einer städtebaulichen Sanierungsmaßnahme nach den §§ 136 ff BauGB. Hierin wurde eine solche Maßnahme zwar nicht als geeignetes Instrument dargestellt, es wurden aber Handlungsempfehlungen benannt, die in das in Aufstellung begriffene integrierte städtebauliche Handlungskonzept für die Stadt Emmerich am Rhein einfließen sollen. Ferner zeichnet sich mit dem Erwerb des Grundstückes einer vor einigen Jahren durch Brandfall entstandenen Ruine durch eine Stiftung öffentlichen Rechts und deren konkret vorliegende Bauabsichten eine positive Entwicklung ab, die insgesamt auch einen Aufschwung für die übrigen Bereiche der Steinstraße in Gang setzen könnte.

 

Vor diesem Hintergrund soll insbesondere mit Hinblick auf die anzutreffenden Leerstände etwaigen weiteren Attraktivitätsverlusten in der Steinstraße entgegen gewirkt werden, indem Vergnügungsstätten, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfanges nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind, im Besonderen Wohngebiet als Ausnahme zulässig sein können, ausgeschlossen werden. Dieser Ausschluss soll sich auch auf den Planbereich an der Rheinpromenade erstrecken, da Vergnügungsstätten insbesondere bei der hier bestehenden bevorzugten Wohnlage einen Abwertungseffekt hervorrufen können.

 

Gleichermaßen soll im gesamten Planbereich für die im Besonderen Wohngebiet allgemein zulässigen Gewerbebetriebe, soweit es sich um Bordelle und bordellähnliche Betriebe handelt, ein Ausschluss festgesetzt werden. Auch hiermit soll ein Attraktivitätsverlust für die bevorzugte Wohnlage in den Besonderen Wohngebieten an der Rheinpromenade sowie eine zusätzliche Abwertung der Bereiche an der Steinstraße, die mit solchen Betrieben einhergehen können, vermieden werden.

 

Der im bestehenden Bebauungsplan festgesetzte Ausschluss von Wohnnutzungen im Erdgeschossbereich der Steinstraße zugunsten von gewerblichen Nutzungen soll in der Neuplanung fortbestehen, um bisherigen Charakter als Innenstadtgeschäftsstraße zu wahren. Auch wenn sich die bestehenden Ladenlokale aufgrund ihrer Zuschnitte und der geringen Größe zukünftig weniger für Einzelhandelsnutzungen anbieten sollten, können sich dort Dienstleistungsnutzungen ansiedeln, wie es im Rahmen von Nutzungsänderungen in jüngerer Vergangenheit auch bereits erkennbar ist.

 

 

f)          Bebauungsplan der Innenentwicklung

Das Plangebiet betrifft einen innerstädtischen bebauten Bereich. Die Planung dient im Wesentlichen der Steuerung von Nachnutzungen durch Neubauten oder Umnutzungen, die als Maßnahmen der Innenentwicklung zu betrachten sind. Das Verfahrengebiet umfasst insgesamt ca. 7.200 qm. Eine Festsetzung  so dass die Schwellengröße für die Zulässigkeit der Aufstellung eines Bebauungsplanes der Innenentwicklung nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 BauGB von 20.000 qm Grundfläche im Sinne des § 19 Abs. 2 BauNVO wesentlich unterschritten wird. Da der Bebauungsplan zudem keine Zulässigkeit von Vorhaben begründen soll, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach UVPG unterliegen, und auch keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe b BauGB aufgeführten Schützgüter bestehen, liegen die Voraussetzungen für die Durchführung eines Bebauungsplanes nach den Bestimmungen des beschleunigten Verfahrens nach § 13 a Abs. 2 BauGB vor.

 

Die geplante Festsetzung von Besonderen Wohngebieten nach § 4a BauNVO entwickelt sich nicht aus der aktuellen Darstellung im Flächennutzungsplan als „Gemischte Baufläche“ (M). Unter Anwendung des § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB soll eine Anpassung des FNP nach Bebauungsplanaufstellung im Wege der Berichtigung erfolgen. Hierbei erfolgt eine Umwandlung in eine Wohnbauflächendarstellung.

 

 

Zu 2)

 

Zur Unterrichtung der Öffentlichkeit über die allgemeinen Ziele und Zwecke sowie die wesentlichen Auswirkungen der Planung soll eine frühzeitige Unterrichtung und Erörterung im Sinne des § 3 Abs. 1 BauGB stattfinden. Da die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung auf das Plangebiet als erheblich einzuschätzen sind, soll die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung als „besondere Bürgerbeteiligung“ nach Pkt. 3.2 der städtischen Richtlinien zur Bürgerbeteiligung in Bauleitplanverfahren in Form einer Bürgerversammlung durchführt werden.

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 1.1.

 

 

 

 

 

 

Johannes Diks

Bürgermeister