hier: 1) Aufstellungsbeschluss
2) Beschluss zur frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 (1) BauGB
Beschlussvorschlag
Zu 1)
Der Ausschuss für Stadtentwicklung beschließt gemäß § 2 Abs. 1 BauGB
für den Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. E 18/9 -Rheinpromenade /
Steinstraße- zwischen Rheinpromenade, Fährstraße, Steinstraße und Alter Markt
unter Hinzuziehung der angrenzenden Straßenflächen der Steinstraße, der
Fährstraße sowie einer Teilfläche des Platzbereiches Alter Markt einen neuen
Bebauungsplan aufzustellen. Das Bebauungsplanverfahren erhält die Bezeichnung E 18/9 -neu -Rheinpromenade /
Steinstraße- und wird unter Anwendung der Bestimmungen des § 13a
Baugesetzbuch als Bebauungsplan der Innenentwicklung aufgestellt.
Die
Verfahrensgebietsgrenze ist in der Planunterlage mit einer gestrichelten Linie
gekennzeichnet.
Zu 2)
Der Ausschuss für
Stadtentwicklung beauftragt die Verwaltung, eine Öffentlichkeitsbeteiligung
gemäß § 3 Abs. 1 BauGB zur Vorstellung des vorliegenden Bebauungskonzeptes in
der Form der besonderen Bürgerbeteiligung nach Punkt 3.2 der städtischen
Richtlinien zur Bürgerbeteiligung durchzuführen sowie eine Beteiligung der Behörden
und sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 1 BauGB zu veranlassen.
Sachdarstellung :
Zu 1)
a) Materieller Mangel des bestehenden Bebauungsplanes E 18/9
Der im Jahre 2003
für den in der Emmericher Innenstadt gelegenen Bereich zwischen Steinstraße und
Rheinpromenade im Abschnitt Krantor bis Fährstraße aufgestellte Bebauungsplan
Nr. E 18/9 -Rheinpromenade / Steinstraße- enthält materielle Mängel, die seine
Unwirksamkeit herbeiführen. Da der Verwaltung keine Verwerfungskompetenz für
eine Bebauungsplansatzung zusteht, ist die Bauaufsichtsbehörde im Prinzip dazu
verpflichtet, auch einen als unwirksam erkannten Bebauungsplan im Rahmen der
planungsrechtlichen Zulässigkeitsprüfung ihrer Genehmigungsvorgänge anzuwenden.
Hieraus ergibt sich ein Spannungsfeld bis hin zum amtspflichtwidrigen Handeln.
In dieser Situation ist vor dem Hintergrund vorliegender Anträge, u. a. zur
Nutzungsänderung eines Ladenlokals in der Steinstraße in eine Vergnügungsstätte
(Wettbüro) eine Bereinigung der planungsrechtlichen Grundlagen herbeizuführen.
Der seinerzeitige
Planungsanlass zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. E 18/9 ergab sich
insbesondere aus der Notwendigkeit der Steuerung der baulichen Entwicklung der
Rheinpromenade. Hier hat seit den 1990er Jahren eine einschneidende
Umgestaltung durch Abriss in der Nachkriegszeit wieder aufgebauter Häuser und
Errichtung neuer Wohn- und Geschäftshäuser eingesetzt. Entsprechend der
bevorzugten Wohnlage mit unverbaubarem Blick auf die Flusslandschaft tendierte
jede Neubebauung zu einer höheren baulichen Nutzung mit größeren Gebäudehöhen
als zuvor. Um diese Entwicklung städtebaulich steuern zu können, wurde eine
konkrete Bauleitplanung für den gesamten Baubereich an der Rheinpromenade
einschließlich der hinterliegenden Flächen in Gang gesetzt. Von den betroffenen
drei Planungsabschnitten wurde letztlich nur der westliche Bebauungsplan Nr. E
18/9 zum Abschluss gebracht.
Der Bebauungsplan E
18/9 setzt als Art der baulichen Nutzung auf der Grundlage der FNP-Darstellung
einer „Gemischten Baufläche“ sowie unter Berücksichtigung historisch
gewachsener verdichteter Innenstadtbebauungsstrukturen für alle
Baugebietsbereiche ein Kerngebiet (MK) fest. Der Umstand, dass der
Bebauungsplan in den festgesetzten Kerngebieten an der Rheinpromenade in allen
Geschossebenen und in den Kerngebieten an der Steinstraße in den Geschossen
oberhalb des Erdgeschosses sowie im Erdgeschoss in den von der Straße
abgewandten Gebäudeteilen Wohnnutzungen zulässt, stellt einen materiellen
Mangel dar, der zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes führt. Das OVG NW hat
zuletzt noch in einem Urteil vom 26.06.2014 (7 D 68/12.NE) zu einem
Bebauungsplan mit praktisch identischen Festsetzungen festgestellt, dass
Gebiete, in denen allgemein und nahezu überall gewohnt werden kann, keine
Kerngebiete (MK) im Sinne von § 7 BauNVO mehr sind. Nach dieser Auffassung gibt
es bei der vorhandenen Nutzungsstruktur des gesamten Innenstadtbereiches, die
auch in den Hauptgeschäftsstraßen sowie an der Rheinpromenade überwiegende
Wohnflächenanteile in den Gebäuden aufweist, in Emmerich im Prinzip kein
Kerngebiet.
b) Handlungsmöglichkeiten der Gemeinde
Da die Gemeinde
nicht befugt ist, die Nichtigkeit eines Bebauungsplanes in einem Beschluss
festzustellen, der mit Allgemeinverbindlichkeit die Nichtanwendung des
Bebauungsplanes bestimmt, muss entweder ein formelles Aufhebungsverfahren für
die Satzung des mit nicht behebbaren Mängeln behafteten Bebauungsplanes
durchgeführt werden oder ein neuer qualifizierter Bebauungsplan aufgestellt
werden, um den bisherigen Bebauungsplan zu überplanen.
Im vorliegenden Fall
des Bebauungsplanes Nr. E 18/9 würde die alleinige Aufhebung des
Bebauungsplanes darauf hinauslaufen, dass die zukünftige Entwicklung auf der
Grundlage des § 34 BauGB als ausreichend erachtet wird. Da aber nicht zuletzt
mit der planungsrechtlichen Sicherung einer städtebaulichen Torwirkung für den
Eckbereich Rheinpromenade / Fährstraße durch Festsetzung einer sich von der
Umgebungsbebauung abhebenden turmförmigen Bebauungsform im Bebauungsplan E 18/9
besondere städtebauliche Ziele verfolgt wurden, die für den Fall einer
Beurteilung nach § 34 BauGB die Eigenart der näheren Umgebung mitbestimmen
würden, jedoch nicht allgemein auf das übrige Plangebiet übertragbar sein
sollen, besteht mindestens für den südlichen Planbereich an der Rheinpromenade
ein weitergehender städtebaulicher Steuerungsbedarf. Vor dem Hintergrund des
Erfordernisses der Behebung bzw. Reduzierung von Defiziten innerhalb der
bestehenden Bebauungsstrukturen im Bereich der Steinstraße ergibt sich auch für
den nördlichen Planteilbereich an der Steinstraße ein weitergehender städtebaulicher
Steuerungsbedarf. Von daher soll die Neuaufstellung eines qualifizierten
Bebauungsplanes zustande kommen, mit dem der bisherige Bebauungsplan E 18/9
überplant wird und bei dessen Inkraftsetzung das bisherige Planungsrecht ohne
förmliche Aufhebung des Altplanes ersetzt wird.
c) Planungserfordernis und Planungsziel
Da die bisherige
Kerngebietsfestsetzung die vorhandene Nutzungsstruktur im Plangebiet
E 18/9 mit ihrer umfangreichen Wohnnutzung nicht zutreffend abbildet und
eine flächendeckende Nutzungsänderung in kerngebietstypische Nutzungen nicht
absehbar ist, ergibt sich ein Planungserfordernis. Das Planungsziel bei der
Aufstellung des neuen Bebauungsplanes E 18/9 -neu besteht darin, das
Plangebiet entsprechend der vorhandenen Nutzungsstruktur zu überplanen und
dabei sowohl die vorhandene Wohnnutzung als auch die überwiegend nur in den
Erdgeschossebenen anzutreffenden gewerblichen Nutzungen abzusichern. Hierzu
kämen Baugebietsfestsetzungen als „Mischgebiet“ (§ 6 BauNVO) oder als „Gebiete
zur Erhaltung und Entwicklung der Wohnnutzung (Besondere Wohngebiete)“ (§ 4a
BauNVO) in Betracht. Infolge des überwiegenden mit Wohnnutzung belegten
Geschossflächenanteils im Plangebiet sollen Festsetzungen von Besonderen
Wohngebieten im Sinne des § 4a BauNVO getroffen werden.
d) Verfahrensgebietsfestsetzung
Das Plangebiet des
Altplanes E 18/9 umfasst neben den bebauten Grundstücken des einbezogenen
Baublockes auch vor den jeweiligen Hausfassaden liegende Straßenteilflächen.
Hierbei sollten die Bereiche, die durch in den Obergeschossen auskragende
untergeordnete Bauteile mit einer Tiefe von bis zu 1,5 m überdeckt werden
können, im Plangebiet abgebildet werden. Da die geometrische Eindeutigkeit der
Begrenzungslinie des Bebauungsplangeltungsbereiches in der Planzeichnung zumindest
im Bereich der Steinstraße nicht auf Anhieb erkennbar ist, sollen in den
Verfahrensbereich des neuen Bebauungsplanes E 18/9 -neu die gesamten
Verkehrsflächen der Fährstraße und der Steinstraße sowie eine bisher nicht in
einen Bebauungsplan einbezogene Teilfläche des Platzbereiches Alter Markt
einbezogen werden. Insofern soll zum bestehenden Bebauungsplan E 18/9 keine
Deckungsgleichheit des Geltungsbereiches hergestellt werden.
e) Vorgesehene Planfestsetzungen
Die im Bebauungsplan
E 18/9 getroffenen Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung und zur
Gliederung in Baugebietsbereiche unterschiedlicher Geschossigkeiten und
Gebäudehöhenfestsetzungen orientieren sich am Bestand und sollen für die
vorgesehenen Besonderen Wohngebiete weitgehend übernommen werden. Dabei werden
infolge der historisch gewachsenen innerstädtischen Bebauungsstruktur einer
durchgängig geschlossenen verdichteten Bebauung mit bis zu vollständiger
Grundstücksüberbauung die in § 17 Abs. 1 BauNVO festgesetzten Obergrenzen des
Maßes der baulichen Nutzung für Besondere Wohngebiete überschritten. Da der §
17 Abs. 2 BauNVO jedoch bei Vorliegen entsprechender städtebaulicher Gründe
eine Überschreitung der Obergrenzen des Abs. 1 erlaubt und solche Gründe mit
der vorhandenen verdichteten Bebauung anzuerkennen sind, soll von dieser
Bestimmung Gebrauch gemacht werden.
Auch die nach
Landesbauordnung in Wohngebieten erforderlichen Gebäudeabstandflächen werden
bei den beengten Grundstücksverhältnissen bereits im Bestand größtenteils nicht
eingehalten. Hier ergibt sich aus der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Nr. 2a BauGB
die Möglichkeit der Festsetzung vom Bauordnungsrecht abweichender Maße der
Tiefe der Abstandflächen.
In der Steinstraße
sind bauliche Mängel von Einzelgebäuden und Leerstände von Ladenlokalen zu
verzeichnen, die negative Auswirkungen auf das Erscheinungsbild des
Straßenzuges und auf die Attraktivität als Handels- und Wohnstandort
eingeleitet haben. Um den Hauptgeschäftsstraßencharakter der Steinstraße als
Eingangsbereich in die Innenstadt zu stützen, hat sich die Stadt Emmerich am
Rhein deshalb in jüngerer Vergangenheit mit diversen Maßnahmen um eine
Aufwertung des betroffenen Bereiches bemüht. So wurde im Jahre 2009 eine
Neugestaltung des öffentlichen Raumes durch eine Straßenausbaumaßnahme mit
neuem Belag sowie modernen Beleuchtungs- und Möblierungselementen vorgenommen.
Darüber hinaus erfolgte kürzlich eine Voruntersuchung hinsichtlich der
Möglichkeiten einer städtebaulichen Sanierungsmaßnahme nach den §§ 136 ff
BauGB. Hierin wurde eine solche Maßnahme zwar nicht als geeignetes Instrument
dargestellt, es wurden aber Handlungsempfehlungen benannt, die in das in
Aufstellung begriffene integrierte städtebauliche Handlungskonzept für die
Stadt Emmerich am Rhein einfließen sollen. Ferner zeichnet sich mit dem Erwerb
des Grundstückes einer vor einigen Jahren durch Brandfall entstandenen Ruine
durch eine Stiftung öffentlichen Rechts und deren konkret vorliegende
Bauabsichten eine positive Entwicklung ab, die insgesamt auch einen Aufschwung
für die übrigen Bereiche der Steinstraße in Gang setzen könnte.
Vor diesem
Hintergrund soll insbesondere mit Hinblick auf die anzutreffenden Leerstände
etwaigen weiteren Attraktivitätsverlusten in der Steinstraße entgegen gewirkt
werden, indem Vergnügungsstätten, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung
oder ihres Umfanges nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind, im Besonderen
Wohngebiet als Ausnahme zulässig sein können, ausgeschlossen werden. Dieser
Ausschluss soll sich auch auf den Planbereich an der Rheinpromenade erstrecken,
da Vergnügungsstätten
insbesondere bei der hier bestehenden bevorzugten Wohnlage einen
Abwertungseffekt hervorrufen können.
Gleichermaßen soll
im gesamten Planbereich für die im Besonderen Wohngebiet allgemein zulässigen
Gewerbebetriebe, soweit es sich um Bordelle und bordellähnliche Betriebe
handelt, ein Ausschluss festgesetzt werden. Auch hiermit soll ein
Attraktivitätsverlust für die bevorzugte Wohnlage in den Besonderen
Wohngebieten an der Rheinpromenade sowie eine zusätzliche Abwertung der
Bereiche an der Steinstraße, die mit solchen Betrieben einhergehen können,
vermieden werden.
Der im bestehenden
Bebauungsplan festgesetzte Ausschluss von Wohnnutzungen im Erdgeschossbereich
der Steinstraße zugunsten von gewerblichen Nutzungen soll in der Neuplanung
fortbestehen, um bisherigen Charakter als Innenstadtgeschäftsstraße zu wahren.
Auch wenn sich die bestehenden Ladenlokale aufgrund ihrer Zuschnitte und der
geringen Größe zukünftig weniger für Einzelhandelsnutzungen anbieten sollten,
können sich dort Dienstleistungsnutzungen ansiedeln, wie es im Rahmen von
Nutzungsänderungen in jüngerer Vergangenheit auch bereits erkennbar ist.
f) Bebauungsplan der Innenentwicklung
Das Plangebiet
betrifft einen innerstädtischen bebauten Bereich. Die Planung dient im
Wesentlichen der Steuerung von Nachnutzungen durch Neubauten oder Umnutzungen,
die als Maßnahmen der Innenentwicklung zu betrachten sind. Das Verfahrengebiet
umfasst insgesamt ca. 7.200 qm. Eine Festsetzung so dass die Schwellengröße für die
Zulässigkeit der Aufstellung eines Bebauungsplanes der Innenentwicklung nach §
13a Abs. 1 Nr. 1 BauGB von 20.000 qm Grundfläche im Sinne des § 19 Abs. 2
BauNVO wesentlich unterschritten wird. Da der Bebauungsplan zudem keine
Zulässigkeit von Vorhaben begründen soll, die einer Pflicht zur Durchführung
einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach UVPG unterliegen, und auch keine
Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe b
BauGB aufgeführten Schützgüter bestehen, liegen die Voraussetzungen für die
Durchführung eines Bebauungsplanes nach den Bestimmungen des beschleunigten
Verfahrens nach § 13 a Abs. 2 BauGB vor.
Die geplante
Festsetzung von Besonderen Wohngebieten nach § 4a BauNVO entwickelt sich nicht
aus der aktuellen Darstellung im Flächennutzungsplan als „Gemischte Baufläche“
(M). Unter Anwendung des § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB soll eine Anpassung des FNP
nach Bebauungsplanaufstellung im Wege der Berichtigung erfolgen. Hierbei erfolgt
eine Umwandlung in eine Wohnbauflächendarstellung.
Zu 2)
Zur Unterrichtung der Öffentlichkeit über die allgemeinen Ziele und Zwecke sowie die wesentlichen Auswirkungen der Planung soll eine frühzeitige Unterrichtung und Erörterung im Sinne des § 3 Abs. 1 BauGB stattfinden. Da die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung auf das Plangebiet als erheblich einzuschätzen sind, soll die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung als „besondere Bürgerbeteiligung“ nach Pkt. 3.2 der städtischen Richtlinien zur Bürgerbeteiligung in Bauleitplanverfahren in Form einer Bürgerversammlung durchführt werden.
Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat
keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.
Leitbild :
Die Maßnahme steht
im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 1.1.
Johannes Diks
Bürgermeister