hier: 1) Aufstellungsbeschluss
2) Beschluss zur frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 (1) BauGB
Beschlussvorschlag
Zu 1)
Der Ausschuss für Stadtentwicklung beschließt gemäß § 2 Abs. 1 in
Verbindung mit § 9 Abs. 2b BauGB einen einfachen Bebauungsplan zur Steuerung
von Vergnügungsstätten für den Bereich der an die Nordseite der Steinstraße
angrenzenden Grundstücke aufzustellen. Der Bebauungsplan erhält die Bezeichnung
„Vergnügungsstättenausschluss
Steinstraße“ und wird unter Anwendung der Bestimmungen des § 13a
Baugesetzbuch als Bebauungsplan der Innenentwicklung aufgestellt.
Die
Verfahrensgebietsgrenze ist in der Planunterlage mit einer gestrichelten Linie
gekennzeichnet.
Zu 2)
Der Ausschuss für
Stadtentwicklung beauftragt die Verwaltung, eine Öffentlichkeitsbeteiligung
gemäß § 3 Abs. 1 BauGB zur Vorstellung des vorliegenden Bebauungskonzeptes in
der Form der besonderen Bürgerbeteiligung nach Punkt 3.2 der städtischen
Richtlinien zur Bürgerbeteiligung durchzuführen sowie eine Beteiligung der
Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 1 BauGB zu
veranlassen.
Sachdarstellung :
Zu 1)
a) Absichten
der Stadt Emmerich am Rhein zur Steuerung von Vergnügungsstätten und
Rotlichtbetrieben
Nachdem Ende der
1980er Jahren anlässlich der damaligen vermehrten Anfrage zur Ansiedlung von
Spielhallen im Innenstadtbereich ein Ausschluss von Spielhallen in den
Hauptgeschäftsstraßen durch einen einfachen Bebauungsplan für die unbeplanten
Bereiche des § 34 BauGB und durch entsprechende Ergänzung von
Ausschlussfestsetzungen für die betroffenen Bebauungspläne erlassen worden ist,
wurde im Jahre 2010 anlässlich einer weiteren Anfragewelle für
Spielhallenstandorte außerhalb des Zentralbereiches eine Bauleitplanung zur
Steuerung von kerngebietstypischen Spielhallen für das gesamte Stadtgebiet in
Gang gesetzt. Diese Planung wurde wegen der Bestimmungen des zwischenzeitlich
in Kraft getretenen neuen Glückspielstaatsvertrages, der eine Neuansiedlung
solcher Spielhallen derzeit im Prinzip unterbindet, zunächst ausgesetzt, die
seinerzeit geplante Erstellung eines Spielhallensteuerungskonzeptes ist bislang
nicht erfolgt.
In der jüngeren
Vergangenheit sind nun vermehrt Anfragen und Anträge zu Nutzungsänderungen
bestehender Ladenlokale in Wettbüros bei der Bauaufsichtsbehörde der Stadt
Emmerich am Rhein eingegangen. Auch wenn derzeit entsprechende konkrete Anträge
infolge fehlender Konzessionierung auf der Grundlage des benannten
Glücksspielstaatsvertrages und des hieraus resultierenden fehlenden
Sachbescheidungsinteresses aus Gründen der Nichtausnutzbarkeit verworfen
werden, ist absehbar, dass irgendwann Lizenzvergaben stattfinden werden. Dann
kann es an geeigneten Stellen des Stadtbereiches, insbesondere in der
Innenstadt zu einer gehäuften Ansiedlung dieses Typs der Vergnügungsstätten
kommen. Hierdurch sind negative Auswirkungen, die städtebauliche Spannungen
auslösen, zu befürchten.
Ein ähnliches
Ansiedlungsinteresse war in den letzten Jahren auch in Bezug auf
Rotlichtbetriebe zu verzeichnen, die auf ihre Umgebung einen abwertenden
Trading-Down-Effekt auslösen können. Daher ist beabsichtigt, eine
städtebauliche Steuerung sowohl von Vergnügungsstätten und als auch von
Rotlichtbetrieben nunmehr konkret anzugehen. Hierfür soll im nächsten Jahr ein
das Gesamtstadtgebiet untersuchendes Steuerungskonzept für Vergnügungsstätten
und Rotlichtbetriebe aufgestellt werden, in welchem neben der Darlegung
städtebaulich ungeeigneter Flächen auch Positivzuweisungen von Standorten für
solche Einrichtungen zu benennen sein werden. Eine entsprechende Anmeldung von
Mitteln im Haushalt 2015 ist verwaltungsseitig bereits erfolgt.
Die Sicherung der
städtebaulichen Steuerung soll anschließend planungsrechtlich durch eine
entsprechende Bauleitplanung erfolgen.
b) Anlass zur Planung
Derzeit liegt eine
Bauvoranfrage auf Nutzungsänderung eines leer stehenden Ladenlokals im Gebäude
Steinstraße 1 vor, mit der die planungsrechtliche Zulässigkeit eines Wettbüros
abgefragt wird. Das Antragsgrundstück liegt im Geltungsbereich des
Bebauungsplanes Nr. E 18/9 -Rheinpromenade / Steinstraße-. Auch wenn als
Folge dieser Bauvoranfrage derzeit kein konkreter Nutzungsänderungsantrag wegen
des oben benannten fehlenden Sachbescheidungsinteresses aufgrund fehlender
Konzessionierung beschieden werden wird, würde eine auf der Grundlage des
geltenden Bebauungsplanes zu erlassende positive Entscheidung eine Öffnung der
Steinstraße für eine solche Art der Vergnügungsstätten vorprägen.
Allerdings ist der
betroffene Bebauungsplan E 18/9 mit einem materiellen Mangel behaftet, der ihn
als unwirksam betrachten lässt. Der Antragsvorgang der benannten Bauvoranfrage
ist daher neben anderen Erwägungen Anlass für die Einleitung eines Verfahrens
zur Aufstellung des neuen Bebauungsplanes E 18/9 -neu für den Bereich des
Altplanes E 18/9. Hierin soll insbesondere der materielle Mangel einer
sich nicht mit der vorhandenen Baugebietsstruktur deckenden Gebietsausweisung
ausgeräumt werden und anstelle der bisherigen Kerngebietsfestsetzung die
Festsetzung als Besondere Wohngebiete (WB) im Sinne des § 4a BauGB erfolgen. In
den Verfahrensbereich einbezogen ist die Südseite der Steinstraße zwischen
Alter Markt und Fährstraße.
In der gesamten
Steinstraße sind bauliche Mängel von Einzelgebäuden und Leerstände von
Ladenlokalen zu verzeichnen, die negative Auswirkungen auf das Erscheinungsbild
des Straßenzuges und auf die Attraktivität als Handels- und Wohnstandort
eingeleitet haben. Um den Hauptgeschäftsstraßencharakter der Steinstraße mit
gleichzeitiger Funktion als Haupteingangsbereich in die Innenstadt zu stützen,
hat sich die Stadt Emmerich am Rhein deshalb in jüngerer Vergangenheit mit diversen
Maßnahmen um eine Aufwertung des betroffenen Bereiches bemüht. So wurde im
Jahre 2009 eine Neugestaltung des öffentlichen Raumes durch eine
Straßenausbaumaßnahme mit neuem Belag sowie modernen Beleuchtungs- und
Möblierungselementen vorgenommen. Darüber hinaus erfolgte kürzlich eine
Voruntersuchung hinsichtlich der Möglichkeiten einer städtebaulichen
Sanierungsmaßnahme nach den §§ 136 ff BauGB. Hierin wurde eine solche Maßnahme
zwar nicht als geeignetes Instrument dargestellt, es wurden aber Handlungsempfehlungen
benannt, die in das in Aufstellung begriffene integrierte städtebauliche
Handlungskonzept für die Stadt Emmerich am Rhein einfließen sollen. Ferner
zeichnet sich mit dem Erwerb des Grundstückes einer vor einigen Jahren durch
Brandfall entstandenen Ruine durch eine Stiftung öffentlichen Rechts und deren
konkret vorliegende Bauabsichten eine positive Entwicklung ab, die insgesamt
auch einen Aufschwung für die übrigen Bereiche der Steinstraße in Gang setzen
könnte.
Vor diesem
Hintergrund soll insbesondere mit Hinblick auf die anzutreffenden Leerstände
etwaigen weiteren Attraktivitätsverlusten in der Steinstraße entgegen gewirkt
werden. Im neuen Bebauungsplan Nr. E 18/9 -neu für den Bereich des Altplanes E
18/9 sollen hierzu Vergnügungsstätten, soweit sie nicht wegen ihrer
Zweckbestimmung oder ihres Umfanges nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind
und im Besonderen Wohngebiet als Ausnahme zulässig sein können, ausgeschlossen
werden. Ein gleicher Planungsansatz wird für den derzeit ebenfalls in Aufstellung
begriffenen Bebauungsplan E 23/2 -Fährstraße / Hinter dem Hirsch- verfolgt.
Dieser Plan zieht den Bereich auf der Südseite der Steinstraße im Abschnitt
Fährstraße bis Geistmarkt in seinen Geltungsbereich ein.
Die Nordseite der
Steinstraße ist hingegen dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des §
34 BauGB zuzuordnen. Ein Planungsbedarf zur Steuerung der städtebaulichen
Entwicklung dieses Gebietes ist derzeit nicht konkret absehbar, es sei denn,
dass damit auch hier Vorkehrungen gegen weitere Attraktivitätsverluste infolge
der Ansiedlung von Vergnügungsstätten in den leer stehenden Ladenlokalen
ergriffen werden sollen. Um die Planungsziele der benannten Bebauungspläne E
18/9 -neu und E 23/2 in Bezug auf den dort vorgesehen Vergnügungsstättenausschluss
nicht zu konterkarieren, soll daher zur Sicherung der städtebaulich
herausragenden Funktion der Steinstraße als Hauptgeschäftsstraße und Eingang in
den Innenstadtbereich auch für die Grundstücke an der Nordseite der Steinstraße
ein Ausschluss von Vergnügungsstätten erlassen werden, um die hiermit
einhergehenden Probleme wie Trading-Down-Effekte, Nutzungsverdrängungen oder
Lärmbelastungen zu vermeiden.
c) Vergnügungsstättenbebauungsplan nach § 9 Abs. 2b BauGB
Mit Einführung des § 9 Abs. 2a BauGB durch die BauGB-Novelle 2013
ergibt sich für Bereiche im Zusammenhang bebauter Ortsteile nach § 34 BauGB die
Möglichkeit der Steuerung von Vergnügungsstätten durch Aufstellung eines
einfachen Text-Bebauungsplanes. Hierin kann u. a. festgesetzt werden, dass
Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder
nicht zulässig sind, um
- eine
Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen
wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
- eine
Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden
städtebaulichen Funktion des Gebietes, insbesondere durch eine
städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.
Unter
Vergnügungsstätten werden Gewerbebetriebe verstanden, bei denen die
kommerzielle Unterhaltung der Kunden und Besucher im Vordergrund steht und die
als Amüsierbetrieb oder durch gewinnbringende Freizeitgestaltung zu
charakterisieren sind. Hierzu zählen z.B. Diskotheken, Spielhallen und
Spielcasinos, Nachtlokale, Sex-Shops mit Videokabinen, Swingerclubs, Kinos und
Wettbüros. Dabei ist zwischen kerngebietstypischen und nicht
kerngebietstypischen Vergnügungsstätten zu differenzieren, wobei die
Kerngebietstypik an der besonderen Zweckbestimmung der Einrichtung oder ihrem
Umfang festzumachen ist. In der Rechtsprechung wurde ein Schwellenwert von 100
qm Betriebsfläche bestimmt, ab dem eine Vergnügungsstätte als
kerngebietstypisch einzuordnen ist.
Nachdem die im
Bebauungsplan E 18/9 für den Baubereich auf der Südseite der Steinstraße
ursprünglich getroffene Festsetzung als Kerngebiet nach eingängiger
Rechtsprechung als fehlerhaft anzuerkennen ist und sich die Bebauungs- und
Nutzungsstruktur auf der Nordseite der Steinstraße mit gewerblicher Nutzung im
EG und überwiegender Wohnnutzung in den darüber liegenden Geschossen hiervon im
Prinzip nicht unterscheidet, entspricht der Gebietscharakter des Bereiches an
der Nordseite der Steinstraße ebenfalls dem eines Besonderen Wohngebietes im
Sinne des § 4a BauGB. Kerngebietstypische Vergnügungsstätten wären in diesem
Bereich ohnehin nicht allgemein zulässig, wie auch die kleinteilige
Bebauungsstruktur hierfür im Prinzip keinen ausreichenden Raum bietet. Die
leerstehenden Ladenlokale würden von ihrem Zuschnitt her aber die Möglichkeit
für die Ansiedlung nicht kerngebietstypischer Vergnügungsstätten, hierunter
insbesondere für Wettbüros bieten. Auch unter Einhaltung des vorgeschriebenen
Mindestabstandes von 200 m zu Vergnügungsstätten gleicher Unterart wären in der
Steinstraße 2 bis 3 Standorte jeder Art denkbar, so dass in der Summe negative
städtebauliche Auswirkungen aus solchen Einrichtungen auf den Bereich der
Steinstraße nicht ausgeschossen werden können.
Daher soll für den
betroffenen unbeplanten Bereich an der Nordseite der Steinstraße ein
Bebauungsplan zur Vergnügungsstättensteuerung nach § 9 Abs. 2b BauGB
aufgestellt werden. Die städtebaulichen Gründe nach § 9 Abs. 2b Nr. 2 als
Voraussetzung für die Aufstellung eines solchen Bebauungsplanes liegen für den
betroffenen exponierten Teil der Innenstadt vor. Eine Notwendigkeit zur
vorlaufenden Erstellung einer informellen Planung in Form eines
Vergnügungsstättenkonzeptes, wie es in Kürze aufgestellt werden soll, wird von
der Kommentierung nicht in allen Fällen für die Steuerung von
Vergnügungsstätten für erforderlich gehalten. Im vorliegenden Fall wird ein
solches Konzept voraussichtlich zeitnah erstellt werden, um auch als
Abwägungsmaterial dieses Bebauungsplanes dienen zu können.
d) Planungsziel
Mit dem
Bebauungsplan gemäß § 9 Abs. 2b BauGB soll die Zulässigkeit aller
Vergnügungsstätten innerhalb seines durch die an die nördliche Straßengrenze
der Steinstraße angrenzenden Grundstücke gebildeten Geltungsbereich
ausgeschlossen werden, um die städtebauliche Funktion der Steinstraße als
Eingangsstraße in den Emmericher Innenstadtbereich sowie als eine der
Hauptgeschäftsstraßen und Hauptverkehrsader in angemessener Weise zu erhalten.
e) Bestandsschutz für vorhandene Vergnügungsstätte
Im Plangebiet liegt
das Gebäude Steinstraße 28/ Hinter dem Engel 17, in welchem ein
bauordnungsrechtlich genehmigter Swinger-Club betrieben wird. Auf der Grundlage
dieser Genehmigung genießt dieser Betrieb Bestandsschutz, der auch durch die
Aufstellung des Bebauungsplanes nach § 9 Abs. 2b nicht angetastet wird.
f) Bebauungsplan der Innenentwicklung
Das Plangebiet
betrifft einen innerstädtischen bebauten Bereich. Die Planung dient der
Steuerung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten, was als Maßnahme der
Innenentwicklung zu betrachten ist. Das Verfahrengebiet umfasst insgesamt ca.
14.500 qm, so dass unabhängig davon, dass ohnehin kein Maß der baulichen
Nutzung festgesetzt werden soll, die Schwellengröße für die Zulässigkeit der
Aufstellung eines Bebauungsplanes der Innenentwicklung nach § 13a Abs. 1 Nr. 1
BauGB von 20.000 qm Grundfläche im Sinne des § 19 Abs. 2 BauNVO nicht erreicht
werden kann. Da der Bebauungsplan zudem keine Zulässigkeit von Vorhaben
begründen soll, die einer Pflicht zur Durchführung einer
Umweltverträglichkeitsprüfung nach UVPG unterliegen, und auch keine
Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe b
BauGB aufgeführten Schützgüter bestehen, liegen die Voraussetzungen für die
Durchführung eines Bebauungsplanes nach den Bestimmungen des beschleunigten
Verfahrens nach § 13 a Abs. 2 BauGB vor.
Zu 2)
Das Verfahren dieses
Bebauungsplanes läuft zeitlich parallel zur Aufstellung des Bebauungsplanes E
18/9 -neu. Da die Thematik des Vergnügungsstättenausschlusses auch hierin
abgearbeitet werden soll, soll über die Planungsabsichten der Stadt Emmerich am
Rhein in diesen beiden Verfahren in einer gemeinsamen Veranstaltung
unterrichtet werden.
Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat
keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.
Leitbild :
Die Maßnahme steht
im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 1.1.
Johannes Diks
Bürgermeister