Betreff
Informationen zum Themenfeld unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Vorlage
04 - 16 0298/2015
Art
Verwaltungsvorlage

Kenntnisnahme(kein Beschluss)

 

Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Ausführungen zur Kenntnis.

 

Sachdarstellung :

 

Die Jugendhilfe hat immer schon Berührungspunkte mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (kurz: UMF) gehabt. Aufgrund der Lage von Emmerich am Rhein an der Grenze zu den Niederlanden wurden direkt an der Grenzstation Elten oder in Zügen, die aus den Niederlanden kamen und in Emmerich am Rhein gehalten haben, des öfteren durch den Bundesgrenzschutz oder die Bundespolizei Kinder oder Jugendliche, die ohne einen Erwachsenen unterwegs waren in Gewahrsam genommen.

In beiden Fällen wird das Jugendamt, ggfls. auch im Bereitschaftsdienst informiert und gebeten die UMF unterzubringen. Die Betroffenen haben in der Regel keine Ausweispapiere bei sich oder Papiere, deren Angaben sehr fraglich sind. In begründeten Einzelfällen lässt man ein Handwurzelröntgen durchführen, um das Alter der Kinder zu bestimmen.

Das Jugendamt ist dabei abhängig von der Aufgriffspraxis der beiden Stellen. Kontrollen werden in unterschiedlichen Abständen durchgeführt.

 

In den Jahren vor 2009 kam es nur zu einzelnen Unterbringungen, bevor sich ab dem Jahr 2009 die Unterbringungen gehäuft haben. Im Jahr 2009 wurden 5 UMF, im Jahr 2010 ebenfalls 5 und in den Jahren 2011 und 2012 jeweils 1 UMF untergebracht.

 

Das Verfahren sieht dabei wie folgt aus: BGS oder Bundespolizei greifen einen UMF auf und informieren das Jugendamt. Die Personalien etc. werden aufgenommen und ein Mitarbeiter/ Mitarbeiterin des Jugendamtes bringt den UMF in einer stationären Einrichtung der Jugendhilfe unter. Die Kinder/ Jugendlichen haben eine Odyssee hinter sich und sind oftmals monatelang unterwegs gewesen. Die Familien haben in der Regel einen hohen Geldbetrag an Schleuserbanden gezahlt, die die Kinder Richtung Norwegen/ Schweden schleusen wollen. Die von uns untergebrachten UMF sind alle afghanischer Herkunft. Sie sprechen kein Deutsch, manchmal gebrochen Englisch. Der BGS oder die Bundespolizei setzt einen Dolmetscher ein, um die Vernehmung durchzuführen.

 

Das Jugendamt Emmerich am Rhein hat die UMF vorrangig in zwei Einrichtungen in Wuppertal untergebracht. Die Kinder/ Jugendlichen sind traumatisiert und haben andere Bedürfnisse als deutsche Kinder. Einerseits bedürfen sie einer besonderen Betreuung, andererseits sind sie früher selbständig als deutsche Kinder und können somit auch eher in eine eigene Wohnung wechseln und weiter ambulant betreut werden. Sie lernen schnell die deutsche Sprache und kommen gut in der Schule zurecht.

 

Die Kinder/ Jugendlichen sind unbegleitet nach Deutschland eingereist, d.h. ohne einen Elternteil oder Vormund. Die Zuständigkeit für die Unterbringung richtet sich nach dem Ort, wo der Grenzübertritt festgestellt wurde (Aufgriffsort). Das SGB VIII sieht eine Kostenerstattung für die geleistete Hilfe durch einen überörtlichen Träger gem. § 89 d SGB VIII vor.

Das örtliche Jugendamt muss unverzüglich beim zuständigen Amtsgericht die Einrichtung einer Vormundschaft anregen. Für die UMF, die in Wuppertal untergebracht sind, machen das verschiedene Stellen: das Jugendamt Wuppertal, der Sozialdienst Katholischer Frauen oder auch Privatleute als ehrenamtlicher Vormund. Der Vormund stellt dann einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung, der gem. §§ 27, 34 SGB VIII in Form der Heimpflege bewilligt wird. Die Begleitung durch den Vormund und die Betreuung in der Einrichtung laufen meistens problemlos. Der Verwaltungsaufwand, den die Wirtschaftliche Jugendhilfe mit der Kostenerstattung beim überörtlichen Träger hat, ist allerdings enorm.

 

Hier ist das Verfahren wie folgt: Das Jugendamt Emmerich stellt beim Bundesverwaltungsamt einen Antrag auf Zuteilung zu einem überörtlichen Träger. Das hat den Hintergrund, dass es für die Kostenerstattung bundesweit einen Verteilungsschlüssel gibt, damit die Kosten gerecht verteilt werden. Nachdem die Zuweisungsentscheidung vorliegt, schreibt die Wirtschaftliche Jugendhilfe den überörtlichen Träger, der bestimmt wurde, an und bittet um Kostenerstattung gem. § 89 d SGB VIII. Danach folgt üblicherweise ein Schriftverkehr, bei dem der überörtliche Träger eine ganze Reihe von Fragen stellt und Unterlagen anfordert (Nachweis der Einreise, Antrag beim Amtsgericht, Bestellung zum Vormund, Antrag auf Hilfe zur Erziehung, Kostensätze der Einrichtung, etc.). Sobald der Sachverhalt geklärt ist, wird die Kostenerstattung bewilligt und die Kosten werden halbjährlich/ jährlich abgerechnet. Die Kosten für eine Heimunterbringung belaufen sich auf ca. 50.000,- € jährlich.

 

Aufgrund der frühen Selbstständigkeit der UMF können diese bereits mit 17 Jahren in eine eigene Wohnung ziehen. Der Lebensunterhalt und die Wohnkosten werden weiterhin von der Jugendhilfe sichergestellt und es erfolgt eine Begleitung durch Fachleistungsstunden über einen ambulanten Träger bis zum Erreichen der eigenständigen Lebensführung (monatliche Kosten ca. 1.400,- €). Auch diese Kosten werden erstattet. Bei vier UMF konnte die Hilfe bereits beendet werden.

 

In diesem Jahr wurden zwei weitere UMF von der Bundespolizei aufgegriffen und im Kinderheim Anna-Stift in Goch untergebracht.  Der Träger plant eine eigene Gruppe für UMF, die zentral in Kleve liegt und den besonderen Anforderungen an diesen Personenkreis gerecht werden soll (therapeutischer Bedarf, Ämtergänge). Die Gruppe wird voraussichtlich im April 2015 eröffnet.

 

Mit minderjährigen Flüchtlingen, die mit ihren Eltern nach Deutschland einreisen, hat die Jugendhilfe bisher wenige Berührungspunkte gehabt.

 

 

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen, da die Mittel bereits eingeplant sind.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 4.1.

 

 

 

Johannes Diks

Der Bürgermeister