Kenntnisnahme(kein
Beschluss)
Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Ausführungen zur Kenntnis.
Sachdarstellung :
Die Jugendhilfe hat immer schon Berührungspunkte mit unbegleiteten
minderjährigen Flüchtlingen (kurz: UMF) gehabt. Aufgrund der Lage von Emmerich
am Rhein an der Grenze zu den Niederlanden wurden direkt an der Grenzstation
Elten oder in Zügen, die aus den Niederlanden kamen und in Emmerich am Rhein
gehalten haben, des öfteren durch den Bundesgrenzschutz oder die Bundespolizei
Kinder oder Jugendliche, die ohne einen Erwachsenen unterwegs waren in
Gewahrsam genommen.
In beiden Fällen wird das Jugendamt, ggfls. auch im Bereitschaftsdienst
informiert und gebeten die UMF unterzubringen. Die Betroffenen haben in der
Regel keine Ausweispapiere bei sich oder Papiere, deren Angaben sehr fraglich
sind. In begründeten Einzelfällen lässt man ein Handwurzelröntgen durchführen,
um das Alter der Kinder zu bestimmen.
Das Jugendamt ist dabei abhängig von der Aufgriffspraxis der beiden
Stellen. Kontrollen werden in unterschiedlichen Abständen durchgeführt.
In den Jahren vor 2009 kam es nur zu einzelnen Unterbringungen, bevor
sich ab dem Jahr 2009 die Unterbringungen gehäuft haben. Im Jahr 2009 wurden 5
UMF, im Jahr 2010 ebenfalls 5 und in den Jahren 2011 und 2012 jeweils 1 UMF
untergebracht.
Das Verfahren sieht dabei wie folgt aus: BGS oder Bundespolizei greifen
einen UMF auf und informieren das Jugendamt. Die Personalien etc. werden
aufgenommen und ein Mitarbeiter/ Mitarbeiterin des Jugendamtes bringt den UMF
in einer stationären Einrichtung der Jugendhilfe unter. Die Kinder/
Jugendlichen haben eine Odyssee hinter sich und sind oftmals monatelang
unterwegs gewesen. Die Familien haben in der Regel einen hohen Geldbetrag an
Schleuserbanden gezahlt, die die Kinder Richtung Norwegen/ Schweden schleusen
wollen. Die von uns untergebrachten UMF sind alle afghanischer Herkunft. Sie
sprechen kein Deutsch, manchmal gebrochen Englisch. Der BGS oder die
Bundespolizei setzt einen Dolmetscher ein, um die Vernehmung durchzuführen.
Das Jugendamt Emmerich am Rhein hat die UMF vorrangig in zwei
Einrichtungen in Wuppertal untergebracht. Die Kinder/ Jugendlichen sind
traumatisiert und haben andere Bedürfnisse als deutsche Kinder. Einerseits
bedürfen sie einer besonderen Betreuung, andererseits sind sie früher
selbständig als deutsche Kinder und können somit auch eher in eine eigene
Wohnung wechseln und weiter ambulant betreut werden. Sie lernen schnell die
deutsche Sprache und kommen gut in der Schule zurecht.
Die Kinder/ Jugendlichen sind unbegleitet nach Deutschland eingereist,
d.h. ohne einen Elternteil oder Vormund. Die Zuständigkeit für die
Unterbringung richtet sich nach dem Ort, wo der Grenzübertritt festgestellt
wurde (Aufgriffsort). Das SGB VIII sieht eine Kostenerstattung für die
geleistete Hilfe durch einen überörtlichen Träger gem. § 89 d SGB VIII vor.
Das örtliche Jugendamt muss unverzüglich beim zuständigen Amtsgericht
die Einrichtung einer Vormundschaft anregen. Für die UMF, die in Wuppertal
untergebracht sind, machen das verschiedene Stellen: das Jugendamt Wuppertal,
der Sozialdienst Katholischer Frauen oder auch Privatleute als ehrenamtlicher
Vormund. Der Vormund stellt dann einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung, der gem.
§§ 27, 34 SGB VIII in Form der Heimpflege bewilligt wird. Die Begleitung durch
den Vormund und die Betreuung in der Einrichtung laufen meistens problemlos.
Der Verwaltungsaufwand, den die Wirtschaftliche Jugendhilfe mit der
Kostenerstattung beim überörtlichen Träger hat, ist allerdings enorm.
Hier ist das Verfahren wie folgt: Das Jugendamt Emmerich stellt beim
Bundesverwaltungsamt einen Antrag auf Zuteilung zu einem überörtlichen Träger.
Das hat den Hintergrund, dass es für die Kostenerstattung bundesweit einen
Verteilungsschlüssel gibt, damit die Kosten gerecht verteilt werden. Nachdem
die Zuweisungsentscheidung vorliegt, schreibt die Wirtschaftliche Jugendhilfe
den überörtlichen Träger, der bestimmt wurde, an und bittet um Kostenerstattung
gem. § 89 d SGB VIII. Danach folgt üblicherweise ein Schriftverkehr, bei dem
der überörtliche Träger eine ganze Reihe von Fragen stellt und Unterlagen
anfordert (Nachweis der Einreise, Antrag beim Amtsgericht, Bestellung zum
Vormund, Antrag auf Hilfe zur Erziehung, Kostensätze der Einrichtung, etc.).
Sobald der Sachverhalt geklärt ist, wird die Kostenerstattung bewilligt und die
Kosten werden halbjährlich/ jährlich abgerechnet. Die Kosten für eine
Heimunterbringung belaufen sich auf ca. 50.000,- € jährlich.
Aufgrund der frühen Selbstständigkeit der UMF können diese bereits mit
17 Jahren in eine eigene Wohnung ziehen. Der Lebensunterhalt und die Wohnkosten
werden weiterhin von der Jugendhilfe sichergestellt und es erfolgt eine
Begleitung durch Fachleistungsstunden über einen ambulanten Träger bis zum
Erreichen der eigenständigen Lebensführung (monatliche Kosten ca. 1.400,- €).
Auch diese Kosten werden erstattet. Bei vier UMF konnte die Hilfe bereits
beendet werden.
In diesem Jahr wurden zwei weitere UMF von der Bundespolizei
aufgegriffen und im Kinderheim Anna-Stift in Goch untergebracht. Der Träger plant eine eigene Gruppe für UMF,
die zentral in Kleve liegt und den besonderen Anforderungen an diesen
Personenkreis gerecht werden soll (therapeutischer Bedarf, Ämtergänge). Die
Gruppe wird voraussichtlich im April 2015 eröffnet.
Mit minderjährigen Flüchtlingen, die mit ihren Eltern nach Deutschland
einreisen, hat die Jugendhilfe bisher wenige Berührungspunkte gehabt.
Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat keine
finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen, da die Mittel bereits
eingeplant sind.
Leitbild :
Die Maßnahme steht im
Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 4.1.
Johannes Diks
Der Bürgermeister