Betreff
Richtlinien über die finanzielle Ausgestaltung für die Kindertagespflege der Stadt Emmerich am Rhein
Vorlage
04 - 16 0380/2015
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

Der Rat beschließt die Richtlinien über die finanzielle Ausgestaltung für die Kindertagespflege der Stadt Emmerich am Rhein mit Wirkung zum 01.08.2015.

 

Sachdarstellung :

 

I. Grundlagen:

Die Kindertagespflegeperson erhält gem. § 23 Sozialgesetzbuch (SGB) Achtes Buch (VIII) Kinder- und Jugendhilfe- (SGB VIII) eine laufende Geldleistung, die folgende Leistungen umfasst:

1.    die Erstattung angemessener Kosten, die der Tagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen,

2.    einen Betrag zur Anerkennung ihrer Förderleistung nach Maßgabe von Absatz 2a des § 23 SGB VIII

3.    die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Tagespflegeperson und

4.    die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Krankenversicherung und Pflegeversicherung

Die Höhe der laufenden Geldleistung wird von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe festgelegt, soweit Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt. Der Betrag zur Anerkennung der Förderleistung der Tagespflegeperson ist leistungsgerecht auszugestalten. Dabei sind der zeitliche Umfang der Leistung und die Anzahl sowie der Förderbedarf der betreuten Kinder zu berücksichtigen.

Die letzte Gesetzesänderung hatte insbesondere mit der Einführung der leistungsgerechten Ausgestaltung nach §23 Abs. 2a SGB VIII zum Ziel, dass die Tätigkeit mittelfristig „ab einem gewissen Umfang der Ausübung“ ein auskömmliches Einkommen der Tagespflegepersonen ermöglicht.

Bei der Angemessenheit der laufenden Geldleistung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff und es besteht bei der Festsetzung zudem ein Beurteilungsspielraum, der durch Rechtsprechung und Literatur inzwischen bewertet ist. Dies wurde in den Richtlinien eingearbeitet.

Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII  verpflichtet, eine bedarfsgerechte Anzahl von Betreuungsplätzen für Kinder in Kindertagespflege vorzuhalten und muss gegenüber Kindern ab Vollendung des ersten bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres entsprechende Rechtsansprüche erfüllen. Darüber hinaus soll der Jugendhilfeträger gemäß § 24 Abs. 3 und 4 SGB VIII Betreuungsangebote für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres bei besonderem Bedarf oder als ergänzendes Angebot vorhalten.

Die Kindertagespflege stellt ein gleichrangiges Angebot im Vergleich zu den Kindertageseinrichtungen dar (§ 24 SGB VIII). Eltern haben das Recht, zwischen den im Rahmen der örtlichen Jugendhilfeplanungen zur Verfügung stehenden Tagesbetreuungsangeboten gemäß § 3a Kinderbildungsgesetz (KiBiz) zu wählen.

Seit dem 1. August 2014 ist landesgesetzlich in § 23 Abs. 1 Satz 3 KiBiz festgeschrieben, dass Eltern an den Kosten der Kindertagespflege ausschließlich über die Elternbeiträge zu beteiligen sind und keine privaten Zuzahlungen an die Tagespflegeperson erfolgen dürfen. Private Elternbeiträge an die Tagespflegeperson sind nur für Zeiten zulässig, in denen die Betreuung nicht im Rahmen von öffentlich finanzierter Kindertagespflege, sondern privat erfolgt.

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die gesamten Kosten der Kindertagespflege vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werden. Der Rechtsanspruch ist nur dann vollumfänglich erfüllt, wenn die Leistungsberechtigten ausschließlich nach § 90 SGB VIII zu den Kosten der Leistung herangezogen werden. Denn bei der Schaffung einer bedarfsgerechten Betreuung, einschließlich leistungsgerechter Vergütungen, sind private Zuzahlungen der Eltern grundsätzlich nicht vorgesehen. Werden zusätzlich zu den Kostenbeiträgen private Zuzahlungen verlangt, steht nicht allen Eltern der Zugang zur Kindertagespflege offen, das Wunsch- und Wahlrecht wird deutlich eingeschränkt.

Die Tagespflegeperson trägt bisher das Risiko, wenn ein Kind, z.B. wegen Krankheit, die Betreuung nicht in Anspruch nimmt und die Leistungen entsprechend gekürzt werden – das „Auslastungsrisiko“ wird somit vollständig auf die Tagespflegeperson verlagert. Feste Rahmenbedingungen bezüglich der Handhabung dieser Fehlzeiten würde  den Tagespflegepersonen Sicherheit bei ihrer Tätigkeit bieten und damit die Kindertagespflege als gleichrangiges Angebot zu den Kindertageseinrichtungen aufwerten. Gemäß § 13e Abs. 2 KiBiz liegt die Anzahl der Schließungstage in Kindertageseinrichtungen zwischen 20 und 30 Werktage.

Hier sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe gefragt, entsprechende Rahmen-bedingungen zu schaffen, zu denen natürlich auch und gerade die Abbildung von Ausfallzeiten in der Vergütungssystematik gehört und somit die Tagespflege als Beschäftigungsfeld attraktiv wird. Dabei ist die Kindertagespflege eine alternative Betreuungsform, die vor allem für die Kinder im U3-Bereich als besonders geeignet scheint, da sie in familienähnlichen Strukturen und in überschaubaren Gruppen stattfindet.

Die laufende Geldleistung an die Tagespflegeperson differenziert sich in Sachaufwand und dem Betrag zur Anerkennung der Förderleistung. Die Kosten für den Sachaufwand (Betriebskosten), die vom Jugendamt Emmerich anerkannt werden, belaufen sich derzeit auf 1,90 €. Davon zu bestreiten sind Ausgaben für die Verpflegung, Verbrauchskosten (z.B. Wasser, Strom, Heizung, Müllgebühren etc.), Ausgaben für Ausstattungsgegenstände (z.B. Kinderbett, Wickeltisch, Kinderwagen, Bollerwagen etc.), altersgemäßes Spiel- und Bastelmaterial und Freizeitaktivitäten. Der Betrag zur Anerkennung der Förderleistung stellt die eigentliche Vergütung der Tagespflegeperson dar, der sich, bei einer Gesamtvergütung von 4,50 €, unter Abzug der angenommenen Sachkosten/Betriebskosten, auf 2,60 € beläuft und zu versteuern ist.

Die Betreuung in Kindertagespflege ist in der Jugendhilfeplanung der Stadt Emmerich am Rhein ein wichtiger Faktor zur Sicherstellung des Rechtsanspruches und erfährt hier gute Akzeptanz. Viele Eltern wünschen diese Betreuungsform aufgrund der familienähnlichen Strukturen und der kleineren Gruppengrößen oder zur Abdeckung von ergänzender Betreuung.

Die neuen Richtlinien kommen somit auch den Familien in Emmerich am Rhein zu Gute, die eine flexible Betreuung benötigen. Eine gute Infrastruktur für frühkindliche Bildung und Betreuung ist für Familien Grundlage für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

In der Sitzung des Jugendhilfeausschusses vom 04.12.2015 wurde bereits eine Erhöhung der Vergütungssätze ab dem 01.01.2015 vorgenommen. Gleichzeitig wurde angekündigt, dass eine detaillierte Ausarbeitung der Förderrichtlinien über die finanzielle Ausgestaltung für die Kindertagespflege in einer der nächsten Sitzungen vorgestellt wird. Darin sollen auch Regelungen zu Fehl- und Ausfallzeiten enthalten sein.

Die Stadt Emmerich am Rhein kann somit die finanzielle Ausgestaltung der Kindertagespflege durch die nunmehr erstellten Richtlinien über die finanzielle Ausgestaltung für die Kindertagespflege, lt. Anlage, vornehmen.

Insbesondere werden durch die Richtlinien folgende Bereiche geregelt:

·         Erhöhung der Stundensätze ab 01.01.2015 entsprechend dem                                    Beschluss des Jugendhilfeausschusses vom 04.12.2014

·         Vergütung als Pauschalzahlung inklusive Ausfallzeiten Tagespflegeperson und Fehlzeiten des Kindes, neu ab dem Kindergartenjahr 2015/2016

·         Vertretungsregelung

·         Erweiterung der Sonderzeitenregelung für die ergänzende Betreuung sowie am Wochenende

·         Erstattung weiterer Aufwendungen

Pauschalauszahlungen, die Fehl- und Ausfallzeiten der Tagesmutter und des Tageskindes mit abdecken, erfolgen mittlerweile in allen umliegenden Städten und Kreisen. Weitere Anpassungen sind im Rahmen der KiBiz-Revision bereits erfolgt bzw. werden derzeit überarbeitet.

Eine pädagogisch gute Qualität der Betreuung in Kindertagespflege ist grundsätzlich sicherzustellen. Um dies zu gewährleisten ist eine regelmäßige Reflexion und Fortentwicklung der vorhandenen Strukturen erforderlich. Als weiteres Ziel beabsichtigt das Jugendamt Emmerich der Stadt Emmerich, Richtlinien über Qualitätsstandards in der Kindertagespflege zu erarbeiten. Eine  Anpassung an die gesetzlichen Grundlagen des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) soll, insbesondere unter Berücksichtigung von § 13 KiBiz, erfolgen.

 

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Im Haushaltsansatz für 2015 bei Produkt 1.100.06.01.01/ 53310000 bereits in Mehrbedarf in Höhe von 90.000 € eingerechnet (Bezug JHA Sitzung 04.12.2014 und 08.01.2015).

Unter Berücksichtigung der derzeitigen Fallzahlen wird davon ausgegangen, dass die Haushaltsmittel für das Jahr 2015 ausreichend sind.

Für das Jahr 2016 wird für den Bereich der Tagespflegeleistungen derzeit ein Mittelbedarf in Höhe von 503.000 € angenommen. 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 4.3

 

 

 

 

Johannes Diks

Bürgermeister