Betreff
Bebauungsplanverfahren E 18/12 - Südliches Fünfeck -,
hier: 1) Aufstellungsbeschluss
2) Beschluss zur frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB
Vorlage
05 - 16 0417/2015
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

Zu 1)

Der Ausschuss für Stadtentwicklung beschließt gemäß § 2 Abs. 1 BauGB für den Bereich zwischen Alter Markt, Neumarkt, Kirchstraße, Christoffelstraße und Fischerort einen neuen Bebauungsplan aufzustellen. Das Bebauungsplanverfahren erhält die Bezeichnung E 18/12 -Südliches Fünfeck- und wird unter Anwendung der Bestimmungen des § 13a Baugesetzbuch als Bebauungsplan der Innenentwicklung aufgestellt.

Die Verfahrensgebietsgrenze ist in der Planunterlage mit einer gestrichelten Linie gekennzeichnet.

 

Zu 2)

Der Ausschuss für Stadtentwicklung beauftragt die Verwaltung, eine Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 BauGB zur Vorstellung der Planungsabsichten in der Form der einfachen Bürgerbeteiligung nach Punkt 3.1 der städtischen Richtlinien zur Bürgerbeteiligung durchzuführen sowie eine Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 1 BauGB zu veranlassen.

 

Sachdarstellung :

 

Zu 1)

 

a)         Materieller Mangel des bestehenden Bebauungsplanes E 18/1

Im Jahre 1971 wurde der Bebauungsplan E 18/1 -Altstadtsanierung Kirchstraße- für den Bereich zwischen Alter Markt, Tempelstraße, Neuer Steinweg, Tillmannsteege, Kaßstraße, Christoffelstraße und Fischerort aufgestellt. Teilbereiche des Ursprungsplanes wurden zwischenzeitlich durch die Aufstellung neuer Bebauungspläne überplant und ersetzt. Der noch gültige Planbereich bezieht sich auf zwei räumlich voneinander getrennte Teilflächen. Eine dieser Flächen betrifft den als „Südliches Fünfeck“ benannten Baublock zwischen Alter Markt, Neumarkt, Kirchstraße, Christoffelstraße und Fischerort.

 

Der seinerzeitige Planungsanlass zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. E 18/1 ergab sich aus der Notwendigkeit der Steuerung der baulichen Entwicklung des Kernstadtbereiches nach der Aufgabe letzter gewerblicher Produktionsstätten im Bereich des heutigen Neumarktes. Planungsziele waren die Erweiterung des zentralen Versorgungsbereiches auf dem Neumarkt durch Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandels und die Lückenschließung der Randbebauung um den Platzbereich.

 

Der gültige Bebauungsplan E 18/1 setzt als Art der baulichen Nutzung auf der Grundlage der FNP-Darstellung einer „Gemischten Baufläche“ sowie unter Berücksichtigung historisch gewachsener verdichteter Innenstadtbebauungsstrukturen für seine Baugebietsbereiche Kerngebiete (MK) fest. Sowohl die seinerzeit vorhandenen Gebäude am Alten Markt und an der Christoffelstraße als auch die auf der Grundlage des Bebauungsplanes errichten Neugebäude am Neumarkt sowie am Fischerort haben mit einer gewerblichen Nutzung im EG und ausschließlich allgemeiner Wohnnutzung in den übrigen 3 bis 5 Obergeschossen eine von einem Kerngebiet abweichende Nutzungsstruktur entstehen lassen. Darüber hinaus sind umfängliche Abweichungen vom Bebauungsplan durch Überschreitung der festgesetzten Geschossigkeiten und der Bauflächen durch die neu entstandenen Gebäude zu verzeichnen. Eine Aussicht auf Einzug kerngebietstypischer Nutzungen in diesen Bereich ist einerseits wegen der vorhandenen Baustruktur, anderseits wegen der Schutzansprüche der überwiegend vorhandenen kerngebietsfremden allgemeinen Wohnnutzungen nicht absehbar.

 

Die genannten Umstände stellen einen materiellen Mangel dar, der zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes führt. Das OVG NW hat zuletzt noch in einem Urteil vom 26.06.2014 (7 D 68/12.NE) zu einem Bebauungsplan mit praktisch identischen Festsetzungen festgestellt, dass Gebiete, in denen allgemein und nahezu überall gewohnt werden kann, keine Kerngebiete (MK) im Sinne von § 7 BauNVO mehr sind. Nach dieser Auffassung gibt es bei der vorhandenen Nutzungsstruktur des gesamten Innenstadtbereiches, die auch in den Hauptgeschäftsstraßen sowie an der Rheinpromenade überwiegende Wohnflächenanteile in den Gebäuden aufweist, in Emmerich im Prinzip kein den Bestimmungen der BauNVO entsprechendes Kerngebiet.

 

Da der Verwaltung keine Verwerfungskompetenz für eine Bebauungsplansatzung zusteht, ist die Bauaufsichtsbehörde im Prinzip dazu verpflichtet, auch einen als unwirksam erkannten Bebauungsplan im Rahmen der planungsrechtlichen Zulässigkeitsprüfung ihrer Genehmigungsvorgänge anzuwenden. Hieraus ergibt sich ein Spannungsfeld bis hin zum amtspflichtwidrigen Handeln. In dieser Situation ist vor dem Hintergrund eines vorliegenden Antrages zur Nutzungsänderung eines Ladenlokals am Neumarkt in eine Vergnügungsstätte (Wettbüro) eine Bereinigung der planungsrechtlichen Grundlagen herbeizuführen.

 

 

b)         Handlungsmöglichkeiten der Gemeinde

Da die Gemeinde nicht befugt ist, die Nichtigkeit eines Bebauungsplanes in einem Beschluss festzustellen, der mit Allgemeinverbindlichkeit die Nichtanwendung des Bebauungsplanes bestimmt, muss entweder ein formelles Aufhebungsverfahren für die Satzung des mit nicht behebbaren Mängeln behafteten Bebauungsplanes nach BauGB durchgeführt werden oder es muss ein neuer qualifizierter Bebauungsplan aufgestellt werden, um den bisherigen Bebauungsplan zu überplanen.

 

Im vorliegenden Fall des Bebauungsplanes Nr. E 18/1 würde die alleinige Aufhebung des Bebauungsplanes darauf hinauslaufen, dass die zukünftige Entwicklung auf der Grundlage des § 34 BauGB als ausreichend erachtet wird. Da aber nicht zuletzt die Überhöhung der Bebauung im Eckbereich Alter Markt / Fischerort für den Fall einer Beurteilung nach § 34 BauGB die Eigenart der näheren Umgebung mitbestimmen würde, jedoch nicht allgemein auf das übrige Plangebiet übertragbar sein soll, besteht mindestens für den südlichen Planbereich des so genannten „südlichen Fünfeckes“ zwischen Neumarkt und Fischerort ein weitergehender städtebaulicher Steuerungsbedarf. Von daher soll die Neuaufstellung eines qualifizierten Bebauungsplanes zustande kommen, mit dem der südliche Teilbereich des bisherigen Bebauungsplans E 18/1 überplant wird und bei dessen Inkraftsetzung das bisherige Planungsrecht ohne förmliche Aufhebung des Altplanes ersetzt wird. Dies auch vor dem Hintergrund einer Sicherung der weiteren Planungsabsichten für den Neumarkt.

 

Für den dann noch gültigen nördlichen Teil des Altbebauungsplanes zeichnen sich aktuell keine neuen Entwicklungstendenzen ab. Im Nachgang zum Erlass des in Aufstellung befindlichen Steuerungskonzeptes für Vergnügungsstätten wird es zu einer Anpassung der Bauleitplanung mit einem evtl. Ausschluss von Vergnügungsstätten auch in diesem Restplanbereich kommen.

 

 

c)         Planungserfordernis und Planungsziel

Da die bisherige Kerngebietsfestsetzung die vorhandene Nutzungsstruktur im Plangebiet E 18/1 mit ihrer umfangreichen Wohnnutzung nicht zutreffend abbildet und eine flächendeckende Nutzungsänderung in kerngebietstypische Nutzungen nicht absehbar ist, ergibt sich ein Planungserfordernis. Das Planungsziel bei der Aufstellung des neuen Bebauungsplanes E 18/12 besteht darin, das in der Innenstadtgeschäftslage liegende Plangebiet entsprechend der vorhandenen Nutzungsstruktur im Bestand zu überplanen und dabei sowohl die vorhandene Wohnnutzung als auch die überwiegend nur in den Erdgeschossebenen anzutreffenden gewerblichen Nutzungen abzusichern.

 

 

d)         Verfahrensgebietsfestsetzung

Das südliche Plangebiet des gültigen Bebauungsplanes E 18/1 umfasst die einen fünfeckigen Baublock mit innerer Freifläche bildenden Wohn- und Geschäftshäuser zwischen Alter Markt, Neumarkt, Kirchstraße, Christoffelstraße und Fischerort. Darüber hinaus liegen noch Teile der genannten angrenzenden Straßen sowie das Grundstück Rheinpromenade 18 / Fischerort 9 im Geltungsbereich des Planes.

 

Das Verfahrensgebiet des neuen Bebauungsplanes E 18/12 übernimmt die Gebietsabgrenzung des südlichen Geltungsbereiches des Bebauungsplanes E 18/1 mit Ausnahme des Grundstückes Rheinpromenade 18 / Fischerort 9, welches in den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan E 18/8, Rheinpromenade /Fischerort- einbezogen ist.

 

 

e)         Vorgesehene Planfestsetzungen

Zur Abbildung der bestehenden Nutzungssituation einer Mischung von Gewerbe und Wohnen sollen die Baubereiche im Plangebiet als Mischgebiete (MI) im Sinne des § 6 BauNVO festgesetzt werden. Zwar ergibt das Mischungsverhältnis zwischen den einzelnen Nutzungen einen eindeutigen Überhang der Wohnnutzung, im Vergleich zu dem Gebietscharakter im Planbereich E 18/9 -neu -Rheinpromenade/Steinstraße- geht die planerische Zielsetzung aber nicht in Richtung des dort vorgesehenen Gebietes zur Erhaltung und Entwicklung der Wohnnutzung im Sinne des § 4a BauNVO. Vielmehr sollen die Entwicklungsziele für den Neumarkt als ein Schwerpunkt des zentralen Versorgungsbereiches gestützt werden. 

 

Die bestehende Bebauung im Verfahrensbereich weist etliche Abweichungen von den im geltenden Bebauungsplan E 18/1 getroffenen Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung und zur Gliederung in Baugebietsbereiche unterschiedlicher Geschossigkeiten auf. Hier sollen im neuen Bebauungsplan Festsetzungen nach dem Bestand getroffen werden. Dabei werden infolge der historisch gewachsenen innerstädtischen Bebauungsstruktur einer durchgängig geschlossenen verdichteten Bebauung mit bis zu vollständiger Grundstücksüberbauung die in § 17 Abs. 1 BauNVO festgesetzten Obergrenzen des Maßes der baulichen Nutzung für Mischgebiete überschritten. Da der § 17 Abs. 2 BauNVO jedoch bei Vorliegen entsprechender städtebaulicher Gründe eine Überschreitung der Obergrenzen des Abs. 1 erlaubt und solche Gründe mit der vorhandenen verdichteten Bebauung anzuerkennen sind, soll von dieser Bestimmung Gebrauch gemacht werden. Darüber hinaus wird durch die im Planinnenbereich gelegene städtische Freifläche ein gewisser Ausgleich zu der hochgradigen Bebauungsverdichtung der bebauten Grundstücke im Planbereich geschaffen und gleichzeitig sichergestellt, dass die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben.

 

Auch die nach Landesbauordnung in Wohngebieten erforderlichen Gebäudeabstandflächen werden bei den beengten Grundstücksverhältnissen bereits im Bestand größtenteils nicht eingehalten. Hier ergibt sich aus der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Nr. 2a BauGB die Möglichkeit der Festsetzung vom Bauordnungsrecht abweichender Maße der Tiefe der Abstandflächen. Ferner überlagern sich insbesondere im Innenbereich die bauordnungsrechtlich erforderlichen Gebäudeabstandflächen. Bei einer planungsrechtlichen Anpassung an den Bestand muss hierauf mit der Festsetzung von Baulinien reagiert werden. Auch die übrigen Festsetzungen von Baugrenzen und Baulinien zu den überbaubaren Flächen sollen sich auf den Bestand beziehen und die vorhandenen horizontalen und vertikalen Gebäudegliederungen abbilden.

 

Um den bisherigen Charakter des Planbereiches als Innenstadtgeschäftslage zu wahren, soll ein Ausschluss allgemeiner Wohnnutzung im Erdgeschoss festgeschrieben werden. Auch wenn sich die bestehenden Ladenlokale aufgrund ihrer Zuschnitte und der geringen Größe zukünftig weniger für großflächige Einzelhandelsnutzungen anbieten sollten, können sich dort Dienstleister ansiedeln, wie es im Rahmen von Nutzungsänderungen in jüngerer Vergangenheit im Innenstadtbereich bereits eingetreten ist.

 

Vor dem Hintergrund vermehrt anzutreffender Leerstände von Ladenlokalen in Teilen des zentralen Innenstadtbereiches soll etwaigen weiteren Attraktivitätsverlusten entgegen gewirkt werden, indem Vergnügungsstätten, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfanges nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind, auch in Mischgebieten zulässig sein können, ausgeschlossen werden. Die im Plangebiet ansässige Spielhalle genießt Bestandsschutz und soll planungsrechtlich im Rahmen ihres Bestandes, d.h. ohne Erweiterungsmöglichkeit als Ausnahme zugelassen werden.

 

Gleichermaßen soll im gesamten Planbereich für die im Mischgebiet allgemein zulässigen Gewerbebetriebe, soweit es sich um Bordelle und bordellähnliche Betriebe handelt, ein Ausschluss festgesetzt werden. Auch hiermit soll ein Attraktivitätsverlust für die exponierte Lage an der Verbindungsachse Alter Markt/Steinstraße zu Neumarkt und Kaßstraße, der mit solchen Betrieben einhergehen kann, vermieden werden.

 

Für die Steuerung von Vergnügungsstätten und Bordellbetrieben ist derzeit ein gesamtstädtisches Steuerungskonzept in Aufstellung, in welchem für solche Betriebe und Einrichtungen positive Flächenzuweisungen vorgenommen werden, mit denen ein Ausschluss an anderer Stelle begründet werden kann. Dieses Konzept wird die konkrete Begründung der geplanten vorgenannten Nutzungseinschränkungen liefern.

 

 

f)          Bebauungsplan der Innenentwicklung

Das Plangebiet betrifft einen innerstädtischen bebauten Bereich. Die Planung dient im Wesentlichen der Steuerung von Nachnutzungen durch Neubauten oder Umnutzungen, die als Maßnahmen der Innenentwicklung zu betrachten sind. Das Verfahrengebiet umfasst insgesamt ca. 6.200 qm. Die Schwellengröße für die Zulässigkeit der Aufstellung eines Bebauungsplanes der Innenentwicklung nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 BauGB von 20.000 qm Grundfläche im Sinne des § 19 Abs. 2 BauNVO wird von daher wesentlich unterschritten. Da der Bebauungsplan zudem keine Zulässigkeit von Vorhaben begründen soll, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach UVPG unterliegen, und auch keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe b BauGB aufgeführten Schützgüter bestehen, liegen die Voraussetzungen für die Durchführung eines Bebauungsplanes nach den Bestimmungen des beschleunigten Verfahrens nach § 13 a Abs. 2 BauGB vor.

 

Die geplante Festsetzung von Mischgebieten nach § 6 BauNVO entwickelt sich aus der aktuellen Darstellung im Flächennutzungsplan als „Gemischte Baufläche“ (M).

 

 

Zu 2)

 

Zur Unterrichtung der Öffentlichkeit über die allgemeinen Ziele und Zwecke sowie die wesentlichen Auswirkungen der Planung soll eine frühzeitige Unterrichtung und Erörterung im Sinne des § 3 Abs. 1 BauGB stattfinden. Da sich die Planungsabsichten an den Bestand anlehnen sollen, sind die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung auf das Plangebiet nicht als erheblich einzuschätzen. Darüber hinaus schränken die vorhandenen Nutzungsstrukturen mit ihren Schutzansprüchen die Möglichkeiten einer Umwandlung in ein tatsächliches Kerngebiet in einem so starken Maße ein, dass die Ansiedlung kerngebietstypischer Betriebe und Einrichtungen hier im Prinzip nicht möglich ist. Daher soll die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung als „einfache Bürgerbeteiligung“ nach Pkt. 3.1 der städtischen Richtlinien zur Bürgerbeteiligung in Bauleitplanverfahren als öffentliche Auslegung des Planungsvorentwurfes zur Darlegung der Planungsabsichten durchführt werden. Gleichzeitig erfolgt eine schriftliche Benachrichtigung aller Eigentümer der Grundstücke im Plangebiet sowie in der unmittelbaren Nachbarschaft über die Planungsabsichten und die Offenlage.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 1.1.

 

 

In Vertretung

 

 

 

Dr. Wachs

Erster Beigeordneter