Beschlussvorschlag
Der Rechnungsprüfungssausschuss beschließt, dem Antrag der BGE-Fraktion
derzeitig nicht zu folgen, sondern vor einer abschließenden Entscheidung
zunächst die anstehende Novellierung der Bauordnung für das Land
Nordrhein-Westfalen, welche auch veränderte Vorschriften zur Ermittlung des
Bedarfes von notwendigen Stellplätzen enthalten soll, abzuwarten.
Sachdarstellung :
Ausgangslage:
Sowohl bei Neu- und Umbauten als auch bei Nutzungsänderungen von
Gebäuden fordert § 51 BauO NRW, den Bedarf an notwendigen Stellplätzen für das
jeweilige Bauvorhaben neu zu ermitteln. Diese notwendigen Stellplätze sind
grundsätzlich auf dem eigenen Baugrundstück durch den Bauherren nachzuweisen.
Gerade in den dicht bebauten Innenstadtlagen ist dies oftmals aus Platzmangel
nicht möglich, so dass der Rat der Stadt Emmerich am Rhein von der Möglichkeit
Gebrauch gemacht hat, auf Grundlage des § 51 Abs. 5 der BauO NRW sowohl für den
Stadtkern von Emmerich am Rhein als auch für den Ortsteil Elten jeweils eine
Satzung zur Ablösung von Stellplätzen zu beschließen. Hierdurch wird dem
Bauherren die Möglichkeit gegeben, durch die Zahlung eines jeweiligen Ablösebetrages von 5.100,- €
bzw. 4.400,- € pro notwendigen Stellplatz sich von seiner Verpflichtung zur
Schaffung von Stellplätzen auf dem eigenen Grundstück zu befreien und in die
Lage versetzt, sein ansonsten nicht zulässiges Bauvorhaben realisieren zu
können. Die Ablösebeträge werden seitens der Gemeinde zur Schaffung von
Parkraum im öffentlichen Raum zwecks Ausgleichs des Defizits an Stellplätzen
auf Privatgrundstücken verwendet, so dass eine Ablösung von Stellplätzen
grundsätzlich nur dann in Betracht kommen kann, wenn sich dieser Ausgleich auch
tatsächlich in der näheren Umgebung realisieren lässt.
Die BGE-Fraktion fordert die Halbierung der vorgenannten Ablösebeträge
unter anderem mit dem Argument, dass diese Summen gerade bei Neuansiedlungen
von kleineren Gewerben und Einzelhandelbetrieben nicht aufgebracht werden
könnten und die Neugründungen deshalb scheitern würden.
§ 51 Abs. 5 BauO NRW bestimmt, dass der Ablösebetrag eines Stellplatzes
80 % der durchschnittlichen Herstellungskosten (Grunderwerb zzgl. Herstellung)
von Parkeinrichtungen im öffentlichen Straßenraum nicht überschreiten darf.
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sind in der Vergangenheit die jeweiligen
Ablösebeträge sowohl für den Innenstadtbereich als auch für Elten wie folgt
ermittelt worden:
Ein durchschnittlicher PKW-Stellplatz muss über eine Größe von
mindestens 2,50 m x 5.00 m zuzüglich einer Fläche zum Anfahren dieser
Stellplatzfläche (Rangierfläche) verfügen, so dass durchschnittlich eine
notwendige Fläche von 20,00 m² pro Stellplatz anzusetzen ist. Unter
Be-rücksichtigung der durchschnittlichen Herstellungskosten im Straßen- bzw.
Tiefbau für einen Stellplatz (hier wurden bei beiden Satzungen zuletzt die
Durchschnittskosten aus dem Jahre 2008 herangezogen) ist von Kosten in Höhe von
ca. 60,00 € pro Quadratmeter auszugehen, so dass sich bereits die reinen
Herstellungskosten auf einen Betrag von 20 m² x 60,00 € = 1.200,00 € belaufen.
Die Grunderwerbskosten orientieren sich jeweils an den Werten aus der
aktuellen Bodenricht-wertkarte, wobei hier jeweils ein Mittelwert gebildet
wurde. In Emmerich belaufen sich diese Werte auf eine Spanne zwischen 185,00 €
und 350,00 €, d.h. im Mittel auf einen Betrag in Höhe von 260,00 € pro
Quadratmeter (insgesamt 20,00 m² x 260,00 € = 5.200,00 €), in Elten auf eine
Spanne zwischen 180,00 € und 250,00 €, d.h. im Mittel 215,00 € pro Quadratmeter
(insgesamt 20,00 m² x 215,00 € = 4.300,00 €).
Das führt jeweils zu folgende Rechnung: Herstellungskosten zuzüglich
Grunderwerb x 80 %
Innenstadt Emmerich am Rhein: (1.200,00 € + 5.200,00 €) x 80 % =
5.120,00 €
Elten: (1.200,00 € + 4.300,00 €) x 80 % =
4.400,00 €
Diese Beträge entsprechen, bei Abrundung der Summe im Innenstadtbereich
auf einen glatten Betrag, den in den jeweiligen Satzungen festgelegten Summen.
Bei der Ermittlung der einzelnen Beträge sind aus Gründen der Vereinfachung
sowohl die Nebenkosten zum Grunderwerb als auch die jeweiligen
Preissteigerungen im Tiefbaubereich unbeachtet geblieben, so dass sich die
tatsächlichen Herstellungskosten heute auf einen noch höheren Betrag belaufen
würden.
Die Höhe der Ablösesumme hat sich auch am Zweck der
Stellplatzvorschriften und der Interessenslage von Gemeinde und Verpflichtetem
zu orientieren. Sinn und Zweck des Forderns von notwendigen Stellplätzen ist
es, die Kraftfahrzeuge, die dem einzelnen Bauvorhaben zuzuordnen sind, aus dem
öffentlichen Straßenraum fern zu halten. Grundsätzlich ist es auch der Wunsch
der Bauherren, möglichst Stellplätze auf dem eigenen Grundstück vorzuhalten, um
das Bauvorhaben auch für potentielle Mieter / Käufer / Nutzer attraktiv zu
machen. Die Gemeinde hat regelmäßig ein Interesse an der Nutzung gerade von
innerstädtischen Grundstücken und der Behebung von Leerständen. Durch die
Zahlung von Ablösebeträgen und die Errichtung von Parkmöglichkeiten im Umfeld
zu den jeweiligen Bauvorhaben durch die Gemeinde kann diese Thematik bewältigt
werden. Der Bauherr erspart sich durch die Ablösung die Kosten der Herstellung
von eigenen Stellplätzen und profitiert von einem Angebot von Stellplätzen bzw.
verbesserter Infrastruktur im Umfeld zum eigenen Bauvorhaben. Vor diesem
Hintergrund ist die Forderung einer Ablösesumme in Höhe von 80% der
Gesamtkosten auch interessensgerecht, da die Herstellungskosten für Stellplätze
im Rahmen der Planung eines Bauvorhabens Sowieso-Kosten darstellen. Der Anteil
der Kommune ist in dem Umstand begründet, dass die zu schaffenden öffentlichen
Stellplätze nicht nur ausschließlich einem Begünstigten sondern einem größeren
Nutzerkreis dienen.
Da allerdings grundsätzlich es nicht gerechtfertigt ist, die Kosten zur
Herstellung von Stellplätzen für private Vorhaben und somit auch einen
persönlichen Vorteil des Bauherren der Gemeinde und somit der Allgemeinheit
ohne weiteres in Rechnung zu stellen, erscheint eine pauschale Halbierung unter
Berücksichtigung der o.g. tatsächlich anfallenden Kosten nicht angemessen. Zwar
räumt der § 51 Abs. 5 BauO NRW der Gemeinde die grundsätzliche Möglichkeit ein,
den Ablösebetrag nach pflichtgemäßem Ermessen zu reduzieren, doch unter
Berücksichtigung der vorgenannten Interessenlage und des Umstandes, dass es
allerdings grundsätzlich nicht gerechtfertigt ist, die Kosten zur Herstellung
von Stellplätzen für private Vorhaben und somit auch einen persönlichen Vorteil
des Bauherren der Gemeinde und somit der Allgemeinheit ohne weiteres in
Rechnung zu stellen, ist eine pauschale Halbierung unter Berücksichtigung der
o.g. tatsächlich anfallenden Kosten nicht angemessen,
Künftige
rechtliche Situation
Allerdings stehen gerade, wie sich dem Referenten- und
Begründungsentwurf zur neuen Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen
entnehmen lässt, Neuerungen zur Ermittlung des Bedarfes an notwendigen
Stellplätzen im Zusammenhang mit der Novellierung der Bauordnung
voraussichtlich Ende des Jahres 2016 an. Zwar soll die Verpflichtung zur
Schaffung von Stellplätzen auf eigenem Grundstück im Baugenehmigungsverfahren
erhalten bleiben, allerdings sind in der künftig ausdrücklich geforderten
Einzelfallbetrachtung zur Ermittlung des Stellplatzbedarfes eines Vorhabens die
örtlichen Verkehrsverhältnisse und die jeweilige Parkplatzsituation in der
Umgebung des Bauvorhabens zu beurteilen und entsprechend zu berücksichtigen.
Diese Anforderung würde – je nach Ausgestaltung der Vorschrift in der
endgültigen Neufassung – ermöglichen, die individuellen Verkehrsverhältnisse
bzw. die Anzahl der vorhandenen öffentlichen Parkplätze wesentlich stärker in
die Einzelbetrachtung einfließen zu lassen und ggf. künftig sogar die
Möglichkeit einräumen, in Einzelfällen, in denen lediglich ein kleines
Ladenlokal einer neuen Nutzung zugeführt wird, sogar auf die Forderung eines
oder mehrerer Stellplätze zu verzichten. Einzelheiten bzw. weitere
gesetzgeberische Vorgaben bleiben dem derzeitig laufenden
Gesetzgebungsverfahren vorbehalten.
Aus diesem Grunde sollten inhaltliche Änderungen der
Stellplatzablösesatzungen – sollten diese aufgrund der vorgenannten geplanten
Novellierung der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen überhaupt noch
erforderlich werden - auf den Zeitpunkt
nach Neufassung der BauO NRW verschoben werden, da die Neufassung bzw.
Individualisierung der Ermittlung des notwendigen Stellplatzbedarfes dazu
führen kann, dass sich die erst auf die Bejahung eines Stellplatzbedarfes
nachfolgende Frage der Möglichkeit der Stellplatzablöse und der hiermit
einhergehenden Höhe der Ablöse in einigen Fällen gar nicht mehr stellen wird.
Hinzu kommt, dass nach Neufassung der Bauordnung NRW die jeweiligen
Stellplatzablöse-satzungen sowieso zumindest redaktionell auf den aktuellen
Stand gebracht, d.h. formal geän-dert
werden müssten. Es wäre im Falle der Verschiebung der Überarbeitung der
Satzungen auf einen Zeitpunkt nach Änderung der Landesbauordnung
voraussichtlich Anfang des Jahres 2017 lediglich die Durchführung jeweils eines
Satzungsänderungsverfahrens erforderlich, in welchem sämtliche gesetzlichen
Neuerungen formeller wie auch inhaltlicher Art
angemessen berück-sichtigt werden können. Dies gilt nicht nur vor dem
Hintergrund, dass die individuelle Verkehrs- und Parksituation in den Gemeinden
mehr in die Beurteilung der jeweiligen Bauvorhaben einfließen soll, sondern
auch die Fragestellung der Verwendung der jeweiligen Ablösesummen dann
Neuregelungen zugeführt wird. So soll künftig in der Bauordnung geregelt
werden, dass die Ablösesummen auch für Maßnahmen des Mobilitätsmanagements
genutzt werden dürfen.
Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat keine
finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.
Leitbild :
Die Maßnahme steht im
Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 1.3
Peter Hinze
Bürgermeister