Betreff
Senkung der Stellplatzabgabe für die diesbezüglich definierten Innenstadtbereiche von Emmerich am Rhein und Elten, hier: Antrag Nr. XXIV/2015 der BGE-Fraktion
Vorlage
05 - 16 0664/2016
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

Der Rechnungsprüfungssausschuss beschließt, dem Antrag der BGE-Fraktion derzeitig nicht zu folgen, sondern vor einer abschließenden Entscheidung zunächst die anstehende Novellierung der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, welche auch veränderte Vorschriften zur Ermittlung des Bedarfes von notwendigen Stellplätzen enthalten soll, abzuwarten.

 

Sachdarstellung :

 

Ausgangslage:

Sowohl bei Neu- und Umbauten als auch bei Nutzungsänderungen von Gebäuden fordert § 51 BauO NRW, den Bedarf an notwendigen Stellplätzen für das jeweilige Bauvorhaben neu zu ermitteln. Diese notwendigen Stellplätze sind grundsätzlich auf dem eigenen Baugrundstück durch den Bauherren nachzuweisen. Gerade in den dicht bebauten Innenstadtlagen ist dies oftmals aus Platzmangel nicht möglich, so dass der Rat der Stadt Emmerich am Rhein von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, auf Grundlage des § 51 Abs. 5 der BauO NRW sowohl für den Stadtkern von Emmerich am Rhein als auch für den Ortsteil Elten jeweils eine Satzung zur Ablösung von Stellplätzen zu beschließen. Hierdurch wird dem Bauherren die Möglichkeit gegeben, durch die Zahlung  eines jeweiligen Ablösebetrages von 5.100,- € bzw. 4.400,- € pro notwendigen Stellplatz sich von seiner Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen auf dem eigenen Grundstück zu befreien und in die Lage versetzt, sein ansonsten nicht zulässiges Bauvorhaben realisieren zu können. Die Ablösebeträge werden seitens der Gemeinde zur Schaffung von Parkraum im öffentlichen Raum zwecks Ausgleichs des Defizits an Stellplätzen auf Privatgrundstücken verwendet, so dass eine Ablösung von Stellplätzen grundsätzlich nur dann in Betracht kommen kann, wenn sich dieser Ausgleich auch tatsächlich in der näheren Umgebung realisieren lässt.

 

Die BGE-Fraktion fordert die Halbierung der vorgenannten Ablösebeträge unter anderem mit dem Argument, dass diese Summen gerade bei Neuansiedlungen von kleineren Gewerben und Einzelhandelbetrieben nicht aufgebracht werden könnten und die Neugründungen deshalb scheitern würden.

 

§ 51 Abs. 5 BauO NRW bestimmt, dass der Ablösebetrag eines Stellplatzes 80 % der durchschnittlichen Herstellungskosten (Grunderwerb zzgl. Herstellung) von Parkeinrichtungen im öffentlichen Straßenraum nicht überschreiten darf. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sind in der Vergangenheit die jeweiligen Ablösebeträge sowohl für den Innenstadtbereich als auch für Elten wie folgt ermittelt worden:

 

Ein durchschnittlicher PKW-Stellplatz muss über eine Größe von mindestens 2,50 m x 5.00 m zuzüglich einer Fläche zum Anfahren dieser Stellplatzfläche (Rangierfläche) verfügen, so dass durchschnittlich eine notwendige Fläche von 20,00 m² pro Stellplatz anzusetzen ist. Unter Be-rücksichtigung der durchschnittlichen Herstellungskosten im Straßen- bzw. Tiefbau für einen Stellplatz (hier wurden bei beiden Satzungen zuletzt die Durchschnittskosten aus dem Jahre 2008 herangezogen) ist von Kosten in Höhe von ca. 60,00 € pro Quadratmeter auszugehen, so dass sich bereits die reinen Herstellungskosten auf einen Betrag von 20 m² x 60,00 € = 1.200,00 € belaufen.

 

Die Grunderwerbskosten orientieren sich jeweils an den Werten aus der aktuellen Bodenricht-wertkarte, wobei hier jeweils ein Mittelwert gebildet wurde. In Emmerich belaufen sich diese Werte auf eine Spanne zwischen 185,00 € und 350,00 €, d.h. im Mittel auf einen Betrag in Höhe von 260,00 € pro Quadratmeter (insgesamt 20,00 m² x 260,00 € = 5.200,00 €), in Elten auf eine Spanne zwischen 180,00 € und 250,00 €, d.h. im Mittel 215,00 € pro Quadratmeter (insgesamt 20,00 m² x 215,00 € = 4.300,00 €).

 

Das führt jeweils zu folgende Rechnung: Herstellungskosten zuzüglich Grunderwerb x 80 %

 

Innenstadt Emmerich am Rhein: (1.200,00 € + 5.200,00 €) x 80 % = 5.120,00 €

Elten:                                            (1.200,00 € + 4.300,00 €) x 80 % = 4.400,00 €

 

Diese Beträge entsprechen, bei Abrundung der Summe im Innenstadtbereich auf einen glatten Betrag, den in den jeweiligen Satzungen festgelegten Summen. Bei der Ermittlung der einzelnen Beträge sind aus Gründen der Vereinfachung sowohl die Nebenkosten zum Grunderwerb als auch die jeweiligen Preissteigerungen im Tiefbaubereich unbeachtet geblieben, so dass sich die tatsächlichen Herstellungskosten heute auf einen noch höheren Betrag belaufen würden.

 

Die Höhe der Ablösesumme hat sich auch am Zweck der Stellplatzvorschriften und der Interessenslage von Gemeinde und Verpflichtetem zu orientieren. Sinn und Zweck des Forderns von notwendigen Stellplätzen ist es, die Kraftfahrzeuge, die dem einzelnen Bauvorhaben zuzuordnen sind, aus dem öffentlichen Straßenraum fern zu halten. Grundsätzlich ist es auch der Wunsch der Bauherren, möglichst Stellplätze auf dem eigenen Grundstück vorzuhalten, um das Bauvorhaben auch für potentielle Mieter / Käufer / Nutzer attraktiv zu machen. Die Gemeinde hat regelmäßig ein Interesse an der Nutzung gerade von innerstädtischen Grundstücken und der Behebung von Leerständen. Durch die Zahlung von Ablösebeträgen und die Errichtung von Parkmöglichkeiten im Umfeld zu den jeweiligen Bauvorhaben durch die Gemeinde kann diese Thematik bewältigt werden. Der Bauherr erspart sich durch die Ablösung die Kosten der Herstellung von eigenen Stellplätzen und profitiert von einem Angebot von Stellplätzen bzw. verbesserter Infrastruktur im Umfeld zum eigenen Bauvorhaben. Vor diesem Hintergrund ist die Forderung einer Ablösesumme in Höhe von 80% der Gesamtkosten auch interessensgerecht, da die Herstellungskosten für Stellplätze im Rahmen der Planung eines Bauvorhabens Sowieso-Kosten darstellen. Der Anteil der Kommune ist in dem Umstand begründet, dass die zu schaffenden öffentlichen Stellplätze nicht nur ausschließlich einem Begünstigten sondern einem größeren Nutzerkreis dienen.

 

Da allerdings grundsätzlich es nicht gerechtfertigt ist, die Kosten zur Herstellung von Stellplätzen für private Vorhaben und somit auch einen persönlichen Vorteil des Bauherren der Gemeinde und somit der Allgemeinheit ohne weiteres in Rechnung zu stellen, erscheint eine pauschale Halbierung unter Berücksichtigung der o.g. tatsächlich anfallenden Kosten nicht angemessen. Zwar räumt der § 51 Abs. 5 BauO NRW der Gemeinde die grundsätzliche Möglichkeit ein, den Ablösebetrag nach pflichtgemäßem Ermessen zu reduzieren, doch unter Berücksichtigung der vorgenannten Interessenlage und des Umstandes, dass es allerdings grundsätzlich nicht gerechtfertigt ist, die Kosten zur Herstellung von Stellplätzen für private Vorhaben und somit auch einen persönlichen Vorteil des Bauherren der Gemeinde und somit der Allgemeinheit ohne weiteres in Rechnung zu stellen, ist eine pauschale Halbierung unter Berücksichtigung der o.g. tatsächlich anfallenden Kosten nicht angemessen,

 

Künftige rechtliche Situation

Allerdings stehen gerade, wie sich dem Referenten- und Begründungsentwurf zur neuen Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen entnehmen lässt, Neuerungen zur Ermittlung des Bedarfes an notwendigen Stellplätzen im Zusammenhang mit der Novellierung der Bauordnung voraussichtlich Ende des Jahres 2016 an. Zwar soll die Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen auf eigenem Grundstück im Baugenehmigungsverfahren erhalten bleiben, allerdings sind in der künftig ausdrücklich geforderten Einzelfallbetrachtung zur Ermittlung des Stellplatzbedarfes eines Vorhabens die örtlichen Verkehrsverhältnisse und die jeweilige Parkplatzsituation in der Umgebung des Bauvorhabens zu beurteilen und entsprechend zu berücksichtigen.

 

Diese Anforderung würde – je nach Ausgestaltung der Vorschrift in der endgültigen Neufassung – ermöglichen, die individuellen Verkehrsverhältnisse bzw. die Anzahl der vorhandenen öffentlichen Parkplätze wesentlich stärker in die Einzelbetrachtung einfließen zu lassen und ggf. künftig sogar die Möglichkeit einräumen, in Einzelfällen, in denen lediglich ein kleines Ladenlokal einer neuen Nutzung zugeführt wird, sogar auf die Forderung eines oder mehrerer Stellplätze zu verzichten. Einzelheiten bzw. weitere gesetzgeberische Vorgaben bleiben dem derzeitig laufenden Gesetzgebungsverfahren vorbehalten.

 

Aus diesem Grunde sollten inhaltliche Änderungen der Stellplatzablösesatzungen – sollten diese aufgrund der vorgenannten geplanten Novellierung der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen überhaupt noch erforderlich werden -  auf den Zeitpunkt nach Neufassung der BauO NRW verschoben werden, da die Neufassung bzw. Individualisierung der Ermittlung des notwendigen Stellplatzbedarfes dazu führen kann, dass sich die erst auf die Bejahung eines Stellplatzbedarfes nachfolgende Frage der Möglichkeit der Stellplatzablöse und der hiermit einhergehenden Höhe der Ablöse in einigen Fällen gar nicht mehr stellen wird.

 

Hinzu kommt, dass nach Neufassung der Bauordnung NRW die jeweiligen Stellplatzablöse-satzungen sowieso zumindest redaktionell auf den aktuellen Stand gebracht, d.h.  formal geän-dert werden müssten. Es wäre im Falle der Verschiebung der Überarbeitung der Satzungen auf einen Zeitpunkt nach Änderung der Landesbauordnung voraussichtlich Anfang des Jahres 2017 lediglich die Durchführung jeweils eines Satzungsänderungsverfahrens erforderlich, in welchem sämtliche gesetzlichen Neuerungen formeller wie auch inhaltlicher Art  angemessen berück-sichtigt werden können. Dies gilt nicht nur vor dem Hintergrund, dass die individuelle Verkehrs- und Parksituation in den Gemeinden mehr in die Beurteilung der jeweiligen Bauvorhaben einfließen soll, sondern auch die Fragestellung der Verwendung der jeweiligen Ablösesummen dann Neuregelungen zugeführt wird. So soll künftig in der Bauordnung geregelt werden, dass die Ablösesummen auch für Maßnahmen des Mobilitätsmanagements genutzt werden dürfen.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 1.3

 

 

 

Peter Hinze

Bürgermeister