Betreff
Nutzung von Schulräumen, -einrichtungen und Aulen;
hier : Änderung der Benutzungsordnungen
Vorlage
01 - 16 1137/2017
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

1.

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein beschließt

die als Anlage 1 beigefügte

4. Änderungssatzung der Benutzungsordnung für die Benutzung der Aula der städt. Realschule (Stadttheater), des pädagogischen Zentrums (PZ) des städtischen Willibrord-Gymnasiums sowie der Aula der Europa-Gemeinschaftshauptschule in Emmerich am Rhein vom 05.11.1980

und die als Anlage 2 beigefügte

2. Änderungssatzung der Benutzungsordnung für die Benutzung von Schulräumen und –einrichtungen der Stadt Emmerich am Rhein vom 05. November 1980

 

2.

Der Widmungszweck von Schulen, die sich in der Trägerschaft der Stadt Emmerich am Rhein befinden, wird für die Zukunft entsprechend eingeschränkt. Bei seiner Entscheidung macht sich der Rat die im Begründungsteil aufgeführten Ermessenserwägungen zu Eigen.

 

 

Sachdarstellung :

 

I. Ausgangslage

Die in der Stadt Emmerich am Rhein befindlichen Schulen gelten grundsätzlich als ein Ort der weltanschaulichen, religiösen und politischen Neutralität. Der Umstand, dass Ende vergangenen Jahres einer Partei auf ihren Antrag hin der Klassenraum einer Schule zur Abhaltung einer parteilichen Veranstaltung zur Verfügung gestellt werden musste, führte zu Unmut. In den Medien wurde die Zurverfügungstellung diskutiert und kritisiert. Die Schulleitungen und Fraktionen im Rat der Stadt Emmerich am Rhein vertreten die Auffassungen, dass keine Partei die Schulen vor Ort für ihre Parteiarbeit nutzen sollte und baten die Verwaltung, die Änderung der Benutzungsordnungen vorzubereiten.

 

 

II. Lösungsansatz

Die in Anlage 1 und Anlage 2 abgebildeten Änderungssatzungen zur Benutzungsordnung für die Benutzung der Aula der städt. Realschule (Stadttheater), des pädagogischen Zentrums (PZ) des städtischen Willibrord-Gymnasiums sowie der Aula der Europa-Gemeinschaftshauptschule in Emmerich am Rhein vom 05.11.1980 und zur Benutzungsordnung für die Benutzung von Schulräumen und –einrichtungen der Stadt Emmerich am Rhein vom 05. November 1980 schaffen die Voraussetzungen dafür, künftige Anträge mit Verweis auf die satzungsrechtlichen Bestimmungen vor Ort abzulehnen.

 

In den Benutzungsordnungen wird nunmehr klargestellt, dass die Schulräume und –einrichtungen  der Stadt Emmerich am Rhein für die Durchführung von Veranstaltungen durch politische Parteien, politische Vereinigungen, sonstige politische Gruppierungen sowie politisch tätige Einzelpersonen künftig generell nicht mehr zu Verfügung gestellt werden.

 

 

III. Rechtliche Würdigung

Diese Regelung steht im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen:

 

Die rechtliche Grundlage hinsichtlich des Nutzungsrechtes gemeindlicher Einrichtungen findet sich in § 8 der Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (GO NRW)

§ 8 Abs. 1 und 2 GO NRW

Nach § 8 Abs. 1 GO NRW schaffen die Gemeinden innerhalb der Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Betreuung ihrer Einwohner erforderlichen öffentlichen Einrichtungen. Nach § 8 Abs. 2 GO NRW sind alle Einwohner einer Gemeinde im Rahmen des geltenden Rechts berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen und verpflichtet, die Lasten zu tragen, die sich aus ihrer Zugehörigkeit zu der Gemeinde ergeben. Dieser Nutzungsanspruch gilt gem. § 8 Abs. 4 GO NRW für juristische Personen und Personenvereinigungen entsprechend.

 

§ 8 Abs. 1 GO NRW gebietet aber nicht, dass eine Gemeinde Einrichtungen für die Nutzung durch politische Parteien schaffen oder bereitstellen muss. Denn grundsätzlich steht es einer Gemeinde aufgrund ihres durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG garantierten Grundsatzes auf Selbstverwaltung frei, zu entscheiden, an wen sie eine öffentliche Einrichtung vermietet oder ob sie einer Partei, einer Wählergemeinschaft etc. zur Verfügung stellt.

 

Zu prüfen bleibt, inwieweit die Auslegung des § 8 GO NRW mit anderen Gesetzen in Einklang zu bringen ist. Hier gilt es insbesondere, die Vereinbarkeit mit dem grundgesetzlich verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) und den Bestimmungen des Parteiengesetzes (hier: § 5 Parteiengesetz) aufzuzeigen.

In Ausübung ihres Ermessens ist der Stadt Emmerich am Rhein bewusst, dass durch die vorgesehene Änderung der Benutzungsordnungen der grundrechtsrelevante Bereich tangiert sein kann. Das Recht der politischen Parteien (...) wird hierdurch insbesondere im Hinblick auf die politische Versammlungsfreiheit, die zweifelsfrei als ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zu qualifizieren ist, eingeschränkt.

Es gilt daher, nicht nur dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) Rechnung zu tragen, sondern darüber hinaus die Sondervorschrift des § 5 Abs. 1 Parteiengesetzes zu beachten.

 

Gleichbehandlungsgrundsatz (Artikel 3 des Grundgesetzes)

Vor dem Hintergrund des in Art. 3 des Grundgesetzes verankerten Grundsatzes der Gleichbehandlung ist es nicht möglich, einzelne Parteien oder politische Vereinigungen von der Benutzung auszuschließen. Es muss daher ein Ausschluss aller politischen Parteien etc. erfolgen. Die gewählte Formulierung trägt diesem Grundsatz Rechnung.

 

§ 5 Abs. 1 Parteigengesetz

Demnach sollen alle Parteien gleich behandelt werden, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt. Werden jedoch sämtliche politische Gruppierungen von der Nutzung der öffentlichen Einrichtung in gleichem Umfang und in gleicher Art und Weise ausgeschlossen, liegt kein Verstoß gegen das parteienrechtliche Gleichbehandlungsgebot vor.

 

Es gilt eine sach- und interessengerechte Abwägung des Interesses der politischen Parteien an der Nutzung schulischer Räume und Einrichtungen auf der einen Seite mit dem Gemeinwohlinteresse auf der anderen Seite vorzunehmen.

Hierbei ist die Wahrung des eigentlichen und ursprünglichen Widmungszweckes der Schulen vor Ort von starkem Gewicht. Diesen liegt darin, dass der gesetzliche Auftrag zur Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen und die Bereitstellung der Schulen für einen ordnungsgemäßen Unterricht rechtssicher und störungsfrei an solchen Orten wahrgenommen werden kann, an denen eine weltanschauliche, religiöse und politische Neutralität weitestgehend sichergestellt ist.

Dem Gesichtspunkt der Sicherheit und Ordnung an Schulen muss zu jeder Zeit – auch außerhalb der eigentlichen Schulbetriebes – gebührend Rechnung getragen werden, um die Schulräume und Anlagen vor Vandalismus und anderen Schäden zu bewahren.

 

Bereits die öffentlich geführte Diskussion um die Bereitstellung von Klassenräumen an eine politische Organisation Ende 2016  hat gezeigt, dass der Grundsatz der politischen Neutralität verletzt werden und auch der Ruf der Schule Schaden nehmen kann.

Vor diesem Hintergrund wurde die Forderung -u.a. seitens der Schulleitungen- an die Stadt herangetragen, diese Vergabepraxis künftig zu unterbinden.

 

Der Genehmigung und Durchführung der Nutzung einer öffentlichen Einrichtung in der Stadt Emmerich am Rhein durch eine Partei etc. können zudem auch erhebliche Bedenken hinsichtlich möglicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung entgegenstehen.

So birgt die Durchführung von politischen Veranstaltungen in Schulen nach allgemeiner Lebenserfahrung auch immer das Risiko in sich, dass es insbesondere aufgrund politischer Protestkundgebungen zu Sachschäden am und im Gebäude kommen kann. Neben diesem Risiko gilt es zu bedenken, dass den Schulen sowie auch ihren Lehrkräften und Schülerinnen darüber hinaus ein immaterieller Schaden entstehen kann, wenn zum Beispiel durch radikales Gedankengut und auch durch die Anwendung von Gewalt gegen Personen und Sachen der Ruf und das Ansehen einer Schule in der Öffentlichkeit beschädigt wird.

 

Die Einschränkung des Widmungszweckes aus den vorgenannten Gründen steht im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen. Eine Kommune ist nicht verpflichtet, ihre Schulen für Zwecke politischer Veranstaltungen von Parteien und ähnlichen Vereinigungen zur Verfügung zu stellen. Die insoweit bestehende Entscheidungsfreiheit ist allein durch das Willkürverbot begrenzt (vgl. Sachs. OVG, Beschl. v. 16.05.2012, Az.: 4 B 140/12, it. Nach JURIS, Rdnr. 9; VG Karlsruhe, Beschl. vom 10.09.2014, Az. 6K 1670/14 zit. Nach JURIS, Rdnr. 11; OVG Münster, Beschluss vom 07.09.1979, Az.: II B 1224/79, NJW 1980, S. 901).

Da für die Einschränkung des Widmungszweckes vorliegend sachliche Gründe ausschlaggebend sind, ist ein Verstoß gegen das Willkürverbot zu verneinen.

 

Das Ergebnis dieser rechtlichen Prüfung wird darüber hinaus durch die Erfordernisse und die gängige Praxis bestätigt. Die Parteien und Wählergemeinschaften vor Ort begehrten in der Vergangenheit –mit Ausnahme des oben genannten Falles Ende 2016- nicht die Zurverfügungstellung von Schulräumen und -aulen für ihre politischen Zwecke.

 

IV. Fazit

Die vorgeschlagenen Änderungen in den o.g. Benutzungsordnungen bilden eine normkonforme Grundlage dafür, die Durchführung von Veranstaltungen politischer Parteien etc. in Schulräumen und –einrichtungen der Stadt Emmerich am Rhein zu untersagen.

 

Verwaltungsseitig wird daher vorgeschlagen, die bestehenden Benutzungsordnungen um den Zusatz

 

„Für die Durchführung von Veranstaltungen durch politische Parteien, politische Vereinigungen und sonstige politische Gruppierungen oder politisch tätige Einzelpersonen werden Schulräume und –einrichtungen (bzw. diese Einrichtungen) nicht zur Verfügung gestellt.“

 

zu ergänzen.

 

Die Ergänzungen sind in den in Anlage 1 und 2 beigefügten Änderungssatzungen abgebildet.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme wird von den Zielen des Leitbildes nicht berührt.

 

 

 

Peter Hinze

Bürgermeister