Betreff
Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 09.01.2018 und Antrag der BGE-Fraktion vom 31.01.2018;
hier: 1) Zusätzliche Haushaltsmittel zur Schaffung von charakteristischen Lebensraum-
strukturen sowie Nisthabitate für Insekten 2) Verwendung von Herbiziden mit dem Wirkstoff Glyphosat sowie weiterer
Pestizide
3) Ausstiegskonzept für die freiwillige Beendigung des Einsatzes synthetischer
Pestizide auf öffentlichen Grün- und Forstflächen unserer Stadt
Vorlage
05 - 16 1421/2018
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

zu 1) Der Ausschuss für Stadtentwicklung nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis

         und beauftragt sie, zu prüfen, inwieweit die Pflege städtischer  Grünflächen sowie die Wahl

         bestimmter Saatgutmischungen besser auf die Bedürfnisse von Insekten angepasst werden

         kann. Über die Erfahrungen ist dem Fachaus-schuss zu berichten.

 

zu 2) Der Ausschuss für Stadtentwicklung nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis 

         und beschließt, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass  die EU die Verwendung von

         Glyphosat für die nächsten fünf Jahre für zulässig erklärt hat und unter Würdigung der

         seitens der Landwirte während der ASE-Beratung vom 23.01.2018 sowie seitens der

         Kreisbauernschaft (siehe Schreiben vom 22.01.2018 – Anlage 3) vorgetragenen Bedenken,

         zum jetzigen Zeitpunkt kein ausdrückliches Glyphosatverbot auf städtischen Pachtflächen

         auszusprechen.

 

zu 3) Der Ausschuss für Stadtentwicklung  nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

 

Sachdarstellung :

 

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellten für die Sitzung des ASE am 23. Januar 2018 einen Antrag, der u. a. Gegenmaßnahmen zum dramatischen Insektensterben sowie den Verzicht auf den Einsatz von Herbiziden mit dem Wirkstoff Glyphosat sowie weiterer Pestizide zum Inhalt hatte.

In der Beratung in der ASE-Sitzung hatte die Fraktion der Bürgergemeinschaft im Hinblick auf die Komplexität des Themas Beratungsbedarf angemeldet und im Nachgang dazu einen Antrag zur „Entwicklung eines ‚Ausstiegskonzeptes‘ für die Beendigung des Einsatzes von Pestiziden auf öffentlichen Grün- und Forstflächen der Stadt“ gestellt.

Die Anträge der  beiden Fraktionen möchten darauf hinwirken, dass die Stadt Emmerich am Rhein im Rahmen ihrer Möglichkeiten Maßnahmen ergreift, dem zunehmenden Insekten-sterben entgegenzuwirken. Des Weiteren haben sie zum Ziel, den Einsatz bestimmter Pflanzenschutzmittel, - zumindest auf städtischen Flächen -, nicht länger zuzulassen.

 

zu  1:         Bereitstellung zusätzlicher Haushaltsmittel zur Schaffung von charakteristi-

                  schen Lebensraumstrukturen sowie Nisthabitaten für Insekten

 

 

Im Verlauf der Beratungen zu diesem Tagesordnungspunkt in der ASE-Sitzung am 23. Januar 2018 wurde deutlich, dass ein Teil der Ausschussmitglieder zunächst ein besseres Verständnis für die Situation vermittelt haben möchte. Festgemacht wurde das an einem Fragenkatalog des Mitglieds Kukulies, den die Verwaltung gebeten wurde, zu beantworten.

 

Frage 1:    Welche Möglichkeiten bestehen, Ausgleichsflächen mit insekten- und vogel-

                  freundlichen Sträuchern und Hecken, Bäumen und Blumen zu bepflanzen, bzw. entsprechende Vorschläge zu erarbeiten ?

Antwort:     Grundsätzlich ist die Stadt frei in der Wahl, wie sie ihre Ausgleichs- und Ersatz-  flächen bzw. – maßnahmen gestalten will. Ziel ist es, Flächen die im Zuge der Bebauung dem Naturhaushalt verloren gehen, an anderer Stelle  naturwert-steigernd zu kompensieren, - sei es durch eine flächenhafte Maßnahme wie der dauerhaften Extensivierung von Grünland (mit Blick auf die Biotopverbesserung der Avifauna) oder in Form von punktuellen Maßnahmen wie der Pflanzung von Einzelbäumen, Alleen, Hecken oder Obstwiesen. Gerade im landwirtschaftlichen Bereich zählt hierzu sicherlich auch die mögliche Anlage von Blühstreifen als Ackerrandstreifen. Bislang stand dieser Aspekt der insektenbereichernden Maßnahmen nicht im Vordergrund, da die Naturschutzbemühungen hier am Niederrhein sich eher auf die Wiederherstellung der Lebensräume bestimmter, hier selten gewordener, Wat- und Wiesenvogelarten konzentrieren.

Frage 2:   Welche Möglichkeiten im Umfeld von Regenrückhaltebecken bestehen, diese insekten- und vogelfreundlich zu gestalten und Vorschläge zu unterbreiten ?

Antwort:   Die Stadt verfügt über ca. ein Dutzend Regenrückhaltebecken (manche in Beton ausgeführt), von denen sich möglicherweise fünf oder sechs Becken zum Teil für Blumeneinsaaten eignen, allerdings auch nur in dem nicht wasserbenetzten Teil, weil blütenreiche Wiesen i.d.R. trockenere Standorte benötigen. In Absprache mit den Technischen Werken Emmerich sollen die vorhandenen Möglichkeiten geprüft werden.

Frage 3:   Welche Flächen sind den Gemeinden eigen, um auf diesen wie unter Ziffer 1 zu verfahren ?

Antwort:    Die Stadt verfügt neben den zu  land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken fremd-verpachteten Grundstücken auch über eigene sog. ‚Ökokontoflächen‘, die bislang überwiegend als extensiviertes Grünland bewirtschaftet werden. Darüber hinaus gibt es auch straßenbegleitende Baumpflanzungen als städtische ‚Ökokonto-flächen‘. Diese Flächen sind sowohl bei der Stadt als auch bei der Kreisverwaltung einsehbar. Leider wird es bei der Knappheit landwirtschaftlicher Flächen am Markt auch für die Stadt zunehmend schwieriger, überhaupt noch in den Besitz zusätzlicher landwirtschaftlicher Flächen für diesen Zweck zu gelangen. Insofern bleiben im Wesentlichen die straßenbegleitenden Grünflächen, Parks oder Schulhöfe, auf denen die Stadt besondere als Bienen- und Insektenweiden taugliche Pflanzen vorsehen kann.

Frage 4:     Welche Fördermöglichkeiten aus Land- und Bundesmitteln bestehen bei der Umsetzung derartiger Maßnahmen und welche Kosten sind mit den jeweiligen Maßnahmen verbunden?

Antwort:    Die Erstellung von z. B. ökologischen Wegerand-Konzepten und die Neuanlage von Wegrainen im ländlichen Raum ist förderfähig. Zu den geeigneten Förderinstrumenten des Landes zählen u.a. die Förderrichtlinie investive Maßnahmen Naturschutz, die Förderrichtlinie Naturschutz (FöNa) sowie Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes. Welche Maßnahmen im Einzelnen in welcher Höhe öffentlich gefördert werden, müsste gesondert eruiert werden.

Frage 5:     Welche Maßnahmen, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern können sinnvoll sein, unsere Vorgärten ökologisch und sinnvoll anzulegen ?

Antwort:     Bürger, die ihren Garten besonders bienen- und insektenfreundlich gestalten wollen bekommen bei den amtlichen und ehrenamtlichen Einrichtungen und auf deren Internetseiten zahlreiche Tipps und Ratschläge bzgl. der geeigneten Blüh- pflanzen, Stauden und Gehölze und ihren jeweiligen Ansprüchen an die Lage und den Standort. In Einzelfällen ist der Bauhof auch beratend tätig. Insofern erübrigt es sich, eine stadteigene Kurzbroschüre / Faltblatt herauszugeben.

 

Die Verwaltung ist der Auffassung, dass die bereits in den Haushalt eingestellten Mittel für die städtische Grünflächenpflege und für Kompensationsmaßnahmen und deren Flächen-erwerb  im Grunde ausreichen, um auch diesem Zweck des Bienen- und Insektenschutzes mehr Geltung zu verschaffen.

Die KBE wird prüfen, wie in der Art der Grünflächenpflege und der auf Insekten abgestimmten Wahl der Blütenpflanzen diesem Schutzaspekt noch besser nachgekommen werden kann. Dazu ist es z.B. hilfreich, städtische Rasenflächen und Straßenbegleitgrün so abschnittsweise zu pflegen, dass Blumen- und Gräserinseln als Insektenweidehabitate abwechselnd stehen bleiben und nicht gleichzeitig gemäht werden. Darüber hinaus haben die Kommunalbetriebe bereits im letzten Jahr Erfahrungen mit Wildblumeneinsaaten am Blackweg gemacht, die in der kommenden Saison an zahlreichen Stellen im Stadtgebiet das Straßenbegleitgrün ergänzen sollen.

Die Verwaltung schlägt daher vor, diese Maßnahmen in der kommenden Saison anzugehen und über die gemachten Erfahrungen dem Fachausschuss zu berichten.

 

zu 2:          Verzicht auf den Einsatz von Herbiziden, Pestiziden und anderen Pflanzen-  

                   schutzmitteln mit dem Wirkstoff  Glyphosat auf landwirtschaftlich genutzten 

                   Flächen der Stadt

 

Der Diskussionsverlauf in der Ausschusssitzung zwischen den anwesenden Landwirten sowie die Einlassungen der Kreisbauernschaft (s. Anlage 3) haben gezeigt, dass, was den grundsätzlichen Umgang der Landwirtschaft mit Glyphosat betrifft:

a)    auf landwirtschaftlichen Flächen bereits zahlreiche Dokumentationspflichten dafür sorgen, dass der sorgfältige Umgang mit Herbiziden / Pestiziden  nachgewiesen werden muss,

b)    der generelle Verzicht auf Glyphosat selbst nach den Regeln der sog. ‚guten, fachlichen Praxis‘ nicht überall leistbar ist, und wenn, dann dies zu einem höheren Maß der Bodenbearbeitung führt, und gleichzeitig wesentlich zeit- und kostenintensiver ist, was möglicherweise dazu führen kann, dass in Einzelfällen bei den damit einher-gehenden Einbußen ein Landwirt nicht länger bereit ist, die bisherigen Pachtpreise

zu akzeptieren.

 

Im Einwirkungsbereich städtischen Handelns gibt es dem Grunde nach nur die Unterscheidung in städtische Grünflächen und deren Unterhaltung einerseits und den städtischen Pachtflächen, die in der Regel an Landwirte verpachtet werden, andererseits.

 

Stand der Pflanzenschutzmittelanwendung im städtischen Bereich

Die Kommunalbetriebe setzen seit zwei Jahren Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Glyphosat in der täglichen Praxis nicht mehr ein. Mit Genehmigung durch die Landwirtschaftskammer (vom 22.09.2016) wird derzeit noch das Mittel Finalsan benutzt, basierend auf den Wirkstoffen Pelargonsäure und Maleinsäurehydrazid. Dieses Herbizid wird jedoch nur noch bedingt auf dem Friedhof eingesetzt, wenn herkömmliche mechanische oder thermische Methoden wie Schuffeln, Wildkrautbürste oder Heißdampf nicht ausreichen.

Zur Pflege des städtischen Begleitgrüns werden häufig Fremdfirmen eingesetzt. Ihnen ist es bereits seit Jahren seitens der KBE als ihrem Vertragspartner untersagt, jedwede Art von Herbiziden einzusetzen.

Baumscheiben, versiegelte Flächen und Parkplätze werden seit zwei Jahren durch die neu angeschaffte Heißdampfmaschine von Unkräutern gereinigt. Darüber hinaus kommen nur noch Wildkrautbürsten, Kehrmaschinen oder Freischneider oder aber das Abflämmen von Unkräutern zum Einsatz.

 

Stand der Pflanzenschutzmittelanwendung auf städtischen Pachtflächen

Die Stadt Emmerich am Rhein verfügt über stadteigene, landwirtschaftliche Flächen, die in der Regel an Landwirte verpachtet sind. Je nachdem, wo sich die Grundstücke befinden, ist die Anwendung von Herbiziden grundsätzlich verboten. Dazu gehören alle städtischen Ausgleichs- und Ersatzflächen, alle Ökokontoflächen sowie alle diejenigen Parzellen (auch nichtstädtische), die Teil einer Schutzgebietskulisse sind, seien sie in Natur- oder Vogelschutzgebieten, in FFH-Gebieten oder in anderweitig als  NATURA-2000 gekennzeichneten Gebieten. Gleiches gilt für unter Vertragsnaturschutz stehende Flächen.

Alle anderen stadteigenen Pachtflächen, die regulär, ackerbaulich oder als Grünland ohne Beschränkungen bewirtschaftet werden, nehmen nur einen verschwindend geringen Teil des Stadtgebietes (1,1 %) ein und unterliegen ihrerseits einschlägigen Bestimmungen des Pacht-vertrages. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass eine Änderung der Pachtverträge nur bei auslaufenden Verträgen möglich ist.

Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass die Verwendung von Glyphosat seitens der EU für die nächsten fünf Jahre für zulässig erklärt wurde, und unter Würdigung der seitens der Landwirte während der ASE-Beratung vom 23.01.2018 sowie seitens der Kreisbauernschaft (siehe Schreiben vom 22.01.2018 – Anlage 3) vorgetragenen Bedenken wird von Seiten der Verwaltung empfohlen zum jetzigen Zeitpunkt kein ausdrückliches Glyphosatverbot auf städtischen Flächen in die Pachtverträge aufzunehmen, zumal die Durchsetzung eines Verbotes dieser Art ohnehin kaum kontrolliert werden kann.

 

 

Zu 3:   Erarbeitung eines Ausstiegskonzeptes für die Beendigung des Einsatzes synthe-

           tischer Pestizide auf öffentlichen Grün- und Forstflächen der Stadt sowie eines 

           damit einhergehenden Maßnahmen- und Kostenplanes.

 

Angesichts der Ausführungen zu den vorangegangenen zu den vorangegangenen Punkten erübrigt sich nach Auffassung der Verwaltung ein Ausstiegskonzept mit Maßnahmen - und Kostenplan.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 3.1.

 

 

 

In Vertretung

 

 

 

Dr. Wachs

Erster Beigeordneter