Betreff
Errichtung einer zweiten Jugendeinrichtung in Emmerich am Rhein
Vorlage
04 - 16 1429/2018
Art
Verwaltungsvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Beschlussvorschlag

 

Der Rat  beschließt die Errichtung einer zweiten Jugendeinrichtung in Emmerich am Rhein und beauftragt hierfür die Verwaltung sowohl nach einem geeigneten Objekt im Bereich der Innenstadt als auch nach einem geeigneten freien Träger für den Betrieb einer Jugendeinrichtung mit dem Schwerpunkt der 14- bis 21jährigen zu suchen.

 

 

Sachdarstellung :

 

Die Jugendpflege der Stadt Emmerich am Rhein hat am 17.10.2017 im Rahmen des Partizipationsprojektes „Emmerich für Dich! – Deine Meinung zählt“ (Fish-Bowl) Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen zur Diskussion mit Fachleuten eingeladen. Eines der Ergebnisse, die für das Jugendamt relevant sind, ist der Wunsch nach einer zweiten Jugendeinrichtung, die den Fokus auf ältere Jugendliche (14 - 21) legt.
Dieser Wunsch wurde ebenfalls durch die Befragung des Theodor-Brauer-Hauses („Update Emmerich 2.0), die ein Ergebnis der AG zum „Kinder- und Jugendförderplan“ war, bestätigt. Zielgruppe dieser Befragung waren die Jugendlichen, die nicht über den schulischen Kontext erfasst werden konnten, da sie sich in Maßnahmen des TBHs befinden.

 

Für den Betrieb einer solchen Einrichtung kommen aus Sicht des Jugendamtes drei Varianten in Frage:

a)    eine „selbstverwaltete Jugendeinrichtung“

b)    eine Einrichtung mit städt. Personal

c)    eine Einrichtung unter Leitung eines freien Trägers

 

zu a)    Der Vorteil einer selbstverwalteten Jugendeinrichtung ist im Bereich der Personalkosten zu sehen. Der Nachteil liegt in der fehlenden pädagogischen „Betreuung“ und Unterstützung der Jugendlichen. Das Angebot würde sich auf die kostenlose Zurverfügungstellung eines beheizten Raumes mit Sanitäranlagen und Ausstattung beschränken. Für die Motivation der Besucher, die Planung und Durchführung von möglichen Angeboten/Aktionen/Veranstaltungen wären die Jugendlichen mehr oder weniger auf sich selbst gestellt. Außerdem gäbe es für die Jugendlichen keinen (festen) Ansprechpartner der bei Bedarf niederschwellige Hilfestellungen/Beratung in allen Lebenslagen anbieten könnte. Hinzu kommt ein höheres Risiko im Bereich von Sachbeschädigungen oder Diebstahl und ein erhöhter Verwaltungsaufwand auf Seiten der vorhandenen Mitarbeiter der Stadtverwaltung:

·         Herausgabe eines Einrichtungsschlüssels (auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten z. B. im Bereich der Abendstunden und am Wochenende bzw. an Feiertagen)

·         Schließung von Verträgen mit Jugendlichen, die den Schlüssel ausleihen möchten

·         regelmäßige Kontrolle der Einrichtung nach der Rückgabe des Schlüssels

·         mögliche Bearbeitung von Schäden (Sachbeschädigung/Diebstahl)


Für einen regelmäßigen Betrieb mit festen Öffnungszeiten wäre ein großer Pool an ehrenamtlichen Jugendlichen notwendig, den das Jugendamt derzeit nicht hat.

 

zu b)    Die Festanstellung von pädagogischem Personal birgt für die Stadt Emmerich die Gefahr, dass im Falle einer Umstrukturierung keine alternativen Stellen (-anteile) für die Mitarbeiter existieren, da es nur eine sehr eingegrenzte Anzahl an Stellen in diesem Bereich gibt.
Zudem würde ein erheblicher Mehraufwand im Bereich der Fachaufsicht (Jugendpflege) bei einer städtischen Einrichtung entstehen.

zu c)    Ein freier Träger, der im pädagogischen Bereich breit aufgestellt ist, kann sowohl kurzfristig als auch langfristig Personal in anderen Bereichen einsetzen, bzw. könnte bei Bedarf auch umgekehrt aus anderen Bereichen kurzfristiger Personal für die Jugendarbeit einsetzen, als dies allein mit städtischen Mitarbeitern der Fall wäre.

 

Aus diesen Gründen empfiehlt die Verwaltung für den Betrieb der Einrichtung einen freien Träger zu wählen.

 

Vorgabe für den Träger wäre das Führen einer offenen Jugendeinrichtung mit  inhaltlichem Schwerpunkt auf die Zielgruppe der 14 bis 21 Jährigen. Die Einrichtung soll neben Schule und Familie eine zentrale Sozialisationsinstanz darstellen, die einen wichtigen Ausgleich zu anderen Lebens- und Lernräumen schafft und den Bereich der non-formalen Bildung abdeckt. Im Mittelpunkt soll kein festes Programm stehen, sondern Themen/Wünsche/Ideen, die Jugendliche beschäftigen. Das Angebot soll niederschwellig, unabhängig von Herkunft, Religion, politischer Orientierung oder dergleichen und offen für alle Jugendlichen ab 14 Jahren sein. Die Besucher sollen befähigt werden ihr Leben außerhalb und innerhalb der Einrichtung kreativ (mit) zu gestalten. Hierfür muss den Jugendlichen die Möglichkeit gegeben werden, sich im geschützten Rahmen der Einrichtung auszuprobieren, Verantwortung zu übernehmen und mit Anderen (Mitarbeiter/Besucher) zu interagieren.

Die Mitarbeiter sollen für die Probleme und Sorgen der Besucher ein offenes Ohr haben und Unterstützung geben.
Ein konkretes Konzept wird gemeinsam vom Träger und der städt. Jugendpflege unter Beteiligung von Jugendlichen erstellt.

 

 

Zur Einschätzung der ungefähren Personalkosten wird  eine ¾-Stelle (30 Std./Woche) für die Einrichtungsleitung (Sozialpädagoge/in – TVöD S12) und eine ½- Stelle (19,5 Std./Woche) für eine/n Mitarbeiter/in (Erzieher/in – TVöD S8b) zugrunde gelegt. Ausgehend von einer mittleren Vorerfahrung der Mitarbeiter (TVöD – Erfahrungsstufe 3) lägen die gesamten Personalkosten inkl. Overhead bei rund 84.000 EUR/Jahr:

·         S12 – Stufe 3 – 30 Std. (3/4 Stelle)

o   ca. 46.000 EUR/Jahr

·         S8b – Stufe 3 – 19,5 Std. (1/2 Stelle)

o   ca. 27.000 EUR/Jahr

·         Overhead

o   ca. 11.000 EUR (15% der Personalkosten)

 

 

In allen drei Varianten kämen monatliche Kosten für die Anmietung entsprechender Räumlichkeiten hinzu. Für die ungefähre Einschätzung der Mietkosten wurde eine Einrichtung mit ca. 120 - 140 m2 im Bereich der Innenstadt zugrunde gelegt:

·         Aufenthaltsbereich – ca. 60 - 80m2

·         Küche – ca. 20m2

·         Sanitärbereich – ca. 20m2

·         Büro – ca. 20m2

Da die konkreten Kosten für eine mögliche Einrichtung von diversen Faktoren wie z.B. Lage, Zustand, tatsächliche Größe, etc. abhängen, wurde für die grobe Einschätzung der möglichen Kosten ein mittlerer Wert von 7 EUR/m2 gewählt. Somit lägen die monatlichen Mietkosten bei ca. 1.000 EUR (840 - 980 EUR).

Hinzu kämen die nutzungsabhängigen Mietnebenkosten (Strom/Wasser/Gas/Reinigung/Versicherung).

 

Hinzu kommen in allen drei Varianten einmalige Kosten für die Anschaffung von Inventar, Mobiliar, sowie ggf. für eine Renovierung und die Gestaltung der Räume entsprechend der Bedürfnisse der Zielgruppe.
Zur Höhe dieser einmaligen Kosten kann zum jetzigen Zeitpunkt keine konkrete Aussage getroffen werden, da der Umfang möglicher Renovierungsarbeiten vom Zustand eines noch zu suchenden Objektes abhängt und sich die Ausstattung der Einrichtung nach den räumlichen Gegebenheiten und den Wünschen der Zielgruppe richtet.
Für die Gestaltung und Einrichtung der neuen Räume würde die Jugendpflege Jugendliche beteiligen wollen, die sowohl bei der Ausstattung mitbestimmen können, als auch ggf. bei der Renovierung/Gestaltung mit eingebunden werden könnten, um die Akzeptanz der neuen Räume bei den Beteiligten von Beginn an zu erhöhen.

Auf Basis der Anschaffungskosten des städt. Jugendcafés (2014) für die heutigen Betreuungsräume der Gesamtschule, kann (abhängig von den neuen Räumlichkeiten) für die Erstausstattung von ca. 25.000 EUR ausgegangen werden.

 

Im Koalitionsvertrag der Landesregierung NRW ist ab dem Jahr 2018 eine Erhöhung der Strukturförderung für die offene Kinder- und Jugendarbeit verankert, die zudem dynamisiert werden soll. Die Erhöhung wird auf Grundlage der Alterskohorte der 5 - 21Jährigen einer Kommune berechnet und würde für das Jahr 2018 mit ungefähr 1,80 EUR pro Kind/Jugendlichem anzusetzen sein. Unter der Annahme, dass dieses Vorhaben entsprechend noch beschlossen wird, lässt sich für das Jahr 2018 auf Grund der aktuellen Einwohnerzahlen eine ungefähre Erhöhung der Landesmittel für die offene Kinder- und Jugendarbeit in Emmerich um 9.500 bis 10.000 EUR schlussfolgern. Diese Mittel könnten dann in die Finanzierung einer zweiten Jugendeinrichtung mit einfließen.

 

Wenn ein geeignetes Mietobjekt und ein freier Träger gefunden wurden, wird die Verwaltung diese dem Jugendhilfeausschuss vorstellen.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme ist derzeit nicht im Haushalt vorgesehen. Überplanmäßige Mittel müssten ggf. bereitgestellt werden.

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 4.3

 

 

 

 

 

Peter Hinze

Bürgermeister