Beschlussvorschlag
Der Rat beschließt die Errichtung einer zweiten
Jugendeinrichtung in Emmerich am Rhein und beauftragt hierfür die Verwaltung
sowohl nach einem geeigneten Objekt im Bereich der Innenstadt als auch nach
einem geeigneten freien Träger für den Betrieb einer Jugendeinrichtung mit dem
Schwerpunkt der 14- bis 21jährigen zu suchen.
Sachdarstellung :
Die Jugendpflege
der Stadt Emmerich am Rhein hat am 17.10.2017 im Rahmen des
Partizipationsprojektes „Emmerich für Dich! – Deine Meinung zählt“ (Fish-Bowl)
Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen zur Diskussion mit
Fachleuten eingeladen. Eines der Ergebnisse, die für das Jugendamt relevant
sind, ist der Wunsch nach einer zweiten Jugendeinrichtung, die den Fokus auf
ältere Jugendliche (14 - 21) legt.
Dieser Wunsch wurde ebenfalls durch die Befragung des Theodor-Brauer-Hauses
(„Update Emmerich 2.0), die ein Ergebnis der AG zum „Kinder- und
Jugendförderplan“ war, bestätigt. Zielgruppe dieser Befragung waren die
Jugendlichen, die nicht über den schulischen Kontext erfasst werden konnten, da
sie sich in Maßnahmen des TBHs befinden.
Für den Betrieb einer
solchen Einrichtung kommen aus Sicht des Jugendamtes drei Varianten in Frage:
a)
eine
„selbstverwaltete Jugendeinrichtung“
b)
eine
Einrichtung mit städt. Personal
c)
eine
Einrichtung unter Leitung eines freien Trägers
zu a)
Der
Vorteil einer selbstverwalteten Jugendeinrichtung ist im Bereich der
Personalkosten zu sehen. Der Nachteil liegt in der fehlenden pädagogischen
„Betreuung“ und Unterstützung der Jugendlichen. Das Angebot würde sich auf die
kostenlose Zurverfügungstellung eines beheizten Raumes mit Sanitäranlagen und
Ausstattung beschränken. Für die Motivation der Besucher, die Planung und
Durchführung von möglichen Angeboten/Aktionen/Veranstaltungen wären die
Jugendlichen mehr oder weniger auf sich selbst gestellt. Außerdem gäbe es für
die Jugendlichen keinen (festen) Ansprechpartner der bei Bedarf
niederschwellige Hilfestellungen/Beratung in allen Lebenslagen anbieten könnte.
Hinzu kommt ein höheres Risiko im Bereich von Sachbeschädigungen oder Diebstahl
und ein erhöhter Verwaltungsaufwand auf Seiten der vorhandenen Mitarbeiter der
Stadtverwaltung:
·
Herausgabe
eines Einrichtungsschlüssels (auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten z. B.
im Bereich der Abendstunden und am Wochenende bzw. an Feiertagen)
·
Schließung
von Verträgen mit Jugendlichen, die den Schlüssel ausleihen möchten
·
regelmäßige
Kontrolle der Einrichtung nach der Rückgabe des Schlüssels
·
mögliche
Bearbeitung von Schäden (Sachbeschädigung/Diebstahl)
Für einen regelmäßigen Betrieb mit festen Öffnungszeiten wäre ein großer Pool an
ehrenamtlichen Jugendlichen notwendig, den das Jugendamt derzeit nicht hat.
zu b)
Die
Festanstellung von pädagogischem Personal birgt für die Stadt Emmerich die
Gefahr, dass im Falle einer Umstrukturierung keine alternativen Stellen
(-anteile) für die Mitarbeiter existieren, da es nur eine sehr eingegrenzte
Anzahl an Stellen in diesem Bereich gibt.
Zudem würde ein erheblicher Mehraufwand im Bereich der Fachaufsicht
(Jugendpflege) bei einer städtischen Einrichtung entstehen.
zu c)
Ein
freier Träger, der im pädagogischen Bereich breit aufgestellt ist, kann sowohl
kurzfristig als auch langfristig Personal in anderen Bereichen einsetzen, bzw.
könnte bei Bedarf auch umgekehrt aus anderen Bereichen kurzfristiger Personal
für die Jugendarbeit einsetzen, als dies allein mit städtischen Mitarbeitern
der Fall wäre.
Aus diesen Gründen
empfiehlt die Verwaltung für den Betrieb der Einrichtung einen freien Träger zu
wählen.
Vorgabe für den
Träger wäre das Führen einer offenen Jugendeinrichtung mit inhaltlichem Schwerpunkt auf die Zielgruppe
der 14 bis 21 Jährigen. Die Einrichtung soll neben Schule und Familie eine
zentrale Sozialisationsinstanz darstellen, die einen wichtigen Ausgleich zu
anderen Lebens- und Lernräumen schafft und den Bereich der non-formalen Bildung
abdeckt. Im Mittelpunkt soll kein festes Programm stehen, sondern
Themen/Wünsche/Ideen, die Jugendliche beschäftigen. Das Angebot soll
niederschwellig, unabhängig von Herkunft, Religion, politischer Orientierung
oder dergleichen und offen für alle Jugendlichen ab 14 Jahren sein. Die
Besucher sollen befähigt werden ihr Leben außerhalb und innerhalb der
Einrichtung kreativ (mit) zu gestalten. Hierfür muss den Jugendlichen die
Möglichkeit gegeben werden, sich im geschützten Rahmen der Einrichtung
auszuprobieren, Verantwortung zu übernehmen und mit Anderen
(Mitarbeiter/Besucher) zu interagieren.
Die Mitarbeiter
sollen für die Probleme und Sorgen der Besucher ein offenes Ohr haben und
Unterstützung geben.
Ein konkretes Konzept wird gemeinsam vom Träger und der städt. Jugendpflege
unter Beteiligung von Jugendlichen erstellt.
Zur Einschätzung
der ungefähren Personalkosten wird eine ¾-Stelle
(30 Std./Woche) für die Einrichtungsleitung (Sozialpädagoge/in – TVöD S12) und
eine ½- Stelle (19,5 Std./Woche) für eine/n Mitarbeiter/in (Erzieher/in – TVöD
S8b) zugrunde gelegt. Ausgehend von einer mittleren Vorerfahrung der
Mitarbeiter (TVöD – Erfahrungsstufe 3) lägen die gesamten Personalkosten inkl.
Overhead bei rund 84.000 EUR/Jahr:
·
S12
– Stufe 3 – 30 Std. (3/4 Stelle)
o
ca.
46.000 EUR/Jahr
·
S8b
– Stufe 3 – 19,5 Std. (1/2 Stelle)
o
ca.
27.000 EUR/Jahr
·
Overhead
o
ca.
11.000 EUR (15% der Personalkosten)
In allen drei
Varianten kämen monatliche Kosten für die Anmietung entsprechender
Räumlichkeiten hinzu. Für die ungefähre Einschätzung der Mietkosten wurde eine
Einrichtung mit ca. 120 - 140 m2 im Bereich der Innenstadt zugrunde
gelegt:
·
Aufenthaltsbereich
– ca. 60 - 80m2
·
Küche
– ca. 20m2
·
Sanitärbereich
– ca. 20m2
·
Büro
– ca. 20m2
Da die konkreten
Kosten für eine mögliche Einrichtung von diversen Faktoren wie z.B. Lage,
Zustand, tatsächliche Größe, etc. abhängen, wurde für die grobe Einschätzung
der möglichen Kosten ein mittlerer Wert von 7 EUR/m2 gewählt. Somit
lägen die monatlichen Mietkosten bei ca. 1.000 EUR (840 - 980 EUR).
Hinzu kämen die
nutzungsabhängigen Mietnebenkosten (Strom/Wasser/Gas/Reinigung/Versicherung).
Hinzu kommen in
allen drei Varianten einmalige Kosten für die Anschaffung von Inventar,
Mobiliar, sowie ggf. für eine Renovierung und die Gestaltung der Räume
entsprechend der Bedürfnisse der Zielgruppe.
Zur Höhe dieser einmaligen Kosten kann zum jetzigen Zeitpunkt keine konkrete
Aussage getroffen werden, da der Umfang möglicher Renovierungsarbeiten vom
Zustand eines noch zu suchenden Objektes abhängt und sich die Ausstattung der
Einrichtung nach den räumlichen Gegebenheiten und den Wünschen der Zielgruppe
richtet.
Für die Gestaltung und Einrichtung der neuen Räume würde die Jugendpflege Jugendliche
beteiligen wollen, die sowohl bei der Ausstattung mitbestimmen können, als auch
ggf. bei der Renovierung/Gestaltung mit eingebunden werden könnten, um die
Akzeptanz der neuen Räume bei den Beteiligten von Beginn an zu erhöhen.
Auf Basis der Anschaffungskosten
des städt. Jugendcafés (2014) für die heutigen Betreuungsräume der
Gesamtschule, kann (abhängig von den neuen Räumlichkeiten) für die
Erstausstattung von ca. 25.000 EUR ausgegangen werden.
Im
Koalitionsvertrag der Landesregierung NRW ist ab dem Jahr 2018 eine Erhöhung
der Strukturförderung für die offene Kinder- und Jugendarbeit verankert, die
zudem dynamisiert werden soll. Die Erhöhung wird auf Grundlage der
Alterskohorte der 5 - 21Jährigen einer Kommune berechnet und würde für das Jahr
2018 mit ungefähr 1,80 EUR pro Kind/Jugendlichem anzusetzen sein. Unter der
Annahme, dass dieses Vorhaben entsprechend noch beschlossen wird, lässt sich
für das Jahr 2018 auf Grund der aktuellen Einwohnerzahlen eine ungefähre
Erhöhung der Landesmittel für die offene Kinder- und Jugendarbeit in Emmerich
um 9.500 bis 10.000 EUR schlussfolgern. Diese Mittel könnten dann in die
Finanzierung einer zweiten Jugendeinrichtung mit einfließen.
Wenn ein geeignetes
Mietobjekt und ein freier Träger gefunden wurden, wird die Verwaltung diese dem
Jugendhilfeausschuss vorstellen.
Finanz- und
haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme ist derzeit nicht im Haushalt
vorgesehen. Überplanmäßige Mittel müssten ggf. bereitgestellt werden.
Leitbild :
Die Maßnahme steht
im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 4.3
Peter Hinze
Bürgermeister