Betreff
Sachstandsbericht zum öffentlich geförderten Wohnungsbau
Vorlage
07 - 16 1493/2018
Art
Verwaltungsvorlage

Kenntnisnahme(kein Beschluss)

 

Der Sozialausschuss nimmt den aktuellen Sachstand zum öffentlich geförderten Wohnungsbau zur Kenntnis.

 

 

Sachdarstellung :

 

Die Verwaltung sieht die Sicherung einer ausreichenden Wohnraumversorgung als Bestandteil staatlicher Daseinsfürsorge. Auch wenn die Bedingungen des Wohnungsmarktes überwiegend wirtschaftlichen und wettbewerblichen Grundsätzen unterliegen, so ist es doch eine Aufgabe aller Ebenen staatlicher Verwaltung, durch die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen dafür zu sorgen, dass jeder Bürger und jede Bürgerin mit adäquatem Wohnraum versorgt wird. Das Wechselspiel von Wohnungsbedarf und Wohnungsangebot ist von vielerlei Faktoren abhängig. Diese reichen von weltwirtschaftlichen Einflüssen, wie zum Beispiel der Zinsentwicklung, bis hin zum konkreten Grundstücksangebot auf kommunaler Ebene.

 

In der jüngeren Vergangenheit gab es eine Vielzahl von heterogenen Anträgen aus den verschiedenen politischen Lagern, um den sogenannten sozialen Wohnungsbau in Emmerich am Rhein zu forcieren. U.a. wurden konkrete städtische Bauvorhaben, eine allgemeine Investorensuche, die Bereitstellung finanzieller Mittel sowie städtischer Grundstücke angeregt.

 

Ausschlaggebend für diese politischen Anträge dürften in erster Linie Berichte von immanenten Erfahrungen Betroffener anhand diverser Einzelfälle sein, dass die Nachfrage nach adäquatem und auch für einkommensschwache Schichten bezahlbarem Wohnraum erheblich größer ist als das zur Verfügung stehende Angebot in Emmerich am Rhein. Dies ist ein Trend auf dem deutschen Wohnungsmarkt, der insbesondere für die Ballungsräume gilt. In weiten Teilen des ländlichen Raumes kommt es dagegen eher zu einer entgegengesetzten Entwicklung aufgrund der zunehmenden Abwanderung.

Bundesweit betrachtet nimmt die Wohnfläche pro Kopf der Bevölkerung immer noch zu. Gleichzeitig steigt aufgrund der demographischen Entwicklung die Anzahl der Haushalte, insbesondere der Ein-Personen-Haushalte. Hier wirkt sich auch die Steigerung der Zuwanderung von EU-Bürgern, Kriegsflüchtlingen und Asylbewerbern aus. Diese Entwicklungen sind wichtige Faktoren für den Wohnungsmarkt der Zukunft.

 

Die Diskussion zur derzeitigen Lage auf dem Emmericher Wohnungsmarkt wird in erster Linie darüber geführt, dass die unteren Einkommensschichten sowie bestimmte Personenkreise in Emmerich am Rhein sowohl von der Höhe der Miete als auch von der Ausstattung der Wohnungen (große Wohnungen für Familien, kleine Wohnungen für Einzelpersonen) ihren Bedarf nicht decken können.

Dabei ist die Situation auf einem abgegrenzten Wohnungsmarkt sehr komplex und nicht unbedingt einfach zu erklären.

Die Situation in Emmerich am Rhein kann, da keine aktuellen örtlichen Untersuchungen vorliegen, zunächst daran gemessen werden, wie der Markt von außen beurteilt wird, zum Beispiel von den Fachbehörden auf Landes- und Bundesebene. So dienen in den aktuellen Wohnungsbauförderungsbestimmungen des Landes NRW zwei Merkmale zur groben Einschätzung der Lage auf dem örtlichen Wohnungsmarkt, gemessen jeweils auf einer Skala von 1 bis 4:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tabelle 1: Einschätzung der Lage auf dem lokalen Wohnungsmarkt laut Wohnungsbauförderungsbestimmungen NRW

 

 

hohes Bedarfsniveau

überdurchschnittl. Bedarfsniveau

unterdurchschnittl. Bedarfsniveau

niedriges Bedarfsniveau

Mietwohnungs-markt

 

Emmerich a.R.

 

 

Eigentums-markt

 

 

Emmerich a.R.

 

Quelle: Wohnungsbauförderungsbestimmungen des Landes NRW vom 22.01.2015

 

 

Eine weitere Einschätzung des Wohnungsmarktes in Emmerich am Rhein lässt sich aus der vom Land 2015 verordnete „Mietpreisbremse“ unabhängig von ihrem Fortbestand ableiten. Sie gilt in den Städten und Gemeinden, in denen „die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen gefährdet ist“. Davon sind in NRW nur 22 Städte betroffen. Im Kreis Kleve war dies ausschließlich die Stadt Kleve.

 

 

Neben diesen externen Kriterien liegen aktuell noch folgende konkrete Zahlen auf kommunaler Ebene vor:

 

Bevölkerungsstand und -bewegung
- Gemeinden - Jahr

Bevölkerungsstand und -bewegung

Gemeinden: Emmerich am Rhein, Stadt

Jahr

Lebend-geborene

Gestorbene

Differenz

Zu-gezogene

Fort-gezogene

Differenz

Gesamt-veränderung der Bevölkerung

Bevölkerungs-stand (31.12.)

Anzahl

Anzahl

Anzahl

Anzahl

Anzahl

Anzahl

Anzahl

Anzahl

2011

237

304

-67

1600

1481

119

52

29944

2012

252

329

-77

1729

1563

166

89

30038

2013

261

314

-53

1854

1750

104

51

30105

2014

253

336

-83

2107

1915

192

109

30279

2015

252

320

-68

2780

2056

724

656

30968

2016

258

350

-92

2374

2353

21

-71

30852

Quelle: IT NRW

 

 

Fallzahlenentwicklung im Fachbereich 7

(BA Zahlen mit Zeitverzögerung von 4 Monaten daher nur bis Dez 2017)

 

Sachgebiet

Jan 17

Dez 17

Differenz

SGB II

1.287

1.239

-48

SGB XII (3. Kapitel)

38

38

0

SGB XII (4. Kapitel)

272

297

25

Asyl

194

103

-91

Quelle: Fachbereich 7

 

Durch die Entwicklung der Fallzahlen im Rechtskreis des Asylbewerberleistungsgesetzes wird künftig von der Stadt angemieteter Wohnraum wieder für andere Zwecke zur Verfügung stehen.

Im SGB II liegen aktuell lediglich in einer Hand von Einzelfällen Erkenntnisse darüber vor, dass kein bezahlbarer Wohnraum gefunden werden konnte. Die Entwicklung der Fallzahlen lässt sich aktuell nicht zuverlässig prognostizieren. Insbesondere der Wegfall der im Jahre 2016 eingeführten Wohnsitzbindung bei anerkannten Asylbewerbern nach dem Ablauf von drei Jahren kann ab dem kommenden Jahr zu sprunghaften Veränderungen führen. Auch die Einführung von sogenannten AnKER-Zentren für Asylbewerber steht noch im Raum.

 

 

Ansprechpartner für die Wohnungssuchenden mit Wohnberechtigungsschein ist der Fachbereich 6 der Stadt Emmerich am Rhein. Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Wohnungssuchenden in Emmerich in den letzten fünf Jahren.

 

Tabelle 2: Entwicklung der Zahl der Wohnungssuchenden in Emmerich am Rhein mit Wohnberechtigungsschein

 

Jahr

WBS-Art

1 Person

2 Personen

3 Personen

4 Personen

5 Personen

mehr

Summe

2013

Summe

36

25

9

7

3

0

80

2014

Summe

38

19

8

8

6

1

80

2015

Summe

31

13

14

8

2

0

68

2016

Summe

29

16

8

5

2

1

61

2017

Summe

26

12

8

9

4

0

59

Quelle: Fachbereich 6

 

 

Neben diesen Daten zu dem Personenkreis der unteren Einkommensschichten liegen einige Daten zu den vorhandenen Wohnungen auf kommunaler Ebene vor:

 

Fortschr. Wohngebäude- u. Wohnungsbestand GWZ2011
Wohnungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden nach Anzahl der Räume

Fortschr. Wohngebäude- u. Wohnungsbestand GWZ2011

Wohnungen im Wohn- und Nichtwohnbau (Anzahl)

Emmerich am Rhein, Stadt

Stichtag

Wohnungen nach der Anzahl der Räume

Insgesamt

1 Raum

2 Räume

3 Räume

4 Räume

5 Räume

6 Räume

7 und mehr Räume

31.12.2016

15182

162

800

2801

3839

3123

2231

2226

31.12.2015

15087

161

771

2779

3810

3114

2224

2228

31.12.2014

15013

161

756

2759

3779

3110

2226

2222

31.12.2013

14969

161

752

2750

3774

3092

2222

2218

31.12.2012

14886

156

728

2723

3762

3080

2220

2217

31.12.2011

14814

154

712

2715

3745

3063

2216

2209

Quelle: IT NRW

 

Laut der letzten Erhebung von IT NRW beträgt die durchschnittliche Haushaltsgröße in Emmerich am Rhein 2,2 Personen je Haushalt.

 

 

Baugenehmigungen (Neubau und Baumaßnahmen an bestehen-den Gebäuden): Wohn- und Nichtwohngebäude - Gemeinden - Jahr

Statistik der Baugenehmigungen

 

Emmerich am Rhein, Stadt

 

 

Gebäude (Wohn- u. Nichtwohngebäude)

Wohnungen (Wohn- u. Nichtwohngebäude)

 

Anzahl

Anzahl

 

2016

86

185

 

2015

67

103

 

2014

62

127

 

2013

78

94

 

2012

70

79

 

2011

54

75

 

Quelle: IT NRW

 

Anzahl Sozialwohnungen (inkl. Eigenheime) in Emmerich am Rhein - Stand 31.12.2017

 

Mietwohnungen (MW)            444

Einfamilienhäuser (EFH)        190

Quelle: Fachbereich 6

 

Ablauf der Bindungsfrist in 2018 und den beiden Folgejahren Stand 30.04.2018

 

2018                11 MW

2019                  7 MW

2020                  1 MW

Summe           19 MW

Quelle: Fachbereich 6

 

Bewilligte Fördermittel für geplante/ im Bau befindliche Wohnungen Stand 30.04.2018

 

-     Patersteege                 10 MW

-     Grollscher Weg           18 MW

Quelle: Fachbereich 6

 

Bauvorhaben im Vorlauf (noch kein Antrag bzw. Bewilligung)

-     Grollscher Weg           24 MW 

(Bedarfsbescheinigung wurde bereits erteilt)

-     Kasernengelände        40 MW

-     „Am Hasenberg“         24 MW

-     „Im Polderbusch“          6 MW und zusätzlich noch einige Gruppenwohnungen

-     Hasenberg            8 - 10 MW (Vermietung komplett an die Stadt , Belegung durch die Stadt, nach Tod geht Gebäude und Grundstück an die Stadt.)

-     Hasenberg            8 - 10 MW

-     Dedrichstrasse            12 MW

-     Nierenberger Str.        44 MW

-     Katjes Quartier            30 MW keine konkreten Pläne bekannt (Absichtserklärung)

 

Bei diesen im Vorlauf befindlichen Objekten handelt es sich hauptsächlich um Informationen zu Planungen privater Bauherren, die durch die intensiven Bemühungen der Verwaltung im direkten Kontakt mit den Investoren akquiriert werden konnten.

 

Außerdem beabsichtigt der Kreis Kleve die Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft, um auf dem Markt der Sozialwohnungen tätig zu werden. Die Gesellschaft soll unter dem Dach der bestehenden KKB geführt werden. Hierzu wird zunächst ein zweiter Geschäftsführer gesucht, der sich um die Geschäfte der Sozialwohnungen kümmern soll. Alleine zur Gründung der neuen Gesellschaft stehen 3,2 Mio. Euro zur Verfügung. Die Kreisverwaltung geht davon aus, dass aufgrund der Komplexität der Aufgabe alles nicht von heute auf morgen funktioniert. Entstehen sollen die Sozialwohnungen im gesamten Kreisgebiet. Voraussetzung sei diesbezüglich natürlich bei Grundstücksfragen die Kooperation mit den kreisangehörigen Kommunen. Nähere Angaben und Informationen sollen eingeholt werden, nachdem sich die Kreisverwaltung bzw. die KKB entsprechend strukturell aufgestellt hat.

 

Im für die Stadtentwicklung zuständigen Fachbereich 5 wurde bereits eine intensive Sichtung etwaiger Eignungsflächen der Stadt Emmerich zur Ansiedlung von Vorhaben des sozialen Wohnungsbaus durchgeführt. Danach existiert aktuell keine geeignete städtische Fläche, der ein sofort nutzbares Baurecht zuzusprechen wäre. Es bestünde jeweils das Erfordernis eine planungsrechtliche Vorbereitung durch Aufstellung eines Bebauungsplanes zu treffen.

 

Die ermittelten Flächen beziehen sich auf den zentralen Siedlungsbereich. Im Ortsteil Elten ergäbe sich allenfalls im Bereich des Sportplatzes an der Zevenaarer Straße eine entsprechende Potenzialfläche, deren Entwicklung aber von der Verlagerung des Sportplatzes im Zusammenhang mit der Ausbaumaßnahme der Bahn ebenfalls nur als langfristig einzuschätzen ist. In den übrigen Ortsteilen sind keine geeigneten städtischen Flächen auszumachen.

 

Die Vielzahl der aufgeführten Daten und Aktivitäten auf kommunaler Ebene lässt die Komplexität der Aufgabe „Sozialer Wohnungsbau“ nur erahnen. Unstrittig dürfte sein, dass die Entscheidung über die Förderung von Bauvorhaben bzw. der kostenintensive Bau von bezahlbarem Wohnraum eine intensive Wohnungsmarktanalyse voraussetzt. Aus diesem Grunde wurde im Haushalt 2018 ein entsprechender Betrag in Höhe von 25.000,- € eingeplant, um einen externen Dritten mit einer entsprechenden Analyse zu beauftragen. Als nächster Schritt wird nun eine entsprechende Ausschreibung durch die Verwaltung erarbeitet. Ausgehend von der Tatsache, dass diverse Fachbereiche in dem Thema involviert sind, und von den gesetzlich vorgeschriebenen Fristen innerhalb des Vergabeverfahrens sollten die Auswertungen zum Wohnungsmarkt in Emmerich am Rhein realistisch dann im kommenden Jahr vorliegen.

 

Die Verwaltung empfiehlt daher, für eine konkrete Zielsetzung für die Schaffung von öffentlich geförderten Wohnraum die zu erarbeitende Wohnungsmarktanalyse abzuwarten.

Vorhaben privater Investoren wird die Verwaltung weiterhin aktiv unterstützen und womöglich entsprechend fördern.

 

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme ist im Haushaltsjahr 2018 vorgesehen. Im Produkt: 1.100.05.06.01 (52910000-Aufwendungen sonstige Dienstleistungen) stehen für die Auftragsvergabe „Wohnungsmarktanalyse“ 25.000,- € bereit.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 4.1

 

 

 

Peter Hinze

Bürgermeister